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Rega Elicit-R

Test: Rega Elicit-R

Rega Elicit-R – Mehr sein …

… als schein! Das gilt für Rega schon immer. Und besonders für den neuen Elicit-R.

Mit Rega fing es bei mir an. Nach diversen Dual-Plattenspielern gönnte ich mir eines der britischen Brettspiele, und dann wurde es ernst mit HiFi. Mithin eine Geschichte, die so oder ganz ähnlich den meisten von Ihnen passiert sein dürfte.
Irgendwann beging ich den Fehler, die Leichtbauten von Rega zu unterschätzen und stieg auf große Masselaufwerke um. Nicht, dass ich mit meinen aktuellen Plattenspielern unglücklich wäre – im Gegenteil. Als ich aber vor einer Weile ein paar Wochen mit einem P9 verbringen durfte, kamen mir angesichts der großen Preis- und der deutlich geringeren Qualitätsunterschiede die Tränen. Nach wie vor eignen sich die kleinen Rega-Spieler, um gestandene Highender arg ins Grübeln zu bringen. Übrigens: Ab und an habe ich auch – mit großem Vergnügen – den lustigen Toplader-CD-Playern von Rega gelauscht, Verstärker und Boxen hingegen gingen bislang komplett an mir vorbei.
An meinen Rega-Plattenspielern und auch an besagtem P9 schätze ich diese Unmittelbarkeit im Klang und das unkomplizierte Handling: hinstellen, anschalten, Musik hören, Gerät vergessen. Natürlich wurde und wird weitere Zuwendung klanglich belohnt. Man kann allerdings auch schon mit einem schnell „hingeworfenen“ Setup sehr, sehr glücklich werden.

Daher betreibe ich mit dem Elicit-R zu Beginn auch keine große Kunst: ab ins Rack, verkabeln und anschalten. Und siehe da, auch dieser Verstärker ist ein echter Rega. Er kann viel mehr, wie ich später noch merken werde. Doch bei diesen ersten Tönen ist das vorerst völlig egal. Aarón Zapicos Truppe spielt mit Herzblut und Virtuosität, mehr interessiert in diesem Moment nicht.

Hausklang

Wie bekommt man es bei Rega immer wieder hin, den Geräten einen solchen Hausklang anzuerziehen, wo doch Technik und Zutaten als durchaus diesseitig gelten dürfen? Das thermische Verhalten der Schaltungen wird in Southend on Sea seit jeher als einer der Schlüsselpunkte betrachtet. Nicht umsonst bestanden bisher fast alle Verstärkergehäuse eigentlich nur aus Kühlkörpern. Und auch der neue Elicit-R, übrigens das mittlere der drei Verstärkermodelle, macht da keine Ausnahme: Massive Wandungen und geschickt integrierte Kühlungen an den Seiten zeigen, dass man nach wie vor an diesem Gedanken festhält. Daher dauert es auch eine Weile, bis so ein Verstärker einmal „durchgewärmt“ ist. Klanglich ist dann noch eine leichte Verfeinerung wahrzunehmen, beispielsweise ein etwas klareres Aufschlüsseln der Obertöne. Das fällt allerdings nicht wirklich ins Gewicht. Die schiere Masse an Metall sorgt hier dafür, dass alle Bedingungen stets in engen Grenzen bleiben.
Klarheit auch bei der Lautstärkeregelung, die ein mittlerweile übliches und unbritisches Widerstandsnetzwerk einspannt. Die großen Verstärker von Naim Audio und auch Regas Topmodell Osiris werden aus klanglichen Gründen übrigens mit einem Potentiometer bestückt. Die dafür nötige Auslese sei allerdings in den „günstigeren“ Klassen noch nicht erreichbar, und so sei ein Widerstandsnetzwerk jederzeit besser als ein mittelmäßiges Poti. Da es Hersteller gibt, die das genaue Gegenteil predigen und ebenfalls gute Geräte bauen, lasse ich mir das egal sein – es führen bekanntlich viele Wege nach Rom.
Nach der diskret aufgebauten Vorstufe geht es zur ziemlich stabil ausgelegten Endstufe, die auf einer sogenannten Darlington-Schaltung basiert. Das bedeutet, dass immer zwei hintereinander geschaltete bipolaren Transistoren, die gerne in einem Gehäuse untergebracht werden und deren erster die Basis des zweiten ansteuert, ein „Team“ bilden. Dieser Trick sorgt für eine deutlich erhöhte Stromverstärkung bei nahezu identischem Platzbedarf. Eine stabile Stromversorgung ist bei solchen Schaltungen Pflicht, was bei britischen Verstärkern allerdings noch nie ein Problem darstellte.

