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Westdeutsche HiFi-Tage

Westdeutsche HiFi-Tage, Bonn. Die Revolution am Rhein blieb aus … und das ist gut so

Die alljährlichen Westdeutschen HiFi-Tage, initiiert und etabliert von HiFi-Linzbach, haben sich in nur fünf Jahren zum absoluten Pflichttermin der Szene gemausert. Die klassische Hotelmesse nach altem Kempinski-Frankfurt-Zuschnitt ist genau das Richtige für FIDELITY. Also waren wir auch 2015 mittendrin und unterwegs: als Aussteller, Beobachter und Berichterstatter.

Für die Anreise zu den Westdeutsche HiFi-Tage hatten wir an alles gedacht. Die noch druckfrische Ausgabe der FIDELITY war mit im Gepäck, das dicke Bonusheft Nr. 2 ebenso, selbst die süßen kleinen FIDELITY-Gummibärchen waren an Bord. Und als wir in Bonn eintrafen, hatte Dieter „Ruhestörer“ Strecker den FIDELITY-Stand schon piekfein vorbereitet. Danke, Dieter.

Doch irgendwas vergisst man ja immer. 2015 waren es die Tragetaschen. Freundlicherweise half uns auch in diesem Fall der Veranstalter, HiFi-Linzbach, unkompliziert weiter. Hefte, Bücher und Bonushefte flutschten geschmeidig in die knallroten Stofftaschen von HiFi-Linzbach. Diese waren überall auf der Messe zu sehen – und das war natürlich volle Absicht. Es geht sogar das Gerücht, der Veranstalter hätte aufgrund der „Tragetaschen-Sichtbarkeit“ abschließend die Besucherzahlen überschlägig ermittelt …
Sei’s drum. Reichliche 4000 Besucher sollen sich auf den etwas längeren Feiertagssamstag und den verkürzten Sonntag verteilt haben, und das bei erstklassigem Ausflugswetter. Das wollen wir gerne glauben. Unangenehmes Gedränge gab es auf den Westdeutschen HiFi-Tagen 2015 trotzdem nur vereinzelt zu beobachten; Platz bietet das Hotel Maritim für Aussteller und Besucher ja genug.

Klangrevolution 2015?
Marktschreierische Revolutionen fanden auch 2015 definitiv nicht statt – und das ist verdammt noch mal gut so. Denn das Niveau der Vorführungen war bei etlichen Installationen wirklich sehr hoch. Dort hörte und spürte man die Liebe zum Detail. Diese Highlights besuchte man auch gerne ein zweites oder drittes Mal, um sich noch ein bisschen mehr verführen zu lassen.
Allerdings gab es auch sensationell schwache Vorführungen zu entdecken. Das klang dann wie „Micky-Maus-HiFi“ ohne jeden Grip und mit teils sagenhaft lascher oder trötiger Ansprache. Ich sortierte etwa zwei Handvoll Setups – darunter auch renommierte Namen und Personen – unter Komplettvergeigung ein. (Passenderweise erlebten wir am Samstagabend dann auch ein offenbar völlig überfordertes Servicepersonal im Bar- und Restaurantbereich des Hotels, aber das nur am Rande.) Zum Glück gab es ja noch die vielen Guten, die Engagierten, die Herzblutigen unter den Ausstellern. Und die waren natürlich auch am Sonntag wieder am Start.

