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Epos ES-28N Standlautsprecher

Epos ES-28N

Traditionsbruch mit Stil

Epos ES-28N

Drei Wege, viele Ideen, keine Kompromisse.

Epos ES-28N Standlautsprecher

In aller Kürze:
Epos ES-28N: Mit einem Dreiwege-Design, innovativer Gehäusekonstruktion und durchdachter Abstimmung hebt Karl-Heinz Fink die Traditionsmarke Epos auf ein neues klangliches Niveau.

Epos ES-28N Standlautsprecher


Böse Zungen behaupten hin und wieder, im Lautsprecherbau gäbe es keine Überraschungen mehr, geschweige denn nennenswerte Innovationen. Allenfalls fände der Einsatz neuer Werkstoffe und ein wenig digitales Improvement bei der Entwicklung statt, aber sonst sei das Thema doch eigentlich durch. Wer derart defätistisch durch die High-End-Welt läuft, hat garantiert die Rechnung ohne Karl-Heinz Fink gemacht. Bereits seine beiden Star Trek-Modelle Borg und Kim, die er unter dem Label FinkTeam auf den Markt brachte, ließen viele Highender aufhorchen. Eine faustdicke Überraschung und ein Angriff auf unhinterfragte Traditionen aber war das Remake der Lautsprecherlegende Epos, wenn auch unter gänzlich unerwarteten Vorzeichen.

Schauen wir deshalb in der gebotenen Kürze noch einmal für einen Moment zurück: Um das Jahr 2020 herum ergab sich für Karl-Heinz Fink die perspektivische Gelegenheit, die Epos-Linie von Michael Creek zu akquirieren. Er sah darin die Möglichkeit, eine eigenständige Marke namens „Epos made by FinkTeam“ zu entwickeln. Die Frage, die ihn dabei hauptsächlich bewegte, war, wie die Balance zwischen Tradition und Innovation zu wahren sei. Epos war bekanntlich 1983 von Robin Marshall gegründet worden, und dieser hatte versucht, die Dinge „etwas anders“ anzugehen. Durch Zufall entdeckte Fink ein altes Interview mit Robin Marshall, in dem dieser sich keineswegs als konservativer Traditionalist zeigte, was dessen Jünger aber bis heute gerne behaupten. Marshall erklärte dort deutlich, dass seine Philosophie, die auf einem minimalistischen Frequenzweichenkonzept, einer Zweiwege-Konstruktion und Polypropylen-Membranen beruhte, zeitabhängig und keineswegs in Stein gemeißelt sei. Und so konstruierte Karl-Heinz Fink eine neue ES-14N, alsbald eine kleine flexible Variante ES-7N und bricht nun bei der ES-28N sogar mit der ehernen Tradition des Zweiwege-Systems und präsentiert den ersten Dreiwege-Lautsprecher Made by Epos. Grund genug, der überraschenden Neuentwicklung auf den Zahn zu fühlen, die passend zum Frühlingsbeginn in einem schicken frischen Grün in der Redaktion aufschlug.

Epos ES-28N Standlautsprecher
Traut euch was – Weiß, Schwarz und Walnuss sehen wir doch überall. Epos bietet mit dem wundervollen Minzgrün unseres Testmusters auch eine erfrischend bunte Variation, die den Lautsprecher erst zum richtigen Showpiece macht.

Easy Going

Nachdem ich sowohl die FinkTeam Kim als auch die ES-14N als ausgesprochen genügsame Kandidaten in Sachen Aufstellung kennengelernt hatte, war es keine große Überraschung, dass auch die große ES-28N sich hier geradezu kumpelhaft gab. Hinstellen, knappe 1 bis 1,5 Meter Abstand zur Rückwand halten, leichtes Einwinkeln – fertig. Auch erscheint die Einspielzeit für mein fabrikneues Exemplar mit ca. 40 bis 60 Stunden überschaubar. Hat dann ein Lautsprecher noch einen so weiten Sweetspot wie die ES-28N, der auch ein ordentliches Herumlümmeln auf dem Sofa erlaubt, dann ist für mich meist schon der erste Drops gelutscht und die nachfolgenden Testwochen sind gerettet. Bis heute ist es mir unverständlich, wie Entwickler auf die Idee kommen können, einen Lautsprecher zu konstruieren, der nur bei festgetackerter Gesichtsposition und eingefrorener Sitzhaltung funktionieren kann.

