Audio Video Show 2025, Warschau
Grau, kalt, nass – nachdem es das Wetter in Warschau die letzten Jahre stets gut mit uns gemeint hatte, klopfte diesmal unmissverständlich der November an die Tür. Uns war’s egal: Größer als je zuvor, bot die AVS mehr Klangerlebnisse in röhrengewärmten Räumen, als man in drei Tagen abgrasen kann.
Eigentlich war die Audio Video Show seit Jahren bis zum Anschlag ausgebucht, es gab mehr willige Aussteller als Platz. Dieses Jahr konnte sich Veranstalter Adam Mokrzycki allerdings eine weitere Etage im Fußballstadion PGE Narodowy sichern und hatte offensichtlich auch keinerlei Schwierigkeiten, die 14 zusätzlichen Räume zu füllen. Mit insgesamt 188 Räumen und etwa 230 Ausstellern hat sich die Warschauer Messe damit endgültig im Reigen der weltweit größten HiFi-Shows eingereiht – und nicht nur die Aussteller pilgerten am Wochendende vom 24. bis zum 26. Oktober in Scharen in die polnische Hauptstadt: Vor allem am Freitag und Samstag waren nahezu alle Räume mit Hörlustigen dicht gepackt.

Wem’s im Radisson Blu Sobieski zu stickig wurde, konnte sich schnell durchs kalte Nass ins schräg gegenüber liegende Golden Tulip ducken und dort in den relativ wenigen, geräumigen Fluren und Räumen entspannter hören – oder sich mit dem halbstündig fahrenden Shuttleservice zum Stadion chauffieren lassen, in dem man dank des zusätzlichen Stockwerks mehr Zeit verbringen kann als je zuvor.
Geglättete Präsentation


Wie immer erfreute uns die Show mit einem erstaunlich frischen Publikum, dessen Altersdurchschnitt gefühlt 10-15 Jahre niedriger liegt als bei den üblichen Verdächtigen – der Frauen-, Familien- und Teenageranteil verblüfft uns immer wieder, ebenso die sympathisch-unverdorbene Attitüde der Hörer: Unsereiner, d.h. die Fraktion der streng und konzentriert hörenden Audiophilen, teilte sich die Räume in etwa zur Hälfte mit „normalen“ Menschen, die einfach mal über ein Hammersystem Musik hören wollten.


Der Durchschnitt der Präsentationen hat dabei gefühlt an Professionalität gewonnen: Es schien etwas weniger „krautige“ Mikroentwickler zu geben, die durchaus nicht immer gut klangen, aber mit ihren teils hochoriginellen Konzepten zuverlässig für Staunen und interessierte Fragen sorgten, dafür gab es mehr gesetzte Hersteller mit geschliffenen Vorstellungen.


Genug Exotisches gab es dennoch allemal zu bewundern – von ungewöhnlichen Koax-Konzepten über spannende Vintage-Systeme bis hin zum Raum von DIYaudio.pl, der mit seinen „nackten“ Frequenzweichen und Elektronikschaltungen ebenso wie mit der leicht rebellischen Haltung der Aussteller jedes Jahr aufs Neue zu meinen persönlichen Highlights zählt.


Musikalische Mainstreamifizierung
Im Kontext dieser Professionalisierung kann ich allerdings einen kleinen Wermutstropfen leider nicht verhehlen: Die eine Sache, die nicht nur mir ein klein wenig abging, war etwas mehr von dem Mut bei der Musikauswahl, den wir die vergangenen Jahre erlebt hatten. Wie auf anderen Messen waren dieses Jahr zu einem beträchtlichen Teil die üblichen sechs bis zehn Messestandards zu hören. Mehr als einmal bin ich an einem halbleeren Kind of Blue-Raum nach dem anderen vorbeigegangen, während eine begeisterte Menschentraube in den einen Raum stob, aus dem satte Riffs und fette Beats von Nirvana, The Prodigy oder auch Korn in die Gänge bliesen.

Das Argument der Vergleichbarkeit macht aus audiophiler Sicht absolut Sinn, und natürlich muss man an sorgsam kuratierten, exzellenten Aufnahmen auch mal zeigen, wozu das mächtige Setup tatsächlich imstande ist. Man muss auf der anderen Seite jedoch auch das Publikum im Auge behalten: Auf diese Messe gehen eben nicht nur eingefleischte Goldohren, sondern ebenso Normalverbraucher, die den Begriff HiFi-Show vor allem eben als Show begreifen und schlicht unterhalten werden wollen – auf dem Thema High-End bleibt man dann als „organischer Nebeneffekt“ ganz nebenbei hängen, selbst wenn das Musikmaterial mal nicht den höchsten Aufnahmestandards entspricht. Seid also mutig, liebe Aussteller, und spielt ruhig mehr Rotziges!

Doch genug des Moserns und Maulens – die Warschauer Messe ist nach wie vor ein absoluter Liebling nicht nur unserer Redaktion, sondern schlicht aller, mit denen wir uns unterhielten. Vor allem aber ist die Audio Video Show nach wie vor ein Event für jedermann – der anspruchsvolle Audiophile kommt ohnehin auf seine Kosten, während „Normalos“ kommen, um sich die neuesten Brüllwürfel und Ohrstöpsel reinzuziehen, und bleiben, um sich von einem sechs- bis siebenstellig kostenden Setup das audiophile Bewusstsein erweitern zu lassen.
Besonders sympathisch ist dabei das demokratische Mit-, Neben- und Durcheinander des ganzen Spektrums von Mid-Fi bis hin zum Ultra-High-End. „Anlagen von 100 Złoty bis 2 Millionen Złoty“ (~25€ bis 500.000€) verkündet stolz die Veranstaltungswebsite – hier begegnen sich alle unvoreingenommen auf Augenhöhe – und nicht zuletzt deswegen freuen wir uns wie alle anderen schon riesig auf 2026.










































































