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Dan Clark Audio Expanse

Dan Clark Audio Expanse

Mit einer Prise Humor

Dan Clark Audio Expanse

Vor rund zwei Jahren hat Dan Clark Audio mit dem Stealth von sich reden gemacht – einem High-End-Kopfhörer, der dank Metamaterial-Technologie mit sensationell niedrigen Verzerrungswerten glänzt. Mit dem Expanse steht nun der Nachfolger … Augenblick, er löst den Stealth nicht ab, sondern bildet mit ihm eine Doppelspitze – wollen wir mal hören, was es damit auf sich hat.

Dan Clark Audio Expanse

In aller Kürze:
Der Dan Clark Audio Expanse ist ein bedingungslos neutrales Fenster zur Aufnahme, das den Spaß an der Musik nicht vergisst.

Dan Clark Audio Expanse


Von Metamaterialien hört im HiFi nicht zu ersten Mal: KEF etwa nutzt sie, um die rückwärtigen Schallanteile in seinen Lautsprechern zu bändigen. Dan Clark Audio macht es ganz ähnlich, aber irgendwie doch ganz anders: Bei den High-End-Magnetostaten sitzt ein komplex geformtes, honigwabenartiges Gebilde nicht etwa hinter der Membran, sondern zwischen dieser und dem Ohr. Für den direkt abgestrahlten Schall dient es als Führung, um die Richtcharakteristik zu beeinflussen; die Anteile, die vom Hörer zurück in Richtung Membran reflektiert werden, treffen dagegen auf ein System von Diffusoren sowie Helmholtz- und Viertelwellenresonatoren, das bestimmte Frequenzen gezielt bedämpft, um ein möglichst homogenes Schallfeld ohne stehende Wellen und sonstige Unliebsamkeiten zu erreichen. Im Prinzip wird dieses Acoustic Metamaterial Tuning System (AMTS) hier also im Sinne einer akustischen Raumbehandlung eingesetzt, nur dass der Raum sehr viel kleiner ist als ein Hörzimmer und die behandelten Frequenzen dementsprechend sehr viel höher.

Ungleiche Brüder

Dan Clark Audio Expanse
Finden Sie die zwei Unterschiede: Blaue statt roter Nähte und ein generativ designter, offener Grill anstelle der Carbon-Ohrmuscheln weisen den Expanse gegenüber seinem ansonsten nahezu baugleichen Bruder Stealth aus.

Das haben Stealth und Expanse also gemeinsam. Was sie unterscheidet? Der Expanse ist das offene Gegenstück zum geschlossenen Stealth. Technisch sind die beiden nahezu baugleich: Von den Ohrmuscheln abgesehen ist das Gehäuse identisch – wieso auch ändern, was schon hervorragend funktioniert. Der Kopfhörer ist angenehm leicht, die Ohrpolster, deren Form die Umrisse eines Ohres mimt, lässt bei der genauen Positionierung auf dem Kopf keine Missverständnisse zu. Das heißt freilich zugleich, dass hier wenig Spielraum für ein Feintuning der Klangbalance nach persönlicher Vorliebe bleibt – meine persönlichen Grado PS500i beispielsweise trage ich gerne relativ weit unten und vorn, da sich so die Bühne nochmals öffnet und den Höhen die bisweilen leicht aggressive Spitze genommen wird. Beim Dan Clark Audio Expanse entfallen derartige Spielereien, man erfährt grundsätzlich die von den amerikanischen Toningenieuren vorgesehene Charakteristik.

Und die ist der seines geschlossenen Schwestermodells zwar sehr ähnlich, legt dasselbe Thema allerdings bewusst ein wenig anders aus: Während der Stealth die ultimative Klanglupe mit schonungslos neutralem Frequenzgang sein will, erlaubt sich der Expanse einen Hauch – aber auch wirklich nur einen Hauch – an Lockerheit im Umgang mit dem Signal. Die Anpassung geschieht in erster Linie über die Metamaterial-Linse, die einerseits ohnehin angepasst werden musste, um der offenen Gehäusekonstruktion Rechnung zu tragen. Aber auch an Membran und Antrieb wurden subtile Tuningmaßnahmen ergriffen, die dem Expanse mehr Bassautorität verleihen sollen – wir reden hier allerdings von behutsam angewandten Anpassungen, nicht von einer grundsätzlich anderen Stoßrichtung.

Dan Clark Audio Expanse

Konzentration, bitte!

