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Zu Gast bei MFE

Zu Gast bei … MFE Electronic, Erkelenz-Gerderath

Besser spät als nie

MFE Electronic, Erkelenz-Gerderath – Besser spät als nie

Ende April stellte MFE Electronic seine neuen Superlativ-Endstufen Jericho vor – mit etwas Verspätung, dafür aber im trauten Kreis handverlesener Gäste.

Zu Gast bei MFE
Michael Franken (l.) und Willy Reisen (r.) erläuterten gemeinsam die Technik ihrer Jerichos.

Anfang April meldete sich Michael Franken bei mir. Wir kannten uns aus verschiedenen Telefonaten … und es sei doch schön, sich endlich mal persönlich zu treffen. Sein Anruf sollte natürlich keine bloße Einladung zu Kaffee und Kuchen sein, sondern die zu einer feierlichen und ziemlich exklusiven „Produktvorstellung“. Als Ort des Geschehens hatten sich Franken und sein Geschäftspartner Willy Reisen auf „Die Lü“ geeinigt, eine historische Mühle in Lüttelsforst. Falls Sie das ebenso ratlos zurücklässt wie mich, hier ein kleiner Tipp: Suchen Sie auf der Landkarte nach Mönchengladbach und wandern Sie ein Stück nach Westen zur niederländischen Grenze.

Sollten Sie sich nun fragen, weshalb ich besagte Produktvorstellung in Anführungsstriche gesetzt habe: Es drehte sich an jenem Samstagnachmittag um das Ensemble aus den titanischen Jericho-Endstufen und dem eigens dafür geschmiedeten Vorverstärker Verismo*, den ich bewusst mit einem kleinen Sternchen markiere. Beide Produkte wurden schon vor rund sechs Jahren angekündigt, die vollendeten Endstufen bereits 2017 mit dem Red Dot Design Award prämiert. So richtig offiziell wurde die Sache allerdings nie. Zunächst, weil die Premiere der Vorstufe sich durch andauernden Feinschliff immer weiter verzögerte. Dann, weil ein kleines Virus die Welt auf den Kopf stellte. Dieser Makel sollte nun mit einer „ordentlichen“ Markteinführung behoben werden. Und die gelang ebenso sympathisch, wie es die beiden Gastgeber sind: Willy Reisen nutzte die Veranstaltung im Kreise weniger Vertrauter, um von der formellen Jericho-Präsentation gleitend in seinen Geburtstag zu feiern. Die Gäste wechselten daher Stund’ um Stund’ merklicher vom audiophilen Fachpublikum ins familiäre Umfeld. Mal was anderes.

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Wir bekamen auch verschiedene „Sidekicks“ zu sehen, etwa Uhren und Lampen im Stil der Mono-Kraftprotze.

Wie Sie vielleicht wissen, steht Michael Frankens Marke MFE Electronic für exzellent gemachte HiFi-Elektronik mit bodenständiger Bepreisung. Alles mit Röhre, versteht sich. Vor einigen Jahren trat der Geschäftsmann und unverbesserliche HiFi-Enthusiast Willy Reisen an den begabten Entwickler heran und überredete ihn zu einem Projekt, das die Grenzen der Röhrentechnik ausloten sollte. Ein Extrem-Projekt, das auf dem schmalen Grat zwischen kalkulierter HiFi-Technik, liebevollem Manufakturhandwerk und Kunst balancieren sollte und dessen Entwicklung die beiden rund zehn Jahre in Beschlag nahm. Da Franken seine Maschinen bis dahin eher gemäß „form follows function“ gestaltet hatte, bot Willy Reisen seine Hilfe beim Design und bei der Ausarbeitung zahlloser weiterer Details an. Dazu sollte man wissen, dass Herr Reisen gewissermaßen vom Fach ist: Über 40 Jahre erstellte er mit seiner Firma innoLED Beleuchtungskonzepte für kleine bis ganz große Gelegenheiten. Wenn Sie beispielsweise das Hochhaus des Kölner Mediaparks bei Nacht erleben konnten, haben Sie sich von ihm spektakulär den Weg leuchten lassen.

