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Linn 360 Exakt Integrated

Linn 360 Exakt Integrated

Klassenbeste

Linn 360 Exakt Integrated

Linn ist schon immer auf eigenen Pfaden gewandelt. Für ihre aktuellen Komponenten haben die Schotten ein Geflecht aus Technologien ersonnen, deren Zusammenspiel so einzigartig ist, dass es sich selbst fachnahen Beobachtern nur allmählich erschließt. Mit der 360 Exakt Integrated schließt sich der Kreis derart konsequent, dass die Benefits von Exakt, Organik und Co. greifbar werden.

Linn 360 Exakt Integrated

In aller Kürze:
Die Linn 360 Exakt Integrated vervollständigt Linns große DSMs zur ultimativen Traumanlage für all jene, die Musik auf einem völlig eigenen Niveau genießen und erleben möchten.

Linn 360 Exakt Integrated


Hatten Sie auch diesen einen Typen in der Schulklasse? Den, dem alles gelang, der gut aussah, der trotz sportlichem Engagement und seiner Band immer gute Noten nach Hause brachte und – war ja klar – auch noch super bei den Ladys ankam? Bei allem Selbstverdruss konnte man ihm seinen Erfolg neiden, aber nicht wirklich verübeln – schließlich hatte er es einfach drauf. Für mich findet dieser Stereotyp in Linn eine highfidele Entsprechung. Denken Sie mal darüber nach: Haben Sie je ein Gerät der Schotten gehört, das Sie nicht umgehauen hat? Technologisch marschieren die Herrschaften schon lange voraus – ich sage nur LP12, CD12 oder Klimax. Selbst die zunächst als Irrweg angegiftete Entscheidung, sich vom CD-Spieler zu verabschieden, um Ressourcen für die streamende Zukunft freizumachen, erwies sich als goldrichtig.

Kein Wunder also, dass die Vorführungen der Schotten auf der 2023er HIGH END aus den Nähten platzten: Mit der 360 hatten die schottischen Supertypen nicht weniger als die Neudefinition des Aktivlautsprechers angekündigt. Bei jedem anderen Hersteller hätte man mit müdem Kopfschütteln und einem leisen „Oh, Mann!“ reagiert. Doch schon die vorab veröffentlichten Datenblätter nährten die Vermutung, dass die 360 tatsächlich der logische nächste Schritt sein könnte – ganz nach Linn-Manier, versteht sich.

Linn 360 Exakt Integrated
Die bullige Frontalansicht der 360. Lassen Sie uns gemeinsam zählen: Die beiden großen Treiber unten beackern den Tiefbass. Darüber folgen ein eigenes Chassis für den Grundton (Oberbass), der Tweeter sowie eine Mittelton-Bärennase – macht zusammen vier Wege. Das Gehäuse der stolzen Schottin ist aus 3D-gedruckten Profilen zusammengesetzt, die sich nach dem Verkleben wie ein zusammenhängendes Monocoque verhalten.

Treten wir einen Schritt zurück und betrachten das vollständige Bild. Wenn ich „Linn-Manier“ sage, dann meine ich, dass das Unternehmen aus Glasgow in System-Dimensionen denkt und sich vergleichsweise wenig um Dinge wie Kompatibilität schert. Die 360 Exakt Integrated wurde als logische Vervollständigung der DSM-Streamer konzipiert – und zwar für die Modelle mit Exakt-Technologie. Das trifft auf den Selekt und den Klimax zu – der kleine Majik ist leider raus. Im Zusammenspiel beider Komponenten (Lautsprecher und DSM-Controller) ist das namensgebende „Exakt“ wortwörtlich zu verstehen: Linn unternimmt alles technisch Mögliche, damit das Musiksignal originalgetreu von der Quelle bis zu den Chassis gelangt. Was nach der Schallwandlung mit den Signalen geschieht, kann man zwar mit der „Space Optimisation“ der DSMs beeinflussen, doch entzieht es sich letztlich der Verantwortung der schottischen Ingenieure. Wer sich übrigens nicht vollständig der Welt von Linn hingeben möchte, der kann alternativ zur baugleichen und doch günstigeren „360 Passiv“ greifen. Die bietet Zugang für gängige End- oder Vollverstärker und hat den aktiven Bass der Integrated an Bord – geboostete Wahlfreiheit, wenn Sie so möchten.

