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Shelter 501 III

Test: Shelter 501 III

Shelter 501 III – Schwarz mit einem Hauch von Goldglanz

Erstens kommt es anders, und zweitens als man denkt. Und aller guten Dinge sind sowieso „III“

Yasuo Ozawa, der Gründer und Inhaber von Shelter Inc., betrachtet seine Systeme eher als Musikinstrumente, weniger als reine Werkzeuge zur Reproduktion von auf Schallplatten konservierter Musik. Das ist im Prinzip nichts Neues; nicht wenige Konkurrenten hegen einen ganz ähnlichen Anspruch an ihre Tonabnehmer. Allerdings muss ich nach einer beträchtlichen Anzahl verschiedenster Systeme, die im Laufe der Jahre durch meine Hände gingen, konstatieren, dass der musikalische Anspruch keineswegs immer mit der technischen Wirklichkeit koinzidiert. Dies lässt sich – wenn nicht schon bei der ersten optischen Prüfung (Stichwort: schief stehende Nadelträger!) – oft schon beim Abspielen von Testschallplatten feststellen, deren Abtasttests recht eindeutig die proklamierten Herstellerangaben als etwas zu optimistisch offenbaren.

Anspruch und Wirklichkeit

Aus eigener Erfahrung kann ich über Shelter allerdings nur Positives berichten. Alle Tonabnehmer dieser Manufaktur, die ich bisher in den Fingern hatte bzw. in den Armen eingebaut – zum Beispiel das Shelter 301 II in FIDELITY Nr. 1, Ausgabe 3/2013 –, haben sich in jeder Hinsicht als tadellos erwiesen. Anspruch und Wirklichkeit stimmen bei den Kreationen von Yasuo Ozawa ganz offensichtlich überein. Ein Grund für diese Zuverlässigkeit ist wohl darin zu suchen, dass sich Shelter auf jahrelang bewährte Materialien und Techniken verlässt und diese immer nur vorsichtig verfeinert. Wenn ich kurz zitieren darf: „Shelter MC phono cartridge avoids novel design and providing simple structure with minimum model changes.” Diese Maxime gilt auch für das aktuelle Shelter 501 III, das auf den ersten Blick kaum von seinem Vorgänger zu unterscheiden ist. Der Generator ist nach wie vor in dem gleichen rechteckigen, schlanken und eleganten Gehäuse wie sein Vorgänger untergebracht, das übrigens auch beim kleineren Stallgefährten 301 II zum Einsatz kommt. Beim 501 ist das Aluminium allerdings schwarz eloxiert und hat in seiner dritten Inkarnation eine rote statt einer weißen Markierung an der Frontseite – sehr hilfreich bei der Azimut-Justage. Etwas weniger hilfreich ist, dass dem 501 auch in Generation „III“ immer noch keine segensreichen Gewindebohrungen gewachsen sind, so dass die Montage ganz klassisch mit Schrauben und Muttern erledigt werden muss.
Der eigentliche Generator – mit einem Innenwiderstand von 14 Ohm – ist herkömmlicher Bauart und unter einer Schutzfolie verborgen, die ihn vor Staub und allzu neugierigen Augen schützt. Nur der kurze Nadelträger aus einem mit Aluminium überzogenen Bor-Röhrchen lugt durch den vorderen goldenen Polschuh hervor. An der Spitze des bolzengerade montierten Nadelträgers befindet sich ein elliptischer Diamant, der dem Augenschein nach von vorzüglicher Qualität ist und eine für diese Schliffform typische Nadelverrundung von circa 8×18 µm besitzt. Weitere technische Angaben findet man weder in der Bedienungsanleitung, noch auf der Webseite des Herstellers. Die Nadelnachgiebigkeit, die für die Wahl eines passenden Tonarms entscheidend sein kann, wird im weltweiten Netz durchweg mit 9 mN/µm (bei 10 Hz) angegeben, ein Wert, den ich anhand meiner eigenen Messungen der Tonarm-System-Resonanz immerhin bestätigen kann.

Ideal ist nicht immer richtig

Seine geringe Nadelnachgiebigkeit in Verbindung mit dem geringen Systemgewicht von 8,1 g (inklusive Schrauben) deutet darauf hin, dass sich das 501 III am wohlsten in schweren bis sehr schweren Tonarmen fühlt und in Kombination mit einer schweren Headshell somit geradezu prädestiniert ist für den Einsatz im SME M2-9R. Also kam ein uralter Prototyp der Clearaudio Stability zum Einsatz, der über 17 Gramm auf die Waage bringt und aus dem mittelschweren M2-9R einen schweren Tonarm macht. Überraschenderweise erwies sich diese Kombination als keineswegs ideal. Es fehlte nicht nur viel von dem, was den typischen Klang eines Shelters ausmacht, sondern es kam bei einer einwandfrei gefertigten LP (Love Man Riding von Philipp Fankhauser) zu deutlichen Störungen des Abstastvorgangs.
Dabei lag die Tonarm/System-Resonanzfrequenz bei als perfekt anzusehenden 10 Hz, wenn auch die Amplitude ungewöhnlich stark ausfällt und den Tonarm zum Springen veranlasst – ein Indiz dafür, das Yasuo Ozawa seine Systeme nur sehr wenig intern bedämpft. Bei der Messung der Abtastfähigkeit zeigte sich, dass schon ab 50 µm eindeutige Verzerrungen zu vernehmen waren. Das legte zunächst den Verdacht nahe, dass mein Exemplar nicht einwandfrei gefertigt war. Kein Problem für den Shelter-Vertrieb Expolinear, der mir umgehend ein weiteres System zukommen ließ – großen Dank für diesen tollen Service! Was nun folgte, waren jede Menge weiterer technischer Tests, in denen zwei Systeme in drei Tonarmen hin und her gewechselt wurden – inklusive wiederholten Umbau des SME Model 10 Laufwerks von M2-9R auf Series V und wieder zurück …

Auf den Tonarm kommt es an!

