Zu Gast bei … Villa Fonica – Überraschung, Erstaunen, Perplexität
Prägen Sie sich diese Begriffe gut ein und ergänzen Sie die Auswahl nach Belieben. Sollten Sie jemals einen Abstecher zum deutschen Fonica-Vertrieb in Salzwedel unternehmen, werden Sie derlei Vokabular benötigen. Eimerweise.
In aller Kürze
Gelöst, endlos weit, fundamental tief und obendrein auch noch mit herausragendem Timing: Die riesige LaGrande, die wir in der Villa Fonica hören durften, bietet ein unvergessliches Erlebnis – inklusive Gänsehautgarantie.
Meine eigene „Tour de Fonica“ begann allerdings mit einem Moment innerer Leere: In der Hand hielt ich meine Kamera mit dem treuen 24–70-Millimeter-Objektiv. Für gewöhnlich eine solide Wahl für den „gesunden Überblick“. Der Saal vor mir nahm allerdings stattliche 240 Kubikmeter ein, mittendrin monolithische, über zwei Meter hohe Lautsprecher. Ich kann mich nicht einmal damit herauswinden, dass ich die Dimensionen nicht ahnen konnte. Mein Gastgeber, Andreas Launspach, ist treuer FIDELITY-Leser und schickte uns vor Jahren Fotos seines Hörraums zu. Wenn Sie sich den Marktauftakt in FIDELITY 64 ansehen, finden Sie eins seiner Fotos. Doch genau dieser Umstand tröstet mich über das Fehlen eines möglichst weitwinkligen Weitwinkels hinweg – auch auf seinen Bildern ließen sich die Dimensionen der Miniaturkathedrale nicht wirklich (be)greifen.

Erst Raum, dann Haus
Das „akustische Studienzimmer“ weist den studierten Kaufmann als Kenner der Materie und als verbissenen Hobbyforscher aus. Andreas Launspach arbeitete sich durch die Untiefen der Raumakustik und gestaltete seinen Hörsaal von der ersten Skizze bis zur Umsetzung selbst – freilich mit Unterstützung eines Architekten, der Fachwissen um Aspekte wie Statik und Integration beisteuerte. Gemeinsam gelang es, den außergewöhnlichen Hörsalon derart unauffällig in einen Neubau zu verschachteln, dass niemand je auf die Frage käme, warum jemand ein Wohnhaus um ein HiFi-Zimmer herumgestaltet.
Betritt man den Raum im Obergeschoss, sieht man über sich eine vergleichsweise gewöhnliche Zimmerdecke, die mit ihren 275 Zentimetern Höhe bereits an die luftigen Dimensionen eines wilhelminischen Altbaus erinnert. Nach etwa zwei Metern beginnt sich der Raum in einem Winkel von beinah 45 Grad zu öffnen. An der höchsten Stelle misst die Decke atemberaubende 6,3 Meter. Wenn Sie mit meiner Beschreibung nichts anfangen können, stellen Sie sich einfach ein auf der Seite liegendes Kuchenstück vor.

Um diese „Käseecke“ klanglich zu bändigen, plante der Hausherr neben Standards wie dem schluckfreudigen Teppich maßgeschneiderte Deckenabsorber ein, die den Raum unauffällig in einer langgestreckten Bahn durchschneiden. Die Wände wurden mit schallabsorbierendem Putz verkleidet und ins Mauerwerk zur Linken des HiFi-Systems integrierte Andreas Launspach einen unsichtbaren, über vier Meter hohen Helmholtzresonator. In der Raumecke gegenüber stehen drei meterhohe „Fallen“, die exakt auf die Bassmoden abgestimmt wurden. Für die höheren Frequenzen waren weitere Schallschlucker erforderlich, für deren Einsatz Andreas Launspach eine Idee kam: Er ließ die Rohre lackieren und ordnete sie wie eine Orgel an der Wand hinter der Anlage an – Problem gelöst. Mehr Aufwand kann man kaum betreiben, und in der Summe gelang ihm ein Zimmer mit kurzen, gleichmäßig verteilten Nachhallzeiten, das aber trotzdem die Lebendigkeit eines Wohnraums besitzt.

