Raidho X2t Standlautsprecher

Raidho X2t

Die Kunst der Präsenz

Raidho X2t

Raidhos formschöne X2t zeigt, wie kontrollierte Präzision mit musikalischer Tiefenstaffelung einhergeht.

­Raidho X2t Standlautsprecher

In aller Kürze:
Bassstarke Lautsprecher können auch elegant und leichtfüßig daherkommen. Wer das nicht glaubt, sollte sich die Präzisionswunder Raidho X2t anhören.

Raidho X2t Standlautsprecher


Am Ende eines langen ersten Messetages verschlug es mich auf der vorletzten Münchner HIGH END kurz vor Torschluss noch in einen Hörraum. Bereits voll mit musikalischen Eindrücken und auch ein wenig des bislang Gehörten überdrüssig, betrat ich den großen Ausstellungsraum, der für die fortgeschrittene Uhrzeit erstaunlich gut besucht war. Noch bevor ich mir einen freien Stuhl organisiert hatte, war meine innere Feierabendeinstellung urplötzlich verflogen. Ich fühlte mich geradezu überwältigt, so musikalisch involvierend und gleichzeitig groß und transparent füllte die Musik den Raum. Nun gut, von Lautsprechern mit einer Höhe von knapp zwei Metern konnte man dies auch so erwarten. Als ich mich ihnen näherte, bemerkte ich jedoch, dass die riesigen Klangsäulen keinen Ton von sich gaben. Die Klangfülle kam von den schmalen und nur etwas mehr als hüfthohen Lautsprechern daneben. Und so lauschte ich die letzten Minuten des Messetages fasziniert diesen schmalen und ausgesprochen formschönen Lautsprechern einer Marke, die ich bislang immer eher als Randnotiz wahrgenommen hatte, gleichwohl ich ein ausgesprochener Freund dänischen High Ends bin: Die Rede ist natürlich von Raidho.

Raidho X2t Standlautsprecher
Design als Alleinstellungsmerkmal: Die unkonventionelle Gehäuseform des X2t verfolgt aber nicht nur ästhetische Absichten, sondern ist auch für das leichtfüßige und dennoch bassstarke Klangbild verantwortlich.

Mit dem X2t präsentierte der Hersteller dort eine überarbeitete Version seines Standlautsprechers, der sich klar vom Vorgänger X2 absetzt. Die dänische Manufaktur wollte dabei nicht nur technische Fortschritte übertragen, sondern gezielt optimierte Materialien und überarbeitete Konzepte in den neuen Lautsprecher integrieren. De facto stehen wir also eher vor einer Neukonstruktion als vor einem Facelifting. Entstanden ist ein Zweieinhalbwege-Lautsprecher, der hinter seiner schlanken, unaufdringlichen Erscheinung ein komplexes technisches System verbirgt, das wir uns in einem Gespräch sehr genau von Raidho haben erklären lassen.

Keine Technik von der Stange

Kernstück des Lautsprechers ist der firmeneigene planare Bändchenhochtöner, ausgestattet mit einer ultraleichten Folienmembran mit einer Masse von gerade mal 0,02 Gramm – laut Morten Kim Nielsen, Sales Manager bei Raidho, rund ein Fünftel so dick wie ein menschliches Haar. Das Resultat sei eine ausgesprochen verzerrungsarme, schnelle Hochtonwiedergabe bis weit über den hörbaren Frequenzbereich hinaus. Um mit der Schnelligkeit und der Präzision des Bändchens mithalten zu können, hat man in-house ein proprietäres Treiberdesign aus Alu und Keramik entwickelt. Im Bass- und Mitteltonbereich kommen zwei 5,25-Zoll-Tieftöner (Durchmesser ca. 13 cm) zum Einsatz, deren Membranen aus Keramik bestehen und zusätzlich mit Tantal beschichtet sind.

Raidho X2t Standlautsprecher
Von jeher das Markenzeichen Raidhos: der komplett in Eigenregie entwickelte und produzierte hauchdünne Bändchenhochtöner. Er garantiert außergewöhnliche Impulsschnelligkeit und einen präzisen Transiententransport ohne jede Spur von Schärfe.

Tantal – ein extrem hartes, hitzebeständiges Refraktärmetall – erhöht die strukturelle Steifigkeit der Membran, ohne zusätzliche Masse hinzuzufügen. Nielsen erläuterte im Gespräch, dass dadurch unerwünschte Eigenresonanzen deutlich nach oben verschoben werden – bis auf rund 15 Kilohertz – und somit außerhalb des relevanten Übertragungsbereichs liegen. Auch das zugrundeliegende Magnetsystem ist laut Nielsen maßgeblich: Extrem starke Neodymmagnete mit gezielter Feldführung erlauben eine exakte Kontrolle über die Chassis, selbst bei hohem Hub – entscheidend für einen kontrollierten, druckvollen Bass auch aus kompakten Gehäusen.