Auf der Rückseite finden sich fünf unsymmetrisch ausgeführte Line-Eingänge und – Ehrensache bei Rega – auch ein Paar MM-Phono-Buchsen. Dieser Plattenspielereingang lässt sich übrigens per Knopfdruck zu einem weiteren Line-Eingang umkonfigurieren, der dann sogar besonders gut vom sonstigen Störgeschehen des Verstärkers entkoppelt sein soll.

Kernkompetenzen

Natürlich kommt für mich die freiwillige Überbrückung eines Phonoeingangs nicht in Frage; MM ist angesagt. Da mir gerade kein Rega-Tonabnehmer zur Verfügung steht, muss ein kleines Goldring in den Ring steigen. Bereits nach wenigen Minuten von John Coltranes Dakar zeigt sich Regas MM-Kompetenz. Denn im Gegensatz zu vielen anderen Vorvorverstärkern, die ich bisher mit diesem System hörte, geht es hier ausgesprochen sehnig und luftig zu. Keine Spur vom Vorurteil des „weichen MM-Sounds“. Zwar spielt der Rega traditionsverbunden aus dem Grundton heraus, geht aber locker bis in höchste Frequenzen hinauf. So frisch habe ich das kleine Goldring bislang selten gehört. Um diese Vorstellung mit einem externen Phonoentzerrer toppen zu wollen, wird man schon sehr tief in die Tasche greifen müssen; wie so oft bei guten integrierten Lösungen.

Schließe ich einen CD-Player an einen der Hochpegeleingänge an, ergibt sich ein sehr ähnliches Klangbild. Im Vergleich etwa zur Lindemann-Kombination aus dieser Ausgabe zielt der Elicit-R mehr auf Grundton und Mitten. Er spielt dadurch subjektiv etwas straffer und beleuchtet im Präsenzbereich mehr Details, geizt dagegen etwas mit dem feinsten Ausklingen hoher Frequenzen im Raum. Um beim eingangs erwähnten Aarón Zapico zu bleiben: Hier fokussiert der Rega mehr auf die Saiten, auf die Nebengeräusche der Finger, auf die Präsenz der Musiker. Das akribische Nachzeichnen einer Klangentwicklung im Raum wird mit etwas weniger Herzblut behandelt.

Timing ist alles

Faszinierend ist das sichere Händchen, mit dem der Elicit-R in Timingfragen agiert. Gute Streichquartett-Aufnahmen eignen sich dazu besser als die meisten Drumset-Orgien. Wenn ein Ensemble so lange zusammenarbeitet wie das Panocha Quartett, das sich in Studententagen fand und vor einigen Jahren sein 40-jähriges Jubiläum in Originalbesetzung feierte, entwickelt sich ein Zusammenspiel, das mit dem gleichzeitigen Beginnen und Beenden von Tönen nicht mehr viel gemeinsam hat. Musiker, die sich derart gut verstehen, können mit minimalen zeitlichen Verschiebungen den Ensembleklang beeinflussen, ohne an die eigentliche Klangsubstanz gehen zu müssen. Diese feinen Details, mit denen sie ihre wunderbare Lesart der Dvorak Quartette (Supraphon LP) anreichern, serviert der Elicit-R auf einem Silbertablett, während andere, zum Vergleich hinzu gezogene Verstärker sich mehr um noch feinere Klangfarben oder eine intensivere Raumillusion kümmern. Die Lockerheit, mit der dieser neue Rega auch kleinste Timingdetails aufschlüsselt, darf auch noch einige Preisklassen darüber als exemplarisch gelten! Dafür spart er sich ein paar Schattierungen auf der klangfarblichen Seite. Wenn erste und zweite Geige sehr eng beieinander spielen oder gar die Stimmen kreuzen, lassen sie sich noch räumlich oder dank besagten Timingtalentes durch den unterschiedlichen Gestus der Bogenhand unterscheiden – die eigentlichen Klänge der beiden Streichinstrumente gleichen sich dann allerdings doch ein wenig an.

