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Auralic Aries Mini

Test Auralic Aries Mini Netzwerkplayer

Auralic Aries Mini – Plastik Fantastik

Achtung, hier werden Vorurteile auf den Kopf gestellt. Lesen auf eigene Gefahr!

Wie oft nimmt man sich vor, weniger Vorurteile zu haben? Die Welt wäre sicherlich eine bessere, wenn wir nicht unaufhörlich beim ersten Blick die üblichen geistigen Schubladen aufreißen würden. Wobei, so ein paar Vorurteile waren ja evolutionsbiologisch ganz hilfreich. Nach der ersten Erfahrung mit einem Säbelzahntiger beispielsweise wurde fortan die Begegnung mit großen zähnefletschenden Vierbeinern im Allgemeinen gemieden. Was sicherlich eine gute Idee war. Nun hat sich der Mensch aber weiterentwickelt, und Vorurteile vermasseln gerne auch Chancen. Nicht nur zwischenmenschlich. Sondern auch, und deswegen komme ich ausgerechnet hier darauf zu sprechen, beim geliebten Thema HiFi.
Nehmen wir den kleinen, unscheinbaren weißen Kasten auf diesen Bildern. Sie, lieber Leser, haben vielleicht im Geist die Schublade namens „Plastikmüll“ schon aufgezogen und sind im Begriff, das betreffende Objekt schulterzuckend darin zu versenken. Was in diesem Falle aber sicherlich vorschnell wäre.

Weil der Aries Mini von Auralic, diese kleine Plastikschatulle, einer der talentiertesten Netzwerkplayer ist, den Sie für die veranschlagten 500 Euro bekommen können. Wie heißt es so schön? “Don’t judge a book by its cover.” Nein, er hat weder gebürstete Alufront noch Display, keine XLR-Ausgänge noch neckische Design-Elemente. Lediglich eine einsame LED gibt mit einem binären Farbcode Auskunft über den Betriebszustand, an der Front finden sich drei frei belegbare Kunststofftasten, und an der Rückseite führen ein Ethernet- und ein USB-Anschluss Daten in das Gerät hinein, während Signale via Digital-Koax-, Lichtleiter- oder USB-Ausgang sowie analog über ein Cinch-Pärchen hinausdürfen.
Letzteres ist neu am Aries Mini. Er bietet den direkten analogen Anschluss an den Verstärker an; dann übernimmt sein durchaus vornehmer Wandlerbaustein namens SABRE ES9018K2M die Arbeit. Sein großer Bruder dagegen ist eine reine Streaming Bridge, die über das Netzwerk empfangene Musik ausschließlich digital an externe Wandler ausgibt. Beiden gemeinsam ist die durchaus praktische Option, über einen asynchronen USB-Ausgang entsprechend fähigen USB-DACs die Daten taktkontrolliert und damit zeitfehlerarm zu servieren. Gut, beim großen Aries kommt noch ein mächtig überdimensioniertes Linearnetzteil in einer separaten Alu-Behausung dazu, und auf seiner Hauptplatine finden sich zwei ultrapräzise Femto-Clocks, selbstverständlich aus eigener Entwicklung und bereits im hauseigenen, erstklassigen D/A-Wandler Vega bestens bewährt. Der um ein Drittel günstigere Aries Mini muss mit einem gewöhnlichen Schaltnetzteil vorliebnehmen und besitzt etwas einfachere Taktgeber. Als Prozessor-Herz dient beiden Varianten das auf einem vierkernigen ARM Cortex-A9 mit vier Gigabyte Speicher basierende hausgemachte Tesla-Board (der Aries Mini verfügt über 512 Megabyte RAM, der große Aries über ein Gigabyte). Und auch die geradezu perfekte Funktionsfülle zählt zum gemeinsamen Genpool.

