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Larkin Poe FIDELITY Interview

Larkin Poe im FIDELITY-Interview

Sister Act

Larkin Poe im FIDELITY-Interview

Das muss wahre Geschwisterliebe sein: Rebecca und Megan Lovell touren seit Jahren als Schwestern-Duo Larkin Poe über die Bühnen der Welt. 2024 erhielten die Musikerinnen aus der amerikanischen Südstaaten-Metropole Atlanta den Grammy für das beste zeitgenössische Blues-Album. Ihre Musik ist aber noch viel mehr. Mit Folk, Soul und einer guten Portion Country begeistern die beiden auch Legenden wie Ringo Starr und Billy Gibbons. Mit FIDELITY sprachen die Schwestern über ihr neues Album Bloom, über den stilprägenden Sound der Lap-Steel-Gitarre – und wie wohl ein Song Ihres Ur-Ur-Ur-Ahns, des Schriftstellers Edgar Allan Poe, geklungen hätte.

Larkin Poe FIDELITY Interview

Rebecca, Megan, für alle, die euch nicht kennen: Man nennt euch auch „die kleinen Schwestern der Allman Brothers“, der legendären Southern-Rock-Brüder. Ist das für euch, mit Mitte 30, noch ein Kompliment?

Rebecca: Auf jeden Fall! In vielerlei Hinsicht repräsentieren die Allman Brothers das Beste, was Gitarrenmusik je hervorgebracht hat.

Megan: Es gibt kaum Bands, bei denen man die Slidegitarren so deutlich heraushört wie bei den Allman Brothers. Mit dem Vergleich können wir sehr gut leben.

Auch eure Musik ist vom Slidegitarren-Sound geprägt, schon zu Schulzeiten habt ihr damit experimentiert. Wie kommt man in Teenagerjahren dazu, sich für den Bottleneck-Sound zu begeistern?

Megan: Als Teenie war ich auf einem Bluegrass-Festival und danach total verschossen in Jerry Douglas, die Slidegitarren-Legende. Aber fast noch mehr in sein Instrument, eine Dobro. Bluegrass und auch Southern Rock lief bei uns ja schon im Kinderzimmer. Da habe ich das erste Mal diesen unvergleichlichen Klang einer Dobro gehört. Von dort war der Weg zur Lap-Steel-Gitarre nicht weit.

Mittlerweile hast du mit der Beard Electro Liege deine eigene Lap-Steel-Gitarre entwickelt. Die kann im Gegensatz zu herkömmlichen Exemplaren nicht nur im Sitzen, sondern auch im Stehen gespielt werden …

Megan: Im Stehen die richtige Balance zu finden, während man eine normale Lap-Steel-Gitarre spielt? Ich habe Jahre gebraucht, um das zu perfektionieren. Das Ding heißt nicht ohne Grund „lap steel guitar“, es liegt halt normalerweise im Schoß. (lacht) Früher habe ich daher auch im Sitzen gespielt. Aber das passte nicht zu unserer Live-Energie. Deshalb habe ich die Beard Electro Liege entwickelt. Die ist vor allem leichter. Aber, sind wir ehrlich: Es sieht schon schräg aus, mit einer Gitarre herumzurennen, die quasi seitlich vor mir schwebt.

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Der Sound ist wirklich eingängig, das muss ich sagen.

Megan: Total. Die Töne, die ich aus der Lap-Steel-Gitarre herausholen kann, sind so unglaublich vielfältig. Rockige Klänge, aber diesen wunderbaren Hawaii-Sound, und natürlich das gewisse Country-Flair.

Auf dem neuen Album Bloom ist das gut zu hören. Der Song „Bloom Again“ zum Beispiel startet im Stile der Everly Brothers, dann folgt Country-Melancholie, bevor dieses „Purple Rain“-artige Gitarrensolo im Stile von Prince startet.

Rebecca: Wir lieben es, unsere Zuhörer mit dem letzten Song eines Albums zu überraschen. Und wenn ich deine Einschätzung höre, Martin, dann würde ich sagen: Hat geklappt. (lacht) Dieser Mix an Klangstimmungen hat aber viel mit Megan zu tun.

