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Manhattan Transfer - 50 Jahre Albumklassiker

The Manhattan Transfer

Forever Young – 50 Jahre Album-Klassiker

The Manhattan Transfer

Der erste Anlauf war noch schiefgegangen.

Bereits 1969 nämlich leitete Tim Hauser (1941–2014) eine fünfköpfige Gesangsgruppe, die auch „The Manhattan Transfer“ hieß. Ihr Debütalbum (Jukin’) fand aber wenig Beachtung – und die Plattenfirma (Capitol) ließ die Band schnell wieder fallen. Hauser verlegte sich danach aufs Taxifahren in New York, einen Job, bei dem man immerhin viele Leute kennenlernt. Einer seiner Fahrgäste war die Sängerin Laurel Massé. Ein anderer Fahrgast ließ sich zu einer Party fahren, wo Hauser auf Janis Siegel traf. Komplett wurde die neue Gruppe 1972 durch Alan Paul – der stand gerade in New York im Musical Grease auf der Bühne.

Zwei Jahre lang arbeiteten sich diese vier durch die New Yorker Clubs nach oben. Die Plattenfirmen allerdings wollten nicht anbeißen. Ein Gesangsquartett, das mal Swing, mal Rhythm & Blues, mal Rock’n’Roll singt, wirkte nicht gerade hitverdächtig. „Wir wollten nicht auf einen einzigen Stil festgelegt werden“, sagt Alan Paul. „Wir sind keine Popgruppe, wir sind auch keine Jazzgruppe. Wir sind eine Gesangsgruppe.“ Die Sängerin Bette Midler soll es gewesen sein, die Ahmet Ertegün, den Jazzproduzenten von Atlantic Records, dazu bewegte, sich The Manhattan Transfer einmal live anzuhören. Ertegün war von der Energie der Band sofort begeistert.

Die frühen 1970er Jahre brachten nicht nur Pop-Art, Hippies und Synthesizer. Es gab auch eine heftige Nostalgiewelle damals. Es liefen Filme wie Cabaret und Der Clou, die in den 1930er Jahren spielen. Der Ragtime war angesagt, das Pasadena Roof Orchestra wurde berühmt. Im Glamrock klang der Rock’n’Roll nach. Bei Rockbands wie Genesis und Queen hörte man auch Music-Hall-Anleihen. Sogar Freejazz-Musiker (Henry Threadgill, Anthony Braxton) spielten damals Stücke von Scott Joplin und Jelly Roll Morton.

The Manhattan Transfer passten deshalb 1975 doch irgendwie in die Zeit – als eine Art modischer „Retro-Act“. In ihren Shows wechselten sie ständig zwischen verschiedenen nostalgischen Kostümen. Fast das ganze Material auf dem Debütalbum kam aus dem Swing der 1940er (Glenn Miller, Jimmy Dorsey, Earl Hines) und dem Rhythm & Blues und Doo-Wop der 1950er Jahre (Ink Spots, Cadillacs, Avalons). Alle Songs haben quasi Schellack-Länge. Dabei sahen sich Manhattan Transfer gar nicht als Nostalgiker – sie wollten durchaus auch aktuelle Popmusik singen. Deshalb nahmen sie „Occapella“ ins Programm, ein Stück Seventies-Funk aus New Orleans. Und den Song „Clap Your Hands“ schrieben sie sich selbst – im angesagten Phillysound.

Manhattan Transfer - 50 Jahre Albumklassiker

Fakten

Aufnahme: 1974
Veröffentlichung: 2. April 1975
Label: Atlantic
Produktion: Ahmet Ertegün & Tim Hauser

Titel

A

  1. Tuxedo Junction 3:01
  2. Sweet Talking Guy 2:25
  3. Operator 3:09
  4. Candy 3:26
  5. Gloria 2:57
  6. Clap Your Hands 2:55

B

  1. That Cat Is High 2:53
  2. You Can Depend On Me 3:30
  3. Blue Champagne 2:21
  4. Java Jive 2:44
  5. Occapella 3:04
  6. Heart’s Desire 2:36

The Manhattan Transfer

Alan Paul – Gesang
Janis Siegel – Gesang
Laurel Massé – Gesang
Tim Hauser – Gesang

Begleitmusiker

Don Grolnick – Piano, E-Piano, Clavinet
Richard Tee – Orgel, E-Piano
Ira Newborn – Gitarre
Mike Rod, Michael Brecker, Zoot Sims – Saxofon

u.a.

&

Bigband und Streicher


  • Platz 33 in den US-Popcharts, Platz 49 im UK – dort gibt es auch eine Goldene Schallplatte für das Album. Im Sommer 1975 sind The Manhattan Transfer so populär, dass sie eine eigene Sendung im amerikanischen CBS-Fernsehen bekommen – an vier Sonntagen je eine Stunde.
  • Die New York Times nennt The Manhattan Transfer „one of the slickest groups on today’s market“ (Mai 1975).
  • „Operator“ ist die Single-Auskopplung. Sie erreicht Platz Nr. 22 in den USA, Nr. 26 in Kanada. Die Gruppe wird hier zum Gospelquartett – mit Janis Siegel als Vorsängerin. „Give me Jesus on the line“, heißt es im Song: Das Fräulein vom Telefonamt soll doch bitte direkt mit dem Himmel verbinden. Michael Brecker bläst ein inbrünstiges Tenorsolo.
  • Der Hit in Großbritannien ist „Tuxedo Junction“ (Nr. 24 in den UK-Charts). Es ist eine liebevolle (im Tempo etwas gebremste) Re-Kreation des berühmten Bigband-Arrangements von Glenn Miller – aber mit Text und Ensemblegesang („boo-bah, boo-bah“).
  • In beinahe jedem Song wird das Gesangsquartett von einer ausgewachsenen Bigband-Besetzung begleitet. In ihr versammeln sich namhafte Jazzgrößen wie Randy Brecker, Garnett Brown, Jerry Dodgion, Jon Faddis, David Sanborn.
  • Der künstlerische Leiter bei den Aufnahmen ist der gerade mal 25-jährige Ira Newborn, der hier auch eine flotte Jazzgitarre spielt. Später wird er die Musik zu mehr als 20 Kinofilmen schreiben – darunter die Slapstick-Serie Naked Gun.
  • Tim Hauser hat sein Quartett nach dem Roman Manhattan Transfer (1925) von John Dos Passos benannt. Der Roman wiederum heißt nach einem Bahnhof in New Jersey – dort konnte man bis 1937 nach New York City umsteigen.
  • Ein Remake vom Album der Vorgängergruppe ist das gemütliche „Java Jive“, das im Original durch die Ink Spots bekannt wurde. The Manhattan Transfer werden hier nur von der Gitarre (Ira Newborn) begleitet.
  • Das jazzigste Stück ist „You Can Depend On Me“ von Earl Hines. Siegel und Hauser singen hier auch historische Jazzsoli nach – sogar mit eigens erfundenem Text. Diese „Vocalese“-Technik wird eine Spezialität der Gruppe werden. Zoot Sims improvisiert virtuos auf dem Tenorsax.
  • Es ist das erste Album der Gruppe für Atlantic Records – allein bis 1987 werden zehn weitere folgen. Vier Songs des Debüts schaffen es auch auf die Best-of-Compilation (1981).

www.themanhattantransfer.net

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