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Quadral Chromium 105

Quadral Chromium 105

Die Überraschung

Quadral Chromium 105

Der Name hat Klang. Und eine lange Tradition. In den Achtzigern verzauberte Quadral die HiFi-Welt mit der in jeder Hinsicht außergewöhnlichen Titan – ein nachgerade gigantischer Standlautsprecher, der sich jahrelang als Referenz behauptete. 2023 reichen ein Bruchteil der damaligen Investitionssumme und viel weniger Stellfläche, um den Traum vom authentischen Markenklang wieder aufleben zu lassen. Der Name der Klangmeisterin: Quadral Chromium 105.

Quadral Chromium 105

In aller Kürze:
In der Quadral Chromium 105 steckt viel Gehirnschmalz. Und genau das macht den Umgang mit ihr so entspannt, denn sie braucht weder ultrateure Verstärkerelektronik, noch bedarf es stundenlanger Justage-Orgien.

Quadral Chromium 105


Irgendwie sahen sie immer aus, als würden sie auf dem Kopf stehen. Im Superboxenbereich rollte Quadral von Hannover-Herrenhausen aus die Stereoszene nachhaltig auf. Die Titan war ein übermannshohes Trumm von einem Standlautsprecher, konnte von zwei bis drei kräftigen Männern mit Mühe vom Fleck bewegt werden, hatte den Tieftöner ganz oben, darunter einen vergleichsweise kompakten Mitteltöner – und einen Bändchenhochtöner. Diesen beziehungsweise seine zeitgemäße Reinkarnation hat die deutlich konventioneller und viel schlanker auftretende Urenkelin namens Chromium 105 geerbt.

Bei Quadral legt man Wert auf die Feststellung, dass es sich bei der Konstruktion nicht um einen „Air Motion Transformer“ nach den Ideen von Oskar Heil und auch nicht um einen Mini-Magnetostaten handelt, sondern um einen richtigen Bändchenhochtöner, dessen hauchdünne Membran allerdings auf die früher bei solchen Schallwandlern übliche Faltung (ähnlich einem Faltenrock) verzichtet. Das soll das Hochtonspektrum klarer und durchhörbarer machen.

Quadral Chromium 105
Dass Quadral klanglich eine Hausnummer ist, ist spätestens seit der Titan aus den 80er Jahren bekannt. Heute bekommen die Hannoveraner hervorragenden Klang sehr viel günstiger und wohnraumfreundlicher hin.

Warum ich gerade das Quadral-Flaggschiff der heutigen Oberklasse mit dem einstigen Topmodell verglichen habe? Weil der Lautsprecherbau in den letzten vier Jahrzehnten immense Fortschritte gemacht hat. Ein mit unter 3600 Euro Paarpreis durchaus bezahlbarer Standlautsprecher wie die Quadral Chromium 105 spielt locker auf dem Niveau der einstigen Superboxen und lässt diesen in manchen Bereichen sogar nicht den Hauch einer Chance. Im Hörraum fiel uns beispielsweise sofort der druckvoll anschiebende, aber nie unkontrolliert wummernde Bass der 105 auf, der sich auf intime Jazzbesetzungen wie bei Miles Davis’ legendärem Album Kind Of Blue ebenso versteht wie auf knochenharte Blues- und Popproduktionen oder auf die in den Bauch gehende Macht einer sinfonischen Kesselpauke. Alles Tugenden, mit denen seinerzeit auch die Titan zu punkten verstand.

Dann hören die Gemeinsamkeiten allerdings schon auf, denn die Chromium geht sehr souverän mit Auflösungen um, die vor 40 Jahren schlichtweg noch nicht zur Diskussion standen. Der Lumin X1 wird an T+As wunderbare kleine 200er-Kombi angedockt, und wir hören uns mit wachsender Begeisterung durch die HiRes-Neuheiten von Tidal, Qobuz und Co.