Auralic-Mitbegründer Xuanqian Wang ist nicht nur Elektrotechniker, Toningenieur und Pianist, sondern auch berüchtigter Perfektionist. Einen Netzwerkplayer zu bauen, der nicht alle Formate unterstützt, keine HiRes-Auflösungen beherrscht oder gar die Wiedergabe eines Konzeptalbums durch ärgerliche Zwangspausen unterbricht, wäre undenkbar. Die Intelligenz in den Aries-Playern ist durch und durch selbst gemacht und für den perfekten und vor allem lückenlosen Musikgenuss konzipiert. Dabei orientierte sich Auralic am Vorbild der Netzwerkpioniere Linn und deren überragenden Softwarelösungen. Warum etwas neu erfinden, wenn die Schotten ihr vorbildliches Funktionsprotokoll OpenHome frei zur Verfügung stellen – und die darauf aufbauenden Produkte praktischerweise mit allen anderen OpenHome-Geräten herstellerübergreifend kompatibel sind?
Die „Lightning DS“-Plattform der Auralic-Player erfüllt entsprechend nahezu jeden audiophilen Wunsch. Der Aries Mini macht da keine Ausnahme, jede noch so audiophile Auflösung, von der Flac-Datei mit 384 Kilohertz Samplingfrequenz bei 32 Bit bis zum Quad-DSD-Material (DSD256), spielt er ab und liest Musikdaten von Netzwerk-Laufwerken auf Computern und NAS sowie USB-Speichern ein. Über das drahtlose Verbindungsprotokoll AirPlay kann man den Mini auch direkt vom iPad, iPhone oder aus iTunes heraus mit Musik füttern. Via dessen OpenHome-Äquivalent Songcast spielt der kleine Aries Playlisten von einem Rechner oder einem weiteren OpenHome-Player im Netzwerk ab. So lässt sich flugs ein herstellerübergreifendes Multiroom-Musiknetzwerk umsetzen. Fast überflüssig zu erwähnen, dass der Mini auch komfortabel drahtlos ins Netzwerk eingeführt werden kann. Allerdings empfehle ich jedem ambitionierten Musikstreamer immer die Ethernet-Anbindung, um auch HiRes-Daten sicher zu übertragen und vor allem das kabellose Netzwerk für all die mobilen Geräte im Haushalt freizuhalten.
Ausschließlich von solchen sogenannten Smart Devices wird der Aries Mini anhand der kostenlosen Steuerungsapp Lightning DS oder anderen OpenHome-basierten Varianten kontrolliert, eine eigene Fernbedienung hat er nicht. Dafür entschädigt die Lightning-App mit einer sehr übersichtlichen und klaren Bedienung. Neben dem aufgeräumten Design fällt vor allem die Fülle stetiger Updates auf, mit der selbst kleinste Fehler radikal ausgemerzt werden. Auch die Schnelligkeit überzeugt: Eine mit knapp einem Terabyte gut gefüllte NAS wird zügig als Quelle indiziert und bereits im Standard-Modus mit ansprechenden Filteroptionen angereichert. Noch komfortabler geht es, wenn nicht ein externer Medienserver – wie etwa der weit verbreitete Twonky – die Daten bereitstellt, sondern die Option „Lightning Server“ gewählt wird. Dann bereitet der Aries Mini selbst die Daten von einem externen Netzwerk- oder USB-Laufwerk auf, bietet dadurch noch mehr praktische Sortiereinstellungen wie „Jahr“, „zuletzt hinzugefügt“, „Abtastrate“ und „Format“ und tritt auch nach außen als vollwertiger Medienserver für DNLA-Clients auf. Weil im Bauch des Aries Mini zudem noch eine 2,5-Zoll-Festplatte Platz findet, bietet sich der kleine Plastikkasten als optimaler NAS-Ersatz an. Eifrige audiophile Musiksammler wissen besonders sein Talent im Umgang mit DSD-Daten zu schätzen.
Schließlich erlaubt der Aries Mini auch den Zugriff auf das mit Millionen Titeln gefüllte Archiv der Musikstreaming-Dienste von Tidal, Wimp und Qobuz. Dies sind übrigens genau jene Streaming-Anbieter, die Musik auch lossless, also verlustfrei in CD-Qualität anbieten. Hier ist Auralic übrigens sogar einen Schritt weiter als Linn: Während die DS-Player noch über einen kleinen App-Umweg die Tidal-Dienste verlinken, integriert der Aries Mini diese direkt in der Lightning-Steuersoftware. Natürlich gehört auch die schier unendliche Vielfalt der Internetradiostationen zum Player-Repertoire. Besonders für den praktischen Genuss wichtig: Der Mini speichert die vom Hörer sorgsam per App ausgesuchten Stücke und Playlisten direkt ab. Das ist erstens eine wichtige Voraussetzung für die Gapless-Wiedergabe und zweitens spielt der Player fröhlich weiter, auch wenn Sie das Tablet oder Smartphone längst wieder anderweitig nutzen. Sie sehen also, die Schublade mit der Aufschrift „Plastikmüll“ können wir getrost wieder schließen und stattdessen langsam die Schublade „Eier legende Wollmilchsau“ aufziehen. Wobei noch die Frage zu klären ist, wie sich der Aries Mini nun klanglich schlägt. Ist hier nicht doch die schlichte Materialwahl auch ein Hinweis auf eine etwas schlichtere Klangqualität?