Der Hörtest hat sich aus zweierlei Grund unplanmäßig in die Länge gezogen – einmal, weil ich mich immer wieder dabei ertappt habe, wie ich einfach nur Musik höre, Stück um Stück, Album um Album, ohne das gehörte in meinem Hirn zugleich zu sezieren und wieder zusammenzufügen; dabei hatte ich mir doch genau das vorgenommen. Aber was soll’s, das ist auf alle Fälle schonmal ein sehr gutes Zeichen. Zum anderen hatte ich aber auch meine Liebe Mühe, dem Klangcharakter des Expanse auf die Schliche zu kommen. Das Spaßbetonte gegenüber dem Stealth ist offenkundig relativ gemeint – nicht falsch verstehen: Spaß macht der Expanse, aber von einer Färbung jedweder Art kann hier gar keine Rede sein. Wer befürchtet haben mag, hier einen Bassbetonten Kopfhörer zu bekommen, kann getrost aufatmen – diese Aussage kommt allenfalls im Vergleich mit typischen offenen Magnetostaten hin. Es fehlt hier an nichts: Kontrabässe stehen schön saftig und griffig im Raum, Schlagzeige haben gehörig Punch – gleichzeitig agiert er aber ungemein offen und transparent. Was den Expanse nach meinem Dafürhalten jedoch wirklich aus der Masse heraushebt ist, wie dynamisch spielfreudig und gleichzeitig langzeittauglich er ist – zwei Eigenschaften, die sich nur schwer vereinbaren lassen. Mittel- und Hochton offenbaren jede noch so feine Klangverästelung, sind zugleich aber bemerkenswert flüssig und geschmeidig. Der Bass ist pfeilschnell, rhythmisch hängt der Dan Clark richtig gut am Gas. Dabei schüttelt er aber alles mit einer solch unangestrengten Lässigkeit aus dem Ärmel, dass selbst bei gehobenen Lautstärken nie der Wunsch nach einer Hörpause aufkommt.

Charakterverstärker

Und als Krönung kommt das stupende Auflösungsvermögen noch oben drauf – bei einem High-End-Magnetostaten erwartet man das freilich, doch selbst klassenbezogen wird hier einiges geboten. Am deutlichsten zeigte sich das mir am Quervergleich desselben Stückes über verschiedene Medien: Tom Waits‘ „Walk Away“ in Holly Coles Interpretation von ihrem Night-Album dient mir hier als Versuchsobjekt, in den Ecken des Boxrings: CD gegen Streaming – der Vergleichbarkeit halber in 16 Bit und 44,1 kHz. Konkret treten Audio Notes DC 5.1x und der dCS Lina Streamer gegeneinander an, immerhin muss klar sein, dass hier nicht so sehr die Art der Datenübertragung, sondern vielmehr der Charakter der Komponenten den Klangeindruck prägen wird. Und den legt der Dan Clark Audio Expanse mit bemerkenswerter Selbstverständlichkeit offen: Zu keinem Zeitpunkt besteht hier auch nur die geringste Verwechslungsgefahr. Zusammen mit dem Lina-Streamer erhalten wir ein absolut transparentes Fenster zur Aufnahme. Der Audio Note bekennt dagegen sprichwörtlich Farbe und folgt einem zugegebenermaßen weniger schonungslos ehrlichen Ansatz, begeistert dafür mit herrlich organischer Stimmwiedergabe und der unverkennbaren Musikalität der Marke. Der Dan Clark Audio Expanse scheint den Charakter von Aufnahme ebenso wie den der angeschlossenen Elektronik nicht nur aufzuzeigen, sondern aufzugreifen und ihm im Licht seiner bedingungslosen Neutralität eine prominente Bühne zu geben. Damit dürfte er die perfekte Keimzelle eines wirklich hochkarätigen HeadFi-Systems sein.

Dan Clark Audio Expanse

Info

Kopfhörer Dan Clark Audio Expanse

Konzept: ohrumschließender offener Magnetostat-Kopfhörer mit Metamaterial-Element
Bestückung: Magnetostatischer Treiber, 76 x 51 mm
Kanalabweichung (20 – 10 000 Hertz): 0,25 dB
THD (20 – 20 000 Hertz): <0,03% bei 94 dB
Material Ohr- und Kopfpolster: Kunstleder
Besonderheiten: Selbsteinstellendes Kopfband, Klappmechanismus zum kompakten Verstauen
Gewicht: 418 g
Garantiezeit: 2 Jahre
Preis: um 4500 €

Kontakt

audioNEXT GmbH

Isenbergstraße 20
45130 Essen
Telefon +49 201 5073950
info@audionext.de

www.audionext.de

Mitspieler

Streamer/Netzwerkplayer: dCS Lina Streamer, Aavik S-580 ,Lumin P1
DAC: Aavik S-580
CD-Player: Audio Note CD 5.1x, Ayon CD-3sx
Kopfhörerverstärker: dCS Lina Headphone Amp

Die angezeigten Preise sind gültig zum Zeitpunkt der Evaluierung. Abweichungen hierzu sind möglich.