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MFE Secundo

Test: MFE Secundo

MFE Secundo – Michael F. & The Secundos

Wer seine Manufaktur gewissenhaft führt, stellt auch an sein Werkzeug höchste Ansprüche. Was aber, wenn es ein entscheidendes Tool einfach nirgendwo zu kaufen gibt? Dann heißt es kurzerhand: Selbst ist der Manufakturist. Michael Franken entwarf für seine Firma MFE gleich eine komplette „Werkzeug-Kiste“: eine klassische große Dreiwege-Box, die ihre Profitechnik auch im Wohnzimmer voll ausspielen kann.

Es ist spät geworden in der Redaktion. Im gesamten Bürokomplex brennt kein Licht mehr. Außer an meinem Schreibtisch. Bin mal wieder der Letzte. Und der macht bekanntermaßen das Licht aus. Zuvor aber spielt dieser Nachtmensch gerne noch ein bisschen Schlagzeug. Gute Güte!
Zum Ausklang eines langen Tages schnappe ich mir die tätowierten Dave-Grohl-Signature-Sticks und bearbeite noch ein paar Minuten das Schlagzeugset, das neben meinem Schreibtisch aufgebaut ist. Das bringt den Kreislauf in Schwung und justiert die Ohren neu.
Normalerweise genügen mir zehn, zwölf Minuten an den strammen Fellen, dann geht’s ab nach Hause. Heute jedoch tragen mich meine Füße nicht in Richtung Ausgang, sondern – schon wieder! – zurück zum Hörraum. Dort stehen zwei harmlos wirkende Lautsprecher, die es knüppeldick hinter der massiven Front haben. Sie können es erklärtermaßen mit einem echten Drumset aufnehmen.
Nur, wer will denn wirklich die volle Packung eines echten Drumsets im Wohnzimmer serviert bekommen? Allen, die jetzt in bestem audiophilen Glauben „Hier, ich!“ rufen, schenke ich zum nächsten Geburtstag den Auftritt eines echten Schlagzeugers, der im Wohnzimmer ein kleines Set aufbaut und dann ordentlich reinhaut. Jede Wette, dass sich bereits nach wenigen Minuten die entscheidende „HNO“-Frage stellt: Herzallerliebste, Nachbarn, Ordnungsamt – wer wird die Session vorzeitig beenden? Denn ein echtes Schlagzeug, bestimmungsgemäß bedient, entwickelt eine schier unglaubliche Dynamik und kann im Wohnzimmer wirklich laut sein! Zu laut für „HNO“. Und viel zu dynamisch für normales HiFi.
Nicht aber für die MFE Secundo. Sie ist das feine, zugleich handfeste HiFi-Werkzeug, das derzeit im Hörraum steht.

Ja, sie macht einen unschuldigen Eindruck, diese „Box“ von MFE. Okay, die Secundo ist nicht gerade klein geraten, aber eben auch nicht angsteinflößend riesig. Sie wirkt eher wie ein vertrautes Möbelstück, passt sich optisch ohne Sperenzchen jedem Einrichtungsstil, jeder Wohnumgebung an. Das ist ebenso Absicht wie die Tatsache, dass sie vollkommen ungerührt auch brutalste Spitzenpegel locker übertragen kann. Solange nur der angeschlossene Verstärker standhaft bleibt, wird sie im Zweifelsfall ganz einfach „durchziehen“.
Das Grundkonzept der MFE Secundo ist in wenigen Worten vollständig umrissen. Michael Franken wollte ursprünglich nur einen Lautsprecher zur Verfügung haben, mit dem er seine Elektronik, insbesondere die MFE-Röhrenverstärker, „optimal vorführen“ kann. Ein Werkzeug für den Profi. Allerdings war kein handelsüblicher Schallwandler dem pingeligen Herrn Ingenieur gut genug, an irgendeinem Punkt hakte und zwickte es immer. Ernüchtert schrieb der Manufakturchef eine Art Pflichtenheft für seinen persönlichen Wunschlautsprecher zusammen – nicht mehr als ein kleiner Notizzettel, doch der hatte es wahrlich in sich.
Wagen wir doch mal einen kurzen Blick darauf: Mr. MFEs persönlicher Monitor sollte (sehr) hohe Pegel vertragen können, dabei nur (sehr) geringe Verzerrungen aufweisen, sollte (sehr) tief reichenden Bass, zugleich aber auch einen (sehr) hohen Wirkungsgrad bieten. Wer nun folgerichtig an ein Hornsystem in Gartenhausgröße denkt, hat den letzten Punkt auf der Liste übersehen und sollte sich schon mal eine geniale Erklärung zurechtlegen, wie ein solches Gartenhäuschen denn wohl in einen normalen Wohnraum zu integrieren ist. Und wie wäre es, als radikalen Gegenentwurf die mittlerweile weit verbreitete Digital-Trumpfkarte zu ziehen und einen DSP-kontrollierten Vollaktiv-Zwerg vorzuschlagen? Ein Blick auf die überaus traditionelle Elektronik von MFE macht klar: Maßgeschneiderte Röhrenelektronik made in Germany ruft nicht nach Designerstücken aus dem Zukunftslabor, sondern ganz klar nach klassischer, passiver Boxenbaukunst. Das Ideal ist für Franken ein schnörkelloser Schallwandler, der mit inneren Werten und Know-how glänzt und seine Klangtalente unter einer schlichten, handwerklich schönen Hülle verbirgt. Wenn Sie mich fragen: Das ist die gute alte HiFi-Schule, an die sich heutzutage kaum jemand mehr herantraut. Sympathisch unmodisch, dieses Konzept einer großen Box. Wie früher. Nur besser.
Wie üblich galt es die Quadratur des Kreises zu meistern. Gerade beim so simpel wirkenden Lautsprecherbau gibt es nix umsonst. Echte Vorteile kosten entweder Platz oder beträchtliche Summen, meistens beides. Um aus seinem Pflichtenheft ein realisierbares Produkt mit möglichst wenigen Kompromissen entstehen zu lassen, machte Michael Franken etwas Schlaues: Er tat sich mit einem ausgewiesenen Lautsprecherexperten zusammen. Gemeinsam mit Dipl.-Ing. Joachim Schneider untersuchte er die besonders viel versprechenden Bauteile und Kombinationen nicht nur am Messplatz, wie es Diplom-Ingenieure ja immer gerne tun, sondern sie hörten sich auch durch all die Feinheiten und Bauteile hindurch und wählten die „richtigen“ Bauteile nach klanglichen Aspekten aus. Nur mittels ausgiebiger Hörtests kann aus einem messtechnisch sehr guten auch ein klanglich herausragender Schallwandler werden.

