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Jern 15 Kompaktlautsprecher

Jern 15 Kompaktlautsprecher

Ohne Ecken und Kanten

Jern 15 Kompaktlautsprecher – Ohne Ecken und Kanten

Die dänischen Kompaktlautsprecher Jern 15 verblüffen mit ungewöhnlichem Design und erstaunlichem Klang.

Jern 15 Kompaktlautsprecher

In aller Kürze

High End ist mit der Jern in der kleinsten Hütte möglich, und dazu ist sie auch noch unverschämt gutaussehend und perfekt verarbeitet. Die Jern 15 ist eine Alternative, die in jedes Auswahlportfolio bei der Ausstattung kleinerer Räume gehört. Preis um 3000 Euro.

Jern 15 Navigator


Oh, ein Barbapapa! So mein erster Gedanke, als ich die kompakten Jern 15 mit ihrer extravaganten Formgebung aus dem Karton hebe. Die Generation Ü50 erinnert sich bestimmt noch an die Fernsehserie mit den herrlich amorphen Zeichentrickfiguren, die in trauter Familienidylle über den Bildschirm schwebten. Allein die 15 Kilogramm Lebendgewicht passen nicht so ganz zu dem niedlichen Aussehen der Lautsprecher – kein Wunder, schließlich halte ich ein äußerst wertiges Vollmetallgehäuse in den Händen. Meine Neugierde ist aufgrund der ungewöhnlichen Form und Haptik sofort geweckt, und ehe ich mich mit technischen Details dieser doch etwas gewöhnungsbedürftigen Konstruktion beschäftige, will ich einfach nur hören, wie die beiden Barbapapas klingen.

Jern 15 Kompaktlautsprecher
Jerns kompakte „Knubbelchen“ muss man doch einfach liebhaben. Von der verspielten Formgebung sollte man sich aber nicht täuschen lassen: Nummer 15 ist ein Hightech-Produkt, die eigenwilligen Proportionen ergeben sich aus strenger Beachtung des „Form follows Function“-Prinzips.

Ran an die Wand

Zunächst mache ich mir Gedanken, wohin ich die Zwerge eigentlich stellen soll. Da der Vertrieb eine wandnahe Aufstellung empfiehlt, kommt der gewohnte Lautsprecherplatz mit seinem Wandabstand von mehr als einem Meter nicht in Frage. Also landen die Jern zunächst rechts und links von meinem Fernseher. Da ich den Audio- streng vom Videobereich trenne, steht hier eine Zweitanlage zur Verfügung. Also verbinde ich die beiden 15er mit meinem revidierten Fine Arts 9000, gebe den Ton optisch über einen Topping D90 aus und schaue, was die Digital Concert Hall der Berliner Philharmoniker als mögliches Testprogramm bereithält. Um nicht gleich mit Kanonen auf Spatzen zu schießen, verzichte ich auf die vorgeschlagenen Brucknersinfonien und wähle stattdessen Mozarts „Gran Partita“ KV 361. Sofort fällt der leicht abgedunkelte und äußerst natürliche Klang auf, mit dem die Blasinstrumente durchaus füllig in den Raum treten. Auch die feinen kontrapunktischen Stimmverästelungen, die Mozart hier komponiert hat und die das Werk weit über einen bloß unterhaltenden Serenadencharakter hinausheben, sind transparent nachvollziehbar. Und doch kann sich bei mir trotz des unzweifelhaften Charmes der Wiedergabe noch keine restlose Begeisterung einstellen, da mir das Klangbild doch etwas zu klein und auch in Teilen zu diffus erscheint. Ich führe dies auf das sehr direkte Abstrahlverhalten der Jern 15 zurück, das offenbar dazu führt, dass trotz wandnaher Aufstellung eine Raumgröße von 30 Quadratmetern mit jeweils zwei Meter Seitenabstand offenbar nicht das Heimatrevier der kompakten Boxen ist. Und so beschließe ich, die Lautsprecher in das nur halb so große Gästezimmer umziehen zu lassen.

