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Revox B77 MkIII

Revox B77 MK III

Comeback einer Legende

Revox B77 MK III

In den goldenen Jahrzehnten der analogen Audiotechnik galten Bandmaschinen als klangliches Maß aller Dinge.

Revox B77 MkIII

In aller Kürze:
Die Revox B77 MK III ist die vielleicht eindrucksvollste Erinnerung daran, wie gut Musik eigentlich klingen kann – wenn man sie nur lässt.

Revox B77 MkIII


Von den 1950ern bis in die frühen 1980er prägten sie nicht nur die Tonstudios, sondern auch ambitionierte HiFi-Anlagen im privaten Bereich. Zuvor waren Tonbandgeräte ausschließlich Rundfunkanstalten und professionellen Studios vorbehalten. Doch mit der Verbreitung bequemerer Medien – zunächst Kassette, später CD und schließlich Streaming – verschwanden sie langsam vom Markt. Nicht zuletzt, weil ihre Bedienung vergleichsweise aufwendig ist: Spulen, Einfädeln, Umspulen, Archivieren – das will gelernt und gepflegt sein. Hinzu kommt, dass hochwertige Tonbänder nie wirklich günstig waren. Doch wer je eine echte Masterbandkopie gehört hat, weiß: An diese Qualität reicht kaum ein anderes Medium heran.

Revox B77 MkIII
Während die VU-Meter an modernen Endstufen im Grunde als Schmuckwerk gelten dürfen, erfüllen sie bei einer Bandmaschine eine echte Funktion.

Denn Musik wird teilweise bis heute auf Band aufgenommen. Wer eine Kopie direkt vom Originalmaster in Händen hält, umgeht gleich mehrere klangschädigende Zwischenschritte – etwa das Herstellen eines Lackfilms für Vinylpressungen oder die oft verlustbehaftete Analog-Digital-Wandlung. Was bleibt, ist ein Höreindruck, der näher am Ursprung ist als alles, was die digitale Welt zu bieten hat. Diese Erkenntnis verbreitet sich zunehmend – und mit ihr wächst das Interesse an Bandmaschinen. Revox, ein Synonym für höchste Schweizer Ingenieurskunst, reagiert nun auf diese Entwicklung mit einem eindrucksvollen Comeback.

Die neue Revox B77 MK III ist weit mehr als eine bloße Neuauflage der beliebten MK II. Zwar wurde deren nahezu unverwüstliche Mechanik eins zu eins übernommen – es gab schlicht keinen Anlass zur Verbesserung. Doch elektronisch ist die MK III ein Neuentwurf. Der komplette Signalweg wurde überarbeitet, sämtliche klangbeeinflussenden Kondensatoren wurden entfernt. Tonköpfe und Andruckrolle sind nicht nur neu, sondern auch technisch deutlich hochwertiger. Und erstmals ist die Bandmaschine vollsymmetrisch aufgebaut – mit entsprechenden XLR-Ein- und Ausgängen, die sich auch in professionellen Studioumgebungen bewährt haben.

Revox B77 MkIII
Die (noch) begrenzte Bandverfügbarkeit ist (noch) ein Argument gegen die Anschaffung einer Bandmaschine. Der stattliche Preis pro Aufnahme lässt sich durch hohe Lizenzgebühren und die Tatsache, dass jedes Band einzeln in Echtzeit produziert wird, einleuchtend erklären.

Ein echtes Novum stellt die Netzwerkanbindung dar: Die B77 MK III lässt sich nahtlos in das hauseigene Multiroom- und Multiuser-System von Revox integrieren. Sie ist per App über Smartphone oder Tablet steuerbar – und das von jedem Punkt der Welt aus. Eine Bandmaschine mit App-Anbindung? Was im ersten Moment widersprüchlich klingt, ist in Wahrheit konsequent gedacht: Die technische Exzellenz der Vergangenheit trifft auf den Komfort der Gegenwart. Weltweit dürfte es kein zweites Gerät dieser Art geben.

Auch optisch bleibt die neue B77 ihrer Herkunft treu. Das klassische Revox-Design wurde behutsam modernisiert, ohne seinen ikonischen Charakter zu verlieren. Schwarze Gehäuseflächen, massive Aluminiumteile, satt einrastende Schalter und das berühmte Laufwerk mit offen liegenden Spulen – allein schon das Einschalten der Maschine ist ein Erlebnis. Hier klickt und surrt es nicht digital, sondern mechanisch. Man hört, was passiert – und fühlt es auch. Ein haptisches Fest für jeden, der sich an einer sauber laufenden Bandmaschine erfreuen kann.

