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Ruark Audio R7 High Fidelity Radiogram - Voodoo you do? Des R7 zierliche Gestalt harmoniert mit vielfältigen Interieurs

Test Ruark Audio R7 High Fidelity Radiogram

Ruark Audio R7 High Fidelity Radiogram – Ist der Feminismus am Ende?

Ein Retro-Radio als unbeabsichtigter Gradmesser für Geschlechterrollenklischees

Ruark Audio R7 High Fidelity Radiogram - Voodoo you do? Des R7 zierliche Gestalt harmoniert mit vielfältigen InterieursMit dem Erscheinen der Musiktruhen begann gegen Ende der Fünfziger die Domestizierung des Hobbys HiFi: Es wurde familientauglich und konnte in ansprechender, kompakter Form als Statussymbol gelten. Denn teuer waren diese in schöne Holzgehäuse verpackten „radiograms“, wie sie im Englischen verkürzt für „radio gramophones“ heißen, auch damals schon. Sie besaßen meist hochwertige Plattenspieler mit Wechslerfunktion, und in der Resonanzabstimmung der integrierten Lautsprecher zeigten die Entwickler höchste Raffinesse. Die Musiktruhe sollte ein untechnisch anmutendes Möbelstück sein. Viele Modelle sind heute gesuchte Sammlerstücke – man denke nur an den „Schneewittchensarg“ von Braun. In den Siebzigern wurde sie von Kompaktanlagen mit Regallautsprechern verdrängt, deren Gehäuse aus Formplastik den ästhetischen Standard allerdings selten halten konnten. Zudem waren sie mit unnützen Reglern für Balance, Ton und Loudness übersät und verwirrten mit allerlei Aussteuerungsanzeigen. Wenn die Platte durch war, musste eine Hausfrau das Bügeleisen ablegen und eigenhändig eine neue auflegen! Der Mann hatte sich sein Hobby zurückerobert. Einfach nur zuhören, ohne etwas zu verstehen und ohne den ständigen Drang, sich selbst einzubringen – da macht uns so schnell keiner etwas vor.

Als Einrichtungsgegenstand wirkt der Ruark R7 in meinem Hörraum deplatziert zwischen all den Gegenständen, die zufällig eine Einrichtung bilden. Er ist tatsächlich wundervoll verarbeitet, vermittelt in Haptik und Gewicht Hochwertigkeit, und wenn ich ihn betrachte, fühle ich mich wie ein Loftbewohner. Aber er verbindet sich nicht mit meiner Anlage, außerdem lässt sich ein Ruark R7 nicht allein aufgrund seiner Klangqualität beurteilen, so viel ist mir jetzt schon klar. Aber meine gut befreundete Nachbarin, nennen wir sie K., die hat etwas übrig für schöne Dinge, wohldosiert sind einige davon in ihrer Wohnung verteilt: Designerlampen, Stahlrohrmöbel, exotischer Wandschmuck. Außerdem ist bei ihr immer aufgeräumt. Musik hört sie über einen … nein, ich kann es nicht schreiben, gut, ich versuch’s, einen … es tut mir leid, es geht nicht. Jedenfalls hängen daran Desktop-„Lautsprecher“, die knapp unter Zimmerlautstärke zu verzerren beginnen. Sie ahnen, worauf es hinausläuft. Der R7 steht jetzt an einer freien Wand unter einer afrikanischen „Voodoo-Maske“. Und ich habe einen Stein im Brett bei meiner Nachbarin.

Ruark Audio wurde 1985 als Ruark Acoustics in Essex gegründet und ist als Lautsprecherhersteller auf der Insel bekannter als hierzulande.  Er ist kein technisch überfrachtetes, alles könnendes Männerspielzeug, sondern eine in Form und Funktion auf einen modernen Standard reduzierte Stereoanlage, die sich intuitiv bedienen lässt.
Binnen weniger Minuten saßen die Füße fest und war der R7 im WLAN-Netzwerk. K. störte sich am Antennenkabel, das ich für optimalen Empfang an der afrikanischen Holzmaske befestigt hatte – gut, wer braucht schon UKW? – und am Netzkabel. „Strom kannste nicht einfach funken, außerdem möchtest du den Elektrosmog bestimmt nicht haben“, erkläre ich fachmännisch. Das Netzkabel ist damit genehmigt, wird aber anders verlegt. Allerdings stört mich am Kabel auch etwas: Es hat keinen üblichen Kaltgeräte-, sondern einen etwas anders geformten englischen C5-Stecker. Das ist unpraktisch, falls es einmal erneuert werden muss.

Als nostalgische Referenz an die Plattenspieler in historischen Radiograms verfügt der R7 über ein Slot-in-Laufwerk für ebenfalls überholte CDs. Seine wahren Domänen sind allerdings der Rundfunk – ob digital oder analog – und das Streaming aus dem Netz oder vom PC/Laptop. Außerdem stellt er zusätzliche digitale und Line-Eingänge bereit, wie es sich für einen modernen Receiver gehört. K. meint, wenn das rückwärtige Anschlussfeld unten wäre, könnte man den R7 direkt an die Wand rücken. Das wäre schöner. Zunächst erntet sie Verständnislosigkeit, dann erinnere ich mich, dass Anschlüsse früher manchmal verblendet waren. Ich habe mich schon öfter gefragt, warum. Mich irritiert jedoch viel mehr, dass die USB-Buchse auf der Rückseite ausschließlich mobile Geräte lädt und nicht dafür vorgesehen ist, eine externe Festplatte einzubinden. Und, wenn ich gerade dabei bin: Warum rippt das CD-Laufwerk nicht auf eine interne SSD? Und wieso gibt es keine App, um den R7 zu steuern? Ich glaube, ich weiß die Antwort. Es würde den R7 zu komplex machen, er hätte wieder etwas Nerdiges, Frauen Abschreckendes. Für K. scheinen die gegebenen Möglichkeiten fast unüberschaubar. Sie hört am liebsten ein Internetradio namens Hirschmilch. Dort läuft 24/7 elektronische Musik, eine Art Low-Carb-Techno, der gut in den Fahrstuhl zum Raver-Himmel passen könnte.