Ab nach Italien
Und damit wären wir beim eigentlichen Grund meines Besuchs. Ziemlich genau in der Mitte des Raums steht ein Pärchen LaGrande von Fonica – riesige Magnetostaten mit insgesamt fast drei Quadratmetern Membranfläche. Eigentlich sogar fast sechs – dazu gleich mehr. Auf meine Frage, wie er auf die durchaus exotischen Italiener gekommen sei, schmunzelt Andreas Launspach: Er habe vor Jahren einen kleinen Artikel auf der FIDELITY-Homepage entdeckt und war seither von den dreiflügeligen Lautsprechern angefixt. Ich erinnere mich: Tatsächlich gab es im Frühjahr 2018 eine kurze Reportage über einen musikalischen Sektempfang beim damaligen Vertrieb, der die Giganten einer Schar geladener Gäste vorstellte. Er sei seit jeher Fan der gnadenlos offenen, transparenten Spielweise solcher Lautsprecher gewesen, erklärt mir der Hausherr. Allerdings sei er auch ein Freund knackiger tiefer Bässe – und genau hier schwächeln Flächenstrahler (auch darüber wird noch zu reden sein), weshalb er seinen vollaktiven Membran-Riesen die Treue hielt.

Als er im Herbst vergangenen Jahres dann einmal mehr über der Homepage der Italiener brütete, gewann seine Neugier endlich die Oberhand. Nach einem Telefonat mit Fonica setzten sich die Launspachs ins Auto, um einen Besuch beim Hersteller mit einem Kurzurlaub im idyllischen Bergamo zu verbinden. In der dortigen Vorführung zerstreuten sich nicht nur sämtliche Bass-Bedenken, man fand sich auch auf Anhieb dermaßen sympathisch, dass sich schon im Laufe des Besuchs erste Gedanken für „Villa Fonica“ formten – wenige Wochen später war Andreas Launspach nicht nur stolzer Eigentümer einer LaGrande, sondern auch Importeur respektive deutscher Vertrieb der Italiener.
Bei der LaGrande im Hörraum des frischgebackenen Vertriebs handelt es sich um das vollaktive Modell. Sollten Sie auf der HIGH END 2025 im Gemeinschaftsraum von Pathos und Fonica gewesen sein, haben Sie das passive Gegenstück kennengelernt. Jede der Aktiven ist mit drei Class-D-Verstärkern aus der hochgelobten Ncore-Serie des Herstellers Hypex ausgestattet: Je 500 Watt für die Bass- und Mittenfolien, 100 Watt für die Höhen. Der Hersteller gibt die Bandbreite seiner Lautsprecher mit 25 Hertz bis 20 Kilohertz an. Für das beeindruckend tiefe Fundament gibt es gleich mehrere Gründe. Zum einen haben sich die nahezu gewichtslosen Folien merklich weiterentwickelt. Der leichte Basstreiber, mit nur wenigen Gramm geradezu ein Hauch von Nichts, ist extrem belastbar und bewältigt auf voller Fläche Hübe von bis zu sechs Millimeter. Das lässt sich mit der Auslenkung klassischer Membranen vergleichen – allerdings haben wir hier stattliche zwei Quadratmeter Bassfläche vor uns, für die Begriffe wie Masseträgheit und alle daraus resultierenden Timing-Sorgen Fremdwörter sind.

Ein weiterer Faktor liegt in der speziellen Fonica-Konstruktion: Wie Sie sicher wissen, sind Flächenstrahler immer Dipol-Konstruktionen. Sie strahlen den Schall gegenphasig nach vorn und hinten ab, was ein Hauptgrund für die raumgreifende Bühnenabbildung ist. Diesen Vorzug wollten die Italiener bewahren, gleichzeitig aber die Antriebskraft verstärken. Ihre Lösung lag in der Spiegelung der Folie. In jedem der sechs, kaum drei Zentimeter tiefen Aluminiumrahmen stecken gleich zwei Flächenstrahler nebst eigener Magnetsysteme, die phaseninvertiert nach vorn und hinten arbeiten – ein Dipol mit doppelter Power und entsprechend größeren Pegelreserven. Über nähere Details wie die Fixierung der Folie oder die zum Einsatz kommenden Materialien schweigen sich die Italiener allerdings galant aus.