Revox B77 MkIII
Involviertes Hörvergnügen: Ein Crashkurs in Bandkunde ist für die sachgerechte Bedienung klar zu empfehlen. Die Druckknöpfe im oberen Bild etwa erlauben eine Umschaltung zwischen je zwei Entzerrungskurven und magnetischen Flussdichten, um die Abspielbedingungen an verschiedene Bandtypen anzupassen.

Doch Revox geht noch weiter: Mit der Übernahme von Horch House – inklusive des Masterband-Spezialisten Volker Lange – holt man sich auch das passende Tonmaterial ins Haus. Die Masterbandkopien, die dort angeboten werden, kosten rund 480 Euro. Das mag auf den ersten Blick nach viel Geld klingen, doch relativiert sich dieser Eindruck schnell: Allein die Lizenzgebühren pro Band schlagen mit etwa 120 Euro zu Buche. Hinzu kommen die hochwertigen RTM-Bänder sowie der enorme Aufwand der Echtzeit-Kopie, die mit höchster Sorgfalt durchgeführt wird. Es gibt keine Mehrfachkopien im Schnellverfahren – jedes Band wird eins zu eins erstellt. Ergebnis: eine Qualität, die selbst verwöhnte Ohren überrascht.

Wer sich für eine solche Masterbandkopie entscheidet, trifft eine bewusste Entscheidung – und das unterscheidet das Medium fundamental vom Streaming. Um den Unterschied greifbarer zu machen: Streaming ist wie ein Büffet. Alles ist verfügbar, jederzeit zugänglich, ein schneller Happen hier, ein flüchtiger Eindruck da. Man probiert, wechselt, skippt, überhört. Der Fokus liegt nicht auf dem einzelnen Gericht, sondern auf der Vielfalt. Dagegen ist eine Masterbandkopie wie ein Abend in einem Sternerestaurant. Man zahlt mehr, nimmt sich bewusst Zeit, wählt mit Bedacht – und wird dafür mit einem Gericht belohnt, das handwerklich und geschmacklich in einer völlig anderen Liga spielt. Es geht nicht ums Sattwerden, sondern ums Genießen. Nicht um Tempo, sondern um Tiefe.

Revox B77 MkIII
An der B77 ist auch 2025 nichts digital – die Funktionsweise ist konsequent mechanisch. Gleichwohl lässt sich die Maschine zeitgemäß per App bedienen, wenn gewünscht.

Dieses bewusste Hören, diese neue (und zugleich alte) Wertschätzung der Musik ist das eigentliche Comeback, das die B77 MK III einleitet. Sie ist kein Lifestyleprodukt für nebenbei, sondern ein Werkzeug für den, der hören will, was wirklich auf dem Band steht.

Wenn man das erste Mal eine Masterbandkopie über die neue Revox B77 MK III hört, braucht man einen Moment. Nicht, weil etwas fehlt – sondern weil nichts fehlt. Die Musik wirkt unmittelbar, körperlich, selbstverständlich. Es klingt nicht spektakulär im Sinne von künstlich aufpoliert – es klingt einfach „richtig“. Und genau das macht den Unterschied. Schon beim ersten Tonband, der Live-Studiosession von Incognito, war ich überrascht, wie organisch sich der Klang in den Raum stellt. Die Stimme greift förmlich nach vorn, der Bass hat Volumen und Präzision zugleich, und die Bühne steht breit und tief – völlig losgelöst von den Lautsprechern.

In diesem Moment kam auch meine Freundin ins Zimmer. Eigentlich jemand, der sich nicht besonders für HiFi interessiert. Sie blieb stehen, hörte einige Sekunden – und sagte dann mit echtem Erstaunen: „Wow. What’s that?“ Und genau das ist es: Die Revox B77 MK III überzeugt nicht durch Technik oder Daten, sondern durch Präsenz. Die Musik wird zum Ereignis. Ohne Effekt, ohne Übertreibung. Einfach nur durch Qualität.

Revox B77 MkIII
Im Gegensatz zu den Originalversionen ist die MK III konsequent symmetrisch aufgebaut, wie an den XLR-Ein- und Ausgängen zu erkennen. Vom Spannungswahlschalter lässt der Laie vorzugsweise die Finger.

