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DeVore Fidelity Orangutan 93

Test DeVore Fidelity Orangutan 93

DeVore Fidelity Orangutan 93 – John DeVore traut sich was.

John DeVore aus New York baut Lautsprecher wie aus der guten alten Zeit, nur besser. Und er gibt ihnen affige Namen. Was wir davon haben? Beste Laune und freie Verstärkerwahl zum Beispiel.

DeVore Fidelity Brooklyn Navy Yard 2016
John DeVore von DeVore Fidelity aus Brooklyn, New York

Fütterungszeit für die Spaßmacher! Ultratiefe Bässe pumpen den Raum auf, rollen in trockenen Riesenwellen über meinen Schreibtisch und wieder zurück. Yep, das hat Schmackes, da will ich doch gleich noch ein bisschen lauter machen – für mich ein untrügliches Zeichen, dass grundsätzlich „alles in Ordnung“ ist. Willkommen in der freien Wildbahn einer HiFi-Redaktion, ihr ungestümen Orangutans!
Ursprünglich wollte ich nur kurz die Vitalfunktionen der Affenzwillinge prüfen. Doch bereits nach dem Erstkontakt mit einem, nein: mit irgendeinem Verstärker (ich verrate nicht, welcher) signalisieren die beiden Orangutan 93 von DeVore Fidelity: Wir sind bereit für jeden fidelen Unfug! Dabei dürften die (gar nicht mal sooo) kleinen Racker, die hier gleich die Riesenwelle machen, noch gar nicht richtig wach sein. Sie sind erst seit ein paar Minuten „out of the box“ und bräuchten normalerweise, so Arnd Rischmüller vom Deutschland-Distributor H.E.A.R., wohl „noch etwa 450 Stunden Einspielzeit“, um stimmlich auch gehobenen audiophilen Ansprüchen zu genügen.
Die Sache mit dem Einspielen scheint sich irgendwie erledigt zu haben. Die beiden „O93“ wirken quietschfidel und putzmunter, kreischen aber nicht unangemessen herum. Nur, wenn sie bereits frisch aus dem Karton, gefüttert mit einem schrägen Internet-Spartenradiosender (bassdrive.com) und einem zufällig anwesenden Verstärker, derart gute Laune verbreiten: Wie wird es erst nach 450 Stunden Warm-up-Training sein? Ich werde vermutlich „Hilfe, zwei Orangutans mischen mein Büro auf!“ rufen – und mich freuen, dass ordentlich Leben in der Bude ist.
Warum auch nicht. Neckisches Herumtönen gehört zum fidelen Spiel. Das beherrscht auch John DeVore, seines Zeichens Chefentwickler, Namensgeber und Affendompteur der O93 in Personalunion, auf subtile Art und Weise. Seit 2001 hat er sich mit seinen Manufakturprodukten einen guten Namen erarbeitet, vor allem in den USA. Dabei könnte John DeVore mit seinem eher ruhigen Wesen und dem trockenen Humor glatt als Norddeutscher durchgehen. Oder als Schlagzeuger. Nun, John DeVore lebt seit 30 Jahren in New York, und das hat mit Norddeutschland eher wenig zu tun. Schlagzeug aber spielt er sehr wohl, ein aufgebautes Set ist stets in Griffweite – sehr sympathisch.