Jern 15 Kompaktlautsprecher
Hinter den Abdeckungen verbergen sich die Treiber der Zweiwege-Box – in diesem Fall eine Kombination aus SEAS (Bass/Mitten) und Wavecor (Tweeter). Was man auch nach langem Drehen und Wenden nicht entdeckt, ist eine Bassreflex-Öffnung. Die Jern 15 besitzt ein geschlossenes Gehäuse, der unteren Grenzfrequenz sind entsprechende Grenzen gesteckt.

Die Jern ist Heavy Metal pur

Bevor ich nun den zweiten Hörversuch starte, will ich zunächst etwas über die Geschichte dieser ungewöhnlichen Lautsprecher erfahren und durchforste das Material, das mir der Vertrieb hat zukommen lassen. Die Lautsprecher von Jern – übrigens das dänische Wort für „Eisen“ – wurden aus dem zunächst naiv erscheinenden Wunsch des Firmengründers Soren Dissing geboren, einen gusseisernen Lautsprecher in der familieneigenen Gießerei zu bauen. Dissing und sein Bruder Peter sind in zweiter Generation Eigentümer von Dansk Skalform A/S, einer dänischen Gießerei mit Sitz in Aars, die unter anderem für das Gießen komplexer Motorengussteile für BMW, Rolls-Royce oder Porsche bekannt ist. Dissing realisierte schnell, dass er für sein Vorhaben einen Experten aus der Audiotechnik benötigte. Im Jahr 2016 kontaktierte er Ole Lund Christensen, der sich als Gründer der Firma Gamut einen Namen gemacht hat. Christensen erkannte schnell die Möglichkeit, Lautsprecher zu schaffen, die aufgrund des Gehäusematerials stabil, leise und verzerrungsfrei arbeiten. „Alle Lautsprechergehäuse ,singen‘, und deshalb geben sich gute Lautsprecherhersteller große Mühe, diese Resonanz zu minimieren. Sie verwenden entweder exotische und teure Materialien oder Holz- oder Aluminiumgehäuse mit aufwendigen internen Verstrebungen, um die Resonanz zu kontrollieren, aber keines dieser Materialien schließt den Lärm ganz aus“, erklärt Christensen. Jern-Lautsprecher werden dagegen aus Gusseisen mit hohem Graphitanteil hergestellt. Der Hersteller profitiert dabei von seinen Erfahrungen aus der Autoindustrie, wird genau diese Art von Gusseisen doch wegen seiner Stabilität und Geräuschreduzierung in den meisten Motorblöcken verwendet. Jern hat diese Werkstoffkombination sogar patentieren lassen. Bei der Herstellung wird das Eisen bei 1450 Grad Celsius geschmolzen, wobei ein Verfahren angewendet wird, das 1929 von einem deutschen Ingenieur namens Johannes Croning entwickelt wurde. Ziel ist es, ein einteiliges, abgerundetes Gehäuse zu schaffen, das einer Belastung von fünf Tonnen standhalten kann. Während des Abkühlungsprozesses bildet Graphit dreidimensionale Kuppelformen innerhalb des Eisens. Diese Verschmelzung ist es, die Vibrationen in einem außergewöhnlichen Maß begrenzt. Um diese Fähigkeit nicht zu „verwässern“, werden die Jern-Modelle ausschließlich als geschlossene Systeme produziert. Die Treiber werden von namhaften Herstellern wie Scan-Speak, SEAS oder Hiquphon bezogen. Im Fall der Jern 15 geht ein Bassmitteltöner von SEAS bis auf 59 Hertz herunter, während der Tweeter von Wavecor den Hochtonbereich bis 28 Kilohertz abdeckt.

Jern 15 Kompaktlautsprecher
Auch die Innenansicht kann sich sehen lassen. Die 15 wird in eine Wabenstruktur gegossen, die das ohnehin massive Metallgehäuse zusätzlich versteift und beruhigt. Das Material ist damit resistent gegen jedwede Anregung.

