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Diptyque DP140 MkII

Diptyque DP 140 MKII

Französischer Folienzauber

Diptyque DP 140 MKII

Werft eure Klischees über Bord. Der Magnetostat lebt! In Frankreich wird er auf Höchstleistung getrimmt.

Diptyque DP140 MkII

In aller Kürze:
Es tut sich etwas in der Nische. Der elegant gestylte Magnetostat Diptyque DP 140 MKII räumt mit Klischees auf und katapultiert sich in die globale Topliga der Lautsprecher.

Diptyque DP140 MkII


Das Gute an Flächenstrahlern ist das Fehlen eines Gehäuses. Zahllose gängige Lautsprecherprobleme lösen sich damit, man kann das kaum passender formulieren: in Luft auf. Übrig bleibt ein Rahmen mit einer oder mehreren schwingenden Folien – und bisweilen wenig Ehrgeiz des Konstrukteurs, sich bei dem technisch einwandfrei funktionierenden Gebilde auch noch Gedanken über eine ansprechende Optik zu machen. Der Kunde kauft schließlich Klang, und im Hörraum sind eh die Lichter gedimmt.

Was ein stilbewusster französischer Mélomane ist, dem kann man mit derlei gestalterischer Nachlässigkeit natürlich nicht kommen. Gilles Douziech und sein Partner Eric Poix bauen im nahe Toulouse gelegenen Montauban Magnetostaten, um die man noch vor den ersten Tönen respektvoll nickend herumschreitet. Kein Wunder, die Marke heißt schließlich Diptyque, und der Name ist Programm – weil, richtig, „diptyque“ (französisch) wie „Diptychon“ (deutsch) die Bezeichnung für ein aus zwei Bildtafeln bestehendes Kunstwerk ist.

Diptyque DP140 MkII
Eine moderne Formsprache mit klarer Linienführung ist das Markenzeichen der Magnetostaten von Diptyque. Angesichts des Gewichts und der Robustheit der rigiden Sandwichkonstruktion wirkt das mittlere von fünf Modellen namens „DP 140 MKII“ regelrecht filigran.

Anders als bei Museumsexponaten bedarf es bei den Lautsprechern keiner kontemplativen Annäherung. Die Wertigkeit und die ästhetisch auf den Punkt reduzierte Formgebung sind offensichtlich. Zum Beispiel die harmonischen Proportionen des mittleren Diptyque-Modells DP 140 MKII (es gibt insgesamt fünf Modelle): Die beiden für Mittel-/Tiefton zuständigen Folien nehmen ziemlich genau zwei Drittel der Paneelbreite ein, das Hochtonbändchen eins. Beim Nähertreten zeigt sich die rigide Sandwichkonstruktion. Vorder- und Rückseite bestehen aus zwei Millimeter dickem, matt lackiertem Stahlblech. Dazwischen liegt eine Schicht aus MDF, in der die Wandlertechnik eingebettet wurde. Die potenziell unansehnliche Kante der Faserplatte ist rundherum mit feinem Leder abgedeckt. Beim Blick auf die Rückseite staunt der Betrachter über 33 bestens zugängliche Schrauben, mit denen der Magnetostat bombenfest zusammengehalten wird. Sechs weitere Schrauben fixieren die Abdeckung der Frequenzweiche, in der auch die hochwertigen WBT-Anschlussklemmen sitzen. Tatsächlich sind das Erreichen maximaler mechanischer Stabilität und ein modularer Aufbau zwei explizite Entwicklungsziele von Douziech und Poix gewesen. Eine defekte Funktionsgruppe soll hier dank der Schraubverbindungen in Minutenschnelle ausgebaut und ersetzt werden können. Das ist nicht bloß nachhaltig, das ist eine kleine Sensation. Die Franzosen haben dem Magnetostaten die Servicefreundlichkeit von dynamischen Lautsprechern verliehen. Chapeau!

Diptyque DP140 MkII
Während anderswo Schraubenköpfe versteckt werden, damit auch ja nichts die cleane Optik stört, lässt man sie bei Diptyque stolz an der Rückseite des Wandlers prangen und stellt damit den modularen Aufbau und die Servicefreundlichkeit explizit in den Fokus der Aufmerksamkeit.

