Fyne F501E
Den Schotten wird Sparsamkeit nachgesagt. Zum Glück setzt Fyne Audio den Rotstift nur am Preis und nicht an der Wiedergabequalität an. Optisch ansprechend gestaltet, wächst die handliche Standbox über sich hinaus.
In aller Kürze:
Die Fyne F501E ist optisch elegant, klanglich großartig involvierend und einfach in unterschiedliche Wohnräume zu integrieren – und das zu einem Kurs, der das Haushaltsbudget nicht übermäßig belastet. Eine „fyne“ Sache!
Was ist wohl die größere Herausforderung: die Entwicklung eines ultimativen Schallwandlers ohne Rücksicht auf die Kosten oder die eines sehr gut klingenden Lautsprechers mit geringem Budget? Eine über langjährige Erfahrung erworbene Expertise ist sicher für beide Aufgaben hilfreich. Womit wir auch ohne Umschweife zu Fyne Audio kommen. 2015 gründeten Dr. Paul Mills und weitere ehemalige Tannoy-Mitarbeiter Fyne Audio Limited. Das Portfolio reicht mittlerweile von den Einsteigermodellen der F500-Familie bis zur F1-Luxusklasse mit ihren edlen Echtholzfurnieren. Letzteres sollte man von der F501E natürlich mit einem Verkaufspreis von 1200 Euro nicht erwarten.

Die neue F500E-Baureihe ersetzt die F300-Modelle, die noch ohne Koaxtreiber auskommen mussten. Dieser markante „IsoFlare“-Treiber überträgt den gesamten Frequenzbereich. Der Hochtöner mit Hornvorsatz ist im Zentrum des Mitteltieftontreibers positioniert. Die niedrige Übergangsfrequenz von 1700 Hertz gewährleistet, dass der Mitteltieftöner nur in einem komfortablen, verzerrungsfreien Bereich arbeitet. Dass die Lautsprecherkörbe aus Aludruckguss gefertigt werden, ist für die Preisklasse außergewöhnlich.
Dr. Mills entdeckte, dass die Resonanzen herkömmlicher Lautsprechersicken zu Verfärbungen der Wiedergabe führen. Aus dieser Erkenntnis entstand das zweite Fyne-Audio-Markenzeichen: Die „FyneFlute“-Technologie. Eine mithilfe von Computersimulation berechnete geriffelte Struktur im Verlauf der Lautsprechersicke soll ausgeprägte Resonanzen verhindern und zu einem natürlicheren Klang beitragen. Die Membranen der Konustreiber bestehen aus einem Multifaser-Papiergemisch, ausgewählt wegen seiner geringen Masse und neutralen Klangeigenschaften, so der Hersteller. Diese Tief-/Mittel-/Hochton-Einheit bildet eine Punktschallquelle, der überlegene Abbildungseigenschaften zugesprochen werden. Besonders in Räumen, die nur einen relativ geringen Hörabstand zulassen, kann das von Vorteil sein. Im Tieftonbereich ab 250 Hertz erhält der Koax Unterstützung von einem ähnlichen Chassis ohne Hochtoneinheit.

Die dritte Kerntechnologie, „BassTrax“, ist eine ziemlich raffinierte Bassreflexkonstruktion. Der Hersteller beschreibt es als ein Doppelkammer-Reflexsystem. Das Bassreflexrohr des Hauptvolumens führt in ein kleineres Volumen, dessen untere Öffnung auf einen Kegel trifft. Dieser leitet die Schallenergie gleichmäßig auf vier rundum angeordnete Austrittsöffnungen und sorgt für eine gleichmäßige Ankopplung an den Hörraum. Da mir die genaue Funktion nicht unmittelbar einleuchtete, bat ich Fyne Audio um Aufklärung. Mit freundlicher Unterstützung von Steven Scott erhielt ich von Dr. Paul Mills die Antwort auf diese und weitere Fragen.
Der Kegel reduziere Turbulenzen im Luftstrom des Reflexkanals, das sei mess- und hörbar. Die Doppelkammerkonstruktion habe zwei Vorteile: Zum einen wird der Bereich, in dem der Reflexkanal die Basswiedergabe unterstützt, breitbandiger, zum anderen werden parasitäre Schallanteile bedämpft. Um Gehäuseresonanzen zu unterdrücken sind hinter jedem Chassis zwei Streben angebracht, zusätzlich werden die Wände mit Paneelen verklebt.