Die Raumdarstellung ist traditionell britisch, also eher breit als tief. Das meiste spielt sich auf der Lautsprecherebene ab, wobei einzelne Schallereignisse minimal größer abgebildet werden. Dafür scheinen sie vom Rega mit reichlich Energie versorgt zu werden. Es wirkt, um ein Bild zu verwenden, eher wie ein Plasmaschirm als eine Leinwand. Vibrierend vor Energie. Glücklicherweise ohne einen aufgesetzten Drive – denn damit wird sich niemals ein wirklich sicheres Timing einstellen.
Aus diesem guten Grund gerät jede Art impulsreicher Musik mit dem Elicit-R zum Fest. So wandert die in den 90er Jahren durch fast jeden Testbericht gepeitschte La Folia (HMF) auf den Plattenteller. Mittlerweile läuft wieder ein Ortofon-MC und der kleine iPhono. Ich nutze die Gelegenheit und probiere nun doch den zum Line-Eingang umgeschalteten Phonoanschluss im Vergleich zu den anderen Buchsen aus. Klingt es über den „besonders entkoppelten“ Eingang tatsächlich etwas feiner, aufgeräumter? Oder erliege ich einer Autosuggestion? Ich kann diese Frage nicht beantworten, was den Schluss eines (wenn überhaupt vorhandenen) extrem kleinen Unterschiedes zulässt. Und die Vermutung erlaubt, dass die „normalen“ Eingänge auch auch recht gut designt wurden. So soll es sein.

Eigentlich wollte ich über die Dynamik dieser Aufnahme schreiben. Vom punktgenauen Grollen tiefer Trommeln bis zur genau definierten Flatterzunge auf der Sopranblockflöte hat der Rega alles fest im Griff. Wieder kenne ich von manchen Verstärkern die Raumabbildung etwas opulenter, vor allem tiefer. Doch die Knusprigkeit, mit der dieser Verstärker jedes Instrument in den Raum stellt, ohne dabei hart oder artifiziell zu wirken, gleicht das locker aus. Lustig sind auch immer wieder die kleinen Soundeffekte, mit denen man seine Anlage quälen kann. Die Explosionen auf der ersten Plattenseite haben schon so manchen durchreisenden Verstärker in Bedrängnis gebracht. Und obwohl ich beim Hören dieser Platte eine recht durstige Chario spielen lasse, weicht keine Kontur auf, der Rega klingt nach wie vor völlig unbeeindruckt.
Mittlerweile habe ich dem Elicit-R natürlich einige Zuwendung angedeihen lassen, habe ihn sauber platziert, ausgephast, sorgfältig verkabelt. Und ja: All das hört man. Ein besonders netter Charakterzug dieses Verstärkers ist allerdings, dass er all das gar nicht braucht, um schon „vollständig“ zu klingen. Ein großer Wurf ihn dieser Preisklasse!

 

Rega Elicit-R
Vollverstärker

Leistung (8/4Ω): 2 x 105/2 x 162 W
Eingänge: 5 x Hochpegel, 1 x Phono MM (umschaltbar auf zusätzlichen Hochpegel), 1 x Record In, 1 x Direct In (Cinch)
Ausgänge: 1 x Preamp Out, 1 x Record Out, 1 Paar Lautsprecher (Multiklemmen)
Besonderheiten: Vor-/Endstufe auftrennbar, Systemfernbedienung Solaris im Lieferumfang
Ausführung: Schwarz
Abmessungen (B/H/T): 43/8/34 cm
Gewicht: 14 kg
Garantiezeit: 2 Jahre

 

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