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Esoteric F-02 Vollverstärker mit Netzteil PS-01F

Esoteric F-02/PS-01F

Die Rückkehr des Boliden

Esoteric F-02/PS-01F

Esoterics neuer Vollverstärker F-02 beweist, dass modernste Technik und klassische Ideale kein Widerspruch sein müssen, insbesondere wenn das Netzteil PS-01F ins Spiel kommt.

Esoteric F-02 Vollverstärker mit Netzteil PS-01F

In aller Kürze:
Der Esoteric F-02 ist ein Vollverstärker, der optisch, haptisch und in der Ausstattung wie ein Remake vergangener goldener Zeiten wirkt, technisch und klanglich sich aber als Avantgarde erweist.

Esoteric F-02 Vollverstärker mit Netzteil PS-01F


Es soll tatsächlich einmal Zeiten gegeben haben, in denen das Design unserer technischen Alltagsbegleiter nicht primär in Cupertino entwickelt wurde; Zeiten, in denen nicht alles zwingend „smart“ sein musste und man sich nicht schämte, vollmundigen Rotwein mit einer Extraportion Barriquegeschmack zu goutieren. Die Anzeigen auf HiFi-Geräten warteten mit großen Zeigern auf und die Qualität eines Vollverstärkers bemaß man an Volumen und Gewicht. Und es war die Zeit, als ein Begriff noch nicht auf den Hund gekommen war: der Bolide. Ob auf der Straße als PS-starker Sportwagen oder in der HiFi-Welt als wuchtiger High-End-Verstärker, der Begriff beschrieb immer formidable Kraftpakete – groß, schwer, mit umfangreicher Ausstattung und technisch auf höchstem Niveau. Doch wie in so vielen Bereichen zerstörten auch im HiFi-Sektor alsbald die vielen Scheinriesen, die mit großer Form schlechte Performance kaschieren wollten, die Seriosität des Begriffs. Man findet ihn heute nur noch in marktschreierischen Secondhand-Anzeigen, im ernsthaften High End ist er schlichtweg verbrannt und wäre in Zeiten, in denen sich Stil zum Lifestyle gewandelt hat, ohnehin nicht mehr en vogue. Aber halt! Gleich dem berühmten kleinen gallischen Dorf haben sich einige wenige Firmen am Markt gehalten, denen man attestieren kann, dass sie das Ideal des Boliden nicht nur hochhalten, sondern produktiv weiterentwickeln. Womit wir bei Esoterics neuem Vollverstärker F-02 wären.

Esoteric F-02 Vollverstärker mit Netzteil PS-01F
Die Gehäuseform mit den gerundeten Ecken und der taillierten umlaufenden Fase verrät klar die Provenienz: Einen Esoteric erkennt man auf den ersten Blick. Hinter der markanten Fassade verbirgt sich im besten Sinne ein Bolide alter Schule, der klanglich aus jedem Gramm seiner 32 Kilo Kampfgewicht alles herausholt.

Isolierte Steuerung für störungsfreien Betrieb

Nachdem der Spediteur seine Sackkarre wieder eingeladen hat, thronen eine Stunde später tatsächlich 32 Kilogramm Kampfgewicht im Rack, ergänzt um ein externes Netzteil von sieben Kilo, das ausschließlich die Vorstufensektion mit Strom versorgen soll. Schwer vorzustellen, dass es sich hier eigentlich „nur“ um das Downgrade-Modell der neu überarbeiteten Grandioso-Reihe, Esoterics Aushängeschild, handelt. Aber im Inneren werkelt tatsächlich ein angepasstes Schaltungskonzept des M1X-Monoblocks, während sich die Vorstufensektion an der Solo-Vorstufe Grandioso C1X orientiert.

Esoteric F-02 Vollverstärker mit Netzteil PS-01F
Ungewöhnliche Aufteilung: Verstärker in zwei Gehäusen bedeuten in aller Regel Vor- und Endstufe. Der F-02 dagegen ist ein Vollverstärker, der aber dennoch erst mit dem separaten Netzteil PS-01F wirklich vollständig ist.