Sein tiefenentspanntes Wesen zeigt sich auch darin, dass er sich für seine Kreationen immer ausgiebig Zeit nimmt. Der tüftelfreudige Entwickler braucht üblicherweise gut drei Jahre, bevor ein neues Lautsprechermodell sein „Go!“ für eine Serienfertigung bekommt. Schuld daran ist eine ausgesprochen musikalisch orientierte und verstärkerfreundliche Feinabstimmung, die der Audio-Autodidakt seinen Babys angedeihen lässt. Die natürlich nirgendwo sichtbar wird. Man darf die Orangutan 93 also nicht nur anschauen, sondern sollte sie in aller Ruhe  Hören statt schauen – immer eine gute Idee. Denn wer nur mal schnell einen Blick auf die O93 wirft, wird nicht ein einziges sensationsheischendes oder superexotisches Bauteil entdecken. Keine einzige Detaillösung, die es nicht schon vor Jahrzehnten gegeben hätte. Überhaupt: Die grundsätzliche Formgebung, die unscheinbare Zweiwege-Konstruktion mit zwei scheinbar harmlosen Treibern legt den Begriff Kiste („Box“) dringend nahe. Keine Rundung, nirgends. Gleichwohl gehört die O93 definitiv zu den „rundesten“ und mitreißendsten Schallwandlern, die mir in den letzten Jahren zu Ohren gekommen sind. Und das waren verdammt viele.
DeVore Fidelity Orangutan 93Wie schafft das die O93 bloß? John DeVore setzt überall spezielle Techniken, Materialien und Bauteile ein. Doch wer kann schon auf den ersten Blick unterschiedliche Spezialkleber, resonanzoptimierende Verstrebungen oder Verkabelungen nach historischem Vorbild ausmachen? Und so schick das Bicolor-Gehäuse (das Frontfurnier nennt sich übrigens „Fiddleback Mahogany“) auch wirken mag, so sorgfältig die Lackierung per Hand poliert wird, nicht zu vergessen, dass die beiden Treiber nach exakten DeVore-Vorgaben maßgefertigt werden und die Frequenzweiche mit ausgesuchten Bauteilen und eigens angefertigten Kabeln handverdrahtet wird und überhaupt auch das kleinste Detail nicht nur rein zufällig genau dort und genau so vorhanden ist – Magie und Zauberei sehen anders aus. Vergleichbar makellose Handwerkskunst habe ich auch schon aus Dänemark, Österreich oder Estland gesehen, vielleicht auch schon aus Fernost, ich will da nix verheimlichen. Nein, an all den hübschen Details – ob sichtbar oder nicht – ist das klangliche Geheimrezept von DeVore Fidelity definitiv nicht abzulesen.
Es ist vielmehr eine Mischung aus reichlich Zeit und Know-how, die wohl den Schlüssel zum Erfolg ausmacht. Ein Besuch in seinem Industrie-Loft in den Brooklyn Navy Yards erlaubt einen tiefer gehenden Einblick in seine Abstimmungsarbeit. Der nicht nur alibimäßig, sondern tatsächlich musikbegeisterte Entwickler – mit einem großen Faible für die Schallplatte – nennt im persönlichen Gespräch mit FIDELITY vor allem drei Dinge: 1.) Der Klang seiner Lautsprecher soll auf einem Grundton aufbauen, der Substanz hat und eine körperhafte Entfaltung der Musik bewirkt. Denn für jede Musik, da sind John DeVore und der Autor einer Meinung, sind stabile und zugleich bewegliche Bass- und Grundtonlagen unabdingbar. 2.) DeVore-Lautsprecher sollen dem Verstärker das Leben erleichtern. Welchem Verstärker? Na, schlichtweg jedem, der überhaupt in Frage kommen könnte. Aus diesem Grund hortet der gewissenhafte Entwickler ein gutes Dutzend Amps in seiner Manufaktur und kombiniert jeden neuen Lautsprecher abwechselnd mit jedem Amp, um in endlosen Hörsessions herauszufinden, mit welcher Feinabstimmung hier und da noch ein Quäntchen mehr Musik herauszuholen ist. Das Prozedere setzt er dann regelmäßig auf HiFi-Shows fort, um die Abstimmung noch weiter zu perfektionieren. Denn feingeistige Röhrenverstärker mit einer Handvoll Watt pflegen in puncto Schallwandler ganz andere Befindlichkeiten als gut trainierte Transistor-Muskelprotze, Class-A-Heißsporne formen und führen den Klang in entscheidenden Details ganz anders als coole Digital-Amps. Jeder Highender weiß (ahnt oder fürchtet), dass verstärkertechnisch viele Wege nach Rom führen, und alle wollen den besten Klang. DeVore sorgt dafür, dass die Reise dorthin nicht unnötig holprig wird, sondern entspannt, leichtfüßig und schnell zugleich. 3.) DeVore-Lautsprecher sollen sich im Wohnzimmer nicht zu wichtig machen, auch ohne großes Aufsehen erstklassig klingen. Deswegen ist auch eine O93 nicht „zu groß“, sondern fügt sich den Gegebenheiten des jeweiligen Raumes, nicht zuletzt dank ihrer phänomenal gutmütigen Abstimmung.