Um ihre hochgesteckten Ziele zu erreichen, stellten die Entwickler in den vergangenen 15 Jahren einen ganzen Werkzeugkasten an Technologien zusammen, die sich nahtlos verzahnen. Das beginnt beim durchgehend digitalen Signalpfad von der LAN-Buchse des Routers bis (fast) in die Chassis des Lautsprechers, umfasst aber auch Details wie die permanente Überwachung der Daten-Integrität oder die im Haus gefertigten SMD-Platinen, deren kompaktes Layout Spaßtötern wie Jitter die Angriffsfläche nimmt. Hinzu gesellt sich ein Aufwand, den viele andere Hersteller kaum leisten könnten: so etwa bei den unterschiedlichen Topologien der Endstufen. Während der Tiefbass die rohe Kraft maßgeschneiderter Class-D-Konzepte einfordere, bringe bei den übrigen Treibern die Präzision „Bias-adaptiver“ Class-AB-Kraftwerke bessere Ergebnisse, erklären die Schotten. Ich übersetze das mal: Die Arbeitspunkte der Endstufen für Oberbass, Mitten und Höhen werden an das jeweilige Chassis (jeder Weg wird von einer eigenen Endstufe umsorgt), an die momentanen Gegebenheiten (Pegel) und die Musik angepasst: Wenn gerade keine Höhen im Signal sind, kann sich die Endstufe des Tweeters entspannen und ein wenig Strom sparen, wenn hingegen ein besonders fordernder Impuls naht, kann sich die Mitten-Endstufe schon mal „vorspannen“. Durch den digitalen Exakt-Signalpfad, der auch den Informationsaustausch zwischen den Komponenten und Baugruppen erlaubt, kann das Elektronenhirn eines DSM-Zuspielers alle erforderlichen Entscheidungen treffen und die Kraftwerke einstimmen, noch ehe das betreffende Signal an die Boxen übertragen wird.

Linn 360 Exakt Integrated
Die fünf Farben der 360 Exakt Integrated: Links die beiden Standardausführungen, rechts die drei fantastischen Sonderlackierungen der „Glasgow Collection“. Eigene Farbwünsche dürfen geäußert werden.

Als Sahnehäubchen gesellt sich die kompromisslose Architektur der selbst entwickelten Organik-DACs hinzu, von denen vier Stück in jedem Lautsprecher stecken (einer pro Weg). Über deren Vorzüge hatten wir uns bereits beim Test des Klimax DSM (FIDELITY Nr. 63) ausgelassen, deshalb hier nur die mit Abstand größte Stärke eines maßgeschneiderten D/A-Wandlers: Während die meisten Streamer, CD-Spieler oder digitalen Aktiven sich sprichwörtlich verbiegen müssen, um mit ihren DACs „von der Stange“ bestmögliche Ergebnisse zu erzielen, gestaltete Linn seinen Organik genau so, wie er fürs Konzept der Komponenten sein muss. Datenaufbereitung (Up- und Oversampling) oder tonale Nachbearbeitung (Klangabstimmung der analogen Ausgangsstufen/Filterung) entfallen deshalb vollständig. Weniger Funktionen und Bauteile gehen in diesem Fall mit einem hörbaren „Mehr“ an Direktheit und Präzision einher.

Ein mindestens ebenso wichtiger Baustein des Linn-Konzepts liegt in der herausragenden Gehäusekonstruktion der 360. Um ehrlich zu sein, dachte ich bei der ersten Ankündigung zunächst an ein surroundfähiges Lautsprecher-Set. Die namensgebende Zahl bezieht sich allerdings nicht auf Rundumbeschallung, sondern auf die ganzheitliche Gestaltung des Korpus. Bei dessen Planung wurde nicht nur die Schallwand betrachtet, sondern alle Seiten ins Klangkonzept einbezogen. Ergebnis ist eine Form, die sich ausgehend vom massiven Aluminiumfuß in einem sanften Bogen nach hinten neigt. Zur Mitte hin verbreitert sich die 360 kaum merklich, bevor sie sich nach oben wieder etwas verjüngt. In der Draufsicht ist die Front der Aktiven unübersehbar abgerundet, nach hinten läuft das Gehäuse tropfenförmig zu. Vor allem die kugelförmig abgestrahlten Bässe können so um das Gehäuse laufen, ohne auf Kanten oder andere Hindernisse zu stoßen. Unerwünschte Aufbrüche im Abstrahlverhalten sind daher nahezu ausgeschlossen.