Die Achtziger sind wieder da
Auf den Westdeutschen HiFi-Tagen verstärkt zu sehen waren wieder große Anzeigeinstrumente, so wie früher in den Achtzigern bei den schweren Kisten aus den USA und Japan. Nicht nur die dicken AES-Endstufen bei Hermann Hoffmann (Audio Int’l) leuchteten den geneigten Highendern heim, selbst der kompakte und sauteure Kopfhörerverstärker von Audio Technica besitzt welche. Apropos Achtziger: Die süßesten High-End-Früchtchen kommen mittlerweile längst nicht mehr ausschließlich aus Großbritannien, sondern oft aus Italien oder Taiwan bzw. China.
Oder doch (wieder) aus Japan? Damit ist nicht nur Superedles wie Kondo oder TechDAS gemeint, die auch 2015 wieder für echte Glanzpunkte sorgten. Technics etwa hat seine highfidelen Wurzeln wiederentdeckt und brachte sie sichtbar zum Sprießen. Deutlich besser klang es allerdings bei Pioneer, wo ein neuer, ganz normaler Stereoverstärker für gut 1600 Euro ein Pärchen vorzüglicher Gerade-noch-kompakt-Lautsprecher – bestückt mit den superben Chassis der Profischwester TAD – ordentlich auf Trab hielt. Sogar eine olle Black-Sabbath-CD, die Pioneer-DJ Jürgen Timm rauskramte und auf würdigen Pegel brachte, klang substanziell und machte Lust auf mehr.
Übrigens spielten noch einige andere bezahlbare Systeme auf ähnlich hohem Niveau. Herausragend musikalisch und verblüffend dynamisch war etwa die Kette aus Croft-Elektronik und Harbeth-Lautsprecher, zum Klingen gebracht vom Musikexperten Thomas Krüger. Richtig Spaß verbreiteten auch neue Odeon-Modelle. Die Hörner wurden von exquisiter Röhrenelektronik aus dem Hause New Audio Frontiers bedient, die selbst vor der Hardcore-Musikauswahl, die Andrejs Staltmanis über das massive Reed-Laufwerk hineinströmen ließ, nicht zurückzuckten. Länger sitzen blieb ich auch im großen Raum von Gaudios (Marten-Lautsprecher) und bei Jan Sieveking, der große Veritys mit großer Soulution-Elektronik verbandelte. Und einiges zu erzählen hatte. Gleiches galt für Ulf „Unstoppable“ Soldan, der die neue 800er-Serie von Bowers & Wilkins bis ins Detail erklärte. Wer nach einer derartigen „Behandlung“, die in vielen Räumen in Bonn zu erleben war, einen Weltklasse-Kaffee brauchte, bekam diesen bei AVItech. Zwar hatte Barista Heinrich Schläfer diesmal kein selbstgebackenes Gebäck im Gepäck, aber eine brandneue, noch größere Espressomaschine. Selbstverständlich im brandneuen Flightcase. Da fiel das winzige optische Laufwerk für CDs von Bryston im Nebenraum fast gar nicht mehr auf. Ich entdeckte es trotzdem. Und fühlte mich schon wieder ein bisschen an die Achtziger erinnert.

Stereophonie wird wieder hip?
Insgesamt war die Stimmung auf den WDHT 2015 gut bis sehr gut, am FIDELITY-Stand sogar ausgezeichnet, wenn ich das mal kurz anmerken darf. Wir haben bestens und konstruktiv mit den Besuchern gefachsimpelt und geplaudert, erfuhren von etlichen „besonders guten“ Vorführungen, die wir dann prompt (gleich noch einmal) aufsuchten. Und unsere Gummibärchen taten so, als wären sie die sprichwörtlichen warmen Semmeln.
Kurzum: Offenbar ist eine zwischenzeitlich verloren geglaubte Leidenschaft für das „Musikhören“ bei vielen Leuten wieder – oder ganz neu – aufgeflammt. Und das ist mindestens ebenso gut wie die ausgebliebene Klangrevolution. Die braucht nämlich niemand. Es gibt genug engagierte Leute, die aus dem Vorhandenen das Optimum herausholen. Also: ein Hoch auf alle Experten, die sich hoffentlich auch wieder 2016 bei den Westdeutschen HiFi-Tagen versammeln werden. FIDELITY ist jedenfalls wieder gerne mit dabei! Mit eigenen Tragetaschen.

 

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