Transrotor Bellini TMD Schiefer
Über die einzelnen Stationen der langen, aber kurzweiligen Geschichte von Transrotor wurde in unserem Magazin schon ausführlich berichtet. Wir rekapitulieren: Nach seiner Vertriebstätigkeit für englische Laufwerke in den 1970er Jahren und deren Optimierung für den deutschen Markt schuf Senior Jochen Räke mit der Gründung eines eigenen Unternehmens die Basis für seine erfolgreichen Eigenentwicklungen. In Bergisch Gladbach bei Köln baut und vertreibt Familie Räke ihre Transrotor-Plattenspieler – mittlerweile hat Sohn Dirk das Geschäft (mit) übernommen, sodass die Zukunft von Transrotor mit der nächsten Generation gesichert ist.
In aller Kürze:
Der Transrotor Bellini TMD Schiefer stellt eine gelungene Kombination aus einem steinharten Fundament mit präziser Mechanik und natürlichem Klangbild dar.
Das war nicht immer so, denn die CD brachte das Geschäft für einige Jahre fast zum Stillstand. Jede der folgenden Wirtschaftskrisen, insbesondere in den Jahren 1990 bis 2010, wirkte sich ganz unmittelbar in den Auftragsbüchern der High-End-Branche aus. Luxusartikel wurden erst einmal zurückgestellt, denn in diese Produktsparte gehörte ein Transrotor mittlerweile, genau wie die mechanische Uhr oder der exklusive Sportwagen. Transrotor verkaufte inzwischen Plattenspieler mit Namen wie Gravita, Artus oder Metropolis jenseits der Hunderttausend-Euro-Marke – vor allem an betuchte fernöstliche Kundschaft. Deshalb sind internationale Messen enorm wichtig geworden für das Familienunternehmen, das in Deutschland tief verwurzelt ist.
Und hier liegt, trotz der Notwendigkeit zu Internationalisierung, das Erfolgsgeheimnis der Marke. Ein gewachsenes Lieferanten-Netzwerk schafft Vertrauen und Flexibilität in der Produktentwicklung. Zudem sind die Transrotor-Plattenspieler seit jeher auf Langlebigkeit und einfache Instandsetzung hin konstruiert. Beste Voraussetzungen für ein langes Produktleben, was auch ganz entscheidend zum Renommee der Marke und damit zu einer treuen Kundschaft beigetragen hat. Eine weitere (bisweilen unterschätzte) Stärke liegt in der Langlebigkeit des Datenträgers Vinyl – undenkbar für alle nachfolgenden Musikformate. Damit trifft die Schallplatte plötzlich wieder einen Trend. Vor allem die bewusste Verlangsamung des Alltags im Privatleben kann eine Ursache des Revivals der Schallplattenwiedergabe gewesen sein.

Diverse Transrotor-Laufwerke bei meinen Kollegen oder in den Verlagsräumen standen stets für spannende Hörerlebnisse. Als Student hatte ich mich für einen Transrotor Super Seven begeistert, jedoch blieb es damals beim frommen Wunsch, mir dieses Modell zuzulegen. Die rechteckigen Acrylchassis, gerne auch zweistöckig, waren eine Augenweide und hoben sich wohltuend von den „hölzernen“ Standardlaufwerken dieser Zeit ab. Später durfte ich einen Transrotor Max in meiner Musikanlage probehören, mit runder polierter Aluminiumzarge optisch ein ganz anderer Typ. Ob rund oder eckig – gleich ist in jedem Fall die überragende Fertigungsqualität. Die zählt gemeinsam mit der präzisen und spielfreien Antriebseinheit zum Herz der Transrotor-Gene.
Der Hersteller hat mittlerweile fast 20 Plattenspieler im Programm, der Max ist das preislich kleinste Laufwerk, und damit sollte bei der Markteinführung 2016 die Zielgruppe unter 35 Jahre angesprochen werden, die fast ausschließlich mit den digitalen Formaten aufgewachsen ist. Eine weise Entscheidung, denn bei der Transrotor-Philosophie kommt es darauf an, dass die Einzelteile akustisch zusammenpassen und über lange Jahre ihre Zuverlässigkeit behalten. Eine spätere Aufrüstung einzelner Komponenten oder innerhalb des Transrotor-Portfolios ist hier problemlos möglich. Die damalige Zielgruppe dürfte sich in der Zwischenzeit mit dem Vinyl-Format angefreundet haben und mit beiden Beinen im Leben stehen, sodass ein Upgrade aus dem Transrotor-Sortiment durchaus ein Thema sein könnte, etwa in Gestalt des hier vorgestellten Bellini. Ein nach Geschmack des Autors wohlproportionierter klassischer Plattenspieler, standardmäßig mit einer dieser wunderschönen Acrylzargen bestückt und seit 2023 im Transrotor-Portfolio. Für Acryl erschien mir die Kartonage allerdings etwas zu schwer … denn tatsächlich handelt es sich bei unserem Muster um eine Sonderausführung des Bellini mit einer Steinplatte aus Schiefer. Die Oberseite der Schieferzarge ist rau belassen, was einen schönen Kontrast zum polierten Aluminiumteller und den hindurchstoßenden Standfüßen bildet. „Bellissimo“, möchte man ausrufen, den kann man sich so hinstellen!