Inwiefern?

Rebecca: Ich bin zwar die Leadsängerin. Megan ist das aber letztlich auch – nur singt sie mit ihrer Gitarre. Genau das macht unseren Sound aus. Die Variabilität, die sie mit ihrer Slidegitarre einbringt, kann ich mit meiner Stimme gar nicht erreichen. Dieser finale Rock-Sound auf „Bloom Again“ zum Beispiel. Aber auch die eher orchestralen Klänge bei „You Are The River“. Wenn Megan ihr Volume-Pedal einsetzt, klingt ihre Gitarre plötzlich wie ein Cello.

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Auf die klassische Rock’n‘Roll-Nummer „Bluephoria“ folgt die ruhige Soul-Country-Ballade „Easy Love Part 2“. Diesen Klang würde ich irgendwo zwischen Amy Winehouse und Dolly Parton verorten.

Rebecca: Es ist wunderbar: Es gibt so viele Musikrichtungen, und wir sind von so vielen beeinflusst worden. Wenn unsere Musik im Zusammenhang mit Dolly Parton und Amy Winehouse, aber auch den Allman Brothers und Prince genannt wird – dann muss ich doch nicht mehr viel erklären. (lacht)

2024 habt ihr den Grammy als bestes zeitgenössische Blues-Album für Blood Harmony bekommen. Was macht moderner Blues für euch aus?

Megan: Dass er ein so vielseitiges, so cooles Musikgenre ist. Heutiger Blues hat seine Wurzeln in den Traditionen, trägt aber auch viele moderne Elemente in sich. So können wir vielerlei Genres mit in die Songs mischen.

Auch Bloom klingt sehr authentisch und zugleich modern.

Rebecca: Wir beide lieben es puristisch. Rau und nicht überproduziert. Im Studio legen wir eben nicht zig Spuren übereinander, wenn wir unser Gitarrenspiel aufnehmen. Wir haben auch keine Background Vocals. Letztlich versuchen wir im Studio genau den Sound zu kreieren, den wir live auf der Bühne haben. Die Alben werden so auch zeitloser, denke ich.

Tatsächlich?

Rebecca: Wir verzichten bei Aufnahmen auf vieles, was man gerade so macht, einfach nur, weil es modern ist und alle es machen. Wir konzentrieren uns auf uns. Auch auf die besondere Beziehung, die meine Schwester und ich haben.

Billie Eilish arbeitet auch eng mit ihrem Bruder zusammen, über die Brüder Allman haben wir schon gesprochen. Ist diese besondere Bindung, die man zu Geschwistern hat, hörbar?

Megan: Wenn Geschwister miteinander arbeiten können, und das ist ein ganz großes „Wenn“, dann ist das ungeheuer machtvoll. Geschwister kennen sich einfach besser. Wir beide haben diese Geschwisterenergie. Und doch sind wir eben zwei komplett verschiedene Menschen. Das ist ein Paket, das richtig Kraft hat.

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Ihr nehmt eure Alben in Nashville auf. Hattet ihr je das Gefühl, euch gegen diesen gewissen Mainstream-Sound im Studio wehren zu müssen? Johnny Cash zum Beispiel ist ja ein wenig an Nashville gescheitert, bevor er dann spät von Produzent Rick Rubin wieder zu seinen Wurzeln zurückgeführt wurde …

Rebecca: Die Energie in Nashville ist unfassbar. Wir waren aber von Beginn an sehr unabhängig, haben unser eigenes Ding gemacht. Und wollten zu allererst unseren eigenen Standards genügen. Und so hören wir uns zwar manchmal einen alten Song an und lachen über das, was wir da gemacht haben. Aber es war eben immer unsere Entscheidung. Uns hat nie jemand reingeredet.

Ihr seid mittlerweile gefragte Künstlerinnen, hattet zum Beispiel einen Gastauftritt auf der Soloplatte Hardware von Billy Gibbons, dem Sänger und Gitarristen von ZZ Top. Wie war das?

