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Thöress F2a11 Vollverstärker Röhre

Thöress F2A11 Röhrenvollverstärker

Schönheit jenseits der Norm

Thöress F2A11 – Schönheit jenseits der Norm

Der Vollverstärker F2A11 von Reinhard Thöress überzeugt den Connaisseur, der Mut zum Eigensinn hat.

Thöress F2a11 Vollverstärker Röhre

In aller Kürze

Ein Röhrenverstärker, der seinen eigenen Weg einschlägt. So geht High End für den selbstbewussten Musikliebhaber.

Thörres F2a11 Vollverstärker Navigator


Der Komponist Hans Werner Henze urteilte einst sinnig: „Schönheit ist, was von der Norm abweicht.“ Wenn aber die Normabweichung ohne Sinn und Verstand geschieht, dann verpufft ihre Wirkung ganz schnell und hinterlässt einen eher schalen Geschmack. Henze wusste dies nur zu gut und hat deshalb die traditionelle Folie, vor der die Normabweichung sich vollzieht, oft gleich mitgeliefert. Bei den Designentwicklern audiophiler Gerätschaften verhält sich dies leider häufig etwas anders. Im Zeitalter von CAD und CNC ist es ein Leichtes, sich bei der Gestaltung von vermeintlichen Normen zu lösen, es besteht jedoch die Gefahr, eine ästhetische Leere zu produzieren.

Thöress F2a11 Vollverstärker Röhre
Puristic.Audio.Apparatus steht an der Front des F2A11 und Reinhard Thöress meint es auch so: Der langgestreckte Vollverstärker verzichtet auf alles Unnötige – sogar auf eine Lautstärkeregelung, die beide Kanäle vereint. Von den drei Signaleingängen bis zu den Lautsprecherklemmen wird die Musik von zwei völlig getrennten Mono-Verstärkern „behandelt“. Inklusive getrennter Pegel-Potis. Das klingt im ersten Moment irritierend, funktioniert in der Praxis jedoch erstaunlich gut.

Ganz anders dagegen bei den Verstärkern von Reinhard Thöress. Klassische Designnormen, die man gemeinhin mit Audiogeräten verbindet, werden konsequent negiert, und dennoch springt sofort eine Assoziationskette historischer Gehäusekonstruktionen im Kopf an. Unwillkürlich denkt man an historische Labormessgeräte, auch militärisches Ausrüstungsgut vergangener Tage kommt einem in den Sinn, wenn auch der F211A sofort als Röhrenverstärker zu identifizieren ist. Das muss man sich erstmal trauen, denke ich, als der Verstärker auf mein Rack wandert. Allein die Idee, die Lautstärke über zwei kanalgetrennte Volumenregler steuern zu lassen, was übrigens ganz wunderbar funktioniert, zeugt durchaus von gesundem Selbstbewusstsein.

Edle Einfalt und stille Größe

Mir gefällt bei Reinhard Thöress, dass er auf Zukäufe und Fremdfertigungen weitgehend verzichtet. Trafos, Drosseln und Übertrager werden selbst gewickelt, um sicherzustellen, dass die erforderlichen Werte exakt eingehalten werden. Der Aufbau ist klassisch-konservativ, es finden keine Platinen Verwendung, sondern eine handwerklich saubere Freiverdrahtung über Lötleisten und -stützpunkte zeichnet alle Produkte aus. Reinhard Thöress hat seine Firma vor über 25 Jahren gegründet, nachdem er sein Mathematik- und Physikstudium an der RWTH Aachen abgeschlossen hatte. Sein Erweckungserlebnis in Sachen Röhren hatte er, als er Musik mit einem alten Röhrenverstärker hörte, den er auf einem Flohmarkt erstanden hatte. Dieser Oldtimer hatte seinen damaligen Transistorverstärker einer namhaften High-End-Firma arbeitslos gemacht, wodurch ihm schlagartig klar wurde, dass es sich lohnt, Vintage-HiFi und Röhrenverstärker näher zu erkunden.

Thöress F2a11 Vollverstärker Röhre
Bei den F2A-Endstufenröhren handelt es sich um so genannte Weitverkehrsröhren, die früher von der Post verwendet wurden. Sie zeichnen sich durch extreme Zuverlässigkeit und hohe Lebensdauer aus. Hier kommen Sie in der „11er“-Variante zum Einsatz, die aus der „Klangfilm-Ära“ stammen. Dabei handelt es sich um einen Siemens-Kinoverstärker, der durch eben jene Eigenschaften legendär wurde: Zuverlässigkeit und hohe Lebensdauer.