In Stein gemeißelt
Der Bellini in der vorgestellten Ausführung mit „Schieferzarge natur“ kostet als reines Laufwerk 5900 Euro. Wie mir Dirk Räke berichtet, stammt der Schiefer von der Firma Fischer & Fischer, die für ihre Lautsprecher mit Gehäusen aus eben diesem Naturschiefer bekannt sind. Dessen hohe Masse und geschichteter Aufbau versprechen Resonanzarmut, was sowohl den Lautsprecherchassis bei der Schallübertragung hilft als auch günstig für einen akkuraten Abtastvorgang in der Plattenrille ist.
Im Bellini kommt zudem das bewährte hydrodynamische TMD-Lager mit Magnetkopplung zum Einsatz. Die Merkmale des Lagers wie stehende Achse, der Ölsumpf und die Umlaufschmierung sowie die Lagerkugel hätten sich schließlich seit über 30 Jahren bewährt, so Räke. Das TMD-Lager besteht aus zwei Hälften, wobei die untere Hälfte an der Achse befestigt ist, die durch den Riemen angetrieben wird. Der obere Teil wird seitlich durch ein hochpräzises Kugellager gestützt und trägt den Teller auf seiner Keramik-Lagerkugel. Die Kopplung zwischen den beiden Hälften erfolgt durch im Oberteil eingelassene Neodym-Magnete, sodass die Drehbewegung durch den Riemen rein magnetisch übertragen wird. Das Lager wird in eine dafür vorgesehene Öffnung des Chassis gestellt, hat hierzu also keinen direkten Kontakt, was zudem sehr aufgeräumt aussieht.
Der Teller ist mit 55 Millimeter Höhe massiv aus einer Aluminiumlegierung gedreht und anschließend poliert. Weiche Handschuhe liegen der Transportverpackung bei, damit der typische Transrotor-Glanz erhalten bleibt. Der Teller wird auf den Subteller aufgelegt und ist mit einer Auflage aus einem Kunststoff-Verbundwerkstoff bedämpft. Die ist in unserem Fall schwarz, passend zum matt eloxierten Tonarm TRA 9. Bei einem silbernen Tonarm ist die Auflage weiß.

Der Bellini TMD kommt im Paket mit der Motorsteuerung Konstant Eins. Diese besitzt einen eigenen Generator, und seine Drehzahl lässt sich per Präzisions-Trimmpoti fein einstellen. Mit einem Dreh am Deckel kann eine Drehzahl von 33 oder 45 Umdrehungen pro Minute gewählt werden. Die Aufstellung des Bellini gelingt dank aufwendiger dreiteiliger Verpackung und Sicherung aller Teile recht zügig. Der Tonarm samt Tonabnehmer ist vorinstalliert. Das Laufwerk kann mittels höhenverstellbarer Aluminiumfüße ebenso leicht in die Waagerechte gebracht werden, sogar während des Spielbetriebs leichtgängig und erschütterungsfrei … das ist Präzision!
