Axxess Forté 3
„Jede hinreichend fortgeschrittene Technologie ist von Magie nicht zu unterscheiden.“ – Arthur C. Clarke
In aller Kürze:
Der Axxess Forté 3 ist ebenso technologisch mysteriös wie musikalisch offenbarend – ein magisches Musikkästchen.
Was der britische Sci-Fi-Autor vor gut 60 Jahren in seiner Essaysammlung Profiles of the Future postulierte, bestätigt sich für uns heute in schöner Regelmäßigkeit. Von Large Language Models à la ChatGPT über Neuralimplantate bis hin zu Quantencomputern sind wir von Technologien umgeben, die sich dem intuitiven Verständnishorizont der allermeisten Erdenbewohner glatt entziehen – vieles, was wir heute tagtäglich nutzen, ist seinem Funktionsprinzip nach für uns schlicht schwarze Magie.
In der Welt der Musikreproduktion sind die meisten technologischen Grundlagen zumindest noch halbwegs transparent: Die Funktionsweise eines dynamischen Treibers ist keine Raketenwissenschaft, und wer sich mit Geduld und einem starken Kaffee in die Materie einliest, wird mit einiger Wahrscheinlichkeit begreifen können, wie und warum ein Transistor das tut, was er tut. Wenn ein technisch geschulter Betrachter eine Komponente nicht versteht, liegt es oftmals nur daran, dass deren Schöpfer Informationen über proprietäre Detaillösungen für sich behält, eben weil sie verstanden und kopiert werden könnten.

Konventionell kann jeder
Hört man dagegen Michael Børresen beim Dozieren über seine Produkte zu, merkt man ziemlich schnell, dass er offenbar keinerlei Sorge hat, jemand könnte sie intellektuell so weit durchdringen, dass auch nur ansatzweise an Reverse Engineering zu denken wäre. Und recht hat er. Er hütet kein Arkanwissen; ganz im Gegenteil schwadroniert er frei von der Leber weg über die sogenannten Teslaspulen, Ditherschaltungen und sonstigen Zaubermittelchen, die den Komponenten den unverkennbaren Sound der Audio Group Denmark verleihen. Und je mehr er erklärt, desto weniger scheint man zu verstehen. Dabei ist es auch nicht hilfreich, dass an den Schaltungen der Dänen fast nichts konventionell ist – Børresen lässt es sich nicht nehmen, an allen Ecken und Enden das Rad neu zu erfinden oder wenigstens selten beschrittene Wege zu gehen. Wo etwa die meisten Konkurrenten im High End auf Linearnetzteile mit dicken Ringkerntrafos vertrauen, zählt Børresen zu den relativ wenigen Verfechtern von Schaltnetzteilen. Warum? Weil das menschliche Gehör Frequenzen bis etwa 20 Kilohertz erfassen kann, Netzstrom aber nur auf 50 Hertz getaktet ist. Klingt erstmal einleuchtend, doch fast im gleichen Moment meldet sich der technische Skeptiker in mir zu Wort und fragt sich, was für Musik – und bei welchem Pegel – man hören müsste, damit die Hochtonanteile im Signal die Kondensatorbänke des Netzteils auch nur im Geringsten fordern würden.
Habe ich ihn an der Stelle nun entlarvt oder meldet sich hier vielleicht doch nur der gute alte Dunning-Kruger-Effekt? Dass ich es nicht oder nur teilweise kapiere, muss ja nicht heißen, dass es nicht stimmt. Fakt ist, dass das Netzteil eins der klangentscheidendsten Bauteile in einem Verstärker ist. Fakt ist auch, dass bislang alle Amps der dänischen Tüftler in unserem Hörraum mit einer unvergleichlich leichtfüßigen Transparenz begeisterten, an der das Netzteildesign sicherlich erheblichen Anteil hat. Und wenn das Ergebnis stimmt, ist es mir letztlich einerlei, ob wir von Voodoo oder von Zauberei im Clarkeschen Sinne reden – Klang gut, Laune gut. Gerade mit den Teslaspulen, die technologisch nicht wirklich etwas mit Nicola Teslas Erfindungen zu tun haben – der Name ist lediglich eine Hommage an seinen Innovationsgeist –, verhält es sich ganz ähnlich. Durch eine Art induktiven Rückkopplungseffekt sollen sie den Rauschgrund senken und dadurch mehr musikalische Detailinformation hörbar machen. Ich kann nicht wirklich behaupten, dass ich das Prinzip vollends verstehe, aber jedes Mal, wenn ich einen Verstärker der Dänen höre, denke ich mir: „Gebt mir mehr von diesen mysteriösen schwarzen Drahtspirälchen!“

Dänische Hierarchie
Das Stichwort Teslaspulen ist denn auch der Dreh- und Angelpunkt der Modellpolitik innerhalb der „Axxess“ getauften Einsteigermarke der Audio Group Denmark, die elektronikseitig bislang nur aus den drei Streaming-Vollverstärkern der Forté-Reihe besteht. Die schlicht mit 1, 2 und 3 durchnummerierten Modelle kosten zwischen 5000 und 10 000 Euro und unterscheiden sich visuell praktisch gar nicht voneinander – die Modellbezeichnung auf dem Rückenpanel ist buchstäblich das einzige visuelle Unterscheidungsmerkmal. Nicht einmal das Anschlussfeld gibt einen Hinweis: Rein geht’s bei allen drei Modellen vorwiegend digital per Toslink, BNC oder USB, analog gibt’s einen unsymmetrischen Line-in, dem ein zweites Paar RCA-Buchsen für den Pre-out Gesellschaft leistet. Selbst die Hardware ist im Kern die gleiche: Preisklassenunabhängig bekommt der Forté-Käufer das gleiche Streaming- und DAC-Modul, das von den großen Aavik-Modellen abgeleitet ist und auf einer rasend schnellen 1-Bit-Wandlertopologie beruht.
