Crystal Cable Diamond Kabelfamilie
Der Streit um den Kabelklang füllt Bücher. Pragmatische Puristen beharren darauf, dass Kabel gar nicht zu klingen haben und daher auch keinen Einfluss auf den Klang einer Kette haben (dürfen). Highender, die schon ein paar Jahre im Geschäft sind und deshalb auch schon einiges (manchmal Abseitiges) gehört haben, nehmen da einen deutlich anderen Standpunkt ein. Wer unschlüssig ist, welches Lager in dem Dauerzwist die Nase vorn hat, sollte sich einmal ganz unvoreingenommen die Diamond-Serie der Kabelexperten von Crystal Cable gönnen – Staunen praktisch vorprogrammiert.
In aller Kürze:
Einstöpseln und sich an hörbar verbessertem Klang freuen – eine Einbrennphase war bei den Testmustern aus der Kabelfamilie Crystal Cable Diamond Serie 2 nicht (mehr) nötig.
Da stimmt etwas nicht. Die Redaktion hatte mich gebeten, die neue Kabelfamilie von Crystal Cable zu testen. Und dann hole ich aus der Paketstation ein für High-End-Verhältnisse auffallend kleines, fast schon winziges Paket, das sich ohne ausgerenktes Rückgrat nach Hause tragen lässt. Kabelfamilie, echt jetzt?
Ja, ganz im Ernst. Der Lieferschein listet sechs verschiedene Positionen vom Lautsprecher-Kabelpaar bis zur Netzwerkstrippe auf, alle aus der Diamond- oder Micro-Diamond-Linie der Kabelmacher von Crystal Cable. Kabel, die den Gegenentwurf zum angesagten Geräteverbinder-Paradigma darstellen. Denn die kleinen Kabel-Diamanten sind keine unterarmdicken Anakondas, die sich durch das Wohnzimmer schlängeln und auf keinen Fall be- beziehungsweise getreten werden dürfen. Sondern silbrig schimmernde „Klingeldrähte“ mit sauber verdrilltem Aufbau, die schick aussehen und die Anschlüsse der Geräte kein bisschen stressen. Die Stecker sind auch keine WBT-Derivate, sondern metallarme Eigenkonstruktionen. Entsprechend entspannt gerät in meinem chronisch zu engen Hörraum die Verkabelung.

Den Anfang macht das Lautsprecherkabel, bei dem das Crystal Cable beziehungsweise der Vertrieb selbstbewusste 3300 Euro für zweimal drei Meter aufruft. Ein wenig viel für ein paar Meter Klingeldraht. Der Spott vergeht mir schon nach den ersten Takten Musik, die mein Clearaudio-Plattendreher über den Unison-Röhrenverstärker Simply Italy an die Klemmen meiner Infinity Kappa 7.2 Series II schickt. So luftig, so ausgewogen, so raumstabil und dennoch transparent hat meine Kette noch nie geklungen. Das Vorurteil, dass Lautsprecherkabel groß und fett sein müssen, um für guten Klang zu sorgen, es löst sich nachhaltig auf. Denn das Crystal-Cable-Lautsprecherkabel Micro Diamond2 macht alles richtig, hilft der Gesamtabstimmung mit einem wohldosierten Mehr oder Weniger auf die Sprünge. Ein Hauch mehr Bass, der klarer definiert aus den Membranen meiner betagten Ami-Boxen kommt und mehr Schattierungen, mehr Abstufungen kennt. Mehr Farben auch im Mittenbereich, was Stimmen vor allem von Sängerinnen und Sängern näher an die vertraute Wirklichkeit bringt, an den Eindruck, den man von der oder dem Betreffenden aus einem Livekonzert mitgenommen hat. Das i-Tüpfelchen ist ein Weniger an Härte und Schrillheit in den Höhen.