Linn 360 Exakt Integrated
Die Elektronik ist in einem eigenen Gehäuse untergebracht, das sich „schwimmend“ und stromlinienförmig in die 360 einpasst.

Beim ersten Rundgang um die Linn 360 Exakt Integrated fiel mir auf, dass die gesamte Elektronik in ein eigenes Gehäuse ausgelagert wurde. Dieser separate, mit Kühlrippen garnierte Korpus fügt sich nahtlos in die Formgebung des Lautsprechers und ist „schwimmend“, also beweglich und durch Gummidämpfer isoliert in eine Aussparung am Gehäuserücken eingehängt. Damit können wir das nächste grüne Häkchen auf der Liste potenzieller Probleme setzen: Eine mechanische Interaktion von Treibern und Elektronik ist praktisch auszuschließen. Der „Elektronik-Einschub“ verdeutlicht allerdings auch die Kompromisslosigkeit der 360. Abgesehen vom Stromzugang nebst Netzschalter und zwei Exakt-Link-Anschlüssen (ein In, ein Durchschleifpunkt) gibt es hier nichts zu entdecken. Ein DSM als Quelle und Zugangspunkt für weitere Zuspieler ist unerlässlich.

Das Gehäuse wird ebenfalls in Glasgow gefertigt. Linn ließ sich dafür eine Konstruktionsweise einfallen, die an den Schichtaufbau der TAD-Lautsprecher erinnert. Allerdings verwenden die Schotten kein MDF, sondern ein „3D-Laminat“, das vor Ort im Drucker entsteht. Über das Material selbst schweigt der Hersteller, miteinander verleimt ergeben die Schichten aber einen homogenen, akustisch beruhigten und geradezu steinig-massiven Körper – die verwendeten Klebstoffe verschmelzen die Laminatplatten regelrecht miteinander. Die gar nicht mal so riesigen Aktiven (114 cm Höhe) erreichen mit je 70 Kilogramm ansehnliche Rückenknackser-Qualitäten. „Eingehüllt“ werden ihre wohlgeformten Körper in zwei Standard-Lackierungen (Schwarz/Weiß) oder die drei Farben „Clyde Built“ (Grau), „Single Malt“ (Kupfer) und „Linn Heritage“ (Schwarz Hochglanz), die Linn als seine „Glasgow Collection“ listet. Auf Wunsch sind auch weitere Farbwünsche realisierbar.

Linn 360 Exakt Integrated
Serviervorschlag: So oder ähnlich sieht eine 360 im Betrieb aus. Ohne eine Variante des DSM (rechts auf dem Sideboard) lässt sich die Exakt Integrated gar nicht erst ansteuern. Sollte Ihnen das nicht schmecken, können Sie zur teilaktiven 360 Passiv greifen – die versteht sich mit jedem Verstärker.

Wie sie klingt, fragen Sie sich nach all den technischen Appetizern? Das ist tatsächlich gar nicht so einfach zu beschreiben. Der Lautsprecher spielt derart erhaben, autoritär und sauber, dass man sich von einigen alteingesessenen Hörerfahrungen lossagen muss. Nehmen wir beispielsweise das instrumentale „Apnée“ von Hantes Morning Tsunami. Dessen erste Impulse zählen wohl zum Fundamentalsten, was in den letzten Jahren den Weg auf einen Tonträger gefunden hat. Die 360 schüttelt die abgrundtiefen Bassschübe mit einer unbegreiflichen Power aus dem Ärmel, ohne auch nur das kleinste Schweißperlchen auf ihrer Stirn zu zeigen. Das irritiert mich geradezu, weil ich die Aufnahme bislang nur über „merklich bemühte“ Lautsprecher/Verstärker-Kombis gehört habe. Ganz ähnlich tischt sie „Attack On Gerhardts“ vom Fargo-Soundtrack auf: Die markanten Trommelwirbel eines amerikanischen Drum Corps haben mich schon immer fasziniert, sie kamen auf den meisten Ketten aber etwas verwaschen herüber – die Aufnahme ist halt so, dachte ich bislang. Doch Linns Aktive weiß es besser: Sie fegte die Impulse derart präzise und schnell aus den Membranen, dass sie sich regelrecht in meinen Schädel bohrten.

