The Rocky Horror Picture Show – Original Soundtrack
Musicals (eigentlich: „musical comedies“) haben den Broadway einst groß gemacht.
Doch in den späten 1960er Jahren, in der Blütezeit der psychedelischen Rockmusik und der Hippiekultur, wirkten Musicals hoffnungslos veraltet. Die Rettung hieß: Rock-Musical! Den Anfang machte Hair (1967), dann folgten Jesus Christ Superstar (1971) und Grease (1971). Und 1973 dann: The Rocky Horror Picture Show.
Die Idee zur Rocky-Show hatte der englische Schauspieler Richard O’Brien. Weil er gerade arbeitslos war, nutzte er seine Zeit und versuchte sich am Verfassen eines Bühnenstücks. Er schrieb komplett alles – die Story, die Dialoge, die Songs (Musik und Text). Das Stück sollte eine Hommage sein an die alten Science-Fiction- und Horrorfilme, diese trashigen „B-Movies“, die O’Brien seit seiner Kindheit liebte. Also spielt das Stück in einem Vampirschloss, es gibt eine Art Frankenstein (Dr. Frank N. Furter) und ein von ihm geschaffenes Monster (Rocky), auch eine Art buckligen Quasimodo (Riff-Raff) – und am Ende entpuppen sich die Vampire als Außerirdische vom Planeten Transsexual in der Galaxis Transylvania. Alles das: möglichst „trashy“, schrill und absurd.
1973 war in London der rock’n’rollige Glamrock angesagt. Bands wie T. Rex, Slade und Sweet räumten gerade ab. Auf der Rockbühne trugen Rockmusiker bunte Kostüme, Glamour und Glitter, färbten sich die Haare, schminkten sich Augen und Lippen. Stars wie Freddie Mercury und David Bowie spielten mit ihrer sexuellen Identität. O’Brien, der sich selbst als „transgender“ beschreibt, erlebte den Glamrock als befreiend und adaptierte diesen Sound für seine Show. Tim Curry in der Rolle des außerirdischen Transvestiten Doktor „Frank-n-Furter“ wurde nach der Bühnenpremiere für seine „grell Bowie-eske Performance“ gelobt. Das Thema der „fluiden“ Sexualität (was wir heute „nicht-binär“ nennen) bekam in der Show mehr Gewicht, als O’Brien je geplant hatte.
Die Londoner Theaterinszenierung erlebte bis 1980 fast 3000 Vorstellungen. Das Stück wurde in mehr als 20 Sprachen übersetzt. Es entstand auch eine Schallplatte des Original Cast, dann die Verfilmung (1975) und gleichzeitig die Soundtrack-LP – mit immerhin 16 Songs. Natürlich spielte und sang Tim Curry auch im Film die Hauptrolle. Richard O’Brien, der Verfasser, übernahm den Riff-Raff. Es dauerte eine Weile, bis der Film Kult wurde. In einem Münchner Kino läuft er seit 1977 jede Woche. Das Soundtrack-Album ist ohnehin ein Dauerbrenner.
Aufnahme: 1974
Veröffentlichung: 1975
Label: Ode
Produktion: Richard Hartley
Titel
A
- Science Fiction/Double Feature 4:30
- Dammit Janet 2:51
- Over At The Frankenstein Place 2:37
- The Time Warp 3:15
- Sweet Transvestite 3:21
- I Can Make You A Man 2:07
- Hot Patootie – Bless My Soul 3:00
- I Can Make You A Man: Reprise 1:44
B
- Touch-A, Touch-A, Touch-Me 2:27
- Eddie 2:44
- Rose Tint My World
- Floor Show 2:46
- Fanfare/Don’t Dream It 3:34
- Wild And Untamed Thing 1:53
- I’m Going Home 2:48
- Super Heroes 2:45
- Science Fiction/Double Feature: Reprise 1:26
Vokalisten
Tim Curry – Gesang („Frank-n-Furter“)
Susan Sarandon – Gesang („Janet“)
Barry Bostwick – Gesang („Brad“)
Richard O’Brien – Gesang („Riff-Raff“)
Meat Loaf – Gesang („Eddie“)
u.a.
Musiker
Count Ian Blair, Mick Grabham – Gitarren
John Bundrick – Keyboards
Phil Kenzie – Saxofon
Dave Wintour – Bass
B. J. Wilson – Schlagzeug
+ Streichorchester, Arrangeur: Richard Hartley
- Der „Theme Song“ heißt „Science Fiction/Double Feature“. Sein Text ist eine Hommage an all die Filme, Schauspieler und Figuren, von denen die Rocky Horror Picture Show inspiriert ist – darunter Flash Gordon, King Kong, Doctor X und Tarantula!
- Gesungen wird „Science Fiction/Double Feature“ von Richard O’Brien selbst, dem Schöpfer der Rocky Horror Picture Show. Im Film sieht man aber nur die Lippen einer Frau (Patricia Quinn) – sie bewegen sich synchron zu O’Briens Gesang.
- Im Song „Dammit Janet“ steckt ein ziemlich katastrophaler Heiratsantrag. Der Ausdruck „Dammit Janet“ findet rasch Eingang in die englische Umgangssprache.
- Die Band besteht aus Musikern der Londoner Rockszene. Sie waren zuvor u. a. bei Procol Harum, Free, Rick Wakeman, den Beatles zu hören. (Die Procol-Harum-Musiker Grabham und Wilson dürfen aus rechtlichen Gründen auf dem Originalcover nicht genannt werden.)
- Die Songs verwenden viele Stilmittel des Rock’n’Roll, etwa auch den Saxofon-Growl und den hohen Frauengesang à la Wanda Jackson. Der Rock’n’Roll ist eine wichtige stilistische Basis des Glamrock.
- In der Bildsprache des Films stecken Anspielungen auf frühere Horror- und Vampirfilme, aber auch auf bekannte Gemälde (Man Ray, Grant Wood u. a.).
- „The Time Warp“ parodiert die „Tanzsongs“, mit denen neue Modetänze eingeführt werden (z. B. „Charleston“, „The Twist“, „The Hucklebuck“). Der Begriff „time warp“ (Zeitsprung) ist aus Science-Fiction-Filmen geläufig, etwa der Serie Star Trek.
- Die Glamrock-Hymne des Films ist „Sweet Transvestite“, der Auftrittssong von Dr. Frank-n-Furter. Auch in „The Time Warp“ und „Rose Tint My World“ gibt es den typischen Gitarrensound des Glamrock zu hören.
- Susan Sarandon wird bei den Aufnahmen 28 Jahre alt. Sie steht am Beginn einer langen und erfolgreichen Filmkarriere (Thelma and Louise, Dead Man Walking).
- Meat Loaf ist 27 und zu dieser Zeit nur als Musicalsänger bekannt. Sein Erfolgsalbum Bat Out Of Hell erscheint zwei Jahre später.
- TV Spielfilm schreibt: „Bei jeder Rocky Horror-Vorstellung ging im Kino die Post ab. Geschminkt wie Frank N. Furter, Riff Raff oder Eddie, grölte man die Songs mit und warf bei der Hochzeitsszene Reis in den Saal.“
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