Die beiden Koax-Chassis des R7 klingen bemerkenswert aufgeräumt, harmonisch und effektfrei. Nach unten werden sie von einem Acht-Zoll-Downfire-Sub unterstützt, der der kalorienreduzierten Dancefloor-Soße von Hirschmilch-Radio ein wenig Dampf mitgibt. Im Vergleich zum komprimierten Internetradio blüht der R7 mit guten CDs regelrecht auf. Die Musik löst sich glaubhafter ab, und der R7 findet einen überzeugenden Kompromiss zwischen lebhaft und gelassen. Sitzend, sodass die Lautsprecher etwa auf Ohrhöhe sind, genießt man durchaus körperhaften Klang mit einer Ahnung von Bühnenstaffelung. Dabei fühlen sich selbst geschulte Ohren wohl, sogar über einen längeren Zeitraum. Stehend wird der Sound dünner, vermutlich bündeln die Hochtöner. Natürlich liegen als Alternative zu den Füßen auch etwa zwei Zentimeter hohe Pucks bei, mit denen der R7 auf einem Sideboard platzieren werden kann. Aufgrund des Subwoofers rate ich dabei eher zu Holz als zu Glas oder Stahl. Die Bluetooth-Schnittstelle des R7 beherrscht den angeblich besser klingenden aptX-Standard, mein antiquiertes Samsung-S2 dagegen nicht. So bleibt Bluetooth auch mit dem R7 nicht mehr als eine Notlösung – wenngleich eine sehr praktische. Radikal gegen den gesellschaftlichen Trend verfügt der R7 über einen integrierten Zigarrenaschenbecher, in den die runde Fernbedienung passt, als wäre sie dafür gemacht. In K.s offener Wohnung mit Durchgang statt Tür funkt sie ohne Verzögerung aus dem Nebenraum und zeigt sich auch sonst als Universalgenie. Sämtliche Funktionen und Menüpunkte erreicht man mit ihr einfacher und schneller als mit dem rudimentären Bedienpanel auf der Gerätefront. Der Batteriedeckel hält magnetisch, womit abgebrochene Nippel und Tesafilm der Vergangenheit angehören, und ihre Handhabung erfolgt nach kurzer Zeit intuitiv. Würde sie sich in ihrer Ablage aufladen und könnte man die winzigen Beschriftungen auch bei Kerzenschein lesen, wäre sie perfekt.

Zu höheren Pegeln hin spielt das tadellos walnussfurnierte MDF-Gehäuse ein wenig mit. Nicht tragisch, aber im Partykeller könnte der R7 an seine Grenzen stoßen. K. legte nach ein paar Tagen ein Stück Wurzelholz obenauf. Resonanzdämpfung, also Tuning, triumphierte ich zunächst, meine jahrelange Indoktrination hat endlich gefruchtet! Zu früh gefreut – es ist lediglich Deko, dennoch ist das Beladenwerden mit Nippes ein sicheres Zeichen dafür, dass der R7 als Einrichtungsschmuckstück seine Bestimmung gefunden hat. K. hört neuerdings gerne Musik, obwohl sie den Schluss, dass es an der stressfreien Wiedergabe liegen könnte, glaube ich noch nicht gezogen hat. Nichtsdestotrotz fühle ich mich als guter Missionar, weil der R7 auch für mein Gehör wirklich fein klingt, sein gelungener Retro-Stil sogar vor K.s kritschem Ästhetizismus Gnade findet und die Bedienung so unkompliziert ist, dass Berührungsängste gar nicht erst aufkommen. Eine perfekte Musikquelle für die ganze Familie, die in der Wohnküche eine ebenso gute Figur macht wie im Büro oder Schlafzimmer.

 

Ruark Audio R7 High Fidelity Radiogram
Kompaktanlage

Prinzip: All-in-one-Soundsystem mit CD-Player
Rundfunk: DAB, DAB+, Internetradio, FM-Radio mit RDS
Abspielbare Formate: MP3, WMA, AAC, FLAC, WAV
Eingänge analog: 2 x Line (Cinch)
Eingänge digital: 2 x S/PDIF (Toslink und Cinch)
Ausgänge: USB (nur Ladefunktion), Kopfhörer (3,5-mm-Klinke)
Ausgangsleistung: 160 W (Class AB)
Lautsprecherbestückung: 2 x 5,5″-Koaxchassis, 1 x 8″-Bassreflex-Subwoofer
Besonderheiten: WiFi (UPnP-kompatibel), Bluetooth aptX, Fernbedienung, höhenverstellbare Beine
Maße (H/B/T): 17,5/100/40 cm (Höhe mit Beinen: ca. 65 cm)
Gewicht: 30 kg
Garantiezeit: 2 Jahre
Preis: 2900 €

 

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93471 Arnbruck
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