Das Zweieinhalbwege-Prinzip ist natürlich bewusst gewählt: Der untere der beiden identischen Tieftöner agiert als reiner Bass-Spezialist und erweitert die untere Grenzfrequenz, ohne den Mittelton zu verfälschen. Nielsen betont: „Wir haben viele Hörtests durchgeführt – unser Ziel war eine klangliche Balance aus Bassautorität, Mittenklarheit und zeitlicher Kohärenz.“ Die Übergänge zwischen den Wegen sind so abgestimmt, dass typische Interferenzen im Übergangsbereich weitgehend vermieden werden. Für Nielsen vereint das System das Beste aus zwei Welten: „Ein Zweiwege-System verschwindet sehr gut im Raum, ein Dreiwege-Lautsprecher bringt oft mehr Power. Der X2t schafft beides – homogen und kraftvoll.“ Die Frequenzweiche des X2t wurde vollständig neu entwickelt. Sie basiert auf selektierten Bauteilen und wird in Handarbeit mit Punkt-zu-Punkt-Verkabelung gefertigt. Besonders erwähnenswert ist dabei die interne Verkabelung mit Nordost-Leitungen – sowohl innerhalb der Weiche als auch zu den Treibern.

Raidho X2t Standlautsprecher
Warum kompliziert, wenn es auch einfach geht? Nicht nur, dass der Skinny-Rücken der X2t keinen Platz für Bi-Wiring bietet – ein durchdachtes Profikonzept kann auf ein solches Hilfstuning auch locker verzichten und selbstbewusst Single-Wiring-Anschlüsse präsentieren.

Formschönheit mit Köpfchen

Auch das Gehäuse selbst wurde neu gedacht: Sorgfältig konzipierte innere Verstrebungen und eine abgestimmte Dämpfung sorgen für Stabilität und Impulstreue, ohne den Korpus unnötig schwer zu machen. Mit knapp 23 Kilogramm gehört die X2t eher zu den Leichtgewichten ihrer Klasse – ein Punkt, den Nielsen nicht nur als transportfreundlich, sondern auch als Zeichen effizienter Materialwahl versteht. Auffällig ist die elegante, schmale Schallwand – kein Designgag, sondern akustisch begründet: Sie reduziert laut Nielsen die Kantendiffraktion, verbessert die Ortbarkeit und schafft zusammen mit der engen Treiberanordnung ein besonders fokussiertes, punktquellenähnliches Klangbild. Statt auf klassischen Spikes ruhen die Lautsprecher auf in die Bodenplatte integrierten Metallkugeln – eine Lösung, die nicht nur die mechanische Entkopplung effektiv umsetzt, sondern auch die Aufstellung erleichtert. Und in der Tat: Eine derart unkomplizierte und zugleich stimmige Positionierung ist mir selten begegnet.

Was sich auf der Messe bereits andeutete, wurde im Hörraum zur klanglichen Gewissheit. Gleich die ersten Takte offenbaren eine Bühnenabbildung mit bemerkenswerter Tiefenstaffelung – fast schon quadrofonisch. Besonders eindrücklich bei Kendrick Lamars Damn: Die Vielzahl an Sprachsamples, Atmosphären und Klangfragmenten ist präzise verortet, bleibt durchhörbar und bildet ein akustisches 3D-Modell, das sich raumfüllend entfaltet. Trotz kompakter Treiber ist der Bassbereich kein Thema – und das ist als Kompliment zu verstehen. Schnell, tief und kontrolliert – selbst synthetische Bässe wirken körperhaft, ohne künstlich aufgedickt zu sein. Auch bei großorchestralen Werken überzeugt die X2t. Eindrucksvoll gleich mit Schostakowitschs Neunter unter Eliahu Inbal in einer der berühmten One-Point-Recordings von Denon: Dynamik, Körper, Transparenz – alles greift ineinander, besonders in schnellen Passagen. Nicht nur mächtig im Sound, sondern auch noch von wunderbaren Klangfarben gesättigt kommt der Beginn des vierten Satzes mit seinen choralhaften Blechbläserfanfaren daher.

Raidho X2t Standlautsprecher
Reduce to the max: Ein durchdachtes Konzept braucht keine Materialschlachten, dafür aber hochwertige Bauteile bis hin zur Verkabelung. Nicht umsonst greift man bei Raidho auf bewährte Leitungen aus dem Hause Nordost zurück.