Weit gefehlt. Schon der allererste inoffizielle Vergleich eines Vorserienmodelles mit aus dem 3D-Drucker gepresstem Gehäuse machte dem deutlich teureren Netzwerkplayer Linn Sneaky DS klanglich wahrlich Feuer unterm Hintern. Der serienreife Aries Mini steht dem in nichts nach. Seine facettenreiche Lebendigkeit und sprudelnde Dynamik zeigt er bereits im ersten Song. So wunderbar spielt er sowohl mit der Grobdynamik des begleitenden Metropol Orkest als auch mit Laura Mvulas umfangreicher Stimme in ihrem grandiosen Song „Sing To The Moon“ (Laura Mvula and Metropol Orkest at Abbey Road Studios), dass der dreimal teurere Sneaky sich schon gewaltig ins Zeug legen muss. Der Linn-Player ist zwar präziser, hält die Konturen der Musik feiner und straffer, hat aber aufgrund seiner manchmal etwas spröden Art mit der starken, sehr facettenreichen Präsenz des Aries Mini zu kämpfen. Es käme, sollte man sich tatsächlich für einen der beiden entscheiden müssen, in der Tat auch auf die eigenen Vorlieben an: präziser, konturierter, dafür auch ein bisschen etepetete wie der Schotte oder quicklebendig, detailreich und voller Tatendrang wie der kleine Chinese?
Wem die Entscheidung wirklich zu schwer fällt, dem sei noch ein Tuning-Tipp für den Aries Mini ans Herz gelegt. Das Linear-Netzteil „Auralic Ultra Low Noise“ des großen Aries kann auch den kleinen Bruder speisen. Es ist zwar fast doppelt so groß und mindestens viermal so schwer wie der eigentliche Player, verleiht der Musik aber genau jene Straffheit und Genauigkeit, die man ohne durchaus vermissen kann. Der Basslauf von Mark Knopflers musikalischem Kneipenbesuch „Laughs And Jokes And Drinks And Smokes“ (Tracker) ist mit Linearnetzteil punktgenau und knochentrocken, die Becken hallen präziser aus, das Timing ist insgesamt akkurater. Die 300 Euro zusätzlich sollte man sich ernsthaft überlegen, vor allem, wenn man mit dem Multiroom-Gedanken spielt. Erst mit dem Mini starten, dann irgendwann mit dem Aries und einem exquisiten D/A-Wandler eine Stufe weiter ausbauen und den kleinen Bruder fortan als Nebenanlagen-Streamer einzusetzen wäre eine durchaus praxistaugliche Vorgehensweise. Immerhin haben Sie dann auch mal ein Vorurteil bestätigt: Es klingt mit großem Netzteil tatsächlich besser.

 

Auralic Aries Mini Navigator
Auralic Aries Mini
Funktionsprinzip: Netzwerkplayer
Eingänge: 1 x USB-Host, Gigabit-Ethernet, 2.4G/5G Dual-Band WiFi
Ausgänge: 1 x USB Audio Class 2.0, 2 x S/PDIF (Cinch, Toslink), 1 x Line (Cinch)
Prozessor: 1 GHz Quad-core ARM Cortex A9
RAM: 512 MB DDR3
Datenspeicher: 4 GB SSD
Musikspeicher: optional, HDD oder SSD
DAC: ESS SABRE ES9018K2M
Steuerungssoftware: Lightning DS für iPad, Linn Kinsky, Linn Kazoo, Lumin & JRiver Media Center
Unterstützte Dateiformate: AAC, MP3, APE, Ogg Vorbis, WMA, AIFF, WAV, ALAC, FLAC
Unterstüzte Samplingrate: PCM, bis 32 bit/384 kHz
Maße (B/H/T): 13,5/2,8/13,5 cm
Gewicht: 0,5 kg
Garantiezeit: 2 Jahre
Preis: 500 €
audioNEXT GmbH
Isenbergstraße 20
Telefon 0201 5073950

 

www.audionext.de

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