Der TRA 9 ist der große Transrotor-Arm, wie er auch zum Beispiel in dem größeren Modell Strato zum Einsatz kommt. Er besteht aus zwei ineinandergeschobenen Aluminiumröhrchen, wobei sich das hintere zudem konisch verjüngt. Eine Seven-Stream-Reinsilberverkabelung von Van den Hul mit Silikonschlauch, geschützt und bedämpft, und die hochwertigen Verbindungen mit Silberlot sowie WBT-Steckern sollen eine möglichst verlustfreie Signalübertragung sicherstellen. Der Neunzoll-Tonarm kostet solo 5500 Euro und will mehr ein Präzisionswerkzeug sein als filigraner Schönling. Die Einstellungen in allen Achsen ist spielfrei möglich, entsprechende Einstelllehren und eine Waage für das Auflagegewicht werden ebenfalls beim Zubehör mitgeliefert. Bei meinem Testexemplar war das MC-System Figaro vorinstalliert, dessen Einstellungen auch nach dem Transport noch sehr gut passten. Das Figaro wird bei Goldring exklusiv für Transrotor gefertigt und verfügt über einen Magnesiumkorpus sowie einen sogenannten „Vital line-contact“-Schliff. Es handelt sich um ein Low-Output-MC-System mit 0,28 Millivolt Ausgangsspannung, und es benötigt einen Abschlusswiderstand zwischen 100 und 500 Ohm, wobei 200 Ohm von Transrotor als ideal vorgeschlagen wird. Das Auflagegewicht ist mit 1,8 Gramm voreingestellt. Das Transrotor Figaro kostet im Verbund mit dem Laufwerk 2240 Euro (UVP 2800 Euro) und wurde in FIDELITY schon einmal als sehr natürlich, differenzierend und musikalisch beschrieben. Beste Voraussetzungen also für einen entspannten Hörnachmittag und hoffentlich spannende Entdeckungen im heimischen Schallplattenbestand!?

Die Wärme eines Steins
Aus meinen persönlichen Hörerfahrungen weiß ich, dass unterschiedliche Materialien den Ton auf verschiedene Weise beeinflussen können. Sie können dämpfen, bestimmte Frequenzen verstärken oder schnell ableiten. Stein gehört da nach meinem Eindruck zu den schnell ableitenden Materialien. Im Unterschied zu beispielsweise Granit würde ich aber behaupten, dass Schiefer noch etwas anders wirkt, möglicherweise aufgrund seiner Schichtstruktur: Hier werden Störschwingungen schnell gebrochen und können deshalb nicht mehr den Klang verfälschen. Ob der Schiefer tatsächlich eine andere klangliche Note als die ursprüngliche Acrylzarge liefert, könnte nur ein direkter Vergleich liefern, den ich allerdings an dieser Stelle nicht hatte. Grundsätzlich würde ich dem Schiefer einen tendenziell natürlich-warmen Grundton insbesondere in den mittleren Frequenzlagen zuordnen, wie gesagt subjektiv aufgrund der eigenen Hörerfahrung.
Daneben wirkt der Schieferstein sprichwörtlich als störunempfindlicher Fels in der musikalischen Brandung. Optisch wirkt dieses Exemplar sehr natürlich-schön und lebendig-rau. Preislich ist das Gesamtpaket mit rund 14 000 Euro sicherlich kein Einstiegsangebot, aber Tonarm TRA 9 und Tonabnehmer Figaro sind in diesem Paket dabei, was sonst erst dem nächstgrößeren (rechteckigen) Modell Strato für 20 000 Euro vorbehalten ist. Wer mag, kann mit Transrotor dank Baukastenprinzip und der intensiven Kundenorientierung auch schrittweise wachsen.

In meinen Setups stelle ich immer wieder fest, dass eine neue, „höherwertige“ Komponente zunächst einmal „größer“ klingt. Ein Eindruck von mehr Bühne, Durchhörbarkeit und Raum stellt sich oft anfangs ein – kennen Sie das auch? Bei längerem Hören muss ich mir jedoch regelmäßig eingestehen, dass die Musikalität und die Ausgeglichenheit im Klangbild der ursprünglichen Anlagenkonfiguration oft besser zu den eigenen Vorlieben passt. Die neue Komponente fordert also unter Umständen die erneute Anpassung an die Hörvorlieben beziehungsweise die Integration in die vorhandene Anlage.
Ein Thema, das scheinbar nie endet und natürlich immer aus der subjektiven Betrachtung heraus diskutiert oder wie hier beschrieben wird. Warum erzähle ich das an genau dieser Stelle? Weil ich mit dem Transrotor Bellini eben diesen Eindruck hatte, dass es tatsächlich etwas größer, stimmiger und natürlicher in der Klangabbildung wird. Tonal dagegen ändert sich erstmal gar nicht so viel. Für mich bedeutete das als Allererstes ein viel entspannteres Zuhören. Angeschlossen habe ich den Bellini über die ASR-Phonovorstufe Mini Basis HV und meinen Audia Flight FL3S, dazu die Blumenhofer Tempesta 20. Die erwähnte Natürlichkeit und Entspanntheit der Musikwiedergabe kann meiner Meinung nach zu einem großen Stück der Störarmut und Unempfindlichkeit der hochpräzisen mechanischen Komponenten zugeordnet werden. Präzision und engste Toleranzen lassen Artefakten in der Signalübertragung keinen Raum. Der massive Schieferstein trägt sicher auch zu der als sehr natürlich empfundenen Klarheit und Ruhe des Klangbildes bei.