Dass all diese Ansagen ernst gemeint sind, bemerke ich in den kommenden Wochen mit der O93 bei jeder Gelegenheit. Zuvor habe ich allerdings den Hinweis der ausführlichen Bedienungsanleitung (Original: „Care and Feeding Guide“) beherzigt und die Orangutans anständig über 400 Stunden lang eingespielt. Was der Affenbande, nebenbei bemerkt, tatsächlich richtig gutgetan hat. Die O93 wirken jetzt noch lockerer, schütteln tiefe Töne federleicht aus Membranen und Reflexärmeln, hangeln sich scheinbar mühelos und wie befreit von Tonart zu Tonart, von Beat zu Groove. Und das mit wirklich jedem Verstärker, der mir in die Finger kommt. John DeVore hat nicht zu viel versprochen.
So erzeugt die O93 schon mit einer 300B-Röhre gute Stimmung und bringt die Schokoladenseiten des kaum sieben Watt starken Audio Note Meishu bestens zur Geltung. Der Lautsprecher blüht bereits bei kleinsten Pegeln farbstark auf, überzeugt mit einer herrlich ausgedehnten Raumdarstellung und verleiht insbesondere Sängerinnen und Sängern diesen einmaligen Schmelz, den ich gemeinhin mit guten 300B-Verstärkern in Verbindung bringe. Kammermusik, Jazztrios und intim produzierte Songwriter stehen zum Greifen nahe im Raum – einfach verführerisch. Da ich aber keineswegs nur „kleinere“ Kost goutiere, gerät diese eigentlich überraschend trittfeste Kombination bei manchen Brachialtracks dann doch hörbar an ihre Grenzen. Für große Orchesterwerke, Bigband-Swing, gut abgehangenen Rock oder fiese Electronica-Tracks müssen ganz einfach größere Kaliber her. (Oder die größere, nochmals drei Dezibel effizientere DeVore O96, die aber deutlich teurer ist und als erheblich wählerischer gilt, wenn es um die Kombination mit passenden Zuspielern geht.)
Also schließe ich jetzt meine rund doppelt so kräftige Audio Note P2SE an. Erstaunlich, wie mühelos die Orangutan 93 die klangliche Familiensignatur der beiden AN-Amps transportiert. Noch erstaunlicher, wie eindeutig und klar sie deren unterschiedliche Talente herausstellt – ohne auch nur im Ansatz mit dem virtuellen Finger darauf zu zeigen. Die O93 schafft hier mühelos den Spagat aus unbestechlichen Monitorqualitäten und unbedingter Empathie für den jeweiligen Spielpartner. Ein grandioses Audio-Kunststück, das ich in einer derart sympathischen Ausprägung nicht einmal von sehr viel teureren Schallwandlern her kenne. Die DeVore findet sogar meinen uralten Creek 4040S liebenswert und startet mit dem keineswegs breitbandigen Transistor-Oldie sofort eine nostalgische Party. Es klingt voluminös und rund und einladend; trotz aller technischen Limitierungen seitens des Verstärkers macht die Performance einfach Spaß.
DeVore Fidelity Orangutan 93Weitere Sympathiebekundungen der O93 erlebe ich, nun kaum mehr überraschend, auch mit vollkommen anderer Elektronik. Selbst am hochmodernen Dickschiff von T+A oder am Slimline-Devialet macht die optisch eher auf „Old School“ getrimmte DeVore eine vorzügliche Figur, obwohl deren Leistungsdaten und das Bedarfsprofil des Lautsprechers langsam das bekannte Kanonen-Spatzen-Bild evozieren. Beinahe überschwänglich bedankt sich die O93 daher für ein Intermezzo an den grandiosen OTL-Monos von Einstein, wobei hier sicherlich keine gesunde Balance der zu investierenden Summen herrscht. Schön aber doch zu hören, dass die plötzlich vergleichsweise günstige DeVore auch bei derart teuren Zuspielern noch weiter aufblüht. Dennoch wechsle ich leichten Herzens wieder zu vernünftigeren Kandidaten.
Als Glücksgriffe entpuppen sich beispielsweise die Kombinationen mit zwei ausgesprochen preisgünstigen Vollverstärkern. Sowohl mit dem Lyric Audio 140 Ti (FIDELITY Nr. 24, Ausgabe 2/2016) als auch mit dem neuen Audia Flight 3s hüpft die O93 quasi vor guter Laune durch den Hörraum – im übertragenen Sinne natürlich. Denn eine korrekt aufgestellte Orangutan 93 ruht auf vier kleinen Holzböckchen (johnseidank keine Spikes!) und bewegt sich auch bei ordentlich Dampf nicht von der Stelle. Übrigens verlangt sie keineswegs nach einem großen Raum „drumherum“ für angemessene Entfaltung. Die kleinere der beiden Orangutans erfreut auch in kleineren Räumen mit einem homogenen, kraftvollen Klangbild. Und sie quittiert auch leichtes Tweaking lustvoll und sofort hörbar: Bei einem Hörabstand von weniger als zweieinhalb Metern lohnt es sich, die Box mittels kleiner Holzkegel oder ähnlicher Hilfsmittel minimal nach hinten zu neigen. Selbst das Ausprobieren der richtigen Anwinkelung kann vergnüglich sein, weil die O93 immer eine klare Ansage hinsichtlich besser/schlechter macht.
Apropos: Erstaunlich ist, wie sehr sich der ohnehin ansprechende „Grundklang“ des Lautsprechers durch subtiles Einwinkeln auf den Hörplatz noch verbessern lässt. Im Optimalfall verwöhnt die akustisch „eingerastete“ O93 mit einer geradezu dreidimensionalen Raumabbildung, obwohl ihr Gehäuse doch keineswegs hoch und breiter als tief ist, zudem ohne Verrundungen auskommt. Darüber hinaus erlaubt sich der Lautsprecher einen Hauch von „Sound“: Er klingt nämlich ausgesprochen rund und gesund. Ja, ist das denn heutzutage noch erlaubt?
Aber sicher doch. Und dieser Charakterzug ist hochwillkommen, wenn Sie mich fragen. Er ist – wir haben es uns schon gedacht – integraler Bestandteil der Gesamtabstimmung und fällt in die Kategorie „Voicing“, dient also dem gezielten Trimmen auf den gewünschten Klangcharakter. Habe ich schon erwähnt, dass die O93 eine ausgesprochen feste, tragfähige Stimme besitzt und auch in richtig tiefen Lagen überaus durchsetzungsfähig ist? Selbst erklärte Studiomonitorfans nicken hier anerkennend und hören gerne weiter zu. Warum? Weil die O93 trotz verführerischem Timbre nichts unter den Tisch kehrt, selbst flüchtige Details bestens ins ausgedehnte, fein definierte Klangbild zu integrieren weiß und überhaupt eher nach extrem breitbandigen Breitbänder klingt als nach einer klassischen, beinahe schon historisch anmutenden Zweiwege-Konstruktion. John DeVore hat es geschafft, den selbst entwickelten und bei SEAS produzierten 25-Zentimeter-Tiefmitteltöner mit teilgetränkter Pappmembran und die Seidenkalotte mit dem leichten Hornvorsatz akustisch nahtlos zu verzahnen.