Darauf angesprochen, erläuterte mir Karl-Heinz Fink die Gründe für dieses unkomplizierte Verhalten im Sweetspot. Primär seien sie bei der Gehäusekonstruktion zu suchen: Ähnlich wie bei der ES-14N ist das Gehäuse der ES-28N leicht geneigt, um eine bessere zeitliche Ausrichtung der Treiber zu erreichen. Die beiden Tieftöner sitzen in einem Bassreflexgehäuse, das sorgfältig verstrebt wurde, um Gehäuseverfärbungen zu vermeiden. Aus dem gleichen Grund besteht das gesamte Gehäuse aus einer doppelwandigen Sandwichkonstruktion mit einer Schicht aus hochdämpfendem Leim neben zwei MDF-Platten. Die Frontplatte ist immerhin 50 Millimeter dick und resultiert aus zwei 10 Millimeter dicken Sandwichplatten und einer 30 Millimeter starken separaten MDF-Platte. Damit die Frequenzweiche nicht „angeschrien“ wird, sitzt sie ganz oben hinter dem Hochtöner, wobei die Serviceklappe mit einem kleinen Loch für einen minimalen Kompressionsausgleich versehen ist. Man merkt schnell, dass die ES-28N die ein oder andere konstruktive Überraschung bereithält. Sicher, man kann noch ein wenig mit dem Eindrehwinkel der Lautsprecher spielen, insbesondere, wenn man ein großes Sofa besitzt und hin und wieder mehrere Leute der Musik lauschen wollen. Karl-Heinz Fink gab mir für diesen Fall den Hinweis, die Epos recht stark einzuwinkeln, so wie er es gerne bei Messevorführungen macht, da sich so auch für die Hörer am Ende der Sitzreihe noch ein Sweetspot-Gefühl einstellt.

Epos ES-28N Standlautsprecher
Karl-Heinz Fink hat in Versuchen festgestellt, dass Fasen Diffraktionsproblemen effektiver vorbeugen als Rundungen. Was bei Kim und Borg optisch auffällig ist, findet sich in abgewandelter Form auch in der markanten Geometrie der Schallwand im Hoch- und Mitteltönerbereich wieder.

Gespannt bin ich vor allem auf den Bassbereich, da hier einige durchdachte Änderungen gegenüber der kleineren Schwesterbox stattgefunden haben. Die beiden Sieben-Zoll-Tieftöner haben zwar das gleiche Magnetsystem und den gleichen Korb wie die in der ES-14N, verwenden aber Straight Cones anstelle einer gebogenen Membran. Eine große inverse Dustcap soll die Membran noch stärker versteifen und für schnelle und kraftvolle Bässe sorgen. Und tatsächlich: Da marschieren Celli und Kontrabässe im Finale von Mahlers Siebter Sinfonie in der nüchter­nen, abgeklärten Referenzaufnahme mit Pierre Boulez unaufhaltsam voran, sodass man vor Ehrfurcht geradezu im Sessel versinkt. Das den Finalsatz eröffnende Paukensolo veranschaulicht wunderbar, wie der gesamte Bassbereich auf Schnelligkeit und Prägnanz ausgerichtet ist. Da schwabbelt und verwischt nichts zwischen den einzelnen schnellen Paukenschlägen, die trockene Lesart eines Pierre Boulez scheint wie geschaffen für die Fink’sche Dreiwege-Konstruktion.

