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Uriah Heep - Wonderworld 50 Jahre Album-Klassiker

Uriah Heep – Wonderworld

Forever Young – 50 Jahre Album-Klassiker

Uriah Heep – Wonderworld

Die exaltierten Marmorstatuen auf dem Plattencover sehen nicht gerade gesund und glücklich aus.

Mick Box, der Gitarrist, meinte später, Lee Kerslake (in der Mitte) erinnere ihn hier an einen Gartengnom. Ken Hensley, der Keyboarder, fand das Coverfoto sogar rundum scheußlich – vielleicht auch deshalb, weil es zu viel vom wahren Zustand der Band verriet. Uriah Heep waren seit drei Jahren im pausenlosen Schaffens- und Bühnenrausch. Wie so manche andere Band damals waren die Musiker ausgelaugt und urlaubsreif. Sie waren erschöpft vom Tourstress, vom Drogenkonsum und vom ständigen Streiten. Weil die Finanzen ein immer größeres Thema wurden, ging man zum zweiten Mal hintereinander für eine Plattenproduktion ins Ausland, um Steuern zu sparen. Viele britische Bands machten das damals so, alle haben es später bereut. „Das Aufnehmen im Ausland störte die Abläufe in der Band“, sagte Hensley im Rückblick. „Das hatte einen großen negativen Effekt auf die Gruppe.“ Mick Box, der Gitarrist, meinte: „Das war das dramatischste Album, an dem ich mitgearbeitet habe. It was a bloody nightmare.“

Einen ständigen Streitgrund lieferte Ken Hensleys Dominanz als Stückeschreiber – und als Tantiemenempfänger. Gerry Bron, der Produzent und Manager, stand auf Hensleys Seite, der Rest der Band fühlte sich unterdrückt. Vor allem zwischen Hensley und David Byron, dem etwas selbstverliebten Sänger und Frontmann, krachte es regelmäßig. Byron trank daraufhin noch mehr, Hensley weinte viel. Unter den Stücken, an denen Byron mitgeschrieben hat, sind „Suicidal Man“ und „So Tired“ – man glaubt darin Byrons selbstzerstörerische Verzweiflung zu spüren. Hensley dagegen flüchtete sich in Fantasien. Seine Stücke „Wonderworld“ und „Dreams“, die den Rahmen des Albums abstecken, handeln von der „Wunderwelt“ der Träume: „So viele meiner Songs wurden von diesem seltsamen Ort inspiriert.“ Im Titelsong wendet sich der Text direkt an die Traumwelt und spricht sie seltsamerweise mit „Mister Wonderworld“ an.

Gelegentlich kann man lesen, Wonderworld gehöre nicht zu den stärksten Alben der Band. Doch dann nennt jeder Kritiker zwei, drei „starke Stücke“, und wenn man diese zusammenzählt, hat man das komplette Albumprogramm. Das Songmaterial dieser Platte ist durchgängig stark, und alle Akteure waren Anfang 1974 auf der Höhe ihres Könnens. „Wir schafften es damals, dass alles großartig klang“, sagte Mick Box. „Das Album bewies, dass wir immer noch experimentieren konnten“, meinte Ken Hensley. Auch der Sound war unverfälscht Uriah Heep. Trotz Ausland und Alkohol und allem.

Uriah Heep - Wonderworld 50 Jahre Album-Klassiker

Fakten

Aufnahme: Januar bis März 1974
Veröffentlichung: April bzw. Juni 1974
Label: Bronze
Produktion: Gerry Bron

Titel

1. Wonderworld – 4:29
2. Suicidal Man – 3:38
3. The Shadows And The Wind – 4:27
4. So Tired – 3:39
5. The Easy Road – 2:43
6. Something Or Nothing – 2:56
7. I Won’t Mind – 5:59
8. We Got We – 3:39
9. Dreams – 6:10

Musiker

David Byron – Gesang
Mick Box – Gitarren
Ken Hensley – Keyboards, Gitarren, Chorgesang
Gary Thain – Bassgitarre
Lee Kerslake – Schlagzeug, Chorgesang

Gäste

José Gabriel – Synthesizer
Michael Gibbs – Arrangement und Orchesterleitung


  • Es ist das letzte Album in der „klassischen“ Uriah-Heep-Besetzung. Ein Jahr später (1975) muss Gary Thain die Band verlassen, er stirbt wenige Monate danach. „Man musste Gary einfach mögen“ (Ken Hensley). „Jeder Bassist, den ich getroffen habe, liebte seinen Stil“ (Mick Box).
  • Wonderworld entsteht in Giorgio Moroders „Musicland“-Studios in München, wo es bereits eine 24-Spur-Maschine gibt. Auch die Rolling Stones, Deep Purple, die Scorpions oder T. Rex nehmen 1974 dort ihre neuen Platten auf.
  • Heavy, hardrockig und gitarrenlastig klingt die Band in „Suicidal Man“ und „I Won’t Mind“, einem bluesigen Sechs-Minuten-Stampfer mit knackigem Wah-Wah-Solo.
  • „The Easy Road“, das kürzeste Stück des Albums, gilt als eine der besten Uriah-Heep-Balladen und einer der besten Hensley-Songs. Die große Orchesterausstattung besorgt Michael Gibbs, der bekannte Film- und Jazz-Arrangeur.
  • Mick Box, der Gitarrist, ist damals (wie heute) die Seele von Uriah Heep und darum bemüht, zwischen den Streithähnen in der Band zu vermitteln. „Ich versuchte ständig, Ken und David zu helfen. Es war auch für mich eine schwierige Zeit.“
  • Fast in jedem Stück gibt es die für Uriah Heep typischen „Lalala“-Chorstellen. Die umfangreichste (mit A-cappella-Teil) hört man im Song „The Shadow And The Wind“, der vom Feeling her an ältere Stücke wie „Sunrise“ und „Stealin’“ erinnert.
  • Als Single-Auskopplung wählte man „Something Or Nothing“, eine Art Rock’n’Roll-Song mit Shuffle-Rhythmus. Stilistisch ähnlich klingt „So Tired“ – David Byron war nämlich Rock’n’Roll-Fan.
  • Das längste Stück des Albums ist der Schlusstitel „Dreams“ (6:10) – er hat das Zeug zum Uriah-Heep-Klassiker. Hier bietet Ken Hensley seinen ganzen Klangzauber auf: schummrige Orgel, Synthesizer-Pointen, schöne Chöre, effektvolle Dynamikwechsel und einen psychedelischen Schluss. Das Riff erinnert an den Uriah-Heep-Hit „Look At Yourself“.

www.uriah-heep.com

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