Bilder aus der Fertigung bei DeVore im Navy Yard, Brooklyn, New York
Er besitzt offenbar das selten anzutreffende Talent, aus vermeintlich unspektakulären Zutaten – aber eben den richtigen! – durch und durch audiophile, zugleich äußerst spielfreudige Schallwandler zu formen. Auch mit der O93 spürt und hört man an praktisch jedem nur denkbaren Verstärker, dass er sich für die Abstimmung seiner hauseigenen Tonkünstler enorm viel Zeit genommen hat. So präsentieren sich die Orangutan 93 von DeVore Fidelity als virtuose Allround-Musiker, die sich bei Herbert im Orchestergraben ebenso pudelwohl fühlen wie bei Jimi auf der Bühne oder bei Lionel im Studio.
Genau diese Mischung ist es auch, die sich John DeVore zu Recht honorieren lässt. Seine Lautsprecher sind nicht billig, weil sie es gar nicht sein können. Dafür gibt’s dann auch alles andere als Stangenware, vielmehr ein entschiedenes Statement für die Freude an der Musik. Klingt zu pathetisch? Na, dann schnappen Sie sich doch Ihre Lieblingsmusik, packen Sie Ihren Lieblingsverstärker ein und lassen Sie sich einfach mal kräftig vom Affen beißen!

DeVore Fidelity Orangutan 93 Navigator

 

Lautsprecher
DeVore Fidelity Orangutan 93

Funktionsprinzip: Zweiwege-Standlautsprecher, Bassreflex
Wirkungsgrad: 93 dB/W/m
Nennimpedanz: 10 Ω (min. 8 Ω)
Bestückung: 25-cm-Tiefmitteltöner, 25-mm-Hochtonkalotte
Maße (B/H/T): 38,5/91/26 cm
Gewicht: 21 kg
Garantiezeit: 5 Jahre
Paarpreis: 9500 €

 

www.devoredidelity.com

www.h-e-a-r.de

 

Mitspieler:
Digitalquellen: AcousticPlan Vadi, Audio Note CDT 3/DAC 3 Signature, Esoteric K-05X mit G-02, T+A PDP 3000 HV
Plattenspieler: Clearaudio Innovation/TT-II/DaVinci, EnVogue Astra/Nottingham Analogue Anna 12″/EMT JSD 75S
Phonoentzerrer: Clearaudio Absolute Phono, Synthesis Roma 79DC
Vorverstärker: Einstein The Preamp, Shindo Monbrison
Endverstärker: Audio Note P2SE, Einstein The Silver Bullet OTL
Vollverstärker: Audia Flight 3S, Audio Note Meishu Phono Silver, Creek 4040S, Devialet 200, Lyric Audio 140 Ti, T+A PA 2500 R
Kabel: Audio Note, AudioQuest, HMS, Tellurium Q, Vovox
Stromversorgung: IsoTek Aquarius EVO3, T+A Power Bar 2 + 3
Zubehör: LignoLab Die Bank + TT100, Quadraspire X-Reference, Solidsteel HS, diverse Subbase-Produkte

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