Da der Wirkungsgrad dieses relativ kleinen Standlautsprechers mit 90 Dezibel ziemlich anständig ist, wollte ich von Dr. Mills wissen, ob die F501E an Röhrenverstärkern betrieben werden könnte. Grundsätzlich schon, es käme auf den speziellen Verstärker an, so seine Antwort. Ich denke, dass Push-Pull-Röhrenverstärker mit zweistelliger Watt-Ausbeute einen Versuch wert sind. Die mir von Dr. Mills übermittelte Impedanzkurve bestätigt das. Der Impedanzverlauf ist nicht linearisiert, sodass Kleinleistungs-SET-Verstärker wohl nicht die geeignete Wahl darstellen.
Ich finde es bemerkenswert, dass es Fyne Audio tatsächlich gelungen ist, sämtliche Technologien der Topmodelle in die Einsteigerserie zu übertragen, wenn auch in vereinfachter Form. Da stellt sich mir die Frage: Wie ist das möglich und wo wurde gespart? Die nach Indonesien verlagerte Produktion (die Serien ab F500SP werden nach wie vor in Schottland gefertigt) beantwortet das zumindest teilweise. Die einfache Gehäuseform, die Oberfläche aus Vinyl und das einfachere Anschlussterminal tragen dazu bei, die Produktionskosten zu reduzieren, so der Hersteller. Aus Sicht des Audiophilen eine sinnvolle Gewichtung, zuerst den Rotstift an optischen/haptischen Eigenschaften anzusetzen und sich auf die akustischen Fähigkeiten zu konzentrieren. Trotzdem ist es gelungen, einen schicken Lautsprecher zu entwerfen, der sich sowohl in puncto Design als auch akustisch problemlos in die meisten Wohn-/Hörräume integrieren lässt. Und Letzteres gelingt auch dank der ausgewogenen Proportionen und makellosen Verarbeitung der F501E. Die je nach Lichteinfall unterschiedlich schimmernde Oberfläche und die perfekt eingelassenen Chassis machen schon etwas her, wenn auch auf dezente Art … very British indeed!

Auf die mitgelieferten Frontabdeckungen habe ich verzichtet. So wird es in der Bedienungsanleitung aus akustischen Gründen empfohlen. Außerdem, wer wollte schon die spannenden Koaxtreiber verstecken?
Mithilfe der justierbaren Spikes, die ich in die Sockelplatte schraube, sorge ich für stabilen Stand der Boxen. Die F501E ist mit Bi-Wire-Terminals ausgestattet, was gerade bei preiswerten Lautsprechern nicht üblich ist. Auf meine Frage hierzu antwortete Dr. Mills, dass bei ausgiebigen Hörvergleichen die Bi-Wire-Variante eindeutig besser geklungen habe. Das deckt sich mit meinen Erfahrungen, also: Brücken entfernen und die Boxen mit meinen zwei Kimber 8TC verbandeln.
Ich stelle die F501E auf Granitplatten, die es trotz der Spikes ermöglichen, den Lautsprecher zur Feinabstimmung zu verschieben (bodenschonende Unterlegscheiben gehören zum Lieferumfang). In der amüsant „Fyne Advice“ genannten Bedienungsanleitung werden 40 Stunden Einspielzeit angegeben. Schon in dieser Phase offenbaren sich die besonderen Talente der F501E. Die Abbildungs- und Ortungsgenauigkeit zeigt sich unmittelbar, in mit einer für diese Preiskategorie erstaunlichen Qualität. Auch die Tiefbassfähigkeiten, die ich dem handlichen Standlautsprecher nicht zugetraut hatte, beeindrucken mich. Der Bassbereich spielt anfangs noch etwas uneingebunden, den oberen Registern fehlt ein wenig Offenheit. Das sollte sich nach einer Woche erheblich verbessern, nach der zweiten Woche hatte ich den Eindruck, dass der Lautsprecher sein Optimum im Wesentlichen erreicht hat. Ich korrigierte die Einwinkelung, sodass die Lautsprecher direkt auf den Hörplatz zeigen. In meinem relativ gut bedämpften Hörraum erweist sich das fast immer als die beste Ausrichtung.