Und wo wir uns schon einmal im Bassbereich tummeln, sei an dieser Stelle noch auf die doch recht ungewöhnliche Bassreflexkonstruktion hingewiesen – die Öffnung für das Reflexrohr befindet sich auf der Unterseite! Dies ermöglicht nämlich eine Röhre mit einem Durchmesser von acht Zentimetern und einer Länge, die die geringstmögliche Abgabe von Resonanzen aus dem Gehäuse und die höchste maximale Abgabe von tiefen Frequenzen gewährleistet. Darüber hinaus ist der Port mit Druckausgleichsöffnungen in der Mitte ausgestattet, um eine Resonanz des Rohrs selbst zu vermeiden. Die Öffnung im Sockel ist groß genug, dass auch in Fällen, in denen das Gehäuse ohne Spikes auf dem Boden steht, die Basswidergabe nicht beeinträchtigt wird.

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Zur Ruhigstellung des Gehäuses besteht dieses aus einem zweischichtigen Aufbau mit hochdämpfendem Leim als verbindendem Element. Eine zusätzliche MDF-Platte sorgt für satte 50 Millimeter Schallwandstärke. Man beachte auch die Druckausgleichsöffnungen im Bassreflexkanal, die unerwünschten Resonanzen vorbeugen sollen.

Doch zurück zur Musik: Die spielt sich auf einer breiten, aber nicht unendlich tiefen Bühne ab. Im Ergebnis ist die ES-28N kein Lautsprecher, der sich auf orchestrale Showeffekte verlässt. Stattdessen bietet sie musikalische Substanz mit durchgängiger Kohärenz in allen Frequenzbereichen. Das ist besonders zu bemerken, wenn in besagter Mahlersinfonie die Trompeten in ihre scharfen Jubelgesänge verfallen, während darunter das Bassfundament furios losmarschiert und Tremoli der Violinen sowie Trillerfiguren der Holzbläser das mittlere Klangspektrum des riesigen Instrumentariums füllen. Trotz der disparaten Orchestrierung Mahlers, bewusst an die jeweiligen Frequenzenden des sinfonischen Apparats gesetzt, ist keinerlei Bruch innerhalb eines durchgehend homogenen Orchestersounds zu vernehmen. Hier hat sich der ausgiebige Abstimmungsprozess mit dem Ohr als Ergänzung zu den komplizierten Messprozessen wahrlich gelohnt, von denen Karl-Heinz Fink in unserem Gespräch berichtet hat, denn nach seiner Erfahrung sei dies ein wesentlicher Unterschied bei der Entwicklung eines Drei- im Gegensatz zu dem eines Zweiwege-Systems.

Epos ES-28N Standlautsprecher
Die kräftige Bodenplatte mit der großzügigen Aussparung lässt dem Bassreflexrohr auch dann noch genug Luft zum Atmen, wenn der Lautsprecher ohne Spikes auf dem Boden steht.

Bevor jetzt aber der Verdacht aufkommt, die ES-28N sei primär für klassische Musik entwickelt, lasse ich Sie schnell an meinen ausgiebigen Hörstunden mit den KD Sessions der Herren Kruder & Dorfmeister teilhaben, die anschließend auf den Plattenteller gewandert sind. Garstige Kritiker unterstellen dem Album ja gern, dass es sich dabei nur um bessere Fahrstuhlmusik handele, eine süffige Wiener Melange zur Sachertorte an der sonntäglichen Kaffeetafel. Dieses Missverständnis beruht meist darauf, dass bei Musikanlagen mit mangelhafter Basswiedergabe die Tracks tatsächlich ins Beliebige abdriften können, fehlt ihnen dann doch die wuchtige Grundsubstanz, die sie trägt. Umgekehrt besteht aber die Gefahr, dass bei reinen Bass-Boostern das quasi Sinfonische, das Weite der produzierten Räume komplett vernachlässigt wird und auch die feinen Ticks und Scratches im Hochtonbereich verloren gehen. Die Epos aber breitet die Wiener Soundfrickler in ihrer ganzen Opulenz aus. Ein rollender Tiefbass durchflutet den Raum, während sich die spritzelnden Klangtüfteleien am oberen Frequenzende als das Salz in der Suppe präsentieren.

