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GECOM Technologies

Reportage GECOM Technologies

GECOM Technologies – Die Atomuhr am Rande des Dschungels

Lokaltermin bei GECOM in der norddeutschen Tiefebene: ein unscheinbares Backsteinhaus, ein unfassbarer Gerätepark und eine waffenscheinpflichtige Musikanlage. Der harmlos wirkende Betreiber soll HiFi-Komponenten mit einer Phantom F-4 gekreuzt haben …

Vergessen Sie die exotischen Schauplätze von Nullnullsieben – in der norddeutschen Provinz spielt die Musik! Das Örtchen Ganderkesee zum Beispiel liegt zwischen Bremen und Großenkneten und ist beinahe so idyllisch, wie die Landlust immer suggeriert: gackernde Hühner und faule Katzen, schwarzweiße Kühe auf grünen Wiesen. Rundherum reichlich Gegend zum Weit-ins-Land-Schauen und, Moment mal, ist die Erde vielleicht doch eine Scheibe?
Ein Mann wird uns diese Frage beantworten können: Stephan Götze, Chef und Mastermind von GECOM Technologies. Er hat berufsbedingt mit „Scheiben“ reichlich und intensiv zu tun. Die allermeisten sind aus schwarzem Vinyl und brauchen zum Musikspielen eine Präzisionsmaschine. Wie präzise diese sein muss? Das wäre dann die nächste Frage, die es zu klären gilt. Und wir erwarten eine spektakuläre Antwort.
Aus Ganderkesee führen mehrere Straßen wieder hinaus, eine davon soll, wie wir später erfahren werden, bis in den „letzten Urwald Deutschlands“ hineinreichen. Doch bevor wir dort auf wilde Tiere, Tarzan von Bremen oder gar den plattdeutschen Schriftsteller Bolko Bullerdiek stoßen, lenkt uns das Navi auf ein unauffälliges Grundstück. Ein ehemaliger Bauernhof, ein scheinbar ganz normales rotes Backsteinhaus, einige Nebengebäude drumherum. Vor der Haustür ein schwarzer Geländewagen, kaum kleiner. Über der Eingangstür eine Videoüberwachungskamera aus den Achtzigern.

Schnüffeln im Allerheiligsten

Sind wir hier tatsächlich richtig? Sind wir dem gesuchten audiophilen Daniel Düsentrieb auf der Spur? Und was sagt eigentlich das Drehbuch?
Alles läuft nach Plan. Wie sollen wir auch von außen sehen können, dass im Haupthaus drei Atomuhren ticken? Dass hier 100 Tonnen voll abgeschirmtes Mess- und Labor-Equipment parkt. Dass praktisch jeder verfügbare Winkel mit professionellen 19-Zoll-Racks besetzt ist. Dass man auf dem Weg zum Gäste-WC durch eine Zeitschleuse gebeamt wird … Okay, Letzteres stimmt natürlich nicht, würde uns aber nach dem ersten Rundgang durch die Räumlichkeiten auch nicht mehr wundern. Denn diese Maschinenfestung, diese unglaubliche, nicht enden wollende Anhäufung allerfeinster Hightech-Maschinen, die haut einen richtig um.
Wer braucht so etwas?

Stephan Götze braucht so etwas. Seine Firma GECOM Technologies war uns bei highendiger Recherche bereits mehrfach genannt worden – meist hinter vorgehaltener Hand, wie unter Spezialagenten üblich. Er gilt bei einigen Extrem-Projekten als entscheidender Mann im Hintergrund, zum Beispiel als Mitkonstrukteur des sensationellen Netzfilters von Silvercore (siehe FIDELITY Nr. 11, Ausgabe 1/2014). Dabei reicht Götze die Lorbeeren nur allzu gern an die Offiziellen weiter. „Ich wollte nie an die Öffentlichkeit, immer nur für andere entwickeln.“ Dass FIDELITY nun aber doch im Allerheiligsten herumschnüffeln darf, ehrt und erfreut uns zugleich. Und lässt uns zwischendurch immer mal wieder erstarren, vor Ehrfurcht, Begeisterung oder auch Schreck. Denn fast immer, wenn Stephan Götze ins Detail geht, wirken übliche HiFi-Maßstäbe wie Spielzeug. Sehr kleines, sehr billiges Spielzeug.
Passenderweise wurde Götze inzwischen auch als Vollstrecker eines kommenden Nonplusultra-Monsterplattenspielers benannt. Hier in Ganderkesee sollen wir einen allerersten Eindruck bekommen, wie der kommende Überdrüberdreher mindestens performen soll, ein inspirierendes Urmodell könne später noch live erlebt werden. Allerdings sind wir bis zum Hörraum, der ähnlich extrem ausgestattet sein soll wie alles andere hier, noch gar nicht vorgedrungen. Übrigens soll dort auch eine Phantom F-4 in einer winzigen Nebenrolle auftreten …

