Clearaudio Terra
Es ist kein Hexenwerk: Der einzige Strom, den wir in unseren Anlagen wollen, ist das Signal. Alles, was sich sonst so in den Kabeln und Komponenten tummelt, gehört rausgeschleust – Clearaudio weist den Weg.
Prinzipiell ist das Problem ja bereits auf Geräteebene gelöst: Jede elektronische Komponente muss über das Netzkabel geerdet sein, damit im Defektfall das Gehäuse keinen Strom führen kann, bzw. damit dieser schnell über die Erde abfließen kann, bevor er es über einen nichtsahnenden Nutzer tut. Dabei hilft es uns, dass Strom stets den Weg des geringsten Widerstandes nimmt – gibt man ihm zwei mögliche Wege, nimmt er beide, verteilt sich aber anteilig bevorzugt in Richtung der geringeren Impedanz.
Mehr noch als potenzielle Stromschläge fürchten wir Audiophilen freilich die klangschädigenden Auswirkungen von Gleichstromanteilen und Einstreuungen im Signalweg. Doch wieso reden wir denn jetzt überhaupt darüber, wenn das Erdungsthema ohnehin grundsätzlich werksseitig gelöst ist? Weil die Sache leider nicht ganz so einfach ist. Was beim einzelnen Gerät prima funktioniert, verkompliziert sich im Kontext einer Kette: Da Musik Wechselstrom ist, der um einen Nullpunkt herum schwingt, treten Probleme auf, wenn sich die Komponenten untereinander nicht darauf einigen können, wo genau dieser Nullpunkt ist. Das kann beispielsweise passieren, wenn Geräte über verschiedene Steckdosen angeschlossen sind, die häufig unterschiedliche Massepotenziale haben. Dadurch „sehen“ die Geräte eine Spannung zwischen sich und es fließt ein Gleichstrom, der sich als Brummen bemerkbar macht.
Als wäre das nicht genug, kann auch die Schirmung von Kleinsignalkabeln Ärger machen: An sich ist sie ja dazu gedacht, Störeinflüsse vom Signal fernzuhalten, indem sie sie aufsammelt und zur Erde ableitet. Wenn das Equipment aber schon über das Netz geerdet sind und das Setup womöglich aus einem knappen Dutzend Komponenten besteht, kann der Erdungspfad mitunter aussehen, als hätte M.C. Escher ihn skizziert. Es entstehen Erdungsschleifen – quasi Phantomschaltkreise mit unterschiedlichen Potenzialen an ihren Eckpunkten, wodurch wiederum unkontrollierter Stromfluss und damit Brumm entsteht.
Da Signale anfälliger gegenüber Störungen sind, je kleiner sie sind, macht es nur Sinn, dass sich mit Clearaudio ein Plattenspielerhersteller der Thematik angenommen hat. Die Lösung heißt „Terra“ und kommt im gleichen matt eloxierten Tönnchen-Gehäuse daher wie etwa auch das externe „Professional Power“-Netzteil desselben Herstellers – groß und schwer genug, um satt in der Hand zu liegen, klein und leicht genug, um sich dezent eine Rackebene mit anderen Accessoires oder einem schlanken Phono-Pre zu teilen. Der Lieferumfang umfasst drei noble Klingeldrähtchen mit vergoldeten Enden sowie ein kurios anmutendes netzkabelartiges Objekt mit Kontaktzinken aus Kunststoff, das die Terra nur mit der Schutzerde, nicht aber mit dem Netz selbst verbindet, wo das Erdungsfässchen ja auch nichts verloren hat.
Das Wirkprinzip ist denkbar einfach: Im Inneren ist die Terra nichts weiter als eine schön hochwertig gemachte sternförmige Erde – alle angeschlossenen Komponenten sehen damit das gleiche Massepotenzial und niemand denkt auch nur daran, seinem Nachbar ungefragt eine Gleichstromrampe in den Garten zu legen. Die gehobene Qualität der Klingeldrähte und vor allem der Verbinder macht ebenfalls Sinn: Die Ströme sind natürlich vergleichsweise winzig, aber gemäß unserer einleitenden Erklärung wollen wir Gleichstrom- und andere Störanteile mittels geringstmöglicher Impedanz ermuntern, sich selbst über die Ableitung Richtung Erde zu komplimentieren. Je größer das Impedanzgefälle, desto effektiver die Erdung – hochwertige Leiter und sichere, widerstandsarme Kontakte sollten etwaige Störanteile förmlich wegsaugen.