Der mehrlagige Aufbau der Paneele erstickt ungewünschte Mikrovibrationen im Keim und stellt sicher, dass die hauchdünne, mit Leiterbahnen belegte Mylar-Folie immer perfekt zu den Magneten ausgerichtet bleibt. Die durch nichts aus der Ruhe zu bringende Mechanik trägt auch ihren Teil dazu bei, Entwicklungsziel Nummer drei zu erreichen: eine impulstreue, knackige Basswiedergabe. Hierfür setzen die Franzosen auf einen Aufbau mit Magneten auf beiden Seiten der Folie. Die Vorteile gegenüber Konstruktionen mit einseitig platzierten Magneten liegen in der besseren Linearität des Magnetfelds, der höheren Magnetflussdichte und damit einer strafferen Kontrolle der Membran. Dieser Aufbau, bei Diptyque mit dem Kürzel PPBM („Push Pull Bipolar Magnet“) versehen und zum Patent angemeldet, findet sich in allen Wandlern des Hauses. Ebenso wie Entwicklungsziel Nummer vier: Ein breitbandiges, von extrastarken Neodym-Magneten gesäumtes Bändchen als Hochtonquelle. Das im DP 140 MKII verbaute Bändchen (das genau genommen ein Hybrid aus Bändchen und Quasi-Bändchen ist, da die Leiterbahn zwar auf einem Mylar-Träger sitzt, dieser aber in Bändchen-Art nur an den Enden befestigt ist) misst 55 Zentimeter. Es sitzt versenkt im MDF, das nach vorn wie nach hinten hin in Form einer sich konisch weitenden Schallführung ausgefräst ist. Die Trennung zu den zwei parallellaufenden Mittel-/Tieftonfolien erfolgt mit 12 Dezibel Flankensteilheit bei 1600 Hertz.

Diptyque DP140 MkII
Der umlaufende Lederbezug bildet einen warmen und eleganten Kontrast zu den Stahlplatten an Front und Rückseite.

Den Wandlern verleiht eine Konstruktion festen Stand, die ebenso originell und durchdacht ist wie die vielen genannten technischen Details. Die Entwickler haben sich eine Dreipunktlagerung ausgedacht, die nichts weiter als einen Spike und einen Stahlbügel benötigt. Der einzige Nachteil dieser Lösung: Auf meinem durchhängenden Altbauboden stehen die Diptyque-Schallwandler zwar perfekt wackelfrei, aber auch sichtbar schief. In solch einer Situation muss einer der drei Auflagepunkte in passender Höhe unterlegt werden.

Ein Paar DP 140 MKII stellt in Sachen Transport und Aufbau einen Zwei-Mann-Job dar. Sind sie aber erst einmal ihren imposanten Holzkisten entnommen und aufgestellt, erweisen sich die wenige Zentimeter dünnen Wandler mit 141 Zentimeter Höhe und 48 Zentimeter Breite als erstaunlich handlich und mit einem Gewicht von 38 Kilo als gerade noch tragbar. Meine Testmuster sind schwarz lackiert. Diptyque gibt seinen Kunden die Möglichkeit, aus 160 Farben der RAL-Palette zu wählen. Der Aufpreis dafür ist mit 600 Euro äußerst moderat. Wessen Leben bunt genug ist, der entscheidet sich aufpreisfrei zwischen schwarzem und weißem Mattlack für die Stahlsegmente und vier verschiedenen Lederfarben für die Umrandung.

Diptyque DP140 MkII
Dank der klug designten Dreipunktaufstellung halten sich die DP 140 MKII fast schwerelos in der Senkrechten.

Die DP 140 MKII lassen sich mit den Hochtönern nach außen oder nach innen betreiben. In meinem vier Meter breiten Raum ergab sich mit innenliegenden Bändchen das räumlich am klarsten definierte Bild ohne auch nur eine Spur von Einengung – trotz der „nur“ zwei Meter Abstand zwischen linkem und rechtem Hochtöner. In Sachen Rückwandabstand ist der Weg zum Optimum weniger eindeutig. Hier kommt man nur mit Geduld und vielen kleinen Schritten ans Ziel. Wenn nichts und niemand dagegenspricht, Lautsprecher anderthalb Meter weit im Raum stehend zu betreiben, sollte eine akustisch passende Aufstellung auch in normalgroßen Wohnräumen gelingen. Elektrisch mögen die Folien durchaus Leistung, weil der Wirkungsgrad durchschnittlich ist, verlangen ansonsten aber keine Sonderbehandlung. Auf die Lautsprecherkabel reagieren sie sensibel, wie der Austausch meiner Fadel Aphrodite gegen vom Vertrieb mitgelieferte Strippen der eigenen Marke O2A Cables bewies. Das Plus an Substanz und Körperlichkeit fügte sich geschmeidig ins Gesamtbild.

Der in der Mitte der fünf Modelle umfassenden Produktfamilie platzierte DP 140 MKII ist ein großer Lautsprecher. Nicht im Sinne seiner Physis – es ist das, was aus den so defensiv dastehenden Paneelen herauskommt, das zwei Fragen aufwirft. Erstens, warum sind Magnetostaten noch immer so rar? Und, zweitens, kann irgendjemand ernsthaft mehr von einem Lautsprecher verlangen? Ist die Einspielzeit einmal überstanden – und ja, „überstanden“ ist der richtige Ausdruck, denn es dauert hunderte Stunden, ehe der Hochton Substanz bekommt, Stimmen zu Plastizität und Körper finden, Töne aus dem Nichts entstehen und der Bass die Türe aus den Angeln heben kann – ist also diese Durststrecke überwunden, heißt es zurücklehnen und staunen.