Haptisch ohne Fehl und Tadel präsentiert der F-02 dazu eine Ausstattung vom Feinsten: Phonoboard, symmetrischer und unsymmetrischer Kopfhörerausgang, umfangreiche Klangregelungen, eine massive Fernbedienung – es ist all das vorhanden, was einen Vollverstärker einst auszeichnete und eigentlich auch selbstverständlich war. Ich gestehe, dass ich ein Faible für ausgefallene Bedienkonzepte und kleine Features habe, die mir zeigen, dass ich nicht nur unter klanglichen Aspekten einen Luxusartikel vor mir habe. Da bin ich auch gerne mal der Anti-Purist und fröne meinem Spieltrieb oder lasse mich von kleinen Annehmlichkeiten verwöhnen. Im Nachhinein sind es wohl genau diese Aspekte gewesen, die die Zeit mit dem F-02 so angenehm gemacht haben. Auch wenn Sie mich vielleicht belächeln werden, aber ein riesiges Vergnügen hat mir die sanfte Einblend- und Ausblendfunktion beim Wechsel der Eingangsquellen bzw. beim Muten des Geräts bereitet, die plötzliche Pegelsprünge vermeidet und das Ohr sanft in das Klanggeschehen hineinführt. Zusätzlich kann man die Mute-Taste auf 20 Prozent der Grundlautstärke programmieren, sodass kein komplettes Stummschalten geschieht – der gute alte Attenuator. Zudem wird die ursprüngliche Lautstärke beim erneuten Einschalten beibehalten. Muss das alles sein? Ja, das muss sein, ebenso die dimmbare Beleuchtung, denn es sind diese kleinen Luxus-Gimmicks, die ich bei einem Gerät für den aufgerufenen Preis erwarte, aber nicht zwingend bei jedem Hersteller bekomme – eins zu null für Esoteric!

Esoteric F-02 Vollverstärker mit Netzteil PS-01F
Über die Fernbedienung kann man sich kaum sattstaunen: Das haptisch äußerst angenehme Aluminiumteil ist beidseitig mit Tasten bestückt. Das hundeknochenförmige Profil sorgt für schöne Griffigkeit und verhindert gleichzeitig effektiv ein versehentliches Betätigen der Knöpfe auf der Unterseite.

Und bevor nun gleich die kritischen Lordsiegelbewahrer der „Jeder-zusätzliche-Eingriff-ist-klangschädlich-Gemeinde“ ihr „Kreuzigt ihn!“ erheben, sei auf das spezifische Steuerungskonzept des Esoteric namens „Ultra-Low Noise Logic Control“ verwiesen. Die Steuerungseinheit ist in der Frontplatte integriert und vollständig vom Verstärkermodul isoliert. Die Verbindung zur Vorverstärkersektion erfolgt über einen Optokoppler, der das elektrische Steuersignal in ein optisches Signal umwandelt und außer für physische auch für eine elektrische Trennung sorgt. Das besondere Merkmal dieses Designs ist zudem die vollständige Abschaltung außerhalb des Betriebs, wodurch Störungen im Audiosignal vermieden werden. Dies gilt auch für die symmetrische Dreiband-Klangregelung, die hausintern speziell für die F-Reihe entwickelt wurde. Besonders bemerkenswert fand ich die Möglichkeit, Höhen und Bässe ohne klangliche Einbußen sauber abzustimmen. Das hatte alles nichts mit den altbekannten Klangverbiegern früherer Tage zu tun. Hier nun musste man vielmehr schon sehr genau hinhören, um die Feinfühligkeit der Regelung exakt nachvollziehen und optimieren zu können. Selbst Loudness-Effekte gelangten bei mir zu ihrer Rehabilitierung. So kann das mittlere Frequenzband als Loudness-Preset genutzt werden, ohne auch nur die Spur von soßiger Aufdickung zu bekommen; wunderbar, um einigen kreischenden Digitalproduktionen der Achtziger auf den Leib zu rücken. Und das Schöne dabei ist, dass sich die Klangregelung mehr oder weniger intuitiv erfassen lässt.

Esoteric F-02 Vollverstärker mit Netzteil PS-01F
Dreimal RCA, dreimal XLR, Phono, Pre-Out und Trigger: Das Anschlussfeld des Esoteric F-02 darf als vollständig gelten, ein Slot erlaubt eine nachträgliche Erweiterung des Funktionsumfangs. Der „DC in“ neben dem regulären Netzanschluss ist für das optionale Netzteil gedacht, das ein Netzkabel im Übrigen nicht überflüssig macht: Es speist nur die Vorstufensektion des Amps.