Seine ersten Geräte waren dann Monoverstärker, die auf die legendäre direkt beheizte Triode AD1 zugeschnitten waren, inspiriert von den Ideen Jean Hiragas. Im Laufe der Jahre hat Reinhard Thöress dann fast alle Arten von Bauteilen entworfen und hergestellt, die man sich vorstellen kann: Ausgangs-, Zwischenstufen- und MC-Transformatoren, Anoden- und Filterdrosseln sowie alle Arten von Netztransformatoren. Zum Teil für den Eigenbedarf, zum Teil aber auch für den deutschen DIY-Audiomarkt. Die jeweiligen Spulen wurden auf einer alten Wickelmaschine aus dem Jahr 1964 hergestellt. Trotz aller Röhrenbegeisterung sieht er seine Arbeit durch eine recht nüchterne Brille: „Ich interessiere mich nicht für Röhren, um das versunkene Zeitalter der Röhrentechnik zu verklären. Auch nicht, weil ich die gemütliche Lagerfeuerstimmung mag, die Röhrenglut unbestreitbar ausstrahlt. Ich widme mich den Vakuumröhren, insbesondere den Trioden, weil sie von Natur aus lineare Verstärkungsgeräte sind. Von daher eignen sie sich perfekt für minimalistische Schaltungsdesigns.“ Womit wir wieder beim Vollverstärker F2A11 wären.

Thöress F2a11 Vollverstärker Röhre
Der Pegel wird über getrennte Potis am Gehäusedeckel geregelt. Zum Umschalten der drei Quellen muss man sich über den F2A11 beugen. Der kleine Drehregler liegt am Rücken direkt neben den Eingängen. Das mag nicht ergonomisch erscheinen, macht auf der Jagd nach kürzest möglichen Signalwegen allerdings Sinn.

Röhren aus der Klangfilm-Ära

Die F2A11-Endstufenröhren werden in Triodenschaltung betrieben und liefern eine Ausgangsleistung von 6 Watt pro Kanal. In der Stromversorgung sitzen hochwertige Gleichrichterdioden und Elektrolytkondensatoren. Die Ausgangstransformatoren verfügen über bandgewickelte Schnittkerne und ermöglichen die präzise Anpassung einer Last von 4, 8 oder 16 Ohm an die Leistungsröhre über an die Sekundärklemmen gelötete Jumper. Der Netztrafo, obwohl vibrationsarm und streufeldarm konzipiert, ist vom Gehäuse mit Schwingungsdämpfern mechanisch entkoppelt. Die Schaltung ist bis auf das Äußerste reduziert und arbeitet ohne Gegenkopplung. Warum aber Siemens-NOS-Tetroden vom Typ F2A11, die einst die legendären Klangfilm-Kinoverstärker befeuerten? Ihr niedriger Innenwiderstand ist vergleichbar mit dem von 300B-Röhren. Dieser Parameter wirkt sich drastisch auf die Übertragungsverzerrung und den Frequenzgang der Endröhrenstufe aus. Vor allem aber sind die Antriebsanforderungen der F2A11 im Vergleich zu einer 300B-Röhre um den Faktor vier niedriger. Das Ergebnis ist eine viermal geringere Treiberverzerrung bei gleicher Leistung als bei der weit verbreiteten 300B.

Thöress F2a11 Vollverstärker Röhre
Selektiert, handverlesen und -verdrahtet: Die eingesetzten Bauteile gehen keine Kompromisse ein. Dennoch geht es bei einem Verstärker wie dem F2A11 nicht um den Material-Gegenwert. Wichtiger sind die Idee und das Konzept hinter dem außergewöhnlichen Röhrenverstärker – und die konsequente Umsetzung von beidem.

Lautsprecher-Roulette

Bei Verstärkern mit extrem geringer Ausgangleistung stellt sich natürlich immer die Frage nach den einsetzbaren Lautsprechern. Bei 6 Watt braucht es nicht viel technisches Hintergrundwissen, um zu ahnen, dass klassische Standardlautsprecher aus dem HiFi-Segment womöglich nicht der optimale Spielpartner sein könnten. Dennoch riet Ed Doggen vom deutschen Vertrieb, es doch einfach mal auszuprobieren, zumal die bei mir werkelnden Gamut Phi 7 mit ordentlichen 90 Dezibel ausgepreist sind. Um aber nicht im Fall der Fälle völlig blank dazustehen, hat die Redaktion den eigentlich erst für die nächste FIDELITY-Ausgabe anstehenden Dynamikks Monitor 10 von Ulf Moning etwas früher geordert, was dieser dankenswerterweise auch unkompliziert ermöglicht hat. Auffällig wurde alsbald, dass die Kombination Thöress/Gamut immer dann unkompliziert aufspielte, wenn der gespielte Titel mit einer hohen Grunddynamik produziert wurde oder man sich für eine nahe Mikrofonierung entschieden hatte; war dies nicht der Fall, musste man die beiden Volumen-Poti schon ordentlich aufdrehen.

Thöress F2a11 Vollverstärker Röhre
Die beiden “In-House” gewickelten Ausgangsübertrager bieten abgriffe für 4, 8 und 16 Ohm Lautsprecher, müssen aber im Geräteinneren konfektioniert werden.

