Quincy Jones – Q’s Jook Joint
Quincy Delight Jones jr. war, so könnte man sagen, eine Art Mozart der modernen Musikwelt.
Ein besonderes Genie, jemand, der in seinem Bereich Einzigartiges vollbrachte: einer der bedeutendsten Komponisten und Produzenten der vergangenen 100 Jahre. Quincy Jones, der Anfang November im Alter von 91 Jahren verstorben ist, prägte die moderne Musik wie kaum ein anderer: Er arrangierte Frank Sinatras Version von „Fly Me To The Moon“, einen Song, den die Bodenstation bei der Mondlandung 1969 an die Astronauten im All funkte. Er schrieb bedeutende Filmmusiken, etwa für Steven Spielbergs Filmdrama Die Farbe Lila aus dem Jahr 1985. Er produzierte Michael Jacksons Album Thriller, ein Meilenstein der Musikgeschichte und bis heute mit rund 66 Millionen Verkäufen das erfolgreichste Album aller Zeiten. Im Büro philosophierten wir, nach Bekanntwerden seines Todes, über das Wirken von Jones. Und kamen auf ein Album zu sprechen, das neben all den anderen Lebensleistungen eher weniger bekannt ist: Q’s Jook Joint aus dem Jahr 1995.
Eine Platte wie ein Lebenswerk, getragen auch von einem Who ’s Who der damaligen Musikwelt. Ein Ausflug in Quincy Jones’ privaten Musikclub, in dem Ray Charles, Bono, Phil Collins und Stevie Wonder und jede Menge damals angesagter Jungstars wie Queen Latifah, Heavy D oder Melle Mel auftraten. Jook Joints, das waren einst Kneipen der Afroamerikaner im Südosten der USA, in denen getrunken, gegessen und getanzt wurde – und in denen es häufig Livemusik gab.
Q’s Jook Joint zeigt die Bandbreite von Jones’ Schaffen wie kaum ein anderes seiner Werke. Angefangen beim ersten echten Song nach dem Intro des Albums: „Let The Good Times Roll“. Der Track versammelt direkt drei Legenden der Musikgeschichte in nur 2 Minuten und 55 Sekunden: Stevie Wonder, Ray Charles und Bono. Sie grooven zu fetzigen Beats, fein abgemischten Gitarrensoli und pointierten Bläsersätzen. Was für ein Start! Er erinnert klar an Jones’ Bigband-Vergangenheit, als er bereits in Teenietagen mit Ray Charles durch die Jazzclubs tourte. Jeder Weltstar wäre wahrscheinlich froh gewesen, nur einen der zahlreichen Stars auf Q’s Jook Joint für ein Album begeistern zu können. Anders bei Quincy Jones. Schon im 92-sekündigen Intro verschwimmen 29 Stimmen zu einer akustischen Ouvertüre, die auf das Album einschwört, darunter die von Barry White, Chaka Khan, Shaquille O’Neal, Gloria Estefan und Miles Davis, um nur einige zu nennen.
15 Tracks umfasst das Album, darunter viele Coverversionen bekannter Songs, denen Jones zu neuem Glanz verhalf, exemplarisch sei hier etwa genannt „Do Nothing ’Till You Hear From Me“. Ein Song aus den Vierzigerjahren, den Jones neu arrangierte, durch tiefe Basslinien und Synthiesounds in die Moderne führte, von Phil Collins einsingen ließ, dabei aber dennoch den archaischen Bläsersound aus den Anfangsjahren – und so den Kern des Songs – erhielt.
Hervorzuheben ist ebenso „Stomp“, ein Song, den Jones bereits 1980 für The Brothers Johnson produzierte. Auf Q’s Jook Joint führte Jones den Song aus der Disco-Welt hinüber in die Klangkulissen des Hip-Hops. Dafür holte er unter anderem Rapper Coolio (bekannt durch „Gangsta’s Paradise“) ans Mikrofon, und den Keyboardpart ließ er vom Jazzpianisten Herbie Hancock einspielen. Auch Michael Jacksons „Rock With You“ nahm sich Jones vor. Er kombinierte Hip-Hop- und Funk-Elemente, ließ den Song zudem von der seinerzeit renommierten R&B-Künstlerin Brandy einsingen. Das Album ist ein Sammelsurium an Soundkulissen, die wohl kein anderer so in einem stimmigen Klang-Konglomerat hätte vereinen können. Quincy Jones konnte es. Und zwar so gut, dass Q’s Jook Joint 1997 mit dem Grammy Award für –natürlich – das bestproduzierte Album ausgezeichnet wurde.
Info
Quincy Jones – Q’s Jook Joint
Label: Qwest Records
Format: CD, DL 16/44
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