Quadratur des Kreises

Nun aber zum ersten klanglichen Lackmustest. Pat Methenys Way Up, sein erstes Album für das Label Nonesuch, ist eine klangliche und musikalische Offenbarung, die aber zwingend adäquate Spielpartner braucht, um zur Entfaltung zu kommen. „Part One“ enthält an Steve Reichs Minimal Music orientierte Episoden polyrhythmischer Komplexität, die größte Transparenz und vor allem auch explosive Schnelligkeit bei der Wiedergabe benötigen. Jede Form der Behäbigkeit zermatscht die rhythmische Struktur und verwandelt Methenys großangelegte Suite zum langweiligen Klangbrei. Gleichzeitig aber muss der Verstärker ein stabiles und von unten gestütztes Klanggerüst garantieren, da die hochgepitchten Gitarrensounds sonst schnell anämisch und die Unisono-Beats der Band kraftlos wirken. Der F-02 nimmt diese Herausforderung mit stoischer Gelassenheit entgegen und brummelt mir zu: Bro, wo ist das Problem? Fundament und Schnelligkeit, Stabilität und Transparenz – die Quadratur des Kreises gelingt hier problemlos. Auch wenn der F-02 in seiner Tonalität minimal auf der etwas wärmeren Seite zu stehen scheint, so reicht er doch recht exakt den Grundsound der Aufnahme durch. Methenys Way Up behält eine gewisse Schärfe bei, während sein fünf Jahre später veröffentlichtes Orchestrion nichts von seinem deutlich abgemilderten Klangbild verliert.

Esoteric F-02 Vollverstärker mit Netzteil PS-01F

Vinyleuphorie

Gemeinhin begegne ich neuen Testgeräten mit einem doch eher nüchtern abschätzenden Blick. Hier hat mich aber mal wieder ein echter Euphorisierungsschub ereilt, vermutlich auch deshalb, weil ich an unerwarteter Stelle hart getriggert wurde, nämlich bei der Phonosektion. Man hat sich als Vinylist die letzten zwei Jahrzehnte daran gewöhnt, dass Vollverstärker entweder keine Phonosektion oder nur eine aus Mitleid integrierte mediokre Lösung haben. Wer auf echten analogen Genuss setzt, ist in 99 Prozent aller Fälle auf eine externe Phonostufe angewiesen. Mit eben dieser Erwartungshaltung lege ich meine jüngst auf der Warsaw Audio Show erstandene Japanpressung des Debütalbums der Pet Shop Boys auf den Plattenteller. Nein, das kann eigentlich nicht sein: Vollmundig rollen die elektronischen Bässe des Eighties-Sounds durch den Raum, und Neil Tennants unverwechselbares Timbre sinniert mit einem leichten Schmelz über die „Suburbias“. Ich weiß nicht, wann mich eine interne Phonostufe zuletzt derartig elektrisiert hat. Leider hält man sich im Mutterhaus von Esoteric mit Informationen zur Phonoplatine diskret zurück. Bestätigen konnte man mir aber, dass als Ausgangspunkt die internen Phonoboards der Vorstufenreihen C-02 und C-03 dienten. Wie auch dort sorgt eine vierlagige Platine für den kürzestmöglichen Signalweg und reduziert so Verluste und Verzerrungen. Ein speziell entwickelter Stromregler soll zudem unerwünschte klangliche Beeinträchtigungen minimieren.

Esoteric F-02 Vollverstärker mit Netzteil PS-01F

Abgerundet wird das Design durch eine abgeschirmte interne Verkabelung, die elektromagnetische Störungen verhindert und eine rauschfreie Klangwiedergabe mit größtmöglicher Dynamik gewährleisten soll. Leider hat man jedoch die drei unterschiedlichen Anpassungsmöglichkeiten des Vorgängermoduls reduziert, wodurch beim F-02 lediglich eine Abschlussimpedanz von 100 Ohm zur Verfügung steht, was die Auswahl der MCs ein wenig einschränkt. Flugs auf das formidable Reissue von Sonny Rollins East Broadway Run Down aus der Acoustic-Sounds-Serie gewechselt. Mächtig schält sich das Tenorsaxofon aus dem rechten Lautsprecher, sodass man sofort das sonst eher lästige Pingpong-Stereo der Aufnahme vergisst, während die Rhythmusgruppe in hektisch-nervöser Betriebsamkeit die Tracks zum Pulsieren bringt. Ok, es