Das Ergebnis dieser Experimente ist so verblüffend wie beruhigend zugleich. Erstens verhalten sich beide Exemplare des 501 III praktisch identisch, was für eine sehr hohe Serienkonstanz bei Shelter spricht. Zweitens tasten beide Systeme sowohl im SME Series V, als auch im Tonarm eines Technics SL-1210 Mk2 bei einer Auflagekraft von 20 mN und äquivalenter Antiskating-Einstellung problemlos 70 µm ab. Das ist für ein “hart aufgehängtes” MC wie das Shelter ein hervorragender Wert. Exakt die gleichen Werte kann man übrigens auch mit SME M2-9R erzielen, wenn man eine andere Headshell verwendet. Seltsamerweise wollte das 501 III ausgerechnet mit der theoretisch „idealen“ Kombination aus SME M2-9R und meiner uralten Stability-Headschell, mit der ich sonst so gute Erfahrungen gemacht habe, partout nicht zusammenarbeiten. Ist es hingegen in einer Headshell von Audio Technica (MG-10) montiert, gibt es absolut keine Probleme und es erzielt exakt die selben Abtasteigenschaften wie in den anderen genannten Tonarmen.
Wie es jetzt zu diesem überraschenden Befund kommt, werde ich noch weiter untersuchen und gegebenenfalls später darüber berichten. Im Grunde genommen spiegelt sich hier aber nur die Erfahrung vieler routinierter Analogexperten wider, dass eben nicht jede Kombination aus System, Tonarm (samt Headshell) und Laufwerk immer und überall optimal funktioniert. Insbesondere Tonabnehmer mit niedriger Nadelnachgiebigkeit und geringer interner Bedämpfung – beides Bestandteile der vom Entwickler gewollten Abstimmung – verlangen zumeist nach einer starker Führung, die offenbar in der oben genannten Kombination nicht gegeben ist.

Führungsqualitäten

Dafür profitiert das Shelter 501 III von den hervorragenden Führungseigenschaften des SME Series V nun um so mehr. Denn der britische Top-Tonarm bringt die Schokoladenseiten des japanischen Systems optimal zur Geltung, zum Beispiel dessen musikalische Allroundqualitäten. Egal, ob man kleinen Jazz-Besetzungen, großorchestralen Sinfonien, Opernarien oder meinetwegen auch Heavy Metal den Vorzug gibt – jede Musikrichtung weiß das 501 III bestens in Szene zu setzen. Das beruht meines Erachtens auf zwei grundlegenden Eigenschaften: Das Shelter spielt außerordentlich lebendig und weitgehendst neutral. Sicher, Stimmen umgibt es hin und wieder mit einem Hauch eines goldenen Glanzes, der aber mit einer tonalen Verfärbung nichts zu tun hat. Es ist eher so, dass diese kleine Nuance dazu beiträgt, auch etwas unterkühlt produzierte Einspielungen noch reuelos genießen zu können. Sie verleiht Stimmen diese wunderbare Präsenz, die es mitunter sogar schafft, eigentlich „rein passive“ Zuhörer nunmehr „aktiv“ in das Geschehen auf der virtuellen Bühne miteinzubeziehen. Die Wiedergabe von Stimmen gelingt dabei derart intensiv, dass man den Solisten sprichwörtlich an den Lippen hängt.
Trotz (oder gerade wegen?) des elliptischen Schliffs entgeht dem Shelter 501 III kein noch so feines Detail, ohne dabei in überbordende Pedanterie zu verfallen. Die bei einigen Mitbewerbern zu beobachtende Tendenz, durch Hervorhebung des Hochtonbereichs mehr Details vorzugaukeln, als tatsächlich auf der Schallplatte sind – das ist diesem MC völlig fremd. Um es jetzt doch ein wenig abzukürzen: Die Liste der klanglichen Vorzüge des Shelter 501 III wird schnell derart umfangreich, dass ich es nicht nur für einen echten „Best Buy“ innerhalb der hauseigenen Produke halte, sondern auch im internationalen Vergleich. Ein echter Tipp, selbst unter guten Freunden!

Shelter 501 III

Prinzip: Moving-Coil-(MC-)Tonabnehmer
Nadelträger: aluminiumbeschichtetes Borröhrchen
Nadelschliff: nackt elliptisch, 8×18 µm
Ausgangsspannung (1 kHz, 5 cm/s): 0,5 mV
Nadelnachgiebigkeit: 9 µm/mN
Gewicht (inkl. Schrauben): 8,1 g
Empfohlene Abschlussimpedanz: ca. 20 Ohm (Übertrager), > 100 Ohm (MC-Vorverstärker)
Empfohlene Auflagekraft: 14-20 mN
Empfohlene effektive Tonarmmasse: mittelschwer bis sehr schwer (10 g bis 25 g)
Garantiezeit: 2 Jahre

www.expolinear.de

 

Mitspieler:

Plattenspieler: SME Model 10, Technics SL-1210 Mk2
Tonarme: SME Series V, SME M2-9R
Vorverstärker: Bryston BP25 MC
Endstufe: Bryston 3B SST
Lautsprecher: Spendor SP100R2

Die angezeigten Preise sind gültig zum Zeitpunkt der Evaluierung. Abweichungen hierzu sind möglich.