Bildergalerie
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Diptyque-Schallwandler sind Magnetostaten für Menschen, die eigentlich keine Magnetostaten mögen. Die also nicht explizit nach einem Magnetostaten-Sound suchen, denen das technische Prinzip im Grunde egal ist, die aber aufhorchen, wenn sich Klänge holografisch materialisieren und dabei eine Griffigkeit und Echtheit haben, die einem bei konventionellen dynamischen Lautsprechern nur selten unterkommt. Das Paar DP 140 MKII beherrscht diesen immer wieder begeisternden Magnetostaten-Trick mühelos. Was die kompakten Flächenstrahler aber auch können, ist Kickdrum. Und genau da holen sie den technisch desinteressierten, musikalisch aber umso feiner wahrnehmenden Hörer ab. Denn Basspräzision galt bisher immer als die Achillesferse des Magnetostaten. Maria Callas, Miles Davis – bitte, gerne, besser geht’s nicht. Jimmy Hendrix, Daft Punk: Gebt mir einen 38er-Papierbass! Schöne vertraute Klischeewelt – und die Diptyque mischen sie gehörig auf. Diese Folien können rocken.

Und dann sind das aber eben doch Magnetostaten. Auflösung und Räumlichkeit sind Weltklasse. Ich höre mich durch vertraute Jazzscheiben, die noch in Handarbeit in knarzigen, atmenden Studios aufgenommen wurden, und habe keine Mühe, per Gehör die Positionen der Wände und die Deckenhöhe zu bestimmen. Ich höre Klassik und genieße die authentischen Klangfarben verschiedener Celli und das schwerelose Perlen von Klaviernoten. Hier und bei Stimmen zeigt sich eine weitere Qualität der französischen Wandler: Sie sind akkurat. Douziech und Poix haben sehr genau studiert und zugehört, und sie haben ihren Magnetostaten Präzision anerzogen. Die Diptyque-Laut­sprecher sind topmoderne Hochleistungs-Schallwandler. Sie verfügen über enormes dynamisches Beschleunigungsvermögen, eine Breitbandigkeit und Analytik, die nach ausbalancierten Ketten und guten, gerne größeren Räumen verlangt, und unbestechliche tonale Neutralität. Nein, mehr kann wirklich niemand von einem Lautsprecher verlangen.

Diptyque DP140 MkII

Info

Magnetostatischer Lautsprecher Diptyque DP 140 MKII

Konzept: 2-Wege-Flächenstrahler mit Bändchenhochtöner
Bestückung: je zwei „Medium Basszellen“ aus Mylar-Folie, 55-cm-Bändchenhochtöner
Bandbreite: 35 Hz bis 22 kHz
Empfindlichkeit: 87 dB
Impedanz: 6 Ω
Belastbarkeit: 180 W
Besonderheiten: magnetisch haftende akustische Anpassungselemente für basslastige Musik im Lieferumfang
Ausführungen: Schwarz und Weiß ohne Aufpreis, RAL-Farbe 600 €; 4 Lederfarben für Umrandung zur Auswahl
Maße (B/H/T): 48/141/5 cm (ohne Füße)
Gewicht: 38 kg
Garantiezeit: 5 Jahre
Paarpreis: ab 14 000 €

Kontakt

Conceptas Engineering

Hoher Markt 8–9/3/30
1010 Wien
Österreich
Telefon +43 67684 10012

www.o2acables.com

www.diptyqueaudio.com

Mitspieler

Plattenspieler: bauer audio dps 3
Tonarm: bauer audio Tonarm
Tonabnehmer: Lyra Kleos
Phonovorverstärker: Hagerman Trumpet Wood
MC-Übertrager: Consolidated Audio Silver/Nano
CD-Player: Electrocompaniet EMC 1 UP
Musikserver: Innuos Zenith Mk III
D/A-Wandler: Aqua La Voce S3
Switch: Silent Angel Bonn N8
Vorverstärker: Silvercore linestage two
Endverstärker: Rowland Model 2
Netzaufbereitung: AudioQuest Niagara 3000
Lautsprecher: Ayon Seagull/c
Kabel: Fadel Art, AudioQuest, Solidcore, O2A Cable
Zubehör: Rack Creaktiv Trend

Die angezeigten Preise sind gültig zum Zeitpunkt der Evaluierung. Abweichungen hierzu sind möglich.