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Thorens TD-1601 mit Tonarm TP-160

Thorens TD 1600 mit Tonarm TP 160

Emotionsdestillat

Thorens TD 1600 mit Tonarm TP 160

Man kann vieles aus Schallplatten lesen. Sibilanten, Obertöne, Transienten. Oder halt einfach Musik.

Thorens TD-1601 mit Tonarm TP-160

In aller Kürze:
Superb verarbeitet, intelligent designt: Der Thorens TD 1600 destilliert Emotionen, wo andere Spieler lediglich Töne aus der Rille lesen.

Thorens TD-1601 mit Tonarm TP-160


Gerade geliefert, in Minuten montiert und aufgestellt, dreht er erste Aufwärmrunden. Theoretisch ist der Thorens TD 1600 ein alter Bekannter. Doch irgendetwas stimmt damit nicht. Auf dem Teller liegt ein zufällig aus dem Regal gezogenes Meisterstück klaustrophobischer Melancholie. Zwar behält Nick Cave die ihm eigene Düsternis bei, doch seine Bad Seeds erfreuen sich ungewohnt juvenilen Elans. Hat da etwa einer das Fenster aufgerissen und für frischen Wind gesorgt? Dank der ungewohnten Frischluft grummelt das Intro zu „Push The Sky Away“ eine halbe Etage tiefer, bekommen Bass und Drums eine ungewohnte Körperlichkeit. Nicht feist, sondern trainiert wie ein Zehnkämpfer. Massiv zwar, doch bei Bedarf federleicht. Stabil, doch zu jeder Zeit bereit, vom lockeren Trab in den Sprint zu wechseln. Also entweder haben sich meine Ohren seit meinem Fünfzigsten massiv verbessert, oder es liegt doch am Plattenspieler?

Dass Firmeninhaber Gunter Kürten die Funktionsweise eines Gerätes zur Schallplattenwidergabe im Griff hat, konnten schon die kleineren Modelle beweisen. Bisher war jeder Thorens, der hier zu Gast war, ein Garant für äußerst vergnügliche Stunden beim Vinylsurfen. Wie schon beim TD 1500 ist auch die Verarbeitung des größeren Bruders absolut makellos. Lackqualität, Spaltmaße, Haptik – alles auf höchstem Niveau. Die Zarge wahlweise in Walnuss oder schwarzem Hochglanzlack, das obere Board passend zum Teller in mattem Alu, das Tonarm-Board dann wieder in Schwarz matt abgesetzt. Sehr schick und voll im Retrotrend.

Thorens TD-1601 mit Tonarm TP-160
Der TD 1600 in seiner ganzen Pracht – und samt dem mitgelieferten Linearnetzteil TPN 1600. Gelegentlich gibt es Verwirrung, weil Thorens mit dem 1601 ein optisch baugleiches Modell ausliefert. Die Lösung ist einfach: Der „große“ 01er besitzt einen elektrischen Tonarmlift. Bei unserem TPN 1600 arbeitet der Tonarmlift rein mechanisch.

Nicht ganz so retro zeigt sich das Anschlussfeld auf der Rückseite. Cinch war zwar schon in den Siebzigern Standard, eine symmetrische Verkabelung inklusive XLR zählt auch heute nicht zur alltäglichen Grundausstattung eines Plattenspielers. Eigentlich bedauerlich, da ein Tonabnehmer per se ein symmetrisches Signal ausgibt. Wäre da nicht der Mangel an geeigneten Spielpartnern mit ebensolchen Eingängen im finanzierbaren Bereich. Doch auch via Cinch lässt der TD 1600 nichts anbrennen, ja generiert sich bei eher langweilig konservierten Scheiben als Brandbeschleuniger. Auch ein von mir gelegentlich kritisiertes Manko wurde beseitig: Endlich gibt es eine vernünftige Stromversorgung für den Thorens. Das Netzteil des TD 1600 macht einen überaus vertrauenerweckenden Eindruck. Statt an einem Netzteilchen mit Klinkenstecker zu nuckeln, saugt der TD 1600 an einem beeindruckend üppigen Kistchen, das nichts anderes zu tun hat, als den nötigen Strom bereitzustellen und umgehend zur weiteren Verarbeitung an das Anschlussfeld zu senden. Die aufwendige Motorelektronik versteckte Entwickler-Urgestein Walter Fuchs tief im Inneren der Zarge. Hier wird synthetisch eine in Phase und Amplitude perfekt auf den Motor abgestimmte Wechselspannung generiert, die für einen sahnigen Gleichlauf bei traumhaften Störabständen sorgt. Alles, was der Motor dann noch an Schwingungen erzeugt, wird vom Antriebsriemen geschluckt oder im Subchassis eliminiert. Dieses ruht stehend auf drei Federn, anstatt wie üblich an solchen unter dem Oberdeck zu hängen. So schwingt das Chassis schön kolbenförmig und isoliert die Abtastung des empfindlichen Musiksignals von störenden Umwelteinflüssen. Die Aufhängung verkraftet selbst den Einsatz eines Plattengewichts bis zu einem halben Kilo, ohne die isolierende Wirkung des Subchassis zu eliminieren. Wer auf schwerere Vertreter vertraut, kommt leider nicht umhin, das Chassis etwas nachzujustieren. Klappt dank der von unten zugänglichen Stellschrauben problemlos, erfordert allerdings eine helfende Hand. Macht man im Regelfall einmal beim Aufbau, daher ist der Aufwand absolut zu vernachlässigen.

Thorens TD-1601 mit Tonarm TP-160
Symmetrie als Ehrensache: Wie viele der neuen „Thorense“ ist der TD 1600 mit parallelen symmetrischen und asymmetrischen Abgriffen ausgestattet – bei den feinen Signalen eines Drehers macht das durchaus Sinn. Beachten Sie auch die kleinen Schrauben rechts des Terminals. Mit denen kann man kinderleicht (Stroboskop und Tellerauflage vorausgesetzt) die Feinabstimmung des elektronisch geregelten Synchronmotors vornehmen – individuell für 33 und 45 U/min.

Lediglich die Handhabung des Armlifts erfordert eine Prise Fingerspitzengefühl, da das Subchassis sehr sensibel auf Grobmotoriker reagiert. Doch auch diese müssen nicht auf ihren Thorens verzichten, da es den TD 1600 auch als TD 1601 mit elektrischem Tonarmlift und automatischer Endabschaltung gibt. Immerhin zwei Drittel aller Käufer wählen, ungeachtet der knappen 500 Euro Aufpreis, diese Variante. Bis hier also ist der TD 1600 ein Plattenspieler, wie er klassischer nicht sein könnte. Zumindest auf den ersten Blick.

Auf den zweiten Blick bemerkt man die vielen kleinen Details, die die Konstruktion des Thorens auf ein zumindest mir unvertrautes Niveau heben. Da wäre der für den TD 1600 zweiteilig ausgeführte Plattenteller aus präzise gedrehtem Aluminium. Eine kleine Stufe am Innenteller trägt den eigentlichen Plattenteller. Einzeln und für sich klingeln beide Teile recht deutlich. Doch setzt man beides ineinander, herrscht vollkommene Stille. Kleine Stufe, große Wirkung. Die Wirkung der dicken Gummimatte fällt daher beim TD 1600 nicht halb so stark aus wie bei den kleineren Plattenspielern mit massivem Aluteller. Hier darf man seinem Spieltrieb freien Lauf lassen und mit Tellermatten experimentieren. Mir persönlich gefiel eine dünne Matte aus unbehandeltem Leder sehr gut; mit ihr spielte der TD 1600 noch ein Quäntchen offener.

Thorens TP160 Tonarm
Das Messerlager (zu erkennen an den drei Schrauben) wird durch drei Magnetpaare in der Balance gehalten.

Doch nicht nur in den Teller wurde Hirnschmalz investiert, auch um Kleinigkeiten wurde sich gekümmert. So wanderte der recht kräftige Motor nach vorne links, quasi in die Verlängerung der Achse Tellerlager und Tonarm. Ein dünner, mittels Schaumstoff bedämpfter Stahlfaden zwischen Tellerlager und Tonarmbasis egalisiert die auftretenden Zugkräfte des Motors und entlastet damit das Lager. Nicht gerade alltäglich, doch hochfunktional.

Langsam nähern wir uns dem eigentlichen Hauptdarsteller im Gesamtkunstwerk TD 1600, dem Tonarm. Schon das Paket aus TD 1600, Low-Output-MC TA 1600 und dem TP 92 als Tonarm war eine überaus faszinierende Möglichkeit, Schallplatten zu genießen. Was nicht heißt, dass Entwickler Helmut Thiele sich auf seinen Lorbeeren ausruht. Das umtriebige Analog-Urgestein orientierte sich für den TP 160 optisch an klassischen EMT-Armen aus den Siebzigern des vergangenen Jahrtausends. Doch die Gemeinsamkeiten beziehen sich nur auf die Optik. Wer mit Vorsicht die „Glocke“ bzw. Abdeckung des Tonarmlagers entfernt, erkennt Modifikationen im Vergleich zum Urahn. In den Siebzigern noch aus dünnem Material und entsprechend leicht zum Schwingen zu bringen, besteht die Abdeckung heute aus stabilem Material, das auf äußere Stimulation nur mit einem trockenen „Tock“ statt mit hellem Klingeln reagiert. Für horizontale Bewegungen vertraut Thiele auf japanische Präzisionskugellager, die vertikalen Bewegungen übernimmt eine komplette Neuentwicklung nach dem Prinzip des Schneidenlagers. Hier balanciert der Arm auf einer messerscharfen Klinge, die in einem Spalt mit minimal größerem Öffnungswinkel steht. Fertigungsbedingt fräst man den Öffnungswinkel ins Material, immer eine kleine Rundung. Daher liegt die Klinge des Armträgers nie perfekt in der Lagerschale. Was also tun?

Bildergalerie
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Helmut Thiele kam auf eine ebenso einfache wie geniale Lösung: In den gefrästen Lagersitz werden zwei kleine Stahlplättchen geklebt, die zusätzlich ineinander verzahnt sind. So ergibt sich eine absolut perfekte Kante, in der die Klinge über die volle Auflagefläche Kontakt zum Lagerblock hat. Ein weiteres Problem war, dass der Arm recht lose in der Lagerschale liegt und empfindlich auf Bewegungen reagiert. Die Lösung ist ebenso einfach wie genial. Kleine Neodym-Magnete, unterhalb des Lagers angebracht, ziehen die Klinge fest in den Lagerspalt, ohne Reibung zu erzeugen. Und noch einen kleinen Magneten findet man im Lager. Dieser stößt die Klinge auf der äußeren Seite ab und drückt die untere, spitz gefräste Innenkante der Klinge gegen ein Widerlager aus Stahl. Absolut berührungsfrei wird die Klinge so im Lagerspalt fixiert, ohne ein Quäntchen Energie zu eliminieren. Geblieben sind die umfangreichen Möglichkeiten, den Arm in Höhe oder Azimut zu justieren. Schön zu haben, doch kommt ein Thorens, entscheidet man sich für die offerierte Paketlösung, prinzipiell perfekt vormontiert. Nur noch den Teller auflegen, Matte drauf und das System, in diesem Fall das Low-Output-MC TAS 1600, via SME-Kupplung aufschrauben, Platte drauf – und auf Wiedersehen Alltag, hallo Genuss. Bei „Collard Greens And Back-Eyed Peas“ vom Album This Is Pat Moran spielt der Thorens wie entfesselt, dynamisch hochexplosiv, fast zärtlich in den höchsten Lagen, erzeugt holografische Klanglandschaften wie kaum ein Dreher vorher. Während der zwei Monate mit dem TD 1600 wurde mehrfach quer durch die Plattensammlung gesurft, von Metal über Rock, vom Blues zur Klassik und wieder zurück. Besonders beeindruckt hat mich dabei eine Liveplatte des Boysetsfire-Frontmanns Nathan Gray. Zwei Platten, zwei Konzerte, eine Setlist. Einmal in der Ringkirche zu Wiesbaden, das zweite Konzert in der Drachenhöhle Isarlohn. Beide Scheiben werden, den unterschiedlichen Räumen zum Trotz, holografisch abgebildet, vermitteln jeweils einen überzeugenden Eindruck der räumlichen Begebenheiten. Statt Stromgitarren legt hier ein Cello das Fundament zu den Songs, knarzt eindrucksvoll, wenn gefordert, schmiegt sich sinnlich an die Melodie oder malt bittersüße Konturen. Gray selbst betreibt auf beiden Platten Seelenstriptease und legt sein Inneres offen auf den Plattenteller. Selten habe ich diese Platte so berührend, so emotional bewegend gehört wie über den 1600er. Das ist nicht nur Widergabe von Musik. Der TD 1600 destilliert Emotionen, wo andere Spieler lediglich Töne aus der Rille lesen.

Thorens TD-1601 mit Tonarm TP-160

Info

Plattenspieler Thorens TD 1600 mit Tonarm TP 160

Funktionsprinzip: riemengetriebener Plattenspieler mit Subchassis
Antrieb: elektronisch geregelter Gleichstrommotor
Teller: 22-mm-Aluminiumteller
Drehzahl: 331/3 oder 45 U/min, elektronisch geregelt
Tonarm: Thorens TP 160 mit SME-Head­shell
Anschlüsse: Cinch/symmetrisch XLR
Ausführungen: Schwarz oder Walnuss Hochglanz
Maße (B/H/T): 45/18/37 cm
Gewicht: 11 kg
Garantiezeit: 2 Jahre
Preis: 4700 € (inkl. Tonabnehmer Thorens TAS 1600)

Kontakt

Thorens

Lustheide 85
51427 Bergisch-Gladbach
Telefon +49 2204 8677720

www.thorens.com

Mitspieler

Plattenspieler: Acoustic Solid Vintage, Technics SL-1710 MK2, Technics SL-1210 MK2
Tonarm: Acoustic Solid WTB 213
Tonabnehmer: Clearaudio Charisma V2, Ortofon Quintet Bronze, Ortofon Nightclub
Phonovorverstärker: Acoustic Solid Phonovorverstärker
Vollverstärker: Einstein The Tune, NAD C 320
D/A-Wandler: Audiolab M-DAC Mini
Endverstärker: Lehmannaudio Black Cube Stamp
Lautsprecher: Heco BellaDonna, Audio Physic Seemon
Kabel/Zubehör: German Highend, AudioQuest, IsoTek, Steinmusic

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