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Bird's Diary
Ken Vail - Bird's Diary Sanctuary Publishing Ltd

Buchprüfung: Ken Vail – Bird’s Diary

Buchprüfung: Ken Vail – Bird’s Diary

Protokoll des Genialen

Auf dem Buchcover lächelt „Bird“ sein schönstes Konfirmanden-Lächeln. Freundlich wirkt er, fast naiv und ein wenig schüchtern in seinem neuen Nadelstreifenanzug, mit der wild gemusterten Krawatte und dem schicken weißen Saxofonmundstück. Dieser so harmlos scheinende Mann war eines der größten Genies des Jazz. Er revolutionierte die Musik, brachte sie auf Hochgeschwindigkeit, schickte sie mit ungekannter Virtuosität in eine neue Galaxis der Harmonien und Melodien. Charlie Parker machte im Bebop das Unmögliche möglich. Der Rest seines Lebens jedoch blieb schieres Chaos: Er hielt Termine nicht ein, schrieb seine Stücke nicht auf, behandelte seinen Blues mit Heroin, bekam Probleme mit Behörden, Gewerkschaften, Labels und Veranstaltern, hatte nie Geld und selten ein Zuhause. Gefängniszellen, psychiatrische Kliniken und Entzugsanstalten lernte er kennen, es wurden ihm Schizophrenie und Psychosen attestiert, er beging einen Selbstmordversuch und führte illegale Ehen. „Bird“ war der tragische Held, der sich verbrannte für den Jazz. Er wurde 34 Jahre alt.

Bird's Diary
Ein Jazzerleben: Charlie Parker – seine Musik war genial, der Rest Chaos. Ken Vail – Bird’s Diary, Sanctuary Publishing Ltd

Der britische Journalist Ken Vail hat dieses außerordentliche Musikerleben akribisch dokumentiert. Vor allem „Birds“ letzte zehn Jahre – 1945 bis 1955 – sind fast wie ein Tageskalender aufgezeichnet: Parkers Konzerte, die Plattenaufnahmen, seine Vertragsabschlüsse und Reisen, das wirre Privatleben, Zitate und Interviews. Zahlreiche Abbildungen – Fotos, Briefe, Dokumente, Zeitungsausschnitte, Platten- und Konzert-Annoncen, sogar Stadtpläne – machen diese fast 200-seitige Chronik zu einem unerschöpflichen Fundus an jazzgeschichtlichen Informationen, menschlichen Abgründen und zeithistorischen Details. Das gewaltige Rätsel namens Charlie Parker wird dadurch allerdings nicht gelöst, im Gegenteil: Es gewinnt noch von Seite zu Seite an lebendiger Vielfalt und zwiespältiger Faszination. Weil sich Autor Vail keinerlei Kommentare erlaubt, sondern ganz hinter den reinen Fakten des Tagebuchs verschwindet, glaubt man lesend und schauend mitten drin zu sein in einer der spannendsten Epochen des Jazz.

 

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