ATC SCM20PSL
Der englische Elektronikhersteller ATC ist seit 50 Jahren im Geschäft und in der Musikindustrie längst ein fester Begriff, wenn es um professionelle Lautsprecher geht. Verzerrungsfreiheit und Leistungsbereitschaft sind hierbei wesentliche Eigenschaften. Nun sind die Anforderungen für Studios nicht unbedingt deckungsgleich mit den Hörgewohnheiten im HiFi-Bereich; deshalb hat ATC entsprechende Lautsprecherlinien im Programm. Aus der „HiFi-Linie“ möchten wir an dieser Stelle die kompakte SCM20PSL vorstellen, die zur „Classic“-Serie des Herstellers gehört.
In aller Kürze:
Die ATC SCM20PSL ist tonal geschickt ausbalanciert, im Timing tadellos, dabei musikalisch rund und stimmig – das ergibt über alles eine sehr ausgewogene Lautsprecherkonstruktion, mit der man lange hören kann. Was will man mehr?
Die tonale Balance in der Musikwiedergabe lässt sich sehr leicht selbst feststellen, denn kaum ertönen die ersten Klänge, richten wir unsere Ohren automatisch auf das Geschehen aus. Fast gleichzeitig entsteht dabei das Gefühl „Das passt!“ – oder eben nicht. Wobei bekanntlich jeder Lautsprecher in hohem Maße von der Raumakustik abhängig ist, die daher zwingend beachtet werden muss. Bei der nicht allzu voluminösen SCM20PSL ist deshalb schon auf den ersten Blick klar, dass sie in einem Raumvolumen von bis zu 20 Quadratmetern am besten zur Wirkung kommt. Die endgültige Positionierung resultiert natürlich immer aus der entsprechenden Einrichtung der Örtlichkeit. Im Test saß ich im klassischen (Monitoring-)Dreieck mit einem Abstand von rund zwei Metern – ich nenne so etwas „intimes Hören“ – in meinem Hörraum.

Die Wahl des Verstärkers hat natürlich ebenso erheblichen Einfluss auf die Wiedergabe des jeweiligen Lautsprechersystems. Aufgrund des eher niedrigen Wirkungsgrades von 85 Dezibel beim Testkandidaten empfiehlt sich die Verwendung von kraftvollen Halbleiterkonstruktionen, wobei sich die Herstellerempfehlung auf 75 bis 300 Watt beläuft. Passenderweise war zum Testzeitraum ein Vollverstärker bei mir zu Gast, der sich mit seinen 75 hybriden Watt bestens mit den ATC verstand. Die Leistung ist im Falle der britischen Kleinmonitore im Grunde nicht wirklich ausschlaggebend, viel wichtiger ist die Kontrolle. Tja, und gerade in diesem Punkt sind übliche Röhrenkonstruktionen gerne mal raus aus der Verlosung. Der Hersteller ist sich dessen bewusst und bietet seinerseits entsprechende Verstärkertypen an.

Bevor wir zur Wiedergabequalität des Probanden kommen, sehen wir uns noch schnell die technischen Daten an: Der Tiefmitteltontreiber des Acht-Ohm-Speakers besitzt einen Durchmesser von 150 Millimetern, bei der Hochton-Seidenkalotte sind es 25 Millimeter. Beide Chassis werden im eigenen Hause entwickelt und hergestellt. Tipp: Eine sehr gut gelungene Vorstellung der ATC-Manufaktur gibt es (auf der Vertriebs-Produktseite) im Internet – es lohnt sich wirklich, dort mal reinzusehen! Die überaus hohe Fertigungstiefe wird hier deutlich aufgezeigt – selbst die Schwingspulen für die Chassis werden im eigenen Hause produziert. Ein wenig Wasser muss ich allerdings in den Wein des Lobes schütten: Die verwendeten Bi-Wiring-Anschlüsse wissen mich nicht zu überzeugen. Leider sind sie so eng positioniert, dass heutzutage übliche, etwas voluminösere Kabelschuhe nicht anzuschließen sind. So bleiben als passende Anschlüsse lediglich (Bi-Wiring-)Strippen mit Bananas/Spades (4 mm). Und die mitgelieferten Kabelbrücken – nun ja, da ist noch einiges an Klangpotenzial drin. Doch genug der Kritteleien – dank eines hochwertigen Bi-Wiring-Lautsprecherkabels brauchte ich mich um die Brücken nicht zu sorgen. Der Frequenzgang wird mit 80 Hertz bis 20 Kilohertz angegeben, und der maximale Schalldruckpegel liegt bei soliden 108 Dezibel.


Bei der Auswahl der Musik beginne ich immer wieder gern mit Pink Floyd. Es hat sich oftmals damit sehr schnell gezeigt, ob ein Lautsprecher wirklich hohes Klangpotenzial birgt, wenn er mit „schwerer“ Musik gefüttert wird. Dazu kommt, dass ich die Band seit Jahrzehnten höre (musikalisch also quasi damit groß geworden bin) und deshalb auch bestens im Ohr habe. Zum Warmwerden gebe ich mir die Vinylversion des Albums Pulse – da ist alles drauf, was die Band berühmt gemacht hat. Die „kleine“ ATC SCM20PSL ist unmittelbar frisch und frei bei der Sache und tobt sich ganz selbstverständlich aus. Klar kann dieser Monitor nicht in den tiefsten Basskeller einsteigen (ich sage nur: 150-mm-Basschassis), aber was er bringt und wie er das macht, ist makellos. Frei und offen ertönt das Bandoneon beim Sexteto Mayor. Sogleich folgt eine Hörsitzung mit dem Buena Vista Social Club – das macht richtig Laune, gerade in dieser „Nahfeld“-Hörsituation. Die Abstimmung der Chassis kann ich als sehr gelungen bezeichnen. Klassik? Aber ja doch: Eine Kirchenorgel – beispielsweise im Allegro moderato der Sonate BWV 1031 von Johann Sebastian Bach, transkribiert für Oboe und Orgel – wird in einer Fülle präsentiert, die aufhorchen lässt. Besonders bei den in der Reproduktion besonders schwierigen Instrumenten wie Orgel oder solchen mit Holzresonanzkörpern brilliert der ATC-Lautsprecher. Hierbei zieht er wahrlich „alle Register“.
Die im Jahre 1976 von der Steve Miller Band aufgenommene Live-Einspielung von „Fly Like An Eagle“ liegt als Nächstes im jetzt digitalen Zubringer. Eine mal jazzig, mal funkig gespielte Hammondorgel, immer massiv untermauert mit einem geradezu brutal geschlagenen, dabei staubtrocken bleibenden Schlagzeug, lässt die ausgedehnten, teilweise messerscharfen Gitarrensoli im Wechsel mit dem halligen Gesang musikalisch zuerst völlig auseinanderfliegen, um sich dann später wieder im Rhythmus der Band einzufinden. Das Publikum geht dabei voll mit. 1989 spielte die Band Kansas in Philadelphia eine Version des bereits damals sehr bekannten Stückes „Carry On Wayward Son“ live. Kraftvoll-direkt und seitens des Schlagzeugs immer wieder mit harten Synkopenschlägen gemischt, wird dieses Musikereignis sehr naturgetreu wiedergegeben. Eine satte Basstrommel, ein fein zu vernehmendes Zischeln der Becken – „Eine tolle Vorführung!“, geht es mir durch den Kopf.
Stilwechsel zu Port Neuf von Rabih Abou-Khalil. Die Musik lässt mich in eine fremde Klangwelt eintauchen. Vor mir vernehme ich, wie sich die Melodien und Töne aus der Tiefe des Geschehens aufbauen. Ein ungemein sauber gestrichenes Violoncello – da bin ich wirklich ob der Klarheit beeindruckt. Gerade die leisen Töne sind es, die überaus realistisch präsentiert werden. So wie bei Robin Holcomb mit „When I Stop Crying“ – Klavier und Stimme als Hauptakteure im Duett; ganz leicht schwebend, von Gitarrenklängen dezent unterstützt, während die Percussion den Gesang garniert. Kommen wir zum Fazit: Der passive Kompaktlautsprecher ATC SCM20PSL ist ein liebevoll produziertes Manufakturprodukt, das nicht nur tadellos verarbeitet ist, sondern gleichermaßen fehlerlos Musik wiedergeben kann. Seine gelungene tonale Balance ist hierbei das auffallendste Charakteristikum in der Summe seiner Eigenschaften.
Info
Lautsprecher ATC SCM20PSL
Konzept: passiver 2-Wege-Kompaktlautsprecher
Bestückung: 150-mm-ATC-Tieftöner, 25-mm-ATC-Hochtöner (Dual Suspension, „S-Spec“)
Anschlüsse: Bi-Wiring-Terminals für Banana und Gabelschuhe
Frequenzgang (±2 dB): 80 Hz bis 20 kHz
Maximaler Schalldruck: 108 dB
Übergangsfrequenz: 2,5 kHz
Wirkungsgrad: 85 dB
Empfohlene Verstärkerleistung: 75 bis 300 W
Ausführungen: Standard-Furniere Esche schwarz, Eiche, Kirsche und Nussbaum; Lackierungen in Schwarz oder Weiß seidenmatt oder Pianolack schwarz oder weiß; Premium-Furniere Rosenholz, Pippy Oak, Burr Popular, Burr Magnolia; Versiegelung aller Furniere mit Hochglanzlack möglich (gegen Aufpreis)
Maße (B/H/T): 24/44/33 cm
Gewicht: 18 kg
Garantiezeit: 6 Jahre
Paarpreis: um 5580 €
Kontakt
ATR – Audio Trade
Villa Belvedere
Wallufer Straße 2
65343 Eltville am Rhein
Telefon +49 208-882 660
info@audiotra.de
Mitspieler
CD-Player: C.E.C CD-5 mit Horwege Modifikation
Plattenspieler: Transrotor Dark Star Reference mit Netzteil Konstant Reference M1
Tonarm: Transrotor TR 9S
Tonabnehmer: Audio-Technica VM760SLC, Phasemation PP-200
Phonoverstärker: Phasemation EA-220 mit Übertrager T-320
Röhren-Vollverstärker: Thivan Labs 572/811 Anniversary
Lautsprecher: Klipsch Heresy III mit symmetrischen Frequenzweichen von Elixir-Loudspeakers, Thivan Labs Eros 9 Ultra