Eine der großartigsten Cembalo-Aufnahmen der letzten Jahre ist die 2020 bei Mirare erschienene Produktion der ersten vier Suiten (1720) von Händel mit Pierre Hantai. Der französische Cembalist kostet vor allem in den langsamen Sätzen die wunderbaren Klangfarben seines nach historischen Vorbildern gebauten Instruments aus. Die Aufnahmetechniker holen dabei die Saiten des Instruments beinahe ohne Raumklang direkt an die Ohren des Zuhörers. Hier musste ich nicht nur die Lautstärke merklich zurückfahren, es war mit einem Mal auch ein faszinierendes Obertonspektrum zu vernehmen, das all diejenigen Lügen straft, die das Cembalo gerne mal als musizierende Nähmaschine denunzieren. In solch reduzierten, ganz auf Klanglichkeit und intimes Musizieren angelegten Aufnahmen laufen die beiden F2A11-Röhren auch an „normalen“ Lautsprechern wahrlich zur Höchstform auf.

Thöress F2a11 Vollverstärker Röhre
Die kanalgetrennte Lautstärkeregelung auf der Oberseite des Gerätes erwies sich als durchaus praxistauglich.

Klangfarbenwunder

Was aber würde sich nun ändern, wenn die Dynamikks-Monitore mit ihrem 10-Zoll-Tieftöner und ihrem Mittelhochton-Horn in den Ring steigen? In wesentlichen Parametern dann doch eine ganze Menge: Vor allem in Sachen Feindynamik können nun komplexe Stücke differenzierter in Erscheinung treten. Das kompositorisch minutiös austarierte Wechselspiel zwischen Holzbläsern und Streichern in den langsamen Sinfoniesätzen Beethovens, wie dies Roger Norrington und seine London Classical Player meisterhaft vorführen, kann jetzt auch im zartesten Pianissimo nachvollzogen werden. Vor allem die extreme Farbigkeit der historischen Klarinetten und Oboen war in deutlicher Abstufung zu vernehmen. Auch an den Frequenzenden tat sich noch so einiges. Cathy Berberians experimenteller Sopran in Luciano Berios Sequenza IV schien in den hohen Stimmlagen kein Limit zu kennen, während nach ganz unten der Basstreiber der Dynamikks mühelos in Richtung Magengrube drückte. Trocken rollten die Bässe bei Yellos „Expert“ durch den Raum, aber um die Wände zum Wackeln zu bringen, wäre vermutlich doch ein absoluter Hochwirkungsgradlautsprecher notwendig gewesen. Aber mal ganz ehrlich – als Krachmacher holt man sich nicht ein so speziell konstruiertes Röhrengerät mit dieser spezifischen Aura ins Haus.

Bildergalerie
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Ein eigenes Universum

Nein, dieser Verstärker ist weder optisch noch leistungsmäßig etwas für jedermann. Und das ist auch gut so! Wer sich für dieses audiophile Kleinod entscheidet, der sucht bewusst etwas abseits des Mainstreams und der weiß auch, dass es gilt, in besonderer Weise auf die Lautsprecher Rücksicht zu nehmen und sich als Freund polarisierenden Designs zu präsentieren. Der F2A11 richtet sich vor allem an den Connaisseur, der auch in Sachen Musikauswahl nichts dem Zufall überlässt und sich hier eher kultiviert-feinsinnig denn hemdsärmelig bewegt. Genießen Sie einfach Henzes Royal Wintermusic für Gitarre mit hochmusikalischen 6 Watt und Sie wissen sofort, was der Komponist mit den eingangs zitierten Worten über Schönheit und Norm meinte. Und wenn Sie dann Feuer gefangen haben, tauchen Sie einfach tiefer in das Aachener Universum ein und probieren einfach einmal einen hauseigenen Lautsprecher von Reinhard Thöress in der Kombination mit der legendären Siemens-Röhre aus. Ein Erlebnis wird dies technisch wie musikalisch auf jeden Fall.

Thöress F2a11 Vollverstärker Röhre
„T“ für Thöress, mehr kann man an der Stirnseite des Verstärkers nicht entdecken.

Info

Vollverstärker Thöress F2A11
Konzept: Röhren-Vollverstärker im getrennten Doppel-Mono-Design – und mit getrennten Pegelstellern; manuelle Lautstärkeregelung über zwei Drehpotentiometer mit geringer Winkelempfindlichkeit
Eingänge: 3 x RCA-Buchsen, wählbar über Drehschalter auf der Rückseite
Ausgangsleistung: 2 x 6 W
Maße (B/H/T): 595/330/150 mm; Höhe 330 mm = 20 mm (Füße) + 210 mm + 100 mm (Leistungsröhre über dem Gehäuse; Breite 595 mm = 575 mm + 20 mm (Lautsprecheranschlussklemmen)
Gewicht: 18 kg
Garantiezeit: 2 Jahre
Preis: um 8200 €

Kontakt

Daluso
Op den Dijk 30
6102 EX Echt
Niederlande
Telefon +31 611 354725

www.daluso.com

www.thoeress.com

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