Thivan Labs TCP-5
Angenommen, Sie machen eine Umfrage auf einer HiFi-Messe: Welche Dinge sollten für den Traumverstärker berücksichtigt werden? Ich mutmaße, dass Folgendes auf dem Zettel auftauchen wird: Röhren, Punkt-zu-Punkt-Verdrahtung, Class A, keine Gegenkopplung, eigene Übertrager, Lautstärkeregelung via Widerstandsnetzwerk, separates Netzteil, Phono MM und MC, Manufakturfertigung. Voilà, hier ist der Wunschverstärker, zumindest die Wunschvorstufe, die alle Punkte auf sich vereinen kann: die Thivan TCP-5.
In aller Kürze:
Die hochwertige Vorstufe Thivan Labs TCP-5 vermittelt auf allen Eingängen den musikalischen Fluss der Aufnahmen. Die großformatig klingende MM-Stufe macht eine separate Vorvorverstärkung obsolet.
Da eine recht steile Treppe in meinen Hörraum führt, freue ich mich immer über tragbare Komponenten. Als der Chefredakteur eine Röhrenvorstufe ankündigte, war ich also guter Dinge. Bis, ja bis die Spedition vor der Tür stand und eine Palette ablieferte. Die Thivan-Röhrenvorstufe TCP-5 ist kein Leichtgewicht (das Paket wiegt 45 Kilo), allerdings sind die Maße des Gehäuses durchweg racktauglich. Da steht sie nun auf dem Testrack – edel furniert, eine ordentliche dicke Aluminiumplatte mit Gravur des Firmenlogos obendrauf und mit Platz für insgesamt sechs Röhren. Je drei davon kümmern sich um die Verstärkung der eingehenden Line-Signale, für die drei Stereoeingänge vorliegen, und um den Phonoeingang, der zwischen MM und MC umschaltbar ist. Für den MC-Betrieb werden Übertrager in den Signalweg geschaltet, die das Signal so weit anheben, dass die Röhrenphonostufe den Rest problemlos erledigen kann. Durch die Nutzung der Übertrager bleibt mir die Anpassung des jeweiligen MC-Systems erspart, eine Tatsache, die mir auch meine eigene Phonovorstufe (Luxman E-250) von vornherein sympathisch gemacht hat.

Das Anschlussfeld auf der Rückseite ist in jeglicher Hinsicht hochwertig und weckt Vertrauen in die Qualität der TCP-5. Die ersten zwei Großbuchstaben im Namen bedeuten übrigens „Tube Center“. Die Vorstufe ist Teil der handgefertigten Thivan-Topserie, die ohne Halbleiter im Signalweg auskommt. Die Röhre steht im Mittelpunkt des Geschehens und wird vom deutschen Vertrieb mit gematchten Paaren renommierter Hersteller ausgestattet. Konkret arbeiten hier je zwei Psvane ECC83, zwei Linlai Tube ECC82 sowie ein Paar 6SN7 von Sovtek. Letztere arbeiten in der Line-Stufe des Vorverstärkers, die beiden ECC83 sorgen im Phonozweig für die Aufbereitung der kleinen Signale, während die ECC82-Doppeltrioden in jedem Verstärkerzug für die erste Verstärkerstufe zuständig sind.
Das neue Steven-Wilson-Album The Overview liegt mir als CD und LP vor. Zunächst spielt der britische Musiker von der digitalen Scheibe. Die dynamische und oft auch komplex arrangierte Aufnahme fordert jede Anlage heraus. Hier treffen weite Keyboardflächen zwischen Pink Floyd und Jean-Michel Jarre auf klassische Rockstrukturen, akustische Gitarren auf verzerrte Solomelodien und Wilsons charakteristische Stimme auf das Saxofon von Theo Travis. Die TCP-5 liefert hier das komplette Frequenzspektrum inklusive des auffällig kraftvollen Tieftonanteils an die Endstufen weiter. Die eingängigste Passage im ersten Stück der Platte basiert auf einem Text von Andy Partridge (XTC). Hier kommt Wilsons Fähigkeit zum Tragen, bei aller Komplexität auch wieder einfache und eingängige Melodien zu finden. Und die Thivan-Vorstufe geht da ganz im Sinne der Musik mit. Sie ist grundsätzlich auf der charmanten Seite des Klangs unterwegs und erfüllt das eine oder andere Röhrenklischee, was ich hier als absolut positiv verstanden wissen möchte. Das ist gut, musikalisch und ohne zu offensichtliche Färbung des Signals. Ich lege die gleiche Aufnahme auf Vinyl (Halfspeed-Mastering) auf meinen guten alten P3 mit MM-System, der mit einem Audio-Technica VM750SH mit Shibata-Nadel bestückt ist.