Bildergalerie
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Hier kommt unzweifelhaft wieder dieser unnachahmliche Spaßfaktor ins Spiel, der ja der Markenkern der kleineren ES-14 ist. Es war sicherlich ein kluger Zug, die dort bewährten Hochtöner ebenfalls in der erwachseneren ES-28 zu verwenden. Beste Voraussetzungen also für eine Party mit ordentlich Dub und Grime, den passenden Verstärker vorausgesetzt. Kommen wir deshalb noch kurz auf die Verstärkerwahl zu sprechen. Die große Epos ist bewusst nicht auf einen hohen Wirkungsgrad hin gezüchtet. Aus diesem Grund vermählt sie sich am liebsten mit Verstärkern, die in der Lage sind, von unten eine gewisse Schubkraft in das musikalische System zu pumpen. In meinem Fall haben dies sowohl ein Naim SuperNait als auch ein Esoteric F-02 auf ganz unterschiedliche Art und Weise formidabel gelöst. Aber auch kräftige Röhren können hier wahre Wunder wirken. In unserem Gespräch erzählte Karl-Heinz Fink, dass er persönlich auch die Röhrenverstärker aus dem Hause Canor für eine ganz exzellente Lösung halte.

Was bleibt nach drei Wochen des ausgiebigen Hörens? Im Gegensatz zur kleineren ES-14N, die ich immer als einen übersprudelnden Spaßlautsprecher gehört habe – ich schrieb damals von „unbändiger Energie“ und einem „Powerpaket in Sachen Dynamik“ –, legt die ES-28N bei aller Spielfreunde einen mehr sonoren, ja geradezu seriösen Tonfall an den Tag. Da sie aber auch – mit der richtigen Verstärkung angetrieben und mit treibenden Beats gefüttert – hemmungslos Party machen kann, stellt Karl-Heinz Fink damit de facto den größeren Allrounder vor. Unbestechlich neutral, aber immer mit Fleisch und Blut reproduzierend, haben wir hier einen mit allen audiophilen Wassern gewaschenen und dennoch unkomplizierten Lautsprecher vor uns, dessen noch im vierstelligen Paarpreis sich bewegender Kostenfaktor Anlass sein sollte, unbedingt beim Händler des Vertrauens einen Hörtermin zu vereinbaren. Und dann sage noch mal jemand, es gäbe keine Überraschungen mehr.

Epos ES-28N Standlautsprecher

Info

Lautsprecher Epos ES-28N

Konzept: 3-Wege-Bassreflexsystem
Frequenzumfang: 30 bis 25 000 Hz
Impedanz: 6 Ω
Treiber: 2 x 180-mm-Tieftöner, 1 x 28-mm-Hochtöner, 1 x 130-mm-Mitteltöner
Wirkungsgrad: 86 dB
Trennfrequenz: 2700 Hz, 330 Hz
Ausführungen: Schwarz, Weiß, Walnuss, Jadegrün
Maße (B/H/T): 25/105/36 cm
Gewicht: 35 kg
Garantiezeit: 5 Jahre
Paarpreis: um 8000 €

Kontakt

IDC Klaassen

Am Brambusch 22
44536 Lünen
Telefon +49 231 22178822
idc@idc-klaassen.com

www.idc-klaassen.com

Mitspieler

Laufwerke: Thorens TD 126 MK III, Technics SL-1210 MK2
Tonarm: Koshin GST 801
Tonabnehmer: Sumiko Blackbird, Ortofon Concorde Century und 2M Black, Dynavector 20X2
Phonovorverstärker: Innovative Audio Ultimate 2b, Thel Phono M
CD-Player: Naim CD5i
Streamer: Naim CD5XS
Vollverstärker: Naim SuperNait
Lautsprecher: Gamut Phi 7, Lyngdorf Cue-100
Kopfhörer: Beyerdynamic DT 1770 Pro
Zubehör: Wireworld, Sommer, Creaktiv

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