Füttern wir die Schotten mit Schottischem! Die in den Achtzigern populäre Rockband Big Country überzeugt durch ihren energiegeladenen Sound, der seinen besonderen Reiz durch die keltisch inspirierten Melodien erhält. Die Dichte und Wucht, mit der die vier Musiker ihre Instrumente bearbeiten, sind eine Herausforderung für die Wiedergabekette. Schon das Schlagzeug-Intro (LP The Crossing, „In A Big Country“) lässt mich erstaunt grinsen. Die Bassdrum donnert mit balancierter Mischung aus Volumen und Anschlag in den Hörraum. Diese kraftvolle Performance hätte ich den zierlichen Standlautsprechern nicht zugetraut. Stuart Adamsons prägnante Stimme und die durch diverse Effektgeräte gejagten Stromgitarren erzeugen ein Soundgebilde, in der die F501E problemlos die Übersicht behält. Eine ausgeprägte Räumlichkeit bringt diese Aufnahme nicht mit, trotzdem lassen sich die Instrumente durch die präzise Ortbarkeit und abgegrenzte Tonalität gut differenzieren. Der kompakte Zusammenhalt, der den Reiz guter Rockaufnahmen auszeichnet, geht hierbei nicht verloren.
Ich bleibe in der Gegend und unternehme eine romantische Schiffsreise in den Nordwesten – Felix Mendelssohn Bartholdy hat vor fast 200 Jahren seine Impressionen von einer solchen Reise in der Ouvertüre Die Hebriden op. 26 (Fingalshöhle) musikalisch umgesetzt. Den schottischen Schallwandlern gelingt es mühelos, die in dem Werk dargestellte Stimmung in meine Gehörgänge zu transportieren; die unteren Lagen aus den Tiefen des Konzertsaals schaffen eine bedrohliche Atmosphäre. Dass dieser recht unscheinbare Lautsprecher Derartiges zu leisten vermag, ist besonders angesichts des Verkaufspreises erstaunlich. Fyne Audio ist es mit Bravour gelungen, die für die Toprange entwickelten Technologien in die neue Einstiegsserie F500E zu transferieren. Nur Fans extremer Detailauflösung und ätherischen Hochton-Geflirrs werden da wahrscheinlich nicht ganz glücklich.
Die F501E tritt den Beweis an, dass es auch mit für den High-End-Kosmos sensationell günstigen Lautsprechern möglich ist, sich den Konzertsaal nach Hause zu holen.
Info
Lautsprecher Fyne Audio F501E
Konzept: 2,5-Wege-Standlautsprecher mit Bassreflexgehäuse
Bestückung: 1 x 150-mm-IsoFlareTM (Multifaser-Tiefmitteltöner mit 25-mm-Titankalotten-Druckkammer-Hochtöner), 1 x 150-mm-Multifaser-Tieftöner
Frequenzweiche: 12 dB Tiefpass, −6 dB Hochpass
Empfohlene Verstärkerleistung (RMS): 30 bis 150 W
Dauerbelastbarkeit (RMS): 75 W
Wirkungsgrad (2,83 V@1 m): 90 dB
Impedanz: 8 Ω
Übertragungsbereich (−6 dB typisch im Raum): 36 Hz bis 34 kHz
Besonderheiten: Bassreflexöffnung mit BassTrax-Tractrix-Diffuser an der Gehäuseunterseite, Bodenschoner im Lieferumfang
Ausführung: Vinyl, Optik Esche schwarz
Maße (B/H/T): 25/98/29 cm
Gewicht: 18 kg
Paarpreis: um 1200 €
Kontakt
TAD
Hallwanger Straße 14
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Telefon +49 8052 9573273
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Mitspieler
CD-Player: Electrocompaniet EMC 1 MKV
Analoglaufwerk: TW Acustic Raven GT2
Tonarme: TW Raven 12.9”,10.5” und 9.5”
Tonabnehmer: Skyanalog Reference, Clearaudio Concerto V2, Excalibur Platinum
Verstärker: Electrocompaniet EC 4.8, Electrocompaniet EC AW250R, Lab 12 Melto2
Lautsprecher: Audio Physic Spark auf Solidsteel SS-5
Stromversorgung, Kabel: IsoTek Aquarius, Syncro und Optimum; AudioQuest Yukon und NRG-Z3, Zavfino Gold Rush, 2 x Kimber 8TC, WBT
Zubehör: bFly-audio Octopus und PolarX, Audio Physic VCF V Magnetic plus, Lehmannaudio Stage 1 Plattenmatte, TW Turntable Mat, Sonic Voice, Nessie Vinylmaster