Das Titelstück füllt die zweite Seite der Platte, es beginnt mit elektronischen Klängen und analogen Synthesizern und einer gesprochenen Frauenstimme. Es mag am unterschiedlichen Mastering von CD und Vinyl liegen, aber das, was hier schon über das MM-System in den Hörraum transportiert wird, ist aller Ehren wert! Die Stimme ist nun größer, ein Stück weiter vorne platziert. Die arpeggierten Synthesizer werden exakter aufgelöst und das Tieftonfundament ist nun bei gleicher Lautstärke physisch spürbar.
Hier wird klar, die Phonostufe der TCP-5 ist keine Dreingabe, sondern vielmehr das eigentliche Herzstück dieser Manufakturvorstufe! Wenn dann Schlagzeug und Akustikgitarre einsetzen, fühle ich mich an die ersten Alan-Parsons-Aufnahmen erinnert. Der Kessel der Basstrommel spielt sein volles Volumen aus, und auch das Auftreffen der Fußmaschine auf dem Fell ist mit der Thivan-Vorstufe schön zu hören. Dieses Detail ist nicht losgelöst vom Gesamtklang, sondern ein harmonisch eingefügter Baustein, der sich nicht sezierend herauslöst, wie es manch andere Vorstufen in dieser Klasse gerne machen. Ich schalte die Übertrager in den Signalweg und lasse dieselbe Platte vom Elac-Laufwerk mit dem Audio-Technica-MC-System AT33PTG abtasten. Es gibt zwei Stufen der zusätzlichen Verstärkung, die über einen Kippschalter an der Rückseite des Geräts angepasst werden kann (+19 dB oder +22 dB). Ich nutze den „High“-Modus für das genannte System. Das Klangbild wirkt ein wenig feingliedriger als über den MM-Eingang. Die dynamischen Details der Aufnahme arbeitet die TCP-5 genauer heraus und wirkt dadurch etwas präziser als über den sehr druckvollen MM-Eingang. Im MC-Betrieb vereint die Thivan-Vorstufe die hohe, aber nie ausfransende Auflösung des Line-Eingangs mit dem größeren Klangbild des MM-Anschlusses. Letzterer ist ganz ehrlich gesagt mein favorisierter Zugang, wenn es um anspruchsvolle Rockmusik, aber auch um Pop geht.
Während ich die Betriebsart des Phonoeingangs auf der Rückseite via Kippschalter wähle, kann ich zwischen diesem und den drei Line-Eingängen (1 x XLR, 2 x RCA) sowohl über den Multifunktionsknopf (drücken und drehen) an der Vorderseite oder über die kleine, aber massive und schwere Fernbedienung umschalten. Die Steuerung ist dabei mit einem kleinen digitalen Schaltkreis mit separater Spannungsversorgung umgesetzt, die neben Eingangswahl auch die Lautstärkestufen in feinen 0,5-Dezibel-Schritten via Widerstandsnetzwerk regelt. Auch eine Mute-Option ist vorhanden. Die Eingangswahl und die gewählte Lautstärke werden über eine recht prominente dreifache, rot leuchtende Siebensegmentanzeige an der Front angezeigt, die sich allerdings nicht ausschalten oder in der Helligkeit regeln lässt. Der massive Ringkerntrafo der TCP-5 ist mit Teilen der Netzversorgung in einem separaten Gehäuse in Hammerschlagoptik untergebracht, um die empfindliche Schaltung der Vorstufe nicht unnötig durch Einstreuungen des Netzteils zu belasten. Das entsprechende Anschlusskabel gehört selbstverständlich zum Lieferumfang. Am Netzteil selbst gibt es noch einen kleinen Kippschalter, der zwischen zwei Modi wählen lässt. Schalter nach oben: Rock, Pop und Jazz; Schalter nach unten: Klassik und ruhigere Instrumentalwerke. Tatsächlich ist der Unterschied sehr subtil. Aber es ist (neben möglichem Tube-Rolling) eine Möglichkeit, den Klang der Vorstufe in Nuancen zu verändern.
