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Jazztrios mit Akustikgitarre

Akustische Gitarre im Jazz

Traumhaftes Trioformat

Akustische Gitarre im Jazz

Die akustische Gitarre spielt im Jazz nur eine Nebenrolle. Das ist schade, denn dieses Instrument bietet gerade im Jazzkontext so viel mehr als die E-Gitarre mit Plektrum.

Die Gitarristen im frühen Jazz und Blues spielten alle noch akustisch – ein Eddie Lang, Carl Kress, Lonnie Johnson oder Blind Lemon Jefferson. Doch als das Instrument elektrisch verstärkt wurde (in den späten 1930er Jahren), stürzten sich die Gitarristen auf die E-Gitarre, weil sie ihnen erlaubte, mit der Lautstärke der Bläser zu konkurrieren. Immerhin: Im Gypsy Swing dominieren noch die akustischen Instrumente (meist ohne Bläser und Schlagzeug dabei). Auch im leiseren Kammerjazz der 1970er Jahre wählten einige E-Gitarristen wieder verstärkt die akustische Gitarre – John McLaughlin etwa, Larry Coryell, Philip Catherine. Sie blieben dabei aber oft unter sich, der Lautstärke wegen.

Das klanglich Filigrane der akustischen Gitarre, der natürliche Ton, die Explosivität der Dynamik, die verschiedenen Timbres der angerissenen Saiten, die harmonischen Möglichkeiten des Fingerspiels, die Wärme des Sounds und auch das perkussive Potenzial – all das ist eigentlich ideal für die Individualistenmusik Jazz. Allerdings verlangt das Zupfen mit fünf Fingern auch eine entsprechende Spieltechnik. Die wenigen modernen Jazzhelden an der akustischen Gitarre haben daher meist einen besonderen Werdegang hinter sich – über die klassische Gitarre, über das Klavierspiel oder über andere Musikkulturen.

Beispielhaft ist der Fall von Ralph Towner (geb. 1940), der Jazzpiano und klassische Gitarre gelernt und dann beides in seinem einzigartigen Gitarren-Jazzspiel verbunden hat. „Ich ging dabei an die Gitarre heran wie ein Komponist oder Pianist: Ich sah in ihr Bassstimme, linke und rechte Hand. Ich wollte die Gitarre mit klassischer Technik spielen, aber ich behandle Harmonie und Stimmführung eher wie auf einem Tasteninstrument. Mein ganzes musikalisches Konzept war von Anfang an ungitarristisch. Ich habe nie nach einem Lehrbuch Jazzgitarre gelernt.“

Das Album Batik (1978, ECM) hat Ralph Towner im Trio aufgenommen – mit Eddie Gomez am Bass und dem feinnervigen Jack DeJohnette am Schlagzeug. Dieses „erstaunlich schöne“ Album (so Tyran Grillo) wirkt wie eine Variante des konventionellen Jazzformats Pianotrio – nur eben mit einer quasi „pianistischen“ Gitarre statt des Klaviers.

Jazztrios mit Akustikgitarre

In Stücken wie „Waterwheel“, „Trellis“ und „Batik“ entwickelt das akustische Trio einen ernormen Sog und Effekt. Die Instrumente verschmelzen inniger als im Pianotrio und schaffen eine aparte, suggestive Klanglichkeit. Towner hat auch auf anderen Platten mit Bass und Drums gespielt, dann aber meistens mit einem vierten Akteur (Bläser) dabei. Das wunderbare Trioformat hat er nicht weiter erforscht.

Dabei hat diese Besetzung – als Alternative zum Pianotrio – das Zeug zum Formatklassiker. Daran erinnert das Trioalbum Nomad (2006, enja) des Gitarristen Ferenc Snétberger – seine Mitstreiter sind Arild Andersen (Bass) und Paolo Vinaccia (Drums).

Jazztrios mit Akustikgitarre

In Snétbergers Spiel auf der Akustischen kommen viele Einflüsse zusammen – moderner Jazz und Bach, aber auch Egberto Gismonti, Flamenco und Gypsy-Feeling. „Während meines Studiums haben wir die Jazzstandards rauf und runter gespielt. Aber ich habe auch viel brasilianische Musik gespielt. Und etwas später sind meine geografischen Wurzeln stärker hervorgetreten – schließlich komme ich aus Ungarn. Wir haben Bartók, Kodály, Kurtág.“ Der Kritiker John Kelman bewundert an Snétbergers Spiel vor allem die „nahtlose Verbindung von linearer Phrasierung und Arpeggio-Akkordfolgen“. Wie diese Wundergitarre mit Bass und Schlagzeug zusammen klingt, das hat eine unwiderstehliche Magie.

Auch der Franzose Philippe Mouratoglou ist ein Grenzgänger zwischen den Genres. Als klassisch ausgebildeter Gitarrist fühlt er sich in der Musik von John Dowland, Fernando Sor und Leo Brouwer ganz zu Hause. Er bewundert jedoch auch Jazzgitarristen wie Wes Montgomery und Jim Hall und hat dem legendären Bluesmann Robert Johnson ein ganzes Album gewidmet. Auf Univers-Solitude (2018, Vision Fugitive) begleiten ihn die Jazz-Veteranen Bruno Chevillon (Bass) und Ramón López (Drums).

Jazztrios mit Akustikgitarre

Dieses Trio entwickelt einen virtuosen, offenen Kammerjazz mit ebenso vielen Bezügen zum Blues wie zur Neuen Musik. Es gibt wilde Rhythmen, groteske Figuren und experimentelle Nachdenklichkeit. Mouratoglous Trio entrollt für uns ein faszinierendes Klanggelände, das viel zu wenig besucht wird – die „Entdeckung des Jahres“ im französischen Jazz Magazine.

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