Prinzipiell stellt die MFE Secundo eine außerordentlich gehaltvolle und gelungene Mischung aus Profitechnik und klassischen Hi-Fi-Tugenden dar. Professionellen Ansprüchen genügen beispielsweise alle drei Treiber, die in eine 50 Millimeter starke Schallwand versenkt werden. Den Bass übernimmt ein mächtiger 12″-Tieftontreiber – viel größer geht’s bei gegebener Gehäusebreite nicht – aus deutscher Produktion, der sich in einem überschaubaren Volumen wohlfühlt und zugleich einen sehr ordentlichen Wirkungsgrad, aber auch eine extrem hohe Belastbarkeit besitzt: 600 Watt und keine Null zu viel. Das dadurch entstehende extrem stabile Frequenzfundament wird von einem äußerst standfesten 6,5″-Mitteltöner und einem auffällig großen Bändchenhochtöner in den jeweiligen Arbeitsbereichen mühelos „bis nach ganz oben“ fortgeführt. Mit diesem Treibertrio gelingt der Secundo die gewünschte Talentspreizung aus fundamentaler Tiefbasstüchtigkeit jedenfalls bei mehr als ordentlichem Wirkungsgrad und enormer Belastbarkeit.
Doch was ist nun mit der Wohnzimmertauglichkeit? Offenherzige Technik auf der Schallwand kann’s ja wohl nicht sein. Nun, eine serienmäßige schlichte Frontbespannung ist – schwupp – montiert, was den schlichten Eindruck der Box definitiv unterstreicht. Der Rahmen wird von unsichtbaren, unterm Furnier versenkten Magneten auf Position gehalten und ist – schwupp – genauso schnell wieder entfernt, wenn’s dann doch wieder ernst wird. Klanglich sind die Unterschiede praktisch nicht der Rede wert, die Secundo sieht „ohne“ aber viel wichtiger aus. Außerdem kann ich so der Bassdrum, äh, dem Basstreiber bei seiner Schwerstarbeit zuschauen, wenn ich will. Mich beruhigt so etwas ungemein.
Und gleich noch einmal: Das Mehrkammer-Gehäuse der Secundo ist keineswegs „furchtbar groß“ geraten, es wirkt auf mich schlicht „seriös groß“. Es besteht aus Mehrschichtholz, ist intern zielführend verstrebt und beherbergt eine zweiteilige Weiche, deren Mittelhochton-Zweig direkt unter dem Deckel, also in maximaler Entfernung zum Basstreiber montiert ist. Davon sieht man außen natürlich nichts. Sehr wohl aber sieht man auf der Rückseite etwas, das ganz eindeutig nicht der Profi-Beschallung zuzuordnen ist: einen zusätzlichen Hochtöner. Eine versenkte Metallkalotte strahlt auf Wunsch und zweistufig regelbar nach hinten in den Raum. Je nach Geschmack und akustischen Gegebenheiten soll sich so die Raumabbildung der Secundo beeinflussen lassen.
MFE wäre wohl keine echte Manufaktur, wenn nicht noch viele weitere Feinheiten auf die Kundschaft abstimmbar wären. Also sind die verschiedensten Furniere und zahllose Farboptionen bis hin zu hochglänzendem Klavierlack im Angebot. Das Terminal wiederum, serienmäßig mit professionellen Speakon-Anschlüssen ausgestattet, kann zusätzlich oder wahlweise auch mit Schraubklemmen von WBT oder Mundorf bestellt werden, grundsätzlich ist in allen Fällen auch Bi-Wiring möglich. Wer die wackelfreie Dreipunktlagerung mit Spezialspikes – dank niedrigem Schwerpunkt und stämmiger Stellfläche eine wunderbare Idee – zu einer „erdbebensicheren“ Vierpunktlösung aufrüsten möchte: Die Basisplatte der Secundo ist auch dafür vorbereitet.