Diese Profession kann man in Details der Jericho-Familie wiederfinden. An den stirnseitig angebrachten Status-Leuchten etwa, die dem „Magischen Auge“ alter Radioempfänger nachempfunden sind und deren Helligkeit und Farbintensität die Spannung und die Temperatur der Endstufenröhren illustriert. Oder an den Carbonrippen, die große Teile der riesigen Kolben abdecken. Damit keine Missverständnisse aufkommen: Die flachen Scheiben dienen nur indirekt der Kühlung. Sie sorgen vor allem für Schutz vor Verbrennungen und eine gesunde Luftzirkulation um die Röhren herum. Die eigentlichen Wärmetauscher verstecken sich darunter und bilden zugleich den Tragrahmen der Carbonscheiben. Direkt aus seinen Hochleistungs-LEDs übertrug Reisen ein aktives Lüftungskonzept mit rot eloxierten Röhrchen, die beständig Luft um die Kolben transportieren.

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Interessant auch die blau-rote Mechanik unten links: Die sitzt im Boden der Endstufen und arretiert die Röhren – sicher ist sicher bei solchen Spannungswerten.

Dieser Aufwand sei zwingend erforderlich, wie ich lerne. Die vielleicht größte Besonderheit der Jerichos liegt nämlich darin, dass Franken den hinlänglich bekannten „domestizierten“ Röhrentypen abschwor und sich für außergewöhnlichen Headroom, maximale Lautsprecherkontrolle und schiere Power mit Profi-Kolben befasste. In jeder der Endstufen stecken zwei Hochleistungsröhren mit gemeinsam 1000 Watt Ausgangsleistung bei vertretbaren Klirrwerten. Sie fragen sich, warum nicht jeder zweite Verstärker mit solchen Modellen arbeitet? Weil jeder der Kolben mehr kostet als ein durchschnittlicher Vollverstärker. Die aktive Kühlung, der aufwendige Berührungsschutz um die Leistungsträger und die interne Regelelektronik dienen also nicht nur dem Schutz des Betreibers, sondern vor allem dem Schutz von dessen Geldbörse, indem sie die Lebensdauer der Kolben maximieren. Trotzdem ist Jericho ein Projekt für solvente Kunden: Sowohl der Kaufpreis im sechsstelligen Bereich als auch die Betriebskosten (Leistungsaufnahme zwischen 400 und 1500 Watt) sind für Erwachsene.

Zu den putzigen Details der „neuen“ Elektronik gehört übrigens auch, dass Willy Reisen die markante Optik der Endstufen auf periphere Produktdesigns übertrug: Auf einem Tisch abseits der Vorführkette konnte ich Deckenlampen, eine Uhr mit Nixie-Röhren sowie eine Selektion unscheinbarer Bauteile entdecken. Unter anderem eine kleine weiße Kupplung, die sich nach Keramik anfühlte. Das erstaunlich kostbare, weil extrem hitzebeständige Bauteil entsteht im 3D-Drucker und verbindet die Röhren mit ihrer aktiven Kühlung. Filigrane Fugen an den Rändern sorgen für einen optimalen Luftstrom.

Nachdem alle Details geklärt waren, begann die Vorführung der Kraftwerke mit erlesenen Live-, Klassik-, Elektro- und Jazzbeispielen. Um den kürzestmöglichen Weg zu nehmen: Beinahe zwei Stunden lauschten wir wie gebannt der Kraft, sonoren Klangfülle und Plastizität der umwerfenden Endstufen, ohne dass jemand den Raum verließ. Mehr muss man nicht sagen, oder?

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*Fun Fact am Rande: Die Verismo konnte zum Bedauern der beiden Gastgeber abermals nicht vorgeführt werden. Diesmal aber nicht, weil sie noch unfertig war, sondern weil ein herrlich triviales Bauteil nicht rechtzeitig eintraf. MFEs Tube One SE war so freundlich, in die Bresche zu springen.

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