Blue Amp Fughetta
Zugegeben, das mit der Glückseligkeit habe ich von Blue Amp selbst, denn der Hersteller verortet seine Modelle auf eben jener ansteigenden Kurve zur Glückseligkeit. Der Einstieg in die Phonowelten des Herstellers ist gleichzeitig auch die jüngste und preiswerteste Variante. „Fughetta“ nennt sich das kompakte Gerät mit ausgelagertem Netzteil, und es macht sofort nach dem Anschließen auf sich aufmerksam! „Dynamik“ ist das Stichwort, das mir nach dem ersten Anschließen den Sinn kommt.
In aller Kürze:
Schnell und sauber: Der Blue Amp Fughetta punktet mit symmetrischer Signalverarbeitung, exakt abgeglichenen Eingangswiderständen der Doppelmono-Konstruktion und konsequent geringen Toleranzen bei der Bauteilauswahl.
Der Blue Amp Fughetta ist wie seine Geschwister symmetrisch aufgebaut und nimmt Signale konsequenterweise via XLR-Eingang entgegen. Ein hochwertiger Adapter auf eine unsymmetrische Cinchbuchse ist optional erhältlich. Daneben finden sich noch ein Schraubendreher zum Öffnen des Gehäuses sowie ein Werkzeug zum Umsetzen der Jumper. Am Gehäuse selbst gibt es nämlich nichts einzustellen. Kabel und Netzteil anschließen, fertig. In der Regel stelle ich meine Phonovorstufe einmal auf mein System ein und lasse es dann so. Das ist auch Blue Amps Gedanke zu diesem Thema.

Während manche Testgeräte sich über die Dauer des Testzeitraums entfalten und ihre Stärken nach und nach ans Licht bringen, ist beim Fughetta von vornherein klar: Der kann was! Die im Hörraum ansässigen vier Vergleichsentzerrer jedenfalls haben bislang im Sachen Dynamik kaum so abgeliefert wie das smarte Blue-Amp-Gerät. Der Tiefbass ist präzise umrissen und schiebt mit einer enormen Energie die musikalische Darstellung an, die dabei immer sauber bleibt und nicht angedickt wirkt. Ich höre das neue Album der britischen Band The Loft, das von Sean Read audiophil aufgenommen wurde. Eine simple (Indie-)Rockbesetzung, ein warmer Bariton und perlende, meist unverzerrte E-Gitarren prägen Everything Changes, Everything Stays The Same. Der Blue Amp Fughetta zeigt, wie das grooven kann und findet dabei die Zeit, die feinen Details der Produktion neben dem energetischen Auftritt in vollem Umfang zu zeigen. Perkussive Musikformen liegen dem kleinen Entzerrer offensichtlich. Auch mit härteren Progressive-Rock-Produktionen fühlt er sich merklich wohl. Die Mitte kommt satt und mit Druck, insgesamt ist das Adjektiv „direkt“ sicher angebracht. Das erinnert mich an Studiotechnik, die möglichst direkt die aufbereiteten musikalischen Informationen vermittelt. Schnell, klar, aber mit ordentlichem Punch. Der Platz (und der Raum) rund um akustische Instrumente ist klar definiert. Die nächste Stufe zur Glückseligkeit wäre aus meiner Sicht ein wenig mehr Tiefe im Raum sowie eine minimal breitere Bühne – das schaffen in der Regel aber nur ungleich teurere Phonostufen. Was sofort und uneingeschränkt überzeugt, ist das (positiv gemeinte) anspringende Temperament und der kellertiefe Bass des Fughetta! Pink Floyds dynamischste Platte The Final Cut ist mit der kleinsten Blue-Amp-Einheit ein echtes Erlebnis.

Schauen wir ins Gerät. Unter dem passgenauen Deckel der Entzerrvorstufe verbirgt sich die komplette Verstärkerschaltung. Da der Fughetta in Doppel-Mono aufgebaut ist, finden sich die Jumper zur Impedanzanpassung als Paare auf der Platine wieder. Im MC-Betrieb können Sie zwischen drei praxistauglichen Werten wählen, nämlich 100 Ohm, 500 Ohm und 1 Kiloohm. MM-Systeme „sehen“ die üblichen 47 Kiloohm. Ich kann zwischen MM- und MC-Betrieb (Verstärkung 44 dB/64 dB) wählen. Mit dem Clearaudio Jubilee MC passte für meinen Klangeindruck ein 100-Ohm-Abschluss, mein Audio-Technica AT33 PTG/II fühlte sich mit 500 Ohm hörbar wohl. Vertrauen Sie da Ihren Ohren und probieren Sie die unterschiedlichen Einstellungen aus. Die knackige Produktion und Mischung von Bryan Ferrys Album Bête Noire (zu Deutsch: „Angstgegner“) zeigt, warum Bob Ludwig in Sachen Mastering zu einer weltweiten Instanz geworden ist. Und das höre ich über den Fughetta mit einem enormen Spaßfaktor. Kleine glockenklare, in der Breite des Stereobildes verteilte Perkussionstupfer treffen auf Achtzigerjahre-Schlagzeugklänge mit ordentlich Knack! Ständig habe ich das Gefühl, dass die Blue-Amp-Phonovorstufe das Timing an sich zieht und alles ein bisschen mehr Schwung bekommt. Landläufig würde man „schneller“ dazu sagen.