Ebenfalls allen dreien gemein ist das „Resonant Mode“-Netzteil, das wie beschrieben auf eine besonders hohe Betriebsfrequenz ausgelegt ist und eine Ausgangsstufe speist, die 100 Watt an 8 Ohm liefert. Was bekommt man also für 2500 bzw. 5000 Euro Aufpreis? Richtig: mehr von diesen mysteriösen schwarzen Drahtspirälchen. Dabei sind die Dänen so überzeugt von der rauschreduzierenden und auflösungsverbessernden Wirkung dieser Bauteilchen, dass sie die Gleichheit der Forté-Hierarchiestufen in allen anderen Belangen ganz offen und ohne jede Verlegenheit auf ihrer Website kommunizieren. Die üblichen technischen Daten wie etwa Leistungsabgabe sind gar nicht erst für alle Modelle einzeln aufgeführt, sie sind lediglich eine solide gemeinsame Grundlage, deren volles Klangpotenzial sich erst mithilfe der hauseigenen „Secret Sauce“ voll entfalten kann – und die Hierarchisierung erfolgt dementsprechend einzig und allein danach, wie viel davon enthalten ist. Mit 108 „normalen“ und 216 „quadratischen“ Teslaspulen sowie neun Ditheringschaltungen besitzt der hier zum Test stehende Forté 3 von allem exakt dreimal so viel wie das Basismodell und bietet als Zuckerl obendrauf noch vier zirkonbasierte Spulen sowie eine massive Bodenplatte aus Kupfer.
Klanglich keine Fragen offen
Wie viel Klangsteigerung darf ich mir nun davon erwarten? Ich weiß es nicht, und leider habe ich auch keinen kleineren Forté zum Direktvergleich – also messe ich seine klanglichen Meriten stattdessen an der bekannten Größe meines eigenen Equipments, konkret an meinem Abrahamsen v2.0. Der hat jetzt zwar schon einige Jährchen auf dem Buckel und spielt auch preislich nicht ganz in derselben Liga – ich erwarte also, dass der Däne ihn auf Abstand hält. Wie weit und vor allem auf welche Art er ihn abhängt, habe ich allerdings nicht kommen sehen! Während ich mich darauf gefasst gemacht hatte, Transparenz und Feinauflösung aufzudröseln, tat sich mir der markanteste Unterschied sofort im Timbre auf: Der Abrahamsen, der seine Verwandtschaft zu Electrocompaniet weder optisch noch klanglich verhehlen kann, neigt durchaus ein Stück weit zum Sonoren, doch erst der Direktvergleich mit dem Axxess zeigt wirklich auf, wie viel Eigenfärbung der Norweger ins Klangbild einbringt.
Bereits das einleitende Cembalo auf Focus’ „Birth“ von ihrem Album Hamburger Concerto klingt auf Anhieb tonal richtiger – der Abrahamsen gibt sich hier an sich gar keine Blöße, aber an diese absolut selbstverständliche Klangfarbendarstellung des spitzen Anschlags und metallischen Ausklingens über den Axxess kommt er schlicht nicht heran. Überhaupt ist dieses Stück eine Aufnahme mit zwei Gesichtern – auf das Cembalo mit seinem schnarrenden Obertonspektrum folgen bald die schweren Gitarrenriffs mit Schlagzeugbegleitung, die genretypisch eher dumpf und grollig daherkommen. Der Forté 3 schenkt den beiden gegensätzlichen Elementen jeweils für sich seine volle Aufmerksamkeit, trennt sie präzise voneinander und vermittelt zugleich so geschickt zwischen ihnen, dass sie dennoch harmonisch zusammenspielen. Natürlich scheint hier letztlich das kompositorische und technische Geschick der niederländischen Progrocker durch, aber dieses Können in der Verschmelzung der Gegensätze mit solcher Klarheit in den Hörraum zu werfen ist für einen Verstärker eine alles andere als triviale Aufgabe.
