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Rosso Fiorentino Elba - Schallwand und Flanken sind in feinstes Kalbsleder gewandet, das Terminal ist aus reinem Kupfer

Test Rosso Fiorentino Elba Lautsprecher

Rosso Fiorentino Elba – Florentiner mit Ledernote

Wer sich Mühe gibt, der soll auch belohnt werden. Mit dem Einsteiger-Standlautsprecher Elba vermeidet Rosso Fiorentino gekonnt ausgetretene Pfade und Standardlösungen. Das Ergebnis überzeugt.

Rosso Fiorentino ElbaOb Liebe mit im Spiel ist, spürt man meist beim ersten Blick. Hier ist es zweifellos der Fall. Die Standbox namens Elba mag zwar rundherum schwarz und durchaus kantig sein, trotzdem ist an ihr nichts Kaltes oder Technoides. Ganz im Gegenteil: Der neue Lautsprecher von Rosso Fiorentino strahlt Wärme aus und die Gewissheit, dass hier mehr am Werk war als CAD und CNC. Dazu ein Zitat: „Eleganz ist ein sehr wichtiger Aspekt unseres Lebens“ – der das sagt, ist Francesco Rubenni, Italiener, studierter Elektroakustiker und Gründer der nach einem Renaissance-Maler benannten Lautsprechermanufaktur Rosso Fiorentino. Ein schöner Werbeslogan, aber Rubenni, der selbst Gitarre spielt und in einem burgartigen historischen Palazzo in Florenz einen High-End- und Livemusik-Veranstaltungsraum betreibt, will man ihn gerne glauben.
Eleganz verleiht der Elba ihre Linienführung. Sie zeigt sich auf den zweiten Blick gar nicht mehr so simpel und eindeutig wie zunächst vermutet. Und das, obwohl es sich um das Einstiegsangebot in die Standboxen der Italiener handelt. Für weniger als dreitausend Euro wäre es beileibe keine Schande gewesen, wie der Großteil der Mitbewerber ordentlich furnierte MDF-Quader abzuliefern; eine Ode an den rechten Winkel, vier Spikes drunter und ab die Post! Stattdessen verjüngen sich Boden- und Topplatte trapezförmig nach hinten, gleichzeitig laufen die Seitenwände aber parallel, bis zu dem Punkt, an dem sie an Leisten stoßen, die von der Front abgehen und ihrerseits der Trapezform folgen … ach, einfach mal die Bilder ansehen und sich kurz wundern, ob die Box nun rechteckig oder trapezförmig ist. Ein schöner Eyecatcher.
Dazu noch der Lederbezug (italienisches Kalb!) von Schallwand und Flanken, und schon haben wir eine wunderbar organische Hörskulptur mit einem Hauch von Luxus. Die könnte jetzt auf vier Spikes auf dem Boden stehen. Aber das wäre zu einfach. Stattdessen gibt es eine eigene Bodenplatte trapezförmigen Zuschnitts, die unten Spikes und oben über Distanzzylinder die Box trägt. Weil es der Entkoppelung von der Standfläche dient, sagt der Entwickler; weil’s klasse aussieht, freut sich der Autor. Nein, eine zum Boden atmende Bassreflexöffnung ist da nicht versteckt. Derer gibt es zwar pro Lautsprecher zwei, die hat der Konstrukteur aber in die Rückwand gepflanzt, direkt hinter die beiden Tieftonkonusse.
Bis hierher will das alles irgendwie nicht so recht nach Einstiegsmodell klingen, oder? Aber der Preis ist tatsächlich brandheiß, ich kann mich nur wiederholen: unfassbare 1440 Euro pro Stück! Irgendwo muss doch das Controlling dem Spieltrieb der Designer einen Riegel vorgeschoben haben.
Nicht wirklich. Das vollständig in Florenz gebaute Gehäuse basiert nämlich auf einer Art Endoskelett in Form eines durchbrochenen Innengehäuses. Daran werden alle Außenwände angeschraubt und zur vollkommenen Bedämpfung zusätzlich mit Polyurethankleber festgeleimt. Was nicht bedeutet, dass da nicht noch weitere Versteifungen Platz fänden.
Das Gesamtvolumen steht der freien Entfaltung aller drei Treiber zur Verfügung. Die kommen aus dem Hause Scan-Speak, wo ihre Parameter vorab an die Bedürfnisse von Rosso Fiorentino angepasst wurden. Die Tiefmittelton-Konusse verfügen über leichte und steife harzgetränkte Glasfaser-Membranen, die Hochton-Gewebekalotte misst 25 Millimeter im Durchmesser und ist damit für eine niedrige Übergangsfrequenz geeignet – in diesem Fall liegt sie bei 2200 Hertz.
Die Frequenzweiche teilt den beiden Konuschassis ungewöhnliche Arbeitsbereiche zu. Während der obere Tiefmitteltöner nach unten unbegrenzt durchläuft, ist der darunterliegende Treiber nur Subwoofer. Oberhalb von 60 Hertz ist schon wieder Schluss. Ein sehr spezielles Zweieinhalbwege-Konzept. An den Weichenbauteilen wurde nicht gespart, bestens Beleumundetes aus den Häusern Mundorf (Kondensatoren) und Van den Hul (Innenverkabelung) kommt hier zum Einsatz. Die Anschlüsse sind als einfaches Paar ausgeführt, bestehen aus reinem Kupfer (üblich ist, erst recht in der Preisklasse der Elba, vergoldetes Messing) und werden eigens für Rosso Fiorentino gefertigt.
So viel Gutes, und dann auch noch so unkompliziert zu handhaben! Einfacher aufzustellen als die Elba war bei mir schon lange kein Lautsprecher mehr. Die Italienerin ist die Gutmütigkeit in Person und landet 1:1 an der Position meiner in einigen technischen Merkmalen durchaus ähnlichen Ayon Seagull-C. Ich winkle sie nach Gefühl recht stark auf den Hörplatz ein, achte auf gleichmäßigen Abstand zur Rückwand, und das war’s dann auch schon. Nicht einmal über die pozentielle Klangschädlichkeit von Frontabdeckungen muss ich mir Gedanken machen – es gibt schlicht keine.