Blue-Amp-Chef Rolf Becker hat sich für seine kleinste „Vorvorstufe“ die eigene model blue MK III zum Vorbild genommen und durch geringere Selektion der Bauteile und kleine Änderungen in der Schaltung das aktuelle Einstiegsmodell erdacht. Gebaut wird auch das in Handarbeit in Deutschland, die durchverdrahtete Platine ist mit ordentlichen Bauteilen bestückt. Von den je zwei Operationsverstärkern pro Kanal wurde die Typenbezeichnung abgeschliffen, mutmaßlich, um ungebetene Nachahmer von Kopien der gut funktionierenden Schaltung abzuhalten.
Bis zum ersten Operationsverstärker läuft das Signal komplett symmetrisch. „Hinter“ diesem OpAmp geht es unsymmetrisch weiter. Nach der (sehr exakten und sauber je Kanal abgeglichenen) Entzerrung sorgt ein weiterer rauscharmer Operationsverstärker für die darauffolgende Signalverstärkung. Vor dem Ausgang findet sich dann noch ein hochwertiger MCap-Ausgangskondensator, der zwischen Verstärker und der jeweiligen unsymmetrischen Ausgangsbuchse sitzt.
Die Musikerin Heather Nova eröffnet mit dem gut klingenden „Hey Poseidon“ ihr aktuelles Album Breath And Air. Die tadellose Pressung wird vom Clearaudio Jubilee MC schnell und transientenreich an den Entzerrvorverstärker weitergeleitet. Die kraftvolle Spritzigkeit des Fughetta lässt die warm temperierte und handgemachte Musik noch direkter erklingen, als ich es gewohnt bin. Streicher im Hintergrund („Ebbs And Flows“) finden ihre Position hinter E- und Akustikgitarre, die die facettenreiche Stimme der Sängerin begleiten, bevor die restlichen Instrumente ihrer Band eine dreidimensionale Wiedergabe des Stückes komplettieren. Der Platz zwischen den Instrumenten ist realistisch und nicht sezierend, daher bleibt alles im musikalischen Fluss. Das Abhören über meinen HIFIMAN Ananda Nano offenbart zusätzlich die gute Auflösung des kleinen Blue-Amp-Entzerrers. Angenehm ist aus meiner Sicht, das zu keiner Zeit Schärfe ins Klangbild kommt und sich trotzdem ein klares und detailliertes Klanggeschehen zeigt. Sicherlich ist der Fughetta da nur ein Bauteil in der gesamten Wiedergabekette, aber aus meiner Sicht ein wesentliches.

Abschließend möchte ich noch ein paar jazzige Klänge hören. Dazu findet sich Wes Montgomery auf dem Plattenteller ein. The Incredible Jazz Guitar Of Wes Montgomery ist für mich ein Zeugnis der außergewöhnlichen Spielweise dieses Gitarristen, dessen Markenzeichen das Zupfen mit dem Daumen und seine zahlreichen Oktavverbindungen waren. Zusammen mit Pianist Tommy Flanagan, Bassist Percy Heath und Schlagzeuger Albert „Tootie“ Heath swingt er sich atemberaubend schnell und dynamisch durch das erste Stück „Airegin“ (im Original von Sonny Rollins). Einmal mehr sind es die dynamischen Fähigkeiten des Fughetta, die mich in die Musik eintauchen lassen. Natürlich ist die grundsätzliche Spielfreude des Quartetts Bestandteil der Aufnahme, aber hier muss ein Entzerrer auch liefern. Die Art und Weise, wie die Finger die Saiten zum Schwingen bringen und diesen Vorgang auch gezielt wieder beenden, wird über den kleinen Blue Amp plastisch greifbar. Lediglich die Abbildung der Raumgröße habe ich von teureren Artgenossen schon expliziter gehört. Ein Eindruck, der sich über alle Genres zu bestätigen scheint.
Der solide konzipierte und hochwertige, (weitgehend) symmetrisch aufgebaute Phonoentzerrer überzeugt von der ersten Sekunde an mit schnellem Antritt, sattem Bassfundament und dynamischer Wiedergabe. Dabei klingt die Musik farbig und gut aufgelöst. Vor allem transientenreiche Titel profitieren von dieser klanglichen Ausrichtung, aber auch mit ruhigen Jazzarrangements oder Klassik fremdelt das kleine Gerät nicht. „Klein“ ist hier wirklich nur die Bauform!
Info
Phonoentzerrer Blue Amp Fughetta
Konzept: Übertragervorstufe mit (ausschließlich) symmetrischen Eingängen für MM- und MC-Betrieb
Besonderheiten: Doppelmono-Konzept, geringe Bauteiltoleranzen und exakt abgeglichene Eingangswiderstände pro Kanal, externes Netzteil
Eingänge: 1 x symmetrisch XLR (Adapter für unsymmetrische Kabel optional erhältlich)
Ausgänge (analog): 1 x unsymmetrisch RCA
Verstärkung: 44 dB und 64 dB
Abschlusswiderstände: 100 Ω, 500 Ω, 1 kΩ, 47 kΩ
Ausführung: Aluminium natur
Maße (B/H/T): 15/5/19 cm (ohne Netzteil)
Gewicht: 1,6 kg
Garantiezeit: 2 Jahre
Preis: um 2700 €
Kontakt
Auditorium
Feidikstraße 93
59065 Hamm
Telefon +49 2381 933942
info@blueamp.de
Mitspieler
Plattenspieler: Elac Miracord 70 mit externer Geschwindigkeitskontrolle
Tonabnehmer: Audio-Technica AT33PTG/II, Clearaudio Jubilee MC
Phonovorverstärker: Luxman E-250, Luxman E-07
Vollverstärker: Luxman SQ-N150
Kopfhörerverstärker: Lehmannaudio Drachenfels
Kopfhörer: HIFIMAN Deva, HIFIMAN Ananda Nano, Shure SRH 1540
Lautsprecher: Klipsch Heresy IV
Kabel: Ecosse, Tara Labs, Furutech, Supra, Graham Slee, Corfac2






