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Dire Straits - Tunnel of Love

Dire Straits – Tunnel Of Love

1980

Dire Straits – Tunnel Of Love

Zum Progrock gehören Tempowechsel, Klassik- und Jazzanklänge, umfangreiche Instrumentalteile und überraschende Instrumente. Weil das alles zusammen kaum in einen Drei-Minuten-Song passt, gibt es den Longtrack.

1980 war die progressive Rockmusik schon mausetot. Die Ästhetik der Dire Straits, einer der erfolgreichsten Bands des kommenden Jahrzehnts, war eine ganz andere: eine Art kaugummiartiges Countryrock-Feeling, aber im Sound einer elektrischen Bluesband. Dennoch hat diese Formation auf ihren sechs Studioalben (bis 1991) eine ganze Reihe von Longtracks eingespielt. Die langen Strecken leben von den ausgedehnten Vokalteilen, den umfangreichen Gitarrensoli und einer kunstvollen Dynamik, also effektvollen Steigerungen und plötzlichen Abstürzen ins Leise, Sanfte.

Dass das immer wie aus einem Guss wirkte, lag wahrscheinlich an einem Bandleader, der alles im Alleingang geregelt hat. Mark Knopfler war Sänger, Gitarrist, Texter und Komponist in Personalunion. Aber was heißt hier „Komponist“? Klare Themen und einprägsame Motive sucht man bei dieser Band vergebens. Knopflers Vokal- und Gitarrenkunst braucht keine Melodien. Seine Stimme klingt entspannt und fast monoton, eine Art Sprechgesang, inspiriert von J.J. Cale und Bob Dylan. Ein wohltuender Kontrast zur Aufgeregtheit des damals angesagten Punkrock.

Man könnte diese Musik für amerikanisch-cool halten, aber die Straits waren eine ur-britische Band. Aufgewachsen ist Knopfler in Schottland und im Norden Englands – und an diese Gegend erinnert auch der Song „Tunnel Of Love“. Genauer gesagt erwähnt er die „Spanish City“, einen bekannten Vergnügungspark und Rummelplatz in Whitley Bay bei Newcastle. Das Intro, gespielt von einer schummrigen Elektroorgel mit Klavierbegleitung, evoziert gleich das Jahrmarkts-Feeling – wir hören den „Carousel Waltz“ von Richard Rodgers. Der „Tunnel of Love“, so kapieren wir rasch, ist nichts anderes als ein Fahrgeschäft auf einem Rummel.

Dire Straits - Tunnel of Love

Aber natürlich sind der Titel und der Jahrmarkt auch metaphorisch zu verstehen. Im Songtext erzählt Knopfler von der zufälligen Begegnung mit einem Mädchen auf einem Rummelplatz: Sie verbringen ein paar Stunden zusammen, haben Spaß, bleiben aber Fremde, stellen sich einander nicht vor – und verlieren sich wieder. Dreimal erklingt der Refrain „And the big wheel keep on turning“ mit dem Schluss „On the tunnel of love“. Eine Art Neben-Refrain beginnt mit „And girl, it looks so pretty to me…“.

Der Song hält durchgängig sein treibendes Midtempo. In der Mitte gibt es einen akzentuierten Instrumentalteil (3:34 bis 4:05), fast ein Riff, zu dem Schlagzeug und Gitarre ein paar Füllsel spielen. An zwei Stellen (bei 2:49 und bei 5:04) wechselt die Musik in eine leise Nachdenklichkeit, mal mit Orgelsounds untermalt, das andere Mal mit Klavier. Als die Begleitung fast verstummt, startet bei 6:00 dann das große Gitarrensolo in Knopflers bewährter Fingerpick-Technik. Manche halten es für seine beste Improvisation auf Platte – ein gedehnter, sich steigernder Abschluss.

Berühmt wurde „Tunnel Of Love“ durch den Film Ein Offizier und Gentleman mit Richard Gere. Auch die „Spanish City“, der Vergnügungspark in Whitley Bay, verwendete den Song als Erkennungslied. Übrigens waren die Dire Straits bei der Aufnahme offiziell nur ein Trio – Knopflers Bruder David hatte die Band kurz vorher im Streit verlassen. Die Orgel- und Pianoparts kamen vom Gastmusiker Roy Bittan, dem langjährigen Begleiter von Bruce Springsteen.

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