Nur für den Fall, dass das noch immer nicht klar geworden sein sollte: Mit der Elba platziert Rosso Fiorentino eine veritable Kampfansage im bestimmt nicht von kuscheligem Miteinander geprägten Markt der erschwinglichen audiophilen Standboxen. Die detailverliebte und eigenständige Gestaltung bringt sofort Pluspunkte, das Hinstellen-anschließen-spielt-Konzept besiegelt die Freundschaft. Jetzt muss nur noch der Klang halten, was die Optik verspricht.
Mit einem Gesamtpreis von gut 5000 Euro ist meine Naim-Verstärkerkombi schon ein feiner, aber sicher nicht unangemessen exklusiver Antrieb für die nur gut halb so teuren Boxen. Das recht gedämpfte Leerlauf-Rauschen der englischen Amps signalisiert vorneweg: normaler, nicht weiter erwähnenswerter Wirkungsgrad. Die Musik – ich lege zum Kennenlernen querbeet auf, von smoothem brasilianischen Bossa bis zu sperriger koreanischer Volksmusik – kommt auf Anhieb mit seidenweicher Geschmeidigkeit aus den Boxen. Geradezu eine Einladung, sich zurückzulehnen und den Chefredakteur einen guten Mann sein zu lassen.

Rosso Fiorentino Elba
Die Kombination aus Rosso Fiorentino und Naim ist ein Glücksfall. Da haben sich zwei gefunden, die etwas von Musik verstehen. Lustigerweise findet sich in den Drucksachen von Rosso Fiorentino mehrfach die Unterscheidung zwischen „erfahrenen Audiophilen wie auch Musikliebhabern“ … da lege ich die Elba doch mit bestem Gewissen all jenen ans Herz, die Musik lieben und gegen High-End-Viren immun sind. Gerne explizit im Gespann mit Verstärkern wie den Naims. Also angemessen kräftigen No-Nonsense-Geräten, die mit kundigem Ohr als ausgewogene Musikvermittler abgestimmt worden sind.
Als ideales Werkzeug zur hifidelen Charakteranalyse haben sich CD-Sampler bewährt, die das französische Klassik-Label harmonia mundi einst zum Anfüttern des Publikums gratis in Plattenläden verteilte. Die Aufnahmequalität der Kostproben war durchweg exquisit, ganz wie das Können der ausgewählten Künstler. Ich höre mich Track für Track durch, lasse auf barocke Kammermusik drei Nummern aus der Matthäus-Passion folgen, dann ein bisschen romantisches Klavier, Harfe, Querflöte, Gitarre, zum Abschluss Chor. Der Daumen sucht nicht blind nach dem Skip-Knopf der Fernbedienung, die Lautsprecher machen es einem schwer, sich, auf Einzelaspekte konzentriert, nervös durch die Titel zu zappen, wie es im HiFi-Testwesen seit jeher guter Brauch ist. Vielmehr scheinen sie mich in den Bann des entspannten Genießens hineinziehen zu wollen.
Aufwachen, sachlicher Blick auf die Fakten. Unbestritten ist die Rosso Fiorentino Elba tendenziell warm abgestimmt. Unüberhörbar wurde sie nicht konzipiert, um der Konkurrenz mit Exzessen an den Frequenzenden davonzuziehen. Wer das Spektakel sucht, sollte sich anderweitig umsehen. Wer optisch Gefallen an den Italienerinnen findet, aber ihnen mit vermeintlich komplementärer, also hart und gnadenlos linear zu Werke gehender Elektronik einen wesensfremden Charakter aufzuzwingen versucht, der wird grandios scheitern. Synergie ist das Stichwort. Kombiniere Ähnliches mit Ähnlichem, auf dass es sich angleiche. Am fabelhaften Einstein-Vollverstärker zum Beispiel ergab sich ein weniger schlüssiges Bild als an den Naims.