Wer sich die Firmengeschichte anschaut, wundert sich über die homogen-natürliche Abstimmung dieser Kabel nicht mehr. Firmenchef Edwin Rynveld und seine aus Ungarn stammende Gattin Gabi sind Musiker. Erst vor kurzem hat Edwin, der nicht nur Klarinettist im Ruhestand, sondern auch Komponist ist, ein Klavierkonzert für seine Ehefrau geschrieben, das diese mit dem Athener Staatsorchester einspielte und von dem es auch eine Aufnahme gibt. „Crystal Cable wurde 2004 gestartet mit dem Ziel, die bestmögliche Klangqualität in einem kompakten, eleganten, leicht mit der Anlage zu verbindenden Kabel zu erreichen“, erklärt Edwin Rynveld, dessen im niederländischen Elst ansässige Firma International Audio Holding BV (IAH) inzwischen zu den weltweit wichtigsten Audiokabel-Produzenten zählt.
Rynveld fügt hinzu, dass dies nur zu schaffen war, weil IAH über dezidierte Experten für Metallurgie verfügt. „Das Micro Diamond2 besteht aus 99,9997-prozentigem Reinsilber“, weiß Werner Kempf, Vertriebschef der Firma IAH für die europäischen DACH-Staaten. Die Leiter der CC-Serien Diamond und Future Dream werden laut Kempf zudem mit Gold aufgefüllt.

Auffällig wirkt, in welchem Maß die Räumlichkeit der Kette mit diesen Kabeln zulegt. Um dieses Kriterium auszutesten, habe ich eine Reihe von „Testscheiben“ gesammelt, die mit Effektplatten wenig bis nichts zu tun haben. Etwa David Zinmans gelungene Einspielung von Gustav Mahlers Achter Sinfonie mit dem Orchester der Tonhalle Zürich, dort aufgenommen mit neun (!) Solisten, groß besetztem Chor und verstärktem Streicher- und Bläserapparat. Ein Mammutwerk, das dank der „Mikro-Diamanten“ ungemein fein in Breite und Tiefe gestaffelt von der SACD kommt.
Fast noch frappierender Rafael Kubeliks Fassung von Friedrich Smétanás Mein Vaterland, erschienen in der Deutsche-Grammophon-Reihe „The Original Source“: Eine Studioaufnahme, bei der Konzertsaal-Atmosphäre aufkommt. Ein Winzigstes mehr an Schub lässt sich hinzugeben, wenn der externe Phonoverstärker über das Crystal-Cable-NF-Kabel mit dem Unison verbunden wird. Auch der Auflösung tut das Feintuning gut, die Detailfülle steigt noch einmal. Laut Edwin Rynveld wurde eigens für Crystal Cable ein Leiter entwickelt, der mit möglichst geringen Verzerrungen und von äußeren Einwirkungen unbeeinflusst arbeitet und der auch unter mechanischer Belastung seine Eigenschaften nicht verliert. „Die Materialien sind so stabil, dass man auf das Kabel auch drauftreten kann, ohne dass etwas passiert“, verspricht Rynveld.
Wie Crystal Cable das kleine Wunder vollbringt? Der von keinem Überzug verborgene Aufbau ohne sperrige „Einstrahlungsblockierer“ vulgo Schutzmasse liefert einen Hinweis darauf, dass hier ein betont niederkapazitatives Kabel Ziel der Entwicklerkunst war, was sich auch nachmessen lässt. Der verwendete Materialmix ist darauf ausgelegt, die für unerwünschte Verzerrungen sorgenden Skineffekte zu minimieren.
Mikrofonie dürfte für diese Kabel schon deshalb kein Thema sein, weil sie störenden Einflüssen wie Vibrationen oder Trittschall dank ihres Aufbaus kaum Angriffsfläche bieten. „Für die Isolation nutzen wir unter anderem Dupont-Kapton und Teflon“, verrät Edwin Rynveld. Da mögen andere bei ihren Kreationen ein viel höheres Hinguckpotenzial haben – akustisch betrachtet stecken jedoch die dünnen Mikro-Diamanten viele vermeintlich aufwendigere Konstruktionen locker in die Tasche. Das ist die Kunst der bis ins Kleinste austarierten Über-alles-Balance dieser „Eier legenden Wollmilchsau“, bei der man Schwächen mit der Lupe suchen muss. Neutralität ist hier kein leeres Wort, Rynveld und Kempf sprechen von Wärme, Feindetail und Transparenz, auf die bei der Entwicklung der Klangschwerpunkt gelegt wurde.