Ist die Aufnahme gelungen, wächst die Raidho über sich hinaus. Auch im kammermusikalischen Bereich bleibt die X2t ihrer Linie treu. New Sounds from Manchester mit dem Quatuor Danel demonstriert präzise Ortung, klangliche Feinzeichnung und Struktur – ob Pizzicati, extreme Spieltechniken oder tiefe Bratschenlinien: Nichts verschwimmt, alles bleibt greifbar. Nicht verschweigen sollte man, dass schlechte Aufnahmen auch nicht zum Klangschönen umgebogen werden. Stattdessen verweigert sich die X2t in solchen Momenten leicht divenhaft: „Wenn du dich nicht anstrengst, warum sollte ich es tun?“ Abbados Strawinsky-Aufnahmen mit dem London Symphony Orchestra bleiben ein dünnes Süppchen in der Ausgabe von 1976, legt man aber das in den Emil Berliner Studios produzierte Original-Source-Reissue der deutschen Grammophon auf den Plattenteller, antwortet die dänische Diva überschwänglich mit audiophiler Freude: „Warum nicht gleich so?“

Raidho X2t Standlautsprecher
Auf Wunsch auch custom-made – nach Absprache erfüllt Raidho selbst ungewöhnliche Farbwünsche.

Die Sache mit der Zimmerlautstärke

Die X2t reagiert durchaus auf ihre Umgebung, ohne dabei aber allzu anspruchsvoll zu sein. Selbst in meinem 30-Quadratmeter-Raum habe ich festgestellt, dass man dem Lautsprecher Luft zum Atmen lassen sollte – mindestens 1,50 Meter Abstand zur Rückwand habe ich als maßvoll empfunden, um insbesondere Bass und untere Mitten frei arbeiten zu lassen. Auch die Wahl des Verstärkers ist nicht trivial: Zwar liegt der Wirkungsgrad praxisnah bei etwa 87 Dezibel, doch der Impedanzverlauf verlangt nach kräftigen Endstufen mit hoher Stromlieferfähigkeit. „Idealerweise mehr als 20 Ampere, stabil auch unter 4 Ohm, mit hohem Dämpfungsfaktor“, so Nielsen.

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So transparent und präzise die X2t auch aufspielt – ihr volles klangliches Potenzial entfaltet sie bei nächtlich gedämpftem Lautstärkevolumen nicht in vollem Umfang. Gerade in solch leisen Passagen zeigt sich, dass sie ein gewisses Maß an Energiezufuhr schätzt. Erst bei normaler Zimmerlautstärke oder gar ein Quäntchen über dem alltäglichen Pegel öffnet sich das Klangbild vollständig – mit all der Tiefe, Staffelung und Dynamik, mit der dieser Lautsprecher begeistern kann. Das gilt vor allem für elektronische Musik, was man ihm aufgrund der ästhetischen Subtilität des Äußeren zunächst gar nicht zutraut. Aber einen Stapel Vinyl aus der Frühzeit des Kölner Kompakt-Labels, den ich unlängst ergattern konnte, habe ich in einer großartigen Mischung aus Druck und Eleganz goutieren können. So muss elektronische Musik klingen, soll sie außerhalb des Clubs gehört werden.

Der Raidho X2t ist ein Lautsprecher für Hörerinnen und Hörer mit klarer Erwartung: Kontrolle, Auflösung, Struktur – ohne analytische Trockenheit. Er drängt sich nicht auf, sondern lässt die Musik sprechen: mit Tiefe, Farbe, Dynamik. Wer ein klangliches Werkzeug sucht, das weder beschönigt noch langweilt, sondern Inhalte souverän transportiert, findet hier eine der elegantesten und ehrlichsten Lösungen.

Raidho X2t Standlautsprecher

Info

Lautsprecher Raidho X2t

Konzept: 2,5-Wege-Standlautsprecher, Bassreflexsystem
Bestückung: 1 x Raidho-Bändchenhochtöner, 2 x 5,25“-Raidho-­Ceramix-Treiber mit Tantalbeschichtung
Empfindlichkeit: 87 dB @ 2,83 V/m
Nennimpedanz: 6 Ω
Ausführung: Klavierschwarz, Vogelaugenahorn oder andere Farben auf Bestellung
Maße (B/H/T): 30/107/49 cm (inkl. Füße)
Gewicht: 23 kg
Garantiezeit: 5 Jahre
Paarpreis: 16 000 €, limitierte Holzvariante 21 000 €

Kontakt

Dantax Radio A/S

Bransagervej 15
9490 Pandrup
Dänemark
Telefon +45 9824 7677
sales@raidho.dk

www.raidho.dk

Mitspieler

Laufwerke: Thorens TD 126 MK III, Technics SL-1210 MK2
Tonarm: Koshin GST 801
Tonabnehmer: Sumiko Blackbird, Ortofon Concorde Century und 2M Black, Dynavector 20X2
Phonovorverstärker: Innovative Audio Ultimate 2b, Thel Phono M
CD-Player: Naim CD5i
Streamer: Naim CD5XS
Vollverstärker: Naim SuperNait
Lautsprecher: Gamut Phi 7, Lyngdorf Cue-100
Kopfhörer: Beyerdynamic DT 1770 Pro
Zubehör: Wireworld, Sommer, Creaktiv

Die angezeigten Preise sind gültig zum Zeitpunkt der Evaluierung. Abweichungen hierzu sind möglich.