Am Testpärchen habe ich schnell meine persönliche Konfiguration gefunden – Speakon single wired, Dreipunkt, Extra-Hochtöner in „++“-Stellung – und lege los. Den Anfang machen drei unterschiedliche Röhrenverstärker aus der zweistelligen Watt-Liga. Auf echte Kleinleistungsverstärker mit einer knappen Handvoll Watt verzichte ich von vornherein. Damit lassen sich zwar schon ein paar nette Höreindrücke generieren, doch es wird schnell deutlich, dass die MFE neben schlichter Leistung auch eine gewisse Kontrolle seitens des Verstärkers goutiert. Gleichwohl verbreiten meine QUAD II, aber auch die Audio Note P2 SE mit ihren jeweils rund (klingenden) 15 Watt gute Laune. Spürbar knackiger gehen zwei massive Silvercore-Monos mit TB3/1000-„Einmachgläsern“ zu Werke, und Michael Franken berichtet von gelungenen Hörsessions mit den hauseigenen, ebenfalls rund 20 Watt starken 845ern. Daher will ich diese Leistungsliga als rundum befriedigenden Minimaleinstieg definieren.
Wer es sich allerdings erlauben kann oder will, darf verstärkermäßig quasi ohne Limit in höchste Sphären aufsteigen; MFE selbst hat beispielsweise mit der TA 300SE ein entsprechendes Triebwerk im Programm. Doch auch erstklassige Transistorkonstruktionen sind ausdrücklich erlaubt und empfehlenswert. An diversen Solid-State-Boliden von T+A und Soulution, insbesondere mit den fantastischen Audia-Flight-Monos zeigt sich die rundum vorzügliche „Werkzeugqualität“ der MFE Secundo von ihrer besten Seite. Sie verschweigt auch nicht das kleinste Detail, spielt schon deutlich unterhalb von Zimmerlautstärke rundum komplett und hervorragend breitbandig – eine Eigenschaft, die bereits mit „kleinen“ Amps bestens ausgeformt ist. Kann die Secundo, wie bei den genannten Verstärkern, zudem auf praktisch endlose Leistungsreserven zurückgreifen, juckt es mich bei geeignetem Musikmaterial regelmäßig, den Pegel immer weiter zu erhöhen. Es ist schon faszinierend, wie mich die Verzerrungsarmut der gesamten Kette und die zugleich lässig-lockere wie konzentrierte, insgesamt ausgesprochen „großzügige“ Performance der Secundo zum Lauterhören animiert.
Wie schon gesagt: Diese Box zieht bei Bedarf einfach durch, ohne mit der Wimper zu zucken. Und diese scheinbar grenzenlose Dynamik, verbunden mit einer schwer zu beschreibenden „Richtigkeit“ in tonaler Balance und Raumdarstellung bereitet echtes Vergnügen. Damit das auch auf Dauer so bleibt, verkneift sich die Secundo auch jeden Anflug von ermüdender Euphonie, bietet stattdessen fidele Klarheit und klangliche Durchsicht über das komplette Frequenzspektrum. Damit werden ausgesprochene Kuschelkursler vermutlich nicht ganz einverstanden sein, ich jedoch delektiere mich gern an der wirklich großen Performance der MFE, die einen herrlich unverstellten, bis in den letzten Winkel ausgeleuchteten Blick aufs Ganze erlaubt (ja, sogar ohne Zusatzhochtöner, wenn die Einwinkelung auf den Hörplatz stimmt). Und wie es sich für ein echtes HiFi-Werkzeug gehört, gibt es auch keine musikalischen Präferenzen zu vermelden. Der Stapel an gespielten Platten und CDs und auch die Playlists lassen keinen Rückschluss auf die etwaige Bevorzugung gewisser Genres zu – eine äußerst positive Beobachtung, wenn Sie mich fragen, zeigt sie doch die universellen Einsatzmöglichkeiten dieses Schallwandlers.
Weil es sich gerade logistisch im Hörraum zum Vergleich anbietet: Der vergleichbar teure Kompaktmonitor TAD-CE1 ist und bleibt ein fantastischer Kompaktmonitor, der auch keine Angst vor dynamischem Schlagzeug hat. Er leistet ohne jede Frage Verblüffendes. Das tut die MFE Secundo auch – aber auf einem insgesamt großzügiger umrissenen, zweifellos auch beweglicherem Niveau, Chassisfläche und Effizienz sei Dank. Und wenn es dann tatsächlich einmal ernst wird mit dem live Dabeisein, also auch der erstaunlichste Kompaktling an seine physikalischen Grenzen gerät, dann holt die MFE – dank ihres erheblich höheren Wirkungsgrades ohnehin lockerer am Start – noch mal richtig tief Luft und stellt auch das Drumset von John Bonham oder Dave Grohl genauso groß und überzeugend in den Raum, wie es sich selbst der gehobene HiFi-Stammtisch nicht mehr so recht vorstellen kann. Die HNO-Frage stellt sich dann schlicht nicht mehr. Denn hier spielt die Musik, und zwar glaubhaft live!
Ungebremst höre ich mich durch herrlich dynamisch produzierte Live-Performances, etwa von Jeff Beck, Bernd Begemann oder Junior Brown, hindurch. Ich tauche ab in riesige Soundlandschaften von Malia und Parzivals Eye, lasse mich nach einem Swingjazz-Inferno noch kurz von „Billie Jean“ und „When The Levee Breakes“ begeistern, abschließend durchforste und entschlüssele ich schwere Kost von Gabriel Fauré und den Einstürzenden Neubauten bis in die Subregister – ein Heidenspaß mit diesem Fundament, saubere 33 Hertz ohne Pegeleinbruch sind einfach die Wucht in Tüten, ein großartiger Wurf, diese Secundos! Aber hoppla, es ist wohl mal wieder spät geworden, die erste Morgensonne lugt bereits durchs Fenster. Ich sollte jetzt wirklich nach Hause fahren. Mit stabilem Kreislauf und feinjustierten Ohren.

