Harbeth NLE-1
Harbeth, die renommierte britische Lautsprechermanufaktur, bleibt so traditionsbewusst wie innovationsfreudig – bestens repräsentiert vom brandneuen Aktivlautsprecher NLE-1.
In aller Kürze:
Die Harbeth NLE-1 steht für eine impulsgenaue, signaltreue Wiedergabe für stundenlanges ermüdungsfreies Hören. Drei effektive DSP-Klangpresets fügen eine erstaunliche Vielseitigkeit hinzu.
Seit ziemlich genau 40 Jahren führt der Schotte Alan Shaw die im Süden Englands beheimatete Lautsprechermanufaktur Harbeth. Der charismatische Shaw ist Inhaber und Chefentwickler in Personalunion, war selbst für die BBC tätig und zeichnet mitverantwortlich für diverse Innovationen à la Harbeth. Im Grunde sorgte er dafür, dass Harbeth heute der letzte klassische Lautsprecherhersteller der Insel ist, der in britischer Hand verbleibt und konsequent in England produziert. Dabei ruhen sich Alan Shaw und sein Team keineswegs auf ihrem Lorbeer aus, sondern sind hellwach und offenohrig für die neuesten Technologien.
Die brandneue Baureihe von Aktivlautsprechern, N(ew)L(istening)E(xperience) bzw. „Neue Hörerfahrung“ genannt, repräsentiert diese Offenheit bestens: Denn diese Lautsprecher verbinden die eigene, patentierte Wandler-/Chassistechnik mit digital kontrollierter Aktivtechnologie. Neben dem großen NLE-3 hat vor allem der kleine Aktivlautsprecher NLE-1, den es zum Paarpreis von 3750 Euro gibt, für erhöhtes Ohrenmerk in der Szene gesorgt.

Akustische Ausnahmekünstler
Der NLE-1 ist ein aktiver Zweiwege-Lautsprecher in geschlossener Bauweise, bei dem einmal mehr die bestmögliche, das heißt besonders signaltreue Wiedergabe Entwicklungsleitbild war. Voller Stolz präsentiert sich der Neue in seinem resonanzoptimierten Gehäuse, das in sieben attraktiven Farben zu haben ist. Unser Prüfpaar leuchtet in „British Racing Green“, ein Metallic-Farbton, der einfach super aussieht. Interessanterweise ist die Frontplatte nicht fest mit dem geschlossenen Gehäuse verschraubt, sondern über starke Magnete verbunden. Die Front gehört aber definitiv aufs Gehäuse, denn die abgeschrägten Seiten reduzieren Kantenreflexionen, während die speziell ausgeformten Mulden um den Hochtöner der Schallführung als „Waveguide“ dienen. Viel Platz benötigt der HLE-1 nicht: Er hat die Abmessungen klassischer Nahfeldmonitore oder Regallautsprecher, die Wohnraumnutzungsdiskussionen mit dem Lebenspartner eher entspannt ablaufen lassen.

Wie es sich für Harbeths gehört, verfügt der NLE-1 über besondere Chassis aus eigener Entwicklung. Der Tiefmitteltöner ist ein proprietäres Design, für dessen Membranmaterial, „RADIAL“ genannt, der Hersteller Patente hält. Das Wort ist ein Akronym und steht für „Research And Development In Advanced Loudspeakers“, ein staatlich gefördertes Forschungsprojekt, in dessen Rahmen ein akustisch herausragender Membranwerkstoff gefunden wurde, eben Radial. Es handelt sich dabei um einen Komposit-Kunststoff, der dank seiner außergewöhnlichen Steifigkeit für eine Lautsprechermembran geradezu prädestiniert ist: Transienten, also impulshafte Schallereignisse, werden überzeugender wiedergegeben, leise Mikrodetails nicht mehr materialbedingt in Wärme, sondern in Schall umgewandelt. Das Radial des Tiefmitteltöners befördert also eine besonders genaue Detailwiedergabe und soll das Chassis zu einem akustischen Ausnahmekünstler machen. Zumindest bis drei Kilohertz. Ab da übernimmt der Ferrofluid-gekühlte Hochtöner, der nach den strengen Harbeth-Vorgaben vom norwegischen Spezialisten SEAS gefertigt wird. Damit die Trennung möglichst akkurat geschieht, setzt der Hersteller bewusst auf moderne Digitaltechnik.