Wo wir bei Timbre und altmodischen Instrumenten sind, bewege ich mich noch weiter in der Zeit zurück und lande bei Walther von der Vogelweide. Das Ensemble Estampie eröffnet das Album Under The Greenwood Tree mit einer rein instrumentalen Fassung seines „Palästinaliedes“. Flöte und Trommel werfen hier ihre holzigen Klangfarben in einen ebenfalls holzig klingenden Aufnahmeraum – das kann selbst über ordentliches Equipment durchaus mal etwas monochromatisch klingen. Der Axxess schafft auch hier absolute Klarheit bezüglich der Farbnuancen, der Eintrag des Raumes färbt die Instrumente ein, wie es die Aufnahme vorgibt, droht jedoch zu keiner Zeit, sie zu übertünchen; ihre natürlichen Stimmen bleiben jederzeit klar nachvollziehbar.
Zu guter Letzt kehre ich nochmal in die Moderne zurück und fühle anhand von „Automatic Sun“ von The Warning (Keep Me Fed) den dynamischen Qualitäten auf den Zahn. Die Leistungsangabe von 100 Watt pro Kanal bezieht sich auf acht Ohm, wobei die Dänen ihrer „UMAC“ genannten Verstärkertopologie besonders gute Laststabilität nachsagen. Meine Gamut Phi 5 wirken mit ihren 88 Dezibel auf dem Papier recht harmlos, liegen aber von 200 Hertz abwärts durchgehend unter 3 Ohm. Dem dänischen Kraftklotz bereitet das keinerlei Mühe. Wie jede Komponente der Audio Group Denmark trägt er im Bass nicht massiv auf – es sei denn, das Stück fordert es, so wie dieses hier. Und der Forté 3 folgt der Aufforderung mit Gusto: Hier dünnt sich rein gar nichts aus – die fette Bassline rollt machtvoll durch den Raum und lässt bei entsprechender Reglerstellung die Fenster wackeln.
Welchen Anteil genau die Klangspülchen, Ditheringschaltungen oder auch Netzteildesign und Verstärkertopologie an dem Ergebnis haben, kann ich nicht sagen – angesichts dieser Performance werden solche Fragen aber ohnehin nebensächlich. Viele der technologischen Ansätze hinter dem Axxess Forté 3 wirken auf mich wie schwarze Magie – mich kümmert’s nicht. Ich lehne mich einfach zurück und erliege dem Zauber der Musik.
Info
Netzwerkreceiver Axxess Forté 3
Konzept: Streaming-Receiver mit Class-A-Kopfhörerverstärker und Tesla-Technologie
Eingänge analog: 1 x Cinch
Eingänge digital: 1 x USB-B (PC Smart Devices), 1 x Toslink, 1 x BNC (S/PDIF), 2 x USB-A (Dongles)
Ausgänge analog: 1 x Pre-Out, Single-Wire-LS-Abgriff, 6,3-mm-Kopfhörerausgang
Verstärker: 2 UMAC-Endstufen (Class D)
Ausgangsleistung (8 Ω): 2 x 100 W
Besonderheiten: 328 Teslaspulen (108 regulär, 216 quadratisch, 4 Zirkonium-Teslaspulen), 9 Ditherschaltungen, Sandwichgehäuse
Zubehör: Stromkabel, Fernbedienung
Ausführung: Schwarz
Maße (B/H/T): 37/11/42 cm
Gewicht: 9,0 kg
Garantiezeit: 2 Jahre
Preis: um 10 000 €
Kontakt
Audio Group Denmark
Rebslagervej 4
9000 Aalborg
Dänemark
info@audiogroupdenmark.com
Mitspieler
CD-Player: Audio Note CD 3.1x, Arcam CD72T
Netzwerkplayer: Lumin P1
Vorverstärker: T+A PSD 3100 HV, Riviera APL-1
Endverstärker: Riviera AFS-32, Soulnote M-3X
DAC/Kopfhörerverstärker: AudioQuest DragonFly Cobalt
Vollverstärker: Cambridge Audio Azur 840A, Abrahamsen v2.0, Roksan Caspian 4G Streaming Amplifier
Lautsprecher: GamuT Phi 5, Axxess L3, Peak Sinfonia
Kabel: Straight Wire, Cardas, AudioQuest, Sommer Cable
Rack: Lovan Audio, Creaktiv, Finite Elemente, Solidsteel













