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Double Exposure Ten Percent - Maxi-Single

40 Jahre Maxi-Single – Lang und laut

Die Maxi-Single ist keineswegs eine Errungenschaft der 80er Jahre, ihre Ursprünge reichen in die amerikanische Disco-Ära zurück.

Lang und laut – 40 Jahre Maxi-Single

Die Maxi-Single ist keineswegs eine Errungenschaft der 80er Jahre, ihre Ursprünge reichen in die amerikanische Disco-Ära zurück.

Vor nun etwas mehr als 40 Jahren erschien 1976 der Discosoul-Hit „Ten Percent“ von Double Exposure in einem knapp zehnminütigen Mix des Produzenten Walter Gibbons auf 12-Inch-Vinyl und war damit die erste kommerziell erhältliche Maxi-Single. Verantwortlich für das neue Format zeichnet aber bereits zwei Jahre zuvor Tim Moulton, der wie Gibbons als Soundtüftler tanzbare Mixes erfolgreicher Hits für die New Yorker DJ-Szene produzierte. 1974 waren bei Al Downings „I’ll Be Holding You“ die 7-Inch-Acetate ausgegangen, sodass man kurzerhand improvisierte und die gerade verfügbaren 10-Inch-Rohlinge nahm.

Konsequenterweise dehnte man auch die Rillen über die gesamte Länge aus, was einen enormen Dynamikzuwachs zur Folge hatte, der die DJs zunächst verwirrte, mussten doch beim Auflegen der neuen Größe die Regler angepasst werden. Moulton beschloss, den Weg auf das ganz große Format zu gehen und die Single im 12-Inch-Format herzustellen. Kritisch beäugt wurde in den beiden Folgejahren die neue Entwicklung von den Radio-DJs, die bislang für das Promoten eines Hits zuständig waren, sich aber nun damit konfrontiert sahen, dass immer mehr Hörer nach den aus den Clubs bekannten Songs in ihren langen Mix-Versionen verlangten. Dies war dann 1976 der Punkt, an dem die 12-Inch-Single nach zweijähriger Schattenexistenz von einem reinen DJ-Medium zu einem kommerziell erhältlichen Medium wurde. Ab Ende der 70er Jahre vermarktete man das neue Format auch als „Super Sound Single“ oder „Maxi-Single“.

Der Begriff der Maxi-Single verweist auf das Prinzip der Hit-Single, die der Maxi zugrundeliegt. Dies hatte zur Folge, dass mehr oder minder austauschbare Beats vorproduziert und den jeweiligen Smash-Hits unterlegt wurden, um diese zu verlängern. Eine wirkliche Arbeit mit dem eigentlichen Songmaterial fand zunehmend nicht mehr statt. Hier erkennt man ein grundlegendes Missverständnis in Bezug auf das neue Vinylmedium, das letztlich auch für die zweifelhafte musikalische Qualität so vieler Produktionen verantwortlich ist. Zwischen 1980 und 1990 bestand quasi der Zwang, parallel zur normalen Single auch eine Maxi-Single zu produzieren, die Mixes wurden zu einem schablonenhaften Massenprodukt, der subversive Charme der 70er-Clubs war dahin.

Mit dem Aufkommen der CD starb dann auch langsam die kommerzielle Maxi-Single aus und die 12-Inch-Single kehrte in den DJ-Bereich zurück, aus dem sie ursprünglich kam. Ab 1990 wurde das Format wieder zum primären Arbeitsmaterial in der Clubkultur und es entwickelte sich unter den vereinfachten Bedingungen digitaler Produktion eine reichhaltige Remix-Szene, die über den direkten Zugriff auf das Mastermaterial neue Fassungen einzelner Tracks erstellte. Je nach Anzahl der veränderten Tonspuren kann das Original musikalisch im Vordergrund bleiben oder aber zugunsten der veränderten (oder auch hinzugefügten) Tonspuren quasi verschwinden. Die nun immer mehr gegenüber dem Original an Selbstständigkeit gewinnenden Remixes führten letztlich zu einer Austauschbarkeit von Interpret bzw. Komponist und Remixer. Auch wenn in den Berghains dieser Welt zunehmend der USB-Stick Einzug hält, kann dies nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich in den großstädtischen Läden für elektronische Musik nach wie vor das 12-Inch-Vinyl türmt. Die Maxi-Single lebt, auch wenn sie schon lange nicht mehr so heißt.

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