Mit Al Di Meolas „And I Love Her“ zeigt die Revox ihre feinsinnige Seite. Die Gitarre wirkt greifbar, jede Nuance, jeder Saitenanschlag, jede kleine Verzögerung im Spiel bleibt erhalten. Dabei klingt es nie analytisch oder überbeleuchtet – es bleibt musikalisch. Die Höhen sind seidig, der Mitteltonbereich kommt offen und natürlich, der Bass schlank, aber voller Substanz. Hier ist nichts künstlich aufgeblasen, sondern ehrlich auf den Punkt gebracht. Djabe & Steve Hackett liefern mit „Camino Royale“ eine ganz andere Art von Klangbild – dichter, komplexer, dynamischer. Und auch hier: absolute Kontrolle. Nichts verschwimmt, keine Details gehen unter. Die Revox bleibt bei aller Wucht strukturiert. Gerade bei diesem Track zeigt sich, wie souverän sie mit anspruchsvollen Passagen umgeht. Die Transienten sind blitzsauber, die Dynamik wird nicht geglättet, sondern in voller Bandbreite ausgespielt. Alice Cooper mit „I’m Alice“ schiebt dann nochmal eine ganz eigene Energie hinterher. Druckvoll, direkt, mitreißend. Der Bass tritt mit Autorität auf, die Stimme steht zentimetergenau im Raum. Und selbst bei höheren Pegeln bleibt das Klangbild wie festgenagelt – nichts wird scharf, nichts zerfällt. Stattdessen bleibt alles durchhörbar und kontrolliert.

Was alle Aufnahmen gemeinsam haben: Man vergisst nach kurzer Zeit, dass man einem Medium zuhört. Die Technik tritt vollständig in den Hintergrund. Man hört nicht das Band – man hört Musik. Authentisch, unmittelbar, berührend. Es ist fast so, als würde sich die B77 MK III bewusst aus dem Weg nehmen – und das, obwohl sie technisch gesehen eine sehr komplexe Maschine ist.

Bildergalerie
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Die Revox B77 MK III ist weit mehr als ein technisches Remake – sie ist eine Rückbesinnung auf das Wesentliche. Hier geht es nicht um Features, sondern um Klang. Um Tiefe. Um Emotion. Sie ist kein dekoratives Lifestyleprodukt für die Design-Wohnwand, sondern ein echtes Werkzeug für alle, die Musik so hören möchten, wie sie aufgenommen wurde: direkt, unverfälscht, analog.

In Kombination mit den hauseigenen Revox Master Tapes, die im Revox Klangwerk in Echtzeit kopiert werden, entsteht eine Kette, die vom Aufnahmestudio bis ins Wohnzimmer konsequent analog bleibt. So konsequent und hochwertig, dass sie weltweit kaum zu schlagen ist. Und ja, 480 Euro für ein Masterband sind kein Pappenstiel. Aber wer sich bewusst für solch ein Medium entscheidet, macht keine Kompromisse. Und bekommt dafür etwas, was Streaming in keiner Form bieten kann: Aufmerksamkeit. Tiefe. Zeit. Und Musik, die nicht einfach nebenbei läuft, sondern zum Mittelpunkt wird.

Revox B77 MkIII

Info

Tonbandmaschine Revox B77 MK III

Konzept: klassische Tonbandmaschine mit (wahlweiser) digitaler LAN-Steuerung; Testmuster noch ohne Aufnahmefähigkeit
Wiedergabe: 2-Spur, 19 cm/s und 38 cm/s
Spielbare Formate: alle gängigen Bandformate
Antrieb: Revox-eigene Dreimotoren-Laufwerksmechanik
Zählwerk: digitales Zählwerk
Remote: steuerbar über Revox-Multiuser-System und -App
Besonderheiten: vollsymmetrischer Aufbau mit XLR-Ein- und -Ausgängen, überarbeiteter Signalweg ohne Kondensatoren, Präzisionstonköpfe mit verlängerter Lebensdauer, Produktion im Revox Klangwerk, Villingen (max. 20 Stück/Monat)
Garantiezeit: 2 Jahre
Preis: um 16 000 €

Kontakt

Revox Deutschland

Am Krebsgraben 15
78048 Villingen-Schwenningen
Telefon +49 7721 8704-0
info@revox.com

www.revox.com

Mitspieler

Plattenspieler: VPI Prime Scout
Phonovorverstärker: Van den Hul The Grail
Kassettendeck: TEAC V-7010
Streamer/Musikserver: Meridian Sooloos
Vollverstärker: Krell K-300i mit Digitalteil
Lautsprecher: Wilson Audio Sabrina
Subwoofer: Velodyne DD12+
Kabel: Kabelfamilie Nordost Red Dawn
Rack: Bassocontinuo Accordeon

Die angezeigten Preise sind gültig zum Zeitpunkt der Evaluierung. Abweichungen hierzu sind möglich.