Auch an das Mehrfacherdungsproblem hat Clearaudio gedacht: Auf der Rückseite finden sich insgesamt sechs vergoldete Schraubklemmen, die die Gabelschuhenden der Erdungsdrähte aufnehmen. Während die linken drei nur mit „GND“ für die Direkterdung gekennzeichnet sind, weist die Beschriftung die rechten drei als „GND Lift“-Kontakte aus. Sollte eine Komponente durch Mehrfacherdung Störungen verursachen, kann man sie einfach über einen dieser Anschlüsse verbinden. Ein kleiner Schaltkreis isoliert den Masseleiter des Signalkabels aus dem Erdungspfad und bricht so die Brummschleife auf. Stichwort Masse: Sollten Sie sich über das überraschende Gewicht der Erdungsdose gewundert haben – es kommt daher, dass die Terra mit einem speziellen Sand gefüllt ist, der nicht nur Vibrationen, sondern auch elektromagnetischen Einstreuungen entgegenwirkt.
So weit die Versprechungen; die Probe aufs Exempel starte ich ganz im Sinne des Erfinders mit einem Plattenspieler und binde einen AVM Rotation R 5.3 MK2 in mein Test-Setup ein – mal mit, mal ohne Terra-Erdung. Nach zwei kurzen Testdurchläufen, vor denen ich kräftig meine Ohren gespitzt habe, um Unterschieden in den Schwarzwerten des Hintergrundes und der Ruhe zwischen den Tönen auf die Schliche zu kommen, stelle ich schnell fest, dass solche Subtilitäten hier gar nicht erst eine Rolle spielen: Ohne die Edel-Erdung verschleiert ein leises, aber durchaus hörbares Summen mehr als nur die feinsten Klangverästelungen; an die Terra geklemmt, verschwindet es vollständig und nachhaltig aus dem Klangbild – quod erat demonstrandum, die Büchse macht eindeutig, was sie soll.
Spannender wird’s bei einer Kombination aus Audio-Note-CD-Player, Soulnote-Vorstufe und Burmester-Endverstärker, die auch ohne Schützenhilfe im Leerlauf mucksmäuschenstill ist. In dieser Konstellation ist dann tatsächlich Hinhören angesagt, wobei es auch hier nicht lange dauert, bis sich die Vorzüge der Terra herausschälen: Bic Rungas „Close Your Eyes“ von ihrem Album gleichen Namens etwa überfällt den Hörer vom Start weg mit extrem komprimiertem Schlagzeug und einem ziemlich offensiven Synthiesound, der irgendwo zwischen Streicher und Fanfare angesiedelt ist, nach wenigen Takten setzt die im Kanon mehrfach eingemischte Stimme der Neuseeländerin ein, die sich überzeugend über die vehement um Aufmerksamkeit buhlende Begleitinstrumentierung erheben muss. Ohne Terra gelingt das dem hochklassigen Setup bereits ganz vorzüglich, doch die Erdungshilfe hebt das Erlebnis nochmals eine Stufe höher: Auch wenn nicht allzu viele Stimmen im Mix sind, kann die Intensität der Vorstellung das Stück recht wuselig-laut klingen lassen. Die Terra sorgt für nochmals klarere Trennung zwischen den Schallereignissen und macht das Stück leichter verdaubar, ohne ihm auch nur im Ansatz etwas von seiner Energie zu nehmen. Ganz im Gegenteil verleiht die schärfer umrissene Textur dem Stück scheinbar mehr Wucht, die Dynamikspitzen können sich offenbar gegen eine tiefer liegende Nullreferenz abheben – Erdung für die Musik, wenn man so möchte.
Info
Erdungslösung Clearaudio Terra
Konzept: sternförmiges Erdungssystem mit Ground-Lift-Anschlüssen
Anschlüsse: 3 x Direkterdung, 3 x Ground Lift
Besonderheiten: spezielle Sandbefüllung gegen Vibrationen und Einstreuungen, drei Erdungskabel im Lieferumfang
Maße (B/T/H): 90/147/93 mm
Gewicht: 1,5 kg
Garantiezeit: 2 Jahre
Preis: um 1000 €
Kontakt
Clearaudio electronic
Spardorfer Straße 150
91054 Erlangen
Telefon +49 9131 40300100
Mitspieler
Netzwerkplayer/DAC: Lumin P1 Mini
CD-Player: Audio Note CD 3.1x/II, Ayon CD-3sx
Plattenspieler: Clearaudio Reference Jubilee, AVM Rotation R 5.3 MK2
Tonabnehmer: Clearaudio Jubilee MC, Ortofon M90X
Phonoverstärker: Clearaudio Balance V2
Vorverstärker: Soulnote P-3
Streaming-Vollverstärker: Axxess Forté 3
Endverstärker: Burmester 216, Soulnote M-3x
Lautsprecher: Auer Versura V4, Acapella La Campanella, Avantgarde Acoustics Duo GT, Nubert NuVero Nova 9
Racks: Finite Elemente, Beaudioful, Solidsteel
Kabel: AudioQuest, in-akustik, Sommer Cable