Daniel Düsentriebs Katzen

Wenn Stephan Götze das Thema HiFi mit einem Kampfflugzeug in Verbindung bringt, dann klingt das wie die normalste Sache der Welt. Kein Wunder. Der studierte Physiker und Kommunikationstechniker, Jahrgang 1958, bewegt sich seit Jahrzehnten in einem extremen Umfeld, das Kompromisse praktisch nicht kennt.
Götzes unbändige Neugierde und sein handwerkliches Talent hatten ihm schon in jungen Jahren etliche Studentenjobs, aber auch den „Zugang zu führenden Handwerksbetrieben“ verschafft. Er schraubte viel und gern an Spezial-LKWs herum, stattete weltweit Rallye-Trucks und -Teams mit Hardcore-Kommunikationselektronik aus, besitzt auch alle entsprechenden Führerscheine – und irgendwann beschloss er, sein bereits vorhandenes Labor-Equipment noch weiter, und zwar auf das allerhöchste Niveau zu schrauben. Götze begann, komplette Laborausrüstungen zu kaufen, sich daraus die Sahnestücke herauszupicken und den immer noch interessanten „Rest“ an Hobbyisten weiterzuverkaufen. Einziges Problem: der Platz für die Sahnestücke. Nach etlichen Zwischenstationen (Bayern, Schleswig-Holstein, Griechenland, Schwäbische Alb …) kaufte er schließlich dieses unauffällige, aber geräumige Refugium auf dem Land. Hightech in Ganderkesee. Und keiner merkt’s? Gut so, sagt Stephan Götze, dessen anspruchsvolle Kundschaft seine Mess- und Entwicklungskünste zwar gern in Anspruch nimmt, aber nur selten gesteigerten Wert auf Öffentlichkeit legt.

Der Um- und Einzug vor ein paar Jahren war eine logistische Herausforderung für Mensch und Maschinen. Nachdem Götze das neu erworbene Haus innen komplett mit spezieller „Tapete“ ausgekleidet und zu einer störstrahlungssicheren Hochfrequenz-Festung ausgebaut hatte, zudem die ersten 20 (zwanzig!) Kilometer Kabel verlegt waren, durften die LKWs mit dem Equipment anrollen – zwölf Trucks! Mit 80 Tonnen Equipment! Pink Floyd lässt grüßen. Und weniger ist es seither ja auch nicht geworden.
Immerhin plant Götze als nächste größere Aktion nicht den Erwerb von noch mehr Laborausstattung, sondern eine klassische bauliche Maßnahme: Ein ordentlicher Anbau soll den jetzigen Hörraum auf jenes Maß erweitern, das ihm eigentlich gebührt. Ach ja, der Hörraum. Vor lauter Atomuhren (drei Stück betreibt er hier, die sich vermutlich gegenseitig korrigieren) und jeder nur vorstellbaren Messtechnik von historisch bis übermorgen hätten wir es fast vergessen: Zwischen all den Kalibrierlaboren wartet ja auch noch der Hörraum auf uns. Wo versteckt er sich denn?
Drei Türen, vier Ecken und zwölf Tonnen Star-Wars-Technik später erreichen wir den Hörraum. Wände und Decke sind praktisch komplett mit fellartigem Glanztextil bezogen, die Raumakustik ist extra dry. Die Verdichtung von Materie findet hier ihre audiophile Fortsetzung: Auf circa 25 Quadratmetern schmälern zwei übermannsgroße Hornlautsprecher die Gartenaussicht. Zwei ausgewachsene Röhren-Mono-Endstufen besetzen den Platz dazwischen auf dem Boden. Linke und rechte Wand bestehen großteils aus gefüllten LP-Regalen. Etwas weiter hinten im Raum steht ein gemütliches Sofa – das erstens kein Sofa ist, sondern ein Subwoofer mit Sitzgelegenheit, und zweitens nicht einfach „steht“, sondern Anker geworfen hat. Im Inneren dieser 450-Kilo-Immobilie werkelt ein 38-Zentimeter-Chassis von Focal auf ein 200-Liter-Volumen. Zu sehen ist davon natürlich nichts. Zu spüren schon: Später wird der am Sitzplatz fix montierte Joystick (der im übrigen auch keiner ist) zart vibrieren.
Rechterhand parkt jede Menge großzügig dimensionierte Elektronik – alles von Stephan Götze selbst gebaut oder wenigstens heftigst modifiziert – in einem „hängenden“ Schwerlastregal aus eigener Werkstatt. Mit rund einer halben Tonne Eigengewicht ist es etwas schwerer als das, was Ihr Linn-Händler (oder Ihr Chiropraktiker) empfiehlt. Der optische Eindruck der dort untergebrachten Geräte schwankt zwischen Steampunk, Cool Retro und Men-In-Black-Szenario. Preisfrage: Wo ist der Plattenspieler? Antwort: In der großen Tresor-Kiste aus Aluminiumschaum, selbstverständlich hermetisch verriegelbar und ebenso hermetisch abgeschirmt von allem Unbill, das von außen noch eindringen könnte. Wie gesagt, könnte.