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Mitspieler

Plattenspieler: Audio Note TT-2, Clearaudio Innovation, EnVogue Astra
Tonarme: Audio Note Arm 2, Clearaudio TT-II und Universal, Nottingham Analogue AnnaArm 12″
Tonabnehmer: Audio Note IQ3, Clearaudio DaVinci und Concept MC, Ortofon MC30 Mk II
MC-Übertrager: Audio Note S2
Phonoverstärker: Clearaudio Absolute Phono, Pro-Ject Phono Box RS
Digitalplayer: Audio Note CDT-3/DAC 3, Ayon CD3sx, Soulution 541, T+A PDP 3000 HV
Music Server: Audirvana Plus
Vorverstärker: Audia Flight Strumento No.1, T+A 3000 HV
Endverstärker: Audia Flight Strumento No.8, Audio Note P2SE, QUAD II, Silvercore TB3/1000, T+A A 3000 HV
Vollverstärker: Soulution 530
Kabel: A23, Audio Note, HMS, MFE, Refine Audio, Silvercore, T+A, Vovox
Stromversorgung: IsoTek Aquarius EVO3
Zubehör: diverse Produkte von Subbase, Harmonix und Biophotone, LignoLab TT100 und „Die Bank“

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MFE Secundo

Prinzip: 3-Wege-Standlautsprecher, Bassreflex
Wirkungsgrad: 90 dB/W/m
Nennimpedanz: 8 Ω
Belastbarkeit: 600 W
Bestückung: 30-cm-Basstreiber, 16,5-cm-Mitteltöner, großer Bändchenhochtöner aus dem Profibereich
Besonderheiten: zweistufig zuschaltbarer Kalottenhochtöner auf der Rückseite, Speakon-/WBT-Anschlussterminal, drei Spezialfüße, diverse Ausstattungsoptionen nach Wunsch
Oberflächen: Holzfurnier oder Lackierung nach Wunsch, Klavierlack gegen Aufpreis
Maße inkl. Basisplatte (B/H/T): 37/108/40 cm
Gewicht: 58 kg
Garantiezeit: 5 Jahre

MF-Electronic, Dipl.-Ing. Michael Franken
Dülkener Straße 84
41844 Wegberg
Telefon 02434 20867
www.mf-electronic.de

Fairland Studio, Günther Henne
Sontener Berg 9a
44892 Bochum
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