Das neue Album Enn von Eivør Pálsdóttir überschreitet erneut die musikalischen Genregrenzen. Die färöische Sopranistin singt eine Mischung aus Jazz, Folk, Ethnopop und Independent gekonnt in englischer oder, wie oft auf ihrem neuen Album, färöischer Sprache. Der Klang ist sehr dicht, melancholisch bis düster, aber stets atmosphärisch, und er stellt hohe Anforderungen an die Differenzierungsfähigkeit und Trennschärfe des Wiedergabegerätes. Hier kann der Transrotor Bellini TMD Schiefer voll überzeugen und behält im stimmungsvollen Geschehen die Übersicht und Ordnung. Die Töne fließen unangestrengt, aber mit energiereicher Substanz durch den Hörraum, der Bassbereich kommt druckvoll, aber nicht überbetont.
Das bekannte Album Love Over Gold von den Dire Straits (in der remasterten 45-rpm-Edition) reißt mich über den Bellini dynamisch mit, so unmittelbar setzen Gitarren und Drums beim Song „Private Investigations“ ein. Beim aktuellen Album Nach Hause von Reinhard Mey gefällt mir ganz besonders seine sonore Stimme. In diesem Frequenzbereich der menschlichen Stimme ist unser Ohr besonders empfindlich, und so probiere ich exemplarisch, wie sich klanglich eine zusätzliche sehr dünne Tellermatte aus Carbon auswirkt sowie alternative Auflagegewichte aus Holz und Kupfer anstatt des serienmäßigen Plattengewichtes. Dieses besteht stilecht aus Aluminium und passt auch optisch sehr gut zum Bellini. Mit dem Alugewicht klingt es sehr offen, in meinem Setup vielleicht etwas höhenbetonter, was auch nicht mit einem reduzierten Abschlusswiderstand auf 100 Ohm kompensierbar ist. Eine zusätzliche Plattenmatte erweist sich hier nicht als zielführend – das schöne, große Klangbild wirkt dann nicht mehr so strahlend wie das Original. Beim Plattengewicht sieht das Ergebnis etwas anders aus: Mit den genannten alternativen Gewichten lassen sich zum Beispiel die S-Laute und die Sprachverständlichkeit noch ein klein wenig optimieren, wie gesagt in meinem subjektiven Setup. Das ist Feintuning auf allerhöchstem Niveau der Musikwidergabe, und über den Transrotor Bellini gelingt das spielerisch leicht. Weil das Laufwerk eine Komposition aus Substanz und Akkuratesse ist, kann es auch über Generationen Musik vermitteln. Bellini würde es wohl sehr erfreuen!
Info
Plattenspieler Transrotor Bellini TMD Schiefer
Konzept: Masselaufwerk mit Schieferzarge, Komplettpaket mit Tonarm TRA 9, Netzteil Konstant Eins und MC-System Figaro
Tonarmbasis: 9“
Drehzahl: 331/3 oder 45 U/min
Ausgangsspannung Tonabnehmer Figaro MC: 0,28 mV
Ausführung: Schiefer natur; Tonarm Silber oder Schwarz; Tellerauflage Schwarz oder Weiß
Besonderheiten: TMD-Magnetlager, höhenverstellbare Füße, Schutzhaube optional (um 750 €)
Lieferumfang: Handschuhe, Lageröl
Maße (B/H/T): 46/12/36 cm
Gewicht: 32 kg
Garantiezeit: 2 Jahre
Preis: um 14 000 € (Bellini Schiefer komplett)
Preis Einzelkomponenten: Laufwerk Bellini Schiefer um 5900 €, Tonarm TRA 9 (schwarz) um 5500 €, MC-System Transrotor Figaro um 2240 € (in Verbindung mit dem Laufwerk), Netzteil Konstant Eins 470 € (in Verbindung mit dem Laufwerk)
Kontakt
Räke Hifi
Irlenfelder Weg 43
51467 Bergisch Gladbach
Telefon +49 2202 31046
transrotorhifi@t-online.de
Mitspieler
Plattenspieler/Laufwerk: Avid Diva SP, VPI Avenger, Clearaudio Reference Jubilee
Tonarm: Origin Live Illustrious
Tonabnehmer: Lyra Kleos
Phonovorverstärker: Cyrus Phono Signature
Verstärker: MFE TA 211 V
Lautsprecher: Blumenhofer Tempesta 20