DSP als Kontrollinstanz
Die Kernkompetenz von Alan Shaw ist die Entwicklung von Frequenzweichen, und die im NLE-1 werkelnde DSP-Frequenzweiche ist sein jüngstes Geisteskind. Tatsächlich hält Mr. Shaw die NLE-Serie für den Höhepunkt der Harbeth-Lautsprecherentwicklung sowie die perfekte Verbindung von analoger und digitaler Welt. Der DSP kümmert sich vor allem um optimale Phasenverläufe: Die beiden Chassis wirken bestmöglich zugunsten einer akkuraten, dabei lautstärkeunabhängigen Impulswiedergabe zusammen. Wir dürfen also geringste Phasenverzerrungen bei hoher Impulstreue erwarten. Genau, der NLE-1 ist zuallererst als Monitor – übrigens für eine bekannte britische Fernsehshow – konzipiert worden. Der Kleine darf selbstverständlich auch Highender-Ohren gefällig sein, denn Akkuratesse schätzen wir ebenso.

Beide Chassis werden von jeweils 50 Watt starken Class-D-Endstufen mit „extrem geringer Verzerrung und hohem Dämpfungsfaktor“ angetrieben. Anschlussseitig verfügt der NLE-1 über professionelle XLR- sowie über RCA-Eingänge. Darüber lässt sich optional auch der Tieftonlautsprecher Nelson ansteuern. Die Digitaltechnik gibt dem Anwender außerdem die Option der Klangabstimmung. Dafür gibt es einen rückseitigen Schiebeschalter. In „A“-Stellung spielt der NLE-1 unbehandelt auf, die „C“ empfiehlt sich für die wandnahe Platzierung, während die „B“-Stellung den Klang bei freier Aufstellung recht krass verändert: Dem Bass wird eine zusätzliche untere Oktave hinzugefügt, sodass der kleine Brite akustisch größer erscheint, als er ist. Wer’s mag. Die DSP-Technologie macht den NLE-1 auch tauglich für immersives Audio – mühelos lässt er sich in Mehrkanal-Setups integrieren.
Klar wie ein Makroobjektiv
Für den Hörtest nimmt das grüne Britenpaar allerdings im traditionellen Stereodreieck Aufstellung, die Klangabstimmung verharrt in neutraler „A“-Einstellung. ,Wenn schon, denn schon‘, denke ich und lasse die britische Prog-Legende Yes das Programmmaterial stellen. „Yours Is No Disgrace“ vom Yes Album im 24-Bit/96-Kilohertz-Remix von Steven Wilson ist das erste Werk der Wahl, und sofort ist ohrenfällig, dass Harbeths Radial-Tiefmitteltöner ein Ausnahmekönner ist: Chris Squires besonderer Bass tönt in ungewohnter Klarheit und Definition – und das ist wahrlich nicht selbstverständlich. Dank vorbildlicher Anbindung des Hochtöners setzt das nicht minder eigenwillige Schlagzeugspiel Bill Brufords perkussive Kontrapunkte, Gitarren und Hammondorgel malen Harmonien, und über allem thront das Vokalarrangement in feiner Ausgewogenheit.
Alle Schallereignisse finden sich am vorgesehenen Platz, Details sind sämtlich vorhanden, und auch so manche spielerische Unsauberkeit wird offenbart. Dabei ist die Wiedergabe nie nervig, sondern erfrischend klar wie eine vom Makroobjektiv eingefangene Blumenwiese. Folgerichtig erlebe ich auch das Yes-Großwerk Close To The Edge in ganzer grüner Pracht und bin mir sicher: Der NLE-1 gehört zu den besten Nahfeldmonitoren, die ich bislang gehört habe, und er erfreut dank seiner Präzision fraglos auch HiFi-Enthusiasten.
Info
Aktivlautsprecher Harbeth NLE-1
Konzept: geschlossener 2-Wege-Aktivlautsprecher mit DSP-Technologie
Bestückung: 110-mm-Radial-Tiefmitteltöner (Harbeth), 19-mm-Hochtöner mit Ferrofluidkühlung
Leistung: 2 x 50 W (Class-D-Endstufen)
Frequenzweiche: digital, DSP-gesteuert
Eingänge: 1 x symmetrisch XLR, 1 x unsymmetrisch RCA
Ausführung: Satin Black, Satin White, Titanium Grey, Ivory Sand, Midnight Blue, Racing Green, Crimson Red
Besonderheiten: entwickelt und handgefertigt in England, patentiertes Tiefmittelton-Chassis, DSP-Technologie eigener Entwicklung
Maße (B/H/T): 17/28/23 cm
Gewicht: je 6 kg
Garantiezeit: 2 Jahre
Paarpreis: um 3750 €
Kontakt
input audio
Ofeld 15
24214 Gettorf
Telefon +49 4346 600601
b.hoemke@inputaudio.de
Mitspieler
USB-Interface und D/A-Wandler: Mutec MC3+USB, Mytek Digital Stereo192-DSD DAC, Violectric V800
Musikserver: Audiodata MusikServer II
Rechner: MacBook Pro 16 und MacBook Pro 13 mit M1, jeweils mit Audirvana-Softwareplayer
Aktivlautsprecher: Geithain RL 906
Kabel: Vovox, AudioQuest, Klotz