Sound auch in der kleinsten Hütte

Mit diesen Informationen versehen, starte ich die zweite Hörrunde. Diesmal platziere ich die beiden Boxen wandnah und mit weniger als einem Meter Abstand zu den jeweiligen Seitenwänden auf einem Sideboard. Als außerordentlich praktisch erweist sich dabei der mitgelieferte Gummiring, in den die Jern gestellt werden. Nicht nur, dass dadurch Vibrationen und Resonanzen vermieden werden – von denen sich so robuste gusseiserne Zwerge wahrscheinlich ohnehin nicht aus der Ruhe bringen lassen würden –, vielmehr ermöglicht der Ring ein wunderbar simples Justieren der Lautsprecher, sowohl vertikal als auch horizontal. Dank der Variabilität des Abstrahlwinkels ist man nicht auf einen in der Höhe passgenauen Stellplatz angewiesen. Und sofort habe ich den Eindruck, einen gänzlich anderen Lautsprecher als zuvor vor mir zu haben. Nicht nur, dass man plötzlich den Kontrabass zwischen den Bläsern vernimmt – dessen Position innerhalb des Ensembles ist nun auch immer klar zu orten. Lässt man die Jern in einem angemessen kleinen Raum spielen, so verblüfft er mit wunderbarer Tiefenstaffelung und einer geradezu holografischen Raumdarstellung, die zuvor in meinem doppelt so großen Hörraum untergegangen ist. Bemerkenswert, wie das Vollmetallgehäuse in Verbindung mit der Form für ein mehr als erwachsenes und stabiles Klangbild sorgt. Neben der ausgewogenen Tonalität, die gerade Blasinstrumenten und auch Stimmen keinerlei abweichende Verfärbungen hinzufügt, gefällt vor allem der bruchlose Übergang innerhalb des Zweiwege-Systems bei acht Kilohertz, der für die Homogenität der Wiedergabe verantwortlich ist. Nach einigen Alben querbeet durch meine Musiksammlung stelle ich fest, dass der dänische Winzling nicht nur ein Feingeist, sondern auch ein außerordentlicher Rocker sein kann. Das neue Album von Dinosaur Jr. rumpelt mächtig durch den Raum, die Gitarrensoli klingen blitzsauber über den verschleppten Drums, und J Mascis’ Knarzstimme hat auch nach über 30 Jahren Bandkarriere nichts von ihrer rebellischen Attitüde verloren. Das Team Dissing & Christensen hat hier einen Lautsprecher entwickelt, der sich als erstaunlicher Allrounder präsentiert und dabei gar nicht mal einen allzu potenten Verstärker benötigt, um seine Qualitäten auszuspielen.

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Eine akustische und optische Alternative

Will man einen kleinen Raum kompromisslos audiophil bestücken und dabei einen möglichst direkten und verfärbungsfreien Klang erreichen, ist man erfahrungsgemäß auf kleine Aktivmonitore angewiesen – insbesondere, wenn es Lautsprecher für ein Siedeboard sein sollen. Ein Nachteil ist allerdings das nüchterne und recht langweilige Studiodesign aktiver Lautsprecher sowie die Tatsache, dass vorhandene Vollverstärker dann nicht genutzt werden können. Hier nun schlägt die Stunde der Jern 15: in den Abmaßen klein genug, um in Räumen von 10 bis 15 Quadratmetern problemlos integriert zu werden, dabei mit einem Design gesegnet, das jedes Wohnambiente optisch aufwertet, und vor allem zu einem mehr als erwachsenen audiophilen Sound fähig, der zeigt, dass High End mit dem richtigen Know-how eben auch auf kleinsten Flächen machbar ist.

Info

Lautsprecher Jern 15
Konzept: 2-Wege-Kompaktlautsprecher im „Vibrakill“-Vollmetallgehäuse
Frequenzgang: 59 Hz bis 28 kHz
Wirkungsgrad: 85 dB
Impedanz: 4 Ω
Farbvarianten: Nordic Black, Polar White, Casting Grey, Danish Red
Maße (B/H/T): 21/30/18 cm
Gewicht: 16 kg
Garantiezeit: 2 Jahre
Paarpreis: um 3000 €

Kontakt

Daluso
Op den Dijk 30
6102 EX Echt
Niederlande
Telefon +31 611 354725

www.daluso.com

www.jernspeakers.com

Die angezeigten Preise sind gültig zum Zeitpunkt der Evaluierung. Abweichungen hierzu sind möglich.