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Bryston Mini A

Test: Bryston Mini A

Bryston Mini A – Wer Augen hat, der höre

Die Bryston Mini A findet Platz in der kleinsten Hütte und leisten darin Großes: Sie geben nicht nur der Musik Freiraum, sondern auch dem Hörer.

Gespielt wird ja praktisch pausenlos: Gitarre, Bass, Schlagzeug; Rock, Pop, Jazz – im Grunde „alles von Abba bis Zappa“, wie der stationäre Tonträgerhandel in vergangenen Jahrzehnten oft sein Sortiment beschrieb. Gespielt werden Platten aus Vinyl, Silberlinge mit Beschichtungen und alles von AIFF bis .zip-Folder. Das Interesse an hochwertigen Spielgeräten setzt indes lange nach dem Kindesalter ein und ist zumeist auch erst finanzierbar, wenn die Adoleszenz mindestens in die unbeschränkte Geschäftsfähigkeit gemündet hat. Deshalb spielt der Freund des gehobenen Hörgenusses eines zumeist nicht mehr: Kinderspiele.

Dabei gäbe es durchaus Spiele aus Kindertagen, die mit ein paar leichten Abwandlungen gut zum Hör-Hobby passen würden: „Blinde Kuh“ zum Beispiel. Und das geht so: Man spielt seine Lieblingsmusik (in seinem Lieblingsformat) ab. Erlaubt ist alles von Abba bis Zappa, nehmen wir testweise doch einmal Sara K. Dann werden die Augen verbunden. Die Aufgabe ist es nun, sich tastend durch das Stereopanorama zu bewegen, bis man dort angelangt ist, wo sich laut Klangbild die Nase der Gitarristin und Sängerin befindet. Wer es kompliziert mag, kann sich ja auf diese Weise genau an die Stelle begeben, an der die Bratsche in einer opulenten Aufnahme eines romantischen Orchesters positioniert ist. Das Spiel bringt Spaß und gute Unterhaltung. Nur muss man aufpassen, dass man mit den verbundenen Augen nicht versehentlich gegen einen der Lautsprecher stößt.
Hier kommen die neuen Schallwandler von Bryston ins Spiel. Man müsste schon genau zielen, um davorzulaufen. Mit der Mini A präsentiert die renommierte Firma aus Ontario, Kanada, nicht nur Regallautsprecher in ausgesprochen handlichen Abmessungen – knapp 40 Zentimeter hoch, etwa 20 Zentimeter breit –, sondern vor allem ausgesprochen leistungsfähige Kompaktlinge, die eine ganz besondere Eigenschaft haben: Sie liefern eine Räumlichkeit, die Sorgen um millimetergenaue Aufstellung und exakte Sitzposition im Sweetspot vergessen macht. Sie eröffnen nicht einfach nur eine Bühne von beeindruckender Größe, sondern erlauben eine präzise Ortbarkeit von Schallereignissen, bei der man tatsächlich den Eindruck hat, den Aufenthaltsort eines Instrumentalisten auf den Zentimeter genau im eigenen Wohnzimmer auditiv vermessen zu können.

Eigentlich ist der Hersteller Bryston zunächst vornehmlich mit Verstärkern in Erscheinung getreten – sowohl fürs heimische Wohnzimmer als auch für professionelle Beschallungsanwendungen von Live-Spielstätten wie Theater oder Stadien bis zu Rundfunk- und Aufnahmestudios. Inzwischen gibt es auch DACs, Digitalplayer – und eben Lautsprecher. Die Produkte genießen einen ausgezeichneten Ruf: Man vertraut bei Bryston auf einen ausgeprägten Ingenieursgeist und gibt daher 20 Jahre Garantie.
Die Mini A wurde, daraus macht Bryston kein Geheimnis, gemeinsam mit den Spezialisten von Axiom Audio entwickelt. Sie folgt auf den nur leicht größeren Bruder, die Mini T, und stellt das Einstiegsmodell dar, ausgestattet mit einem 16,5 Zentimeter durchmessenden Basstreiber, einem im Vergleich zur Mini T verkleinerten Mitteltöner von rund acht Zentimetern und einem Mitteltöner mit Titankalotte. Abgestrahlt werden die hohen Frequenzen mithilfe eines runden Waveguides, der die Schallwellen egalitär nach oben und unten, links und rechts nach außen führt. Dem Hörer erlaubt dies, so Bryston, eine Bewegungsfreiheit, wie man sie nicht allzu oft findet. Und tatsächlich: Die Mini A vermag den Raum überraschend gleichmäßig zu beschallen.
Und das war auch die Idee bei der Entwicklung: Die Mini A sieht zwar aus wie ein klassisches Dreiwege-System. In Wirklichkeit handelt es sich aber um einen Zweiwege-Lautsprecher, dessen zusätzlicher Mitteltöner im Grunde nur eine Aufgabe hat: Er soll das Abstrahlverhalten linearisieren. Ziel ist eine möglichst breite Abstrahlung, die auch „off axis“ keine Einbrüche aufweisen soll. Damit das auch besonders gut gelingt, ist jedes Paar per „pair matching“ füreinander bestimmt worden. Das ist selbst in deutlich höheren Preisregionen keineswegs selbstverständlich.