Es gibt diese Art von Entspannung, die sich unweigerlich einstellt, sobald alle Aufgaben erledigt, alle Pflichten abgehakt sind. Wenn nichts mehr im Unterbewusstsein rumort und das schlechte Gewissen zu nagen aufgehört hat. An den Elbas lässt sich das mustergültig durchspielen: Sitzt man vor ihnen, gratuliert man sich erst einmal zur richtigen Entscheidung, erwachsene Standboxen mit echtem Tiefbass zum Vorzugspreis erworben zu haben. Der zweite Glücksseufzer entfährt einem beim Streichen über die eines Poltrona-Frau-Sofas würdige Lederbespannung, der dritte folgt von dem/der Lebensabschnittsgefährten/-in. Der innere Schweinehund, pardon: Highender, der die Raumdarstellung mit dem Millimetermaß und den Tiefgang mit dem Seismographen misst, schnurrt zufrieden, nachdem die Telarc-Produktion von Strawinskys Feuervogel auf dem Plattenteller rotiert. Der nach Auflösung gierende latente HiFi-Psychopath kriegt sich wegen der zart artikulierten Streichgeräusche der Violinen vor Begeisterung kaum noch ein. Dem auf Verfärbungen mit spontaner Totalverweigerung reagierenden Ohr entzieht die mustergültig ausgewogene Tonalität der Italienerinnen jede Diskussionsgrundlage. Spätestens jetzt schaltet das Gehirn auf Serotoninproduktion und überlässt den glücklichen Hörer seiner Musiksammlung.
Ja, ich mag diese Boxen. Auch weil sie bei aller Musikalität und Geschmeidigkeit eben doch Charakter haben. Laut hören ist zum Beispiel ein besonderes Vergnügen, weil der Hochton so fein bleibt wie bei Zimmerlautstärke und nicht kippt. Der Pop-Rock-Sampler Collected_01 von Naims Hauslabel in der ganz vorzüglich gefertigten Vinyl-Ausgabe war da eine echte Wucht. Der Eröffnungstitel „Crying On Land“ von Pylo, eine fette, dichte, schleppende Rocknummer, kam grandios gut und bei aller audiophilen Aufgedröseltheit durchaus gänsehauterregend.
Erwachsene Genusshörer mit begrenzten Mitteln, mittelgroßen Räumen und ganz viel Hingabe an gute Musik sollten sich diese noch junge Marke merken: Rosso Fiorentino. Die bauen wirklich alles selber, in und um Florenz! In diesen Zeiten! Beeindruckend.

 

Standlautsprecher
Rosso Fiorentino Elba

Funktionsprinzip: Zweieinhalbwege-Standlautsprecher, Bassreflex
Wirkungsgrad: 88,5 dB/W/m
Nennimpedanz: 4 Ω
Bestückung: 2 x 165-mm-Tiefmitteltöner, 1 x 25-mm-Textilkalotte
Trennfrequenzen: 60/2200 Hz
Besonderheiten: keine Frontbespannung, Single-Wiring
Ausführung: Schwarz-Leder, Weiß-Leder
Maße (B//H/T): 24/105/29 cm
Gewicht: 27 kg
Garantiezeit: Gehäuse 5 Jahre, Treiber und elektrische Komponenten 2 Jahre
Paarpreis: 2880 €

WOD Audio
Werner Obst Datentechnik, Westendstr. 1a
61130 Nidderau
Telefon 06187 900077

www.wodaudio.de

 

 

Mitspieler:

Plattenspieler: Bauer Audio dps 3
Tonarm: Bauer Audio
Tonabnehmer: Lyra Kleos
Phono-Vorverstärker: Bauer Audio Phono
CD-Player: Electrocompaniet EMC 1 UP
Vorverstärker: Naim Audio NAC 202/NAPSC
Endverstärker: Naim Audio NAP 200
Vollverstärker: Einstein Audio The Amp Ultimate, Silbatone JI300 Mk III
Lautsprecher: Ayon Seagull-C
Kabel: Fadel Art, Chord, Naim, Music Line

Die angezeigten Preise sind gültig zum Zeitpunkt der Evaluierung. Abweichungen hierzu sind möglich.