Rebecca: Wir lieben Billy. Es war Wahnsinn, erst mit ZZ Top auf Tournee zu gehen und dann noch einen Song mit ihm zu machen. Und ich würde normalerweise jetzt auch noch ewig davon schwärmen.

Aber?

Rebecca: Aber wir haben gerade auf Ringo Starrs neuem Album mitgespielt. Unseren Eltern das zu erzählen, das war tatsächlich ein Highlight unseres bisherigen Lebens. „Ach übrigens, Papa, der Drummer der Beatles macht einen Song mit uns. Wir sind jetzt die Gaststars auf seinem neuen Album.“ Crazy!

Und trotz dieses Ruhms seid ihr offenbar geerdet geblieben. Megan, du hast auf Youtube zum Beispiel „Do It Yourself“-Tutorial-Videos eingestellt, um den Slide-Sound der Lap-Steel-Gitarre zu vermitteln. Ist dir wichtig, dass dieser ganz besondere Gitarren-Sound nicht ausstirbt?

Megan: Ich sehe mich nicht wirklich als versierte Lehrerin. Ein Bekannter von mir ist ein echter Gitarrenlehrer. Und der hat mir erzählt, dass bei ihm immer mehr junge Leute, vor allem junge Frauen, das Spiel auf der Lap-Steel-Gitarre lernen wollen. Und als Grund geben sie immer an: Larkin Poe.

Rebecca: Yeah!

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Benannt ist eure Band ja nach eurem Ur-Ur-Ur-Großvater, der ein Cousin des berühmten Schriftstellers Edgar Allan Poe war. Was denkt ihr: Wäre der eigentlich ein guter Songwriter gewesen?

Megan: Er hat ja gerne viel und vor allem lang geschrieben. Ich glaube, er hätte wahrscheinlich wie Bob Dylan geklungen. Nur mit absurd ausufernden Songs.

Eine Altersgenossin von euch hat in Nashville den ganz großen Durchbruch geschafft und ist zur erfolgreichsten Popkünstlerin der Gegenwart geworden: Taylor Swift. Kennt ihr euch eigentlich?

Rebecca: Unser Produzent – mein Mann – Tyler Briant kennt sie. Und so habe ich sie denn auch mal gesehen. Aber nein, kennen tun wir uns nicht. Sie ist halt echt ein Weltstar.

Ihre Musik entspringt dem gleichen musikalischen Epizentrum wie eure – füllt aber mittlerweile Stadien auf der ganzen Welt.

Rebecca: Ich glaube nicht, dass wir das wollen. Wir waren mit großen Künstlern unterwegs. Es ist natürlich ein irres Gefühl, wenn wir in Arenen spielen, zum Beispiel als Support Act von ZZ Top. Aber wenn wir selbst solche Touren durchführen würden, müssten wir so viel von dem aufgeben, was wir nicht aufgeben wollen. Wir schreiben unsere Songs selbst. Wir produzieren sie selbst. Wir schneiden unsere Musikvideos. Wir entscheiden, wie viel unsere Tickets kosten sollen. Der Kosmos Larkin Poe besteht insgesamt aus nicht mehr als zehn Menschen.

Megan: Das könnten wir nicht aufrechterhalten, wenn wir Arenen füllen würden. Da müssten wir vieles outsourcen. Und das wollen wir nicht.

Larkin Poe

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Larkin Poe wurde im Jahr 2010 von den Geschwistern Rebecca und Megan Lovell gegründet. Mit ihrer modernen Interpretation des Southern Rock und dem stilprägenden Slidegitarren-Sound mischt das Schwesternduo aus dem US-Bundesstaat Georgia die Bluesszene auf. Mittlerweile sind Larkin Poe – benannt sind sie nach ihrem Ur-Ur-Ur-Großvater, einem Cousin von Edgar Allen Poe – gefragte Gastmusiker. Zuletzt spielten sie auf den Soloalben von Billy Gibbons (ZZ Top) und Beatles-Drummer Ringo Starr mit. 2024 wurde ihr Album Blood Harmony als bestes zeitgenössisches Blues-Album mit dem Grammy ausgezeichnet. Ihr neuestes Album Bloom ist seit dem 24. Januar im Handel.

www.larkinpoe.com

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