Die Gehäuseform verjüngt sich nach hinten. Dort befindet sich ein Anschlussterminal, das hinsichtlich der Einsteckformate großzügig ist: von Bananensteckern bis Kupferlitze ist so manches erlaubt. Wer will, kann die Mini A mittels Bi-Wiring und damit natürlich auch per Bi-Amping betreiben. Auch das Bassreflexrohr ist rückseitig angebracht – was in diesem Falle ausnahmsweise einmal schade ist. Man sieht nämlich nicht einfach nur ein Loch mit einem schnöden Plastikrohr. Die Öffnung ist mit einer Art Kunstleder verkleidet, das durch die Rundung einige auffällige Falten wirft. Das sieht nicht nur originell aus und erlaubt so manche Assoziation, sondern gleicht einen häufig zu beobachtenden systembedingten Nachteil des Bassreflexprinzips aus: Die Lautsprecher atmen gleichmäßig und auch unter größerer Belastung ohne irritierende Nebengeräusche.
Man kann nun wie immer den Zollstock in die Hand nehmen und beginnen, das Stereodreieck auszumessen, um den optimalen Standort der Mini A zu ermitteln. Man kann sie aber auch – Hardliner, tapfer sein – einfach in ein stabiles Regal stellen. Tatsächlich verlangt sie nicht unbedingt eine Aufstellung mitten im Raum; eine wandnahe Beheimatung kommt dem Bass zupass, was bei den kleinen Abmessungen durchaus erwünscht sein kann. Nicht nur was den beanspruchten Platz anbetrifft, sind die kleinen Bryston ausgesprochen genügsame Mitbewohner. In der Aufstellung sind sie insgesamt nahezu anspruchslos und gutmütig, was es ihnen erleichtert, sich in bestehende Wohnumgebungen einzupassen – ihre Akzeptanz in ehelichen oder eheähnlichen Gemeinschaften sollte so auf absolute Traumwerte emporschnellen.
Wohn- oder Hörräume sind üblicherweise darauf ausgelegt, dass Musik in aufrecht sitzender Position genossen wird. Oft gibt es dabei einen Sweetspot, der eng bemessen ist und im Grunde kaum Bewegungsspielraum lässt, wenn man den Klang vollständig genießen will. Das ist in Ordnung – wer sich bewegen will, soll den Dancefloor im Club aufsuchen. Im Alltag legt man sich aber auch einfach mal auf das Sofa und ist von des Tages Mühsal derart entkräftet, dass zum Sitzen in Optimalposition der Elan fehlt. Brystons A-Minis haben selbst dafür Verständnis: Sie erreichen das Ohr auch unter solch vollkommen ungünstigen Umständen. Selbst wenn man seinen Kopf auf ein Kissen in einer Sofaecke bettet und das einigermaßen gleichschenklige Hördreieck zu einer fast schon ungeometrischen Form verzieht – was soll’s: Die Mini A liefern weiterhin ziemlich stereo.

Raumprojektion, Dreidimensionalität, Tiefenstaffelung: Hier sind die Mini A erstklassig, vor allem, wenn sie dann doch nicht im Regal, sondern frei auf guten Stativen aufspielen. Das Konzept, das auf breites Abstrahlverhalten abzielt, geht vollkommen auf. Doch das sind nicht die einzigen Tugenden. Versuchen wir es doch mal ruhig mit etwas Bass: Auf dem Album Blood Sugar Sex Magik von den Red Hot Chili Peppers ist vielleicht kein besonders akkurat gespielter, dafür aber ein umso lebhafterer Bass zu hören. Fleas Linien zeichnen die Minis sauber, das Auf und Ab lässt sich spielend verfolgen und Bumms hat’s auch. Die Grenzen der Physik mögen die Schallwandler vielleicht manchmal augenscheinlich zu dehnen vermögen, außer Kraft setzen können sie sie nicht. Wer es unbedingt tiefergelegt braucht, darf Tuning durch einen Subwoofer in Erwägung ziehen. Trotzdem liefern die Brystons einen nicht nur im Verhältnis zu ihrer Größe bemerkenswert vollmundigen Bass, der zu einem beeindruckend vollständigen und klar gezeichneten Klangbild beiträgt.
Ob Klassik, Rock oder Jazz – die Mini A spielt stets verblüffend groß auf. Ihr Spiel wird getragen von einer souveränen Mittenwiedergabe und strahlenden, aber wohleingebetteten Höhen. Das zeigt sich bei den schimmernden Crashbecken-Einsätzen in Supertramps „Gone Hollywood“ (Breakfast In America) ebenso wie bei Shirley Basseys „Our Time Is Now“: Hier lässt sich schön hineinhören in die gegeneinanderschlagenden Zimbeln des Schellenkranzes.
Kleines Geld, großer Klang: Die Mini A bestehen in jeder musikalischen Situation. Sie bringen High-End-Sound in die gute Stube, lassen sich aber durchaus auch als Nahfeldmonitore im Studio einsetzen. Man kann bedenkenlos Last an sie anlegen – die einzigen Verzerrungen, die man hören wird, sind die in der überschlagenden Stimme des sich beschwerenden Nachbarn. Aber auch ein ruhiges Sonntagsfrühstück begleiten sie leise, dabei trotzdem sotto voce. Die Mini A haben das Zeug zum langjährigen Begleiter auf musikalischen Entdeckungsreisen – ob man diese nun mit geschlossenen oder verbundenen Augen antritt …

 

Bryston Mini A

Prinzip: 3-Wege-Kompaktlautsprecher („2-Wege-Bassreflex mit zusätzlichem Mitteltöner“)
Wirkungsgrad: 87 dB/W/m
Nennimpedanz: 8 Ω
Bestückung: 16,5-cm-Tieftöner, 8-cm-Mitteltöner und 25-mm-Hochtöner
Ausführungen: Vinylfolie Esche schwarz oder Kirsche, diverse Holzfurniere (Aufpreis 210 €)
Maße (B/H/T): 21,5/39,4/21 cm
Gewicht: 5 kg
Garantiezeit: 20 Jahre

AViTech
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