Jazzgitarrist Wes Montgomery hat auf dem Album Tequila (Verve, deutsche Pressung) nicht nur eine geschmackvolle Songauswahl, sondern auch eine exquisite Band hinter sich versammelt. Nicht zuletzt Bassist Ron Carter sorgt hier für einen unvergleichlichen Groove. Die in den Van Gelder Studios eingespielte Aufnahme beinhaltet auch von Claus Ogerman arrangierte Streicher, die das Gesamtgeschehen noch vollmundiger als bei einer klassischen Trioaufnahme machen. Die Thivan Labs TCP-5 folgt Montgomerys gefühlvollem Spiel mit musikalischem Gespür und lässt die Streicher auf „Little Child“ als zweite Ebene hinter dem Führungsinstrument aufleuchten. Wie entspannt klingt das denn? Dabei liefert sie den symmetrisch angeschlossenen Graham-Slee-Monos breitbandig alle Frequenzen zu, sodass durch das souveräne, aber nie zu detaillierte Bassfundament einmal mehr eine komplette Bandimpression im Hörraum entstehen kann. Das geschieht vor allem via MM-Eingang durchaus mit einem gewissen Wow-Faktor, insgesamt aber immer im Dienste des musikalischen Flusses. Wenn ich eine Klangerwartung an eine direktverdrahtete Vorstufe ohne Gegenkopplung hätte, dann genau diese! Wünsche gehen manchmal doch in Erfüllung.
Info
Röhren-Vorverstärker Thivan Labs TCP-5
Konzept: gegenkopplungsfreie Class-A-Röhrenvorstufe mit MM- und MC-Vorverstärkung und Auto-Bias sowie ausgelagertem Netzteil
Eingänge: 3 x Line (1 x XLR, 2 x RCA), 1 x Phono (umschaltbar zwischen MM und MC mit jeweils eigenen RCA-Buchsen), proprietäre Verbindung zum Netzteil
Ausgänge: 1 x XLR, 1 x RCA
Besonderheiten: Lautstärkeregelung über digital gesteuertes Widerstandsnetzwerk in 0,5-dB-Schritten, MC-Zweig mit Übertrager und zwei Verstärkungsfaktoren (+19 dB/+22 dB)
Zubehör: Fernbedienung, Strom-Verbindungskabel
Ausführung: Aluminium silber mit Holzfurnier
Maße (B/H/T): 45/13/40 cm, Netzteil 21/12/28 cm
Gewicht: 17 kg, Netzteil 7 kg
Garantiezeit: 2 Jahre
Preis: um 5500 €
Kontakt
TCG Handels GmbH
Döppers Esch 7
48531 Nordhorn
Telefon +49 5921 7884927
info@tcg-gmbh.de
Mitspieler
CD-Player/Wandler: Luxman D-N150
Plattenspieler: Elac Miracord 70 mit Audio-Technica AT33PTG/II, Rega Planar 3 mit Audio-Technica VM750SH
Phonovorverstärker: Luxman E-250
Vollverstärker: Luxman SQ-N150
Endverstärker: Graham Slee Proprius
Lautsprecher: Klipsch Heresy IV
Kabel: Ecosse, TaraLabs, Furutech, Supra, Graham Slee, Corfac2, Silent Wire