Klick & Kick nach 20 Minuten

Auch hier im Hörraum ist einfach alles voneinander entkoppelt und entstört, mechanisch wie elektrisch. Die von Kupfergranulat im Schlauchmantel extradick umhüllten NF-Zuleitungen von der Vorstufe zum Beispiel, die zu den kapitalen Endstufen quer durch den Raum führen, werden von Kabelstützen wie eine technische Kostbarkeit auf Händen getragen. Vielleicht wollen sie aber auch nur wieder fliegen: Viele Verkabelungen entstammen dem Deutschen SpaceLab-Modul oder dem fliegenden Radarsystem AWACS. Hatte ich schon erwähnt, dass GECOM gerne von Luftfahrtunternehmen und dergleichen gebucht wird?
Genug geschaut. Wie wär’s mit einer Kostprobe von Plattenspieler, Elektronik und Hornsystem? Aber klar doch. Allerdings muss, bevor auch nur ein einziger Ton zu hören ist, das komplette Soundsystem – „HiFi-Anlage“ wäre die Untertreibung des Jahres – erst einmal hochgefahren werden. Wie in jedem anständigen Kraftwerk werden dazu im Nebenraum diverse größere Schalter für die Stromversorgung umgelegt, kurz darauf beginnen die ersten Röhren sanft zu glimmen. Entscheidend für den Startschuss zum Musikhören sind aber die beiden Mono-Röhrenendstufen, die über eine ausgeklügelte Steuerelektronik sehr, sehr sanft – und noch ein bisschen langsamer – hochgefahren werden. Mucksmäuschenstill bleibt es da bis zur Auslieferung der ersten Töne ans verehrte Publikum, da „können auch schon mal zwanzig Minuten ins Land ziehen“, so Götze.

Zeit genug, ein wenig Ordnung ins überfrachtete Kurzzeitgedächtnis zu bringen. Zeit genug auch für eine der acht herumtigernden Katzen, sich schon mal den schönsten Platz zum Mitschnurren auszusuchen: die breite, kuschelige Rückenlehne des Woofersofas. Wie die Katzen heißen? Genauso wie einige der hier anwesenden GECOM-Verstärker. Oder, halt, doch eher umgekehrt.
Ein genauerer Blick auf die gewaltige Schallwandlerkonstruktion: Götzes Vorliebe für „100 Prozent servicefähiges und kalibrierbares Equipment“ ist auch seinen rahmengestützten Heavy-Duty-Hörnern anzusehen. Bestückt mit edlen Treibern von TAD (201) und Western Electric (WE555) sowie einem fremderregten Basstreiber aus dem Hause Wolf von Langa, fasziniert besonders die subtile Anpassungsmöglichkeit für die korrekte akustische Phase: per hydraulischem Wagen. Originell und sehr effizient ist die Bedämpfung des großen Horntrichters im Außenbereich durch einen dicken sandgefüllten Gartenschlauch. Interessant sind auch ein paar „esoterisch“ wirkende Zutaten, die Stephan Götze normalerweise blitzsauber erklären kann, die Bybees an den Lautsprecherterminals etwa, oder die Kabelstützen. Manches aber auch nicht. Neben seinem unantastbaren „Ich messe, was ich messe!“ gilt halt auch: „… kann eigentlich nicht, funktioniert aber trotzdem!“

Träume auf Luft

Schon bald funktionieren soll das angekündigte Superduper-Projekt. Sie erinnern sich: der Plattenspieler aus der Zukunft, die künftige Mutter aller Drehbänke, das Ultra-Laufwerk mit nie dagewesener Präzisions-Luftlagerung für alle beweglichen Teile. Hier bei GECOM können wir sozusagen die künftige Uroma sehen. Und auch hören, denn mittlerweile sind die Röhren freigeschaltet. Um eine Schallplatte auflegen zu können, muss der EMV-Tresor aus Aluschaum den Zugang zum Laufwerk freigeben. Dann aber: halleluja!
Teile für die Erstserie entdecken wir später im Hochspannungslabor, die fix und fertige Maschine erwarten wir in den kommenden Jahren in der Redaktion.
Aber wo bitte war jetzt die versprochene Phantom F-4 in einer Nebenrolle? Nun, der „Joystick“ am Sofa ist eine originale Steuereinheit aus besagtem Kampfflugzeug. Stephan Götze hat sie umgerüstet, um damit Lautstärke und Balance vom Hörplatz aus zu regeln. Waffenscheinpflichtig ist das nicht. Aber die Erde ist ja auch keine Scheibe. Noch nicht. GECOM arbeitet daran.

 

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