„Die Modelle der Crystal-Cable-Serien Diamond2 und Future Dream sind aus Reinsilberleitern aufgebaut“, erklärt Werner Kempf und erinnert daran, dass Silber wie Kupfer ein polykristallines Metall ist. „Jedes dieser Metalle hat in Rohstruktur pro Zentimeter Hunderte von Mikrorissen. Die verhindern einen optimalen Signalfluss und bilden einen gewissen Widerstand. Bei Crystal Cable und Siltech beschießen wir die Reinsilberleiter mit Goldpartikeln, um die Mikrorisse aufzufüllen und zu glätten. Damit erreichen wir eine noch bessere Leitfähigkeit“, führt Kempf aus.
Kempf sieht noch andere Vorteile: „Die Leitgeschwindigkeit ist bei Silber etwas besser als bei Kupfer. Der Langzeitnachteil von Kupfer ist die Korrosion. Auch ein geschützter Kupferdraht ist Sauerstoff und Feuchtigkeit ausgesetzt. Diese Umstände lassen Kupfer das Signal immer schlechter transportieren, was über die Jahre mit einem deutlichen Klangverlust einhergeht“, so Kempf.
Die Micro Diamond2 „können“ beinahe alles. Den Clubjazz einer Cassandra Wilson ebenso wie das unerreicht gute Purcell-Recital der britischen Sopranistin Rowan Pierce, die irrwitzige „Sinfonik trifft verrockte Volksmusik“-Produktion des Südtirolers Herbert Pixner mit den Berliner Philharmonikern genauso wie den fröhlichen Plastikpop der Taylor-Swift-Epigonin Chappell Roan. Vieles atmet den Eindruck des erstmaligen Hörens, vermittelt das Gefühl, diese Musik noch nie so direkt, so unmittelbar und dadurch so packend serviert bekommen zu haben.
Dass der Eindruck bei Computer-Audio – auch Netzwerkkabel fanden sich im Crystal-Cable-Familienpaket – in meinem Aufbau etwas weniger signifikant ausfällt, liegt in der Natur der Sache: In der Welt der Bits und Bytes ist ganz viel Konfigurationssache; der Einfluss von Geräteverbindungen kommt weniger stark zum Tragen als bei einer überwiegend analogen Stereokette.
An der grundsätzlichen Empfehlung ändert dies nichts: Mit der Micro-Diamond2-Serie von Crystal Cable macht eine gute Kette einen hörbaren Schritt nach vorne, der Familienklang ist allen Mitgliedern zu eigen, die Lautsprecherkabel haben den am meisten spürbaren Anteil an der Verbesserung, die höhere Auflösung wird durch Einsatz der NF-Kabel (Cinch oder XLR) noch deutlicher, noch greifbarer. Und die schlanke Konstruktion schont Gerätebuchsen und Nerven. Unbezahlbar.
Info
Kabelfamilie IAH Crystal Cable Diamond Serie 2
Konzept: Geräteverbindungs- und Lautsprecherkabel mit allen gängigen Steckertypen; diverse Längen und Konfektionierungen, auch LAN-Kabel
Leiter: Silber/Gold2
Mantel: Kapton, Teflon
Schirmung: silberbeschichtetes Kupfer
Preisbeispiel: Lautsprecherkabel 2 x 3 m mit vergoldeten Hohlbananas um 3300 €
Kontakt
International Audio Holding
Edisonweg 8
6662 NW Elst
Niederlande
In DACH vertreten durch Werner Kempf
Telefon +49 6028 4390
Mobil +49 1520 205 5552
werner@internationalaudioholding.com
www.internationalaudioholding.com
Mitspieler
CD/SACD-Player: Pioneer PD06
Plattenspieler: Clearaudio Innovation Basic, Dr. Feickert Blackbird
Phonoverstärker: Musical Fidelity M1 VNYL
Vorverstärker: Trigon Snowwhite, Mark Levinson No. 380S
Röhren-Vollverstärker: Unison Research Simply Italy
Endverstärker: Trigon Dwarf, Mark Levinson No. 27
Lautsprecher: Infinity Kappa 7.2 Series II
Kabel: AudioQuest, in-Akustik