So manche völlig unbekannte Künstlerpersönlichkeit gewinnt über die Chromium 105 wortwörtlich an Statur und Kontur, der Konserveneindruck tritt nobel in den Hintergrund. Wer gerne das Klischee pflegt, Studioaufnahmen würden keine Räumlichkeit und keine Klangfarben kennen, wird von der Chromium ad absurdum geführt. Und das schon in CD-Auflösung. Von Tianna Esperanza beispielsweise hatte ich im Leben noch nie gehört, Asche auf mein Haupt. Ihr Überraschungshit „Terror“ wirkt ganz auf die chamäleonartig wandelbare Stimme dieser Ausnahmesängerin fokussiert, die Begleitung wurde auf leise Pizzicati reduziert. Und die Quadral bringt diesen dynamisch wie rhythmisch extrem filigranen Stoff in verstörender Lässigkeit auf den Punkt. Gerade eben hatten wir damit noch großformatiger Filmmusik von James Newton Howard gelauscht, mit so viel Pegel, dass Kollegen sporadisch ihre Büros verließen, irritiert in den Hörraum spähten – und angesichts der brillanten Präsenz des Gebotenen länger als geplant dablieben.

Quadral Chromium 105
Der Tiefmitteltöner arbeitet auf eine abgetrennte Kammer mit eigenem Bassreflex-Port, über den diese auf dieselbe Tuningfrequenz gestimmt ist wie das Gehäuse der beiden Basschassis.

Die Pegelfestigkeit war eines jener Merkmale, die bei der Entwicklung der Quadral Chromium 105 dick unterstrichen im Lastenheft standen. Soll die wohnraumfreundlich schlanke Box doch auch integraler Bestandteil von Heimkinosystemen sein. Die Zertifizierung dazu hat sie ebenso, wie sich im Quadral-Katalog die genau passenden Mitspieler vom Center bis zum Rear-Speaker finden.

Aber auch ohne die Dreingabe ansprechender Bewegtbilder und ohne Mehrkanalwiedergabe stellt die Quadral Chromium 105 eine spannende Offerte an dezidierte Genusshörer dar. Kommt sie doch dank hohem Wirkungsgrad – 89 Dezibel – verstärkerseitig mit den unterschiedlichsten Spielpartnern zurecht und dankt ein hochwertiges „Frontend“ mit überwältigend gutem Klang, der Veränderungen im Aufbau der Kette zuverlässig an die Zuhörer weitergibt. So wechselten wir im Hörtest unter anderem von einer großen Luxman-Transistorendstufe auf die zum Mini-Vorverstärker passenden Class-D-Monoblöcke von T+A und ließen auch die Lautsprecherkabel nicht unausgetauscht, was eine Menge Feintuning-Potenzial offenbarte. Ein Beispiel: Der Wechsel vom absolut neutral abgestimmten Referenz Air der Kabelgurus von in-akustik auf das Excelsior von Sommer Cable nahm den letzten Hauch von Auflösung und Offenheit, brachte jedoch einen feinen Zuwachs an Farbigkeit. In Kombination mit den zeitweilig der Nüchternheit verdächtigen T+A-Zuspieler wirkten die Strippen um einen Hauch verbindlicher und runder – all das sind freilich Geschmacksfragen.

Quadral Chromium 105
Wenn, dann richtig: Das Bi-Wiring-Terminal bietet ordentliche Kabelbrücken anstelle von Blechstegen.

Stellt man dem Technischen Leiter (CTO) bei Quadral, Sascha Reckert, die Gretchenfrage für alle Lautsprecher-Entwickler, ob er es beim Designen einer neuen Box eher mit dem Hören oder mit dem Messen hält, dann meint er nach ein paar Sekunden: „Beides.“ Man komme zwar durch ausgedehnte Messungen sehr weit, wenn man beispielsweise Parameter wie Übergangsfrequenzen oder Sprungantworten verschiedener Chassis-Varianten analysiere – aber an ebenso ausgedehnten Hörtests führe kein Weg vorbei, wenn man den vorgegebenen Rahmen ausreizen wolle.

Die Chromium 105 ist ein Dreiwege-System der etwas anderen Art. Auf den ersten Blick erspäht man in der schlanken Schallwand drei identisch aussehende 17-Zentimeter-Tiefmitteltöner und besagten Bändchenhochtöner. Sascha Reckert hat einen Ansteuerungs- beziehungsweise Schaltungstrick ersonnen, der aus dieser Bestückung Erstaunliches zaubert. Unter dem Label „Balanced Distribution System“ hat Reckert das Ziel verfolgt, die Kopplung zwischen Tieftöner und Mitteltöner zu optimieren. Um im Frequenzgang keine bösen Überraschungen zu erleben, verbaut der Entwickler drei beinahe identische Tiefmitteltöner, zu deren Merkmalen extrem kräftige (Neodym-)Magnete zählen. Die Impedanz der Chassis ist identisch, die reinen Tieftöner haben aber eine deutlich höhere bewegte Masse (plus zehn Gramm). „So kann der Tiefmitteltöner den hohen Schalldruckpegel im Bass in den Mitteltonbereich hinein fortsetzen, ohne eine niedrigere Impedanz zu benötigen“, führt Reckert aus.

Quadral Chromium 105
Grundlage guten Klanges sind immer die Chassis: Der Tweeter ist nicht etwa ein Magnetostat, sondern ein echter Bändchenhochtöner, der für einen besonders durchhörbaren Hochton sorgen soll. Die Hartmembran-Konustreiber mit ihren kraftvollen Antrieben haben uns mit ebenso wuchtigem wie kontrolliertem Bass begeistert.

Unterstützt wird das Prinzip von einem genau definierten Arbeitsbereich für die einzelnen Chassis: „Die beiden Tieftöner arbeiten auf ein im Vergleich zum Tiefmitteltöner genau doppelt so großes Gehäusevolumen. Beide Gehäuse sind per Bassreflexrohr auf die genau gleiche Frequenz abgestimmt“, so Reckert. Damit würde jeder Treiber die gleichen Gehäuseverhältnisse beziehungsweise Luftvolumina „sehen“.

Was das in der Praxis bringt? Sascha Reckert betont, mit der Chromium 105 eine höhere Maximaldynamik zu erreichen, weil alle drei Lautsprecher den gesamten Bass wiedergeben. Die große Gesamtmembranfläche reduziere zudem die Verzerrungen. Im so wichtigen Stimmbereich verzeichnet Sascha Reckert erfreulich hohe Phasenlinearität, denn die Tieftöner werden sehr flach abgekoppelt. Auch die untere Grenzfrequenz fällt aufgrund der niedrigen Einbauresonanz der Tieftöner sehr tief aus – eine Erklärung für den ebenso weit nach unten reichenden wie supersauberen Bassbereich der großen Chromium. Die Konstruktion erlaubt darüber hinaus, viel Pegel aus einem vergleichsweise kleinen Gehäuse zu generieren, ohne Verzerrungen in Kauf nehmen zu müssen. Aus kaufmännischer Sicht freut sich Sascha Reckert außerdem, dass er sich teure Frequenzweichen-Bauteile sparen kann und mit einem Chassis weniger als bei vergleichbaren Konstruktionen auskommt. Von Sparklang kann dennoch keine Rede sein, die Chromium verkörpert eher eine Mini-Titan. Und ist damit eine klingende Visitenkarte, wie sie sein sollte.

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Info

Lautsprecher Quadral Chromium 105

Konzept: 3-Wege-Standlautsprecher, Bassreflex
Bestückung: 2 x 17-cm-Tieftöner, 1 x 17-cm-Tiefmitteltöner, 1 x Bändchenhochtöner
Nenn-/Musikbelastbarkeit: 150/220 W
Übertragungsbereich: 24 bis 52 000 Hz
Übergangsfrequenz: 400/2800 Hz
Nennimpedanz: 4 Ω
Maximaler Schalldruck: 115 dB
Maße (B/H/T): 23/112/38 cm
Ausführungen: Hochglanzlack schwarz oder weiß
Gewicht: 29 kg
Paarpreis: um 3500 €

Kontakt

Quadral

Am Herrenhäuser Bahnhof 26
30419 Hannover
Telefon +49 511 79040
info@quadral.com

www.quadral.com

Mitspieler

Netzwerkplayer/DAC: Lumin X1, Esoteric N-01XD, T+A DAC 200
CD-Player: Mark Levinson No. 390S, T+A MP 200
Plattenspieler: Clearaudio Innovation Compact, Artkustik Seismograph
Tonabnehmer: Clearaudio Da Vinci und Jubilee MC, Denon DL-103R
Vollverstärker: Mark Levinson No. 5805, Aavik U-380, Trigon Exxceed
Vorverstärker: Cambridge Audio Edge NQ, Mark Levinson No. 38S
Endverstärker: T+A M 200, Mark Levinson No. 27
Phonoverstärker: Clearaudio Balance V2
Lautsprecher: Infinity Kappa 7.2 Series II, SoundSpace Systems Aidoni
Kabel: u. a. von Sommer Cable, in-akustik, AudioQuest und Silnote Audio

Die angezeigten Preise sind gültig zum Zeitpunkt der Evaluierung. Abweichungen hierzu sind möglich.