Bertram/Rüsenberg – Improvisieren!
Wenn wir improvisieren (müssen), gilt das im Alltag oft als Provisorium.
Im Jazz dagegen ist Improvisation die Hauptsache – ein spontaner Weg zur ästhetischen Lösung. Vom Beispiel des Jazz angeregt, entwickeln der Philosophieprofessor Georg W. Bertram und der Jazzjournalist Michael Rüsenberg in ihrem Buch Improvisieren! ein neues, richtiges Verständnis von Improvisation im Allgemeinen.
Für sie ist das Menschsein geradezu definiert durch unsere Fähigkeit zu improvisieren. Improvisation als menschliche Stärke heißt: mit Unsicherheiten umgehen können, auf Wandel und Veränderung reagieren und sich selbst weiterentwickeln. Improvisation verlangt (wie im Jazz) Erfahrung und erworbene Fähigkeiten, eine gesteigerte Wahrnehmung und Geistesgegenwart. Offene, unerwartete Situationen bedürfen einer improvisierten Interaktion – nicht nur im Jazz, sondern auch im täglichen Gespräch, in Medizin und Politik, in Business und Handel, im Sport, im Film oder in der Rechtsprechung. Nach Ansicht der Autoren sind wir „Wesen, die sich improvisierend in ihrem Denken entwickeln“. Das Improvisieren ist demnach die Grundlage aller Kommunikation, löst seinerseits wieder improvisierte Reaktionen aus, eröffnet Zukunft, schafft neue Handlungsmuster. In einer Kultur des steten Wandels gehört Improvisation – die dynamisierte Gewohnheit – ins „Zentrum unseres Selbstverständnisses“. Der Mensch ist das improvisierende Tier. – Ein kluges und wichtiges Buch, gerade heute.
Improvisieren! von Georg W. Bertram und Michael Rüsenberg auf www.reclam.de