Für das perfekte Zusammenspiel ihrer Schallerzeuger sorgt der digitale Kern der Aktiven. Neben D/A-Wandlern (max. 24/192) besitzen die LaGrande je einen eigenen Signalprozessor, der die Phasenlage der Hypex-Module steuert und zugleich frei programmierbare EQ-Bänder anbietet. Mit denen lassen sich nicht nur Raumprobleme kompensieren: Man könnte sich auf Wunsch auch verschiedene Klanghilfen bauen, mit denen etwa das Hören zu später Stunde erleichtert wird. Bis zu drei solche Klangpresets liegen auf der griffigen Metall-Fernbedienung parat. Die Italiener verlassen sich aber nicht gern allein auf die Fähigkeiten ihrer DSPs – zumal es ja auch noch die identisch gestaltete passive LaGrande gibt. Die zentralen Merkmale beider Ausführungen sind ihre ultramassiven Füße und die voneinander entkoppelten „Flügel“. Die Funktion der Basis ist vergleichsweise einfach zu erklären. Die ausladenden Füße sorgen für soliden Stand und eine hervorragende Ankopplung, währen die auf den ersten Blick unscheinbaren Gelenke zwischen den drei Wegen wie die Lager von Plattenspielern aufgebaut sind. Als Träger der Gesamtkonstruktion fungieren die riesigen Basspaneele, die beiden kleineren Rahmen sind mit minimalen Kontaktpunkten daran aufgehängt. Das zum Funktionieren zu bringen sei weniger trivial gewesen, als es klingt: Für eine perfekte Bühnenortung kann man die Paneele millimetergenau einwinkeln und Richtung Hörplatz ausrichten. Damit der Eigentümer der faszinierenden LaGrande nicht wahnsinnig wird, weil jeder Windzug das Setup zerlegt, mussten Arretierungen integriert werden, die trotz geringer Kontaktflächen für eine dauerhafte Fixierung sorgen.

Wie ich beim Rundgang um die Lautsprecher lerne, lagen die Kabelbrücken bei vorausgegangenen Revisionen noch hinter den oberen Gelenken. Das sah hervorragend aus, weil sie dort beinahe unsichtbar waren, habe sich aber als suboptimal erwiesen, weil die Strippen Schwingungen und Resonanzen zwischen den Paneelen übertrugen. In der aktuellen Version sind die Verbindungen unten angebracht, und zwar abgesehen von der Steckverbindung ohne jeden Kontakt zum Lautsprecher. Auch die Aktivelektronik ist von der LaGrande entkoppelt: Die schwarzen Kästen hängen mit einigen Zentimetern Abstand direkt an den Füßen der beiden Lautsprecher.
Und los geht’s …
Nachdem ich all diese Informationen verdaut hatte, durfte ich mich zurücklehnen. Nach vorheriger Absprache ließ ich mich von Andreas Launspach durch eine vorbereitete Playliste kuratieren, die bereits auf seinem Musikserver auf mich wartete. Den Anfang machten zwei Titel von Michel Godards Monteverdi – A Trace of Grace. Wie das gesamte Album könnte man „Pianto della madonna“ und „Doppo il lamento“ als perfekte Argumente auffassen, weshalb jeder drei bis vier Hallgeräte besitzen sollte. Freilich wurden die exquisiten Aufnahmen in einem natürlichen Raum eingefangen. Ich war von den ersten Klängen an fasziniert, wie die LaGrande die Wände des Hörsaals aushebelt und eine eigene, schier endlose Bühne auffächert. Obwohl solche Hallextreme auch dazu neigen, die einzelnen Schallereignisse zu verwaschen, lässt sich jede feine Nuance der Instrumente greifen.
Was ich hingegen nicht wahrnehmen konnte, waren die Lautsprecher selbst. Als handele es sich um zwei unbeteiligte Raumdekorationen, ließen sie die akustischen Ereignisse überall um mich herum erscheinen, weigerten sich aber vehement, irgendwie damit in Verbindung gebracht zu werden. Klar, diese Fähigkeit schreiben sich viele anspruchsvolle Lautsprecher auf die Fahne, doch das Maß, in dem die LaGrande „verschwinden“, nötigt unvorbereiteten Zuhörern durchaus einen Moment der Eingewöhnung ab – „Losgelöstheit“ auf einem völlig eigenen Niveau. Und es gab noch einen Aspekt, der mich immer wieder dazu verleitete, in die Zimmerecken zu blicken: Obwohl ich es besser wusste, suchten meine Augen wiederholt nach einem Woofer. Schon Mighty Sam McClains bluesiges „Gone For Good“ tönte merklich stämmiger und punchiger, als es mein Verstand einem Folienlautsprecher zutrauen wollte. Um mir zu zeigen, dass die LaGrande nicht nur tief hinabreicht, sondern auch überirdisch schnell zur Sache kommt, spielte Andreas Launspach im Anschluss Charly Antoninis „Duwadjuwandadu“. Ganze zehn Minuten wirbelten mir Snaredrum, Congas, quirlige Becken und schließlich auch noch ein Vibrafon um die Ohren und feuerten bisweilen peitschende Impulse Richtung Hörplatz ab. „Zerop“ von Ohm-G wiederholte das eindrucksvolle Effektgewitter, stieg als rein elektronischer Track allerdings noch ein bis zwei Oktaven tiefer.
Zum Schluss blieb noch die Frage zu klären, wie die LaGrande mit Klangfarben umgeht. Das wusste Andreas Launspach mit dem effektiv effekthascherischen dritten Satz (Allegro Marcato) von Nelhýbels Trittico (Dallas Wind Symphony) und Strawinskys Firebird (Baltimore Symphony Orchestra) zu beantworten: Die Mitten haben Strahlkraft und tonal sitzt alles genau dort, wo es hingehört.
In der Summe ist die Darbietung der LaGrande damit ein Erlebnis, das mich nicht so schnell wieder loslässt. Falls Sie es selbst überprüfen möchten: Der Vertriebsleiter empfängt Interessierte gern zum privaten Hörtermin. Die exzellente Playlist ist abgespeichert …
Info
Flächenstrahler Fonica LaGrande
Konzept: dreiteiliger Magnetostat mit integrierter Aktivelektronik (auch passiv erhältlich)
Bestückung: 3 entkoppelte Aluminium-Tragrahmen mit Folien für separate Bass-, Mitten- und Höhenwiedergabe
Verstärker: je 3 Hypex-Ncore-Module mit 2 x 500 W (Bässe, Mitten) und 1 x 100 W (Höhen)
Frequenzgang: 30 Hz bis 20 kHz
Eingänge: 2 x analog (Cinch/XLR), 3 x digital (koaxial, optisch, XLR)
D/A-Wandler: max. 24 Bit/192 kHz
DSP: 3 programmierbare Presets für unterschiedliche Hörsituationen/Raumabstimmungen, Programme werden über die Fernbedienung umgeschaltet
Zubehör: integrierter Standfuß, Fernbedienung (Metall)
Ausführung: Rahmen werden wahlweise in Schwarz oder Aluminium natur geliefert, die Bespannung in Schwarz oder Grau; Sonderanfertigungen des Bezugs (Logos etc.) sind nach Absprache möglich
Maße (B/H/T): 139/205/72 cm (inkl. Standfläche)
Gewicht: je 120 kg
Garantiezeit: 2 Jahre
Paarpreis: um 65 500 €
Kontakt
Villa Fonica, Andreas Launspach
Zum Buchhorst 33
29410 Salzwedel
Telefon +49 3901 304455 oder +49 178 3105064
info@fonica-deutschland.com