Ihre Präzision offenbart sie natürlich auch in die entgegengesetzte Richtung: In „Turquoise Hexagon Sun“ von Boards of Canada (Hi Scores) ertönt ein endlos ausklingendes E-Piano, das praktisch nur aus Resonanzen besteht. Viele Anlagen lassen den dunklen, tiefen Klang nahezu verschwinden. Die 360 hat damit keinerlei Probleme, projiziert den Sound derart präsent in den Hörraum, dass ich eine fein „brutzelnde“ Verzerrung entdecke, die mir bislang völlig entgangen war. Offenbar hatte auch das Studio-Equipment Probleme mit den anspruchsvollen Klängen. In eine ähnliche Schublade fällt „Gosh“ von Jamie X (In Colour). Der hochgradig elektronische Track lebt von virtuos zusammengestellten Drums und seinem abgrundtief grummelnden, leicht angeschmutzten Bass. Über die 360 kommt der aber so linear, sauber und transparent herüber, dass er plötzlich flach und uninspiriert wirkt. Abermals keine Schwäche des Aktivlautsprechers. Offenbar benötigt die Aufnahme eine gewisse Dosis „Ghettoblaster“, um ihre Wirkung zu entfalten – und damit kann und will Linn nicht dienen.

Linn 360 Exakt Integrated
Hier sehen Sie die drei Wandler der „höheren“ Frequenzbereiche, die in einem gemeinsamen Alurahmen sitzen. Die geschwungenen Strukturen um den Tweeter und den Mitteltöner herum finden sich auch auf dem Deckel eines Klimax DSM und haben es schon auf die Titelseite von FIDELITY Nr. 63 geschafft. Sie symbolisieren die Rillen einer Schallplatte und verstehen sich als Hommage an den legendären LP12.

Wenn ein Lautsprecher bei solchen Extremen punktet, können Sie sich ausmalen, wie er spielt, wenn das „Material“ erstklassig aufgenommen wurde. Die Aktive zeichnet extrem breite Bühnen in den Hörraum und scheint hinsichtlich ihrer Bandbreite und Auflösung keine Grenzen zu kennen. Mir fiel im Hörtest übrigens immer wieder auf, dass die Zeitrichtigkeit der vier Wege bis in den hintersten Winkel des Raums wirkt. Geht man bei laufender Wiedergabe im Zimmer umher, verändert sich durch Wandreflexionen etc. natürlich die tonale Balance, das Timing bleibt jedoch stets „tight“ und straff.

Die Linn 360 Exakt Integrated ist ein derartiges Klang-Statement, dass sie mit Fug und Recht eine Klasse für sich darstellt. Eine verflixt exklusive, wohlgemerkt. Und die Tatsache, dass sie nur mit einem Selekt bzw. Klimax DSM funktioniert, schiebt sie noch weiter in die Riege der ultimativen Traumanlagen. Sie dankt es jedoch mit einer nahezu übernatürlichen Antrittsstärke und mit einer Konsequenz in der Anwendung der Linn-Tugenden, dass man sie eigentlich in „360 Exakter Integrated“ umbenennen sollte …

Linn 360 Exakt Integrated

Info

Aktivlautsprecher Linn 360 Exakt Integrated

Konzept: aktiver Standlautsprecher mit integrierter Exakt-Technologie
Wege: 4 Wege, digitale Frequenzweiche
Bestückung: 2 x 22-cm-Alu-Langhubchassis (Tiefbass), 19-cm-Alu/Magnesium-Chassis (Oberbass), 7-cm-Carbon-Dome (Mitten), 19-mm-Carbon-Dome (Höhen)
Leistung/Verstärker: 1 x Power-DAC (D/A-Wandler direkt in der Endstufe), 3 x Class A/B (Oberbass/Mitten/Höhen); keine Leistungsangaben
Anschlüsse: 2 x Exakt Link
Ausführungen: Clyde Built, Single Malt, Linn Heritage Hochglanzschwarz, Alpinweiß oder persönliche Wunschfarbe
Maße (B/H/T): 41/114/48 cm
Gewicht: 70 kg (mit Standfuß)
Garantiezeit: 5 Jahre
Preis: ab 65 450 €

Kontakt

Linn Products Limited

Glasgow Road
Waterfoot, Eaglesham
Glasgow
G76 0EQ
Schottland

www.linn.co.uk

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