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Daft Punk Random Access Memories

Daft Punk Random Access Memories

Zeitlos wie ein Film von Tarantino

Daft Punk Random Access Memories – Zeitlos wie ein Film von Tarantino

Daft Punk – das war für mich lange Zeit nur der Song „One More Time“. Den Hit des French-House-Duos, veröffentlicht Ende 2000, hatte ich (und das fällt mir schwer zu schreiben) auf einer Bravo Hits-CD entdeckt. Dann kam der Sommer 2013. In Mainz genoss ich, voller studentischer Sorglosigkeit, die lauen Nächte am Wochenende. Gerne mit Freunden im „Kulturclub Schon Schön“, nur wenige Akkorde vom Rhein entfernt gelegen. Eines Abends legte der DJ dieses Lied auf – „Get Lucky“ von Daft Punk. Das war, rückblickend, einer jener raren Momente, in denen Musik nicht einfach nur Musik ist, sondern ein Soundtrack, eine Hymne, die dem Leben einen magischen Glanz verleiht. Wir konnten nicht anders. Wir mussten tanzen.

Seit diesem Abend, als ich die Single aus Daft Punks Random Access Memories das erste Mal hörte, ist die Platte mit dem Roboter-Cover aus meinem Alltag nicht mehr wegzudenken. Das Album ist wie ein ewig zeitloser Film von Tarantino, der viele Genres und Stilistiken vereint. Drama, Action, Spannung, Romantik. Bzw.: Funk, House, Pop, Hardrock, Disco, Ballade. Der Opener des Albums, „Give Life Back To Music“, klingt tatsächlich wie die Eröffnungsszene eines Hollywood-Films. Eine erstaunlich lebendige Musik. Vor allem, wenn man bedenkt, dass die DJ-Künstler Guy-Manuel de Homem-Christo und Thomas Bangalter sich in der Öffentlichkeit nur als wandelnde Schaltkreise mit Roboter-Masken zeigen.

Aber: Nahezu jeder Ton wurde im Studio live eingespielt. Ein Novum für ein Album des Duos Daft Punk, dessen Mitglieder derart vernarrt in Samples und Elektronik sind, dass sie die Technik gerne als drittes Bandmitglied bezeichnen. Bei einer ihrer ersten Sessions zu Random Access Memories fiel zum Beispiel Bangalter damit auf, dass er immer wieder das Kabel des Mischpults von einem der Turntables abzog und wieder einstöpselte – was normalerweise für einen schmerzenden Sound im Ohr sorgen würde, wurde zur bombastischen Baseline. Auf dem Album, ihrem vierten, dessen Produktion mehr als eine Million Dollar gekostet hat, öffnen sich Daft Punk musikalisch wie nie zuvor – auch Gastmusikern wie Chic-Mastermind Nile Rodgers oder eben Sänger Pharrell Williams.

Daft Punk Random Access Memories
Daft Punk Random Access Memories Label: Columbia Records/Sony Format: CD, LP, DL 24/88 (Studio Master)

„Touch“ zum Beispiel, eine Art Musical-Song, mitkomponiert und zart gesungen vom 73-jährigen Paul Williams, besteht, so heißt es, aus mehr als 250 Tonspuren. Das Ergebnis einer solchen Detailverliebtheit ist schlussendlich ein Album, dessen Sound so komplex, so variabel und vielfältig ist, dass man bei jedem Hören etwas Neues entdeckt. Dazu ein Sound, der sich treu bleibt, der seine Wurzeln im französischen House hat, ergänzt um Robot-Vocoder, Disco-Funk, puren Pop – und geniale Produktionstricks. Das Neun-Minuten-Stück „Giorgio by Moroder“ hätte allein schon für das Aufnahmekonzept eine Auszeichnung in puncto Kreativität verdient. Die Vocals bestehen nur aus den gesprochenen Worten des Synthesizer-Pioniers Giorgio Moroder, der einen Monolog über sein Leben hält.

Drei Mikrofone aus verschiedenen Jahrzehnten standen dafür im Studio bereit, eines für jede Lebensphase, die Moroder beschreibt. Und während Moroder in das 60er-Jahre-Mic spricht und seine Karriere Revue passieren lässt, beginnt Daft Punk, das Stück musikalisch zu untermalen. Ein Ritt durch die Stilistik, vom Intro à la Café-del-Mar über einen Techno-Part, vom Funk-Keyboard zum House-Beat, von epischen Streichern zur Explosion einer E-Gitarre.

Damit schaffen Daft Punk letztlich ein neues Genre, denn „Giorgio by Moroder“ ist der wohl erste „Doku-Track“, der je komponiert wurde. Ein akustischer Dokumentarfilm. Moroder sagt dazu im Song: “Once you free your mind about a concept of harmony and of music being correct, you can do whatever you want.” Random Access Memories, das Album, mit dem Daft Punk als erste Band aus der Elektroszene 2014 fünf Grammys gewann, zeigt, was dann entstehen kann. Ein Sound, der einzigartig ist. Und wenn man die Euphorie spürt, die Nile Rodgers Gitarrenriff auf „Loose Yourself To Dance“ entfacht, dann geht es nicht anders. Man muss tanzen.

Daft Punk
Random Access Memories
Label: Columbia Records/Sony
Format: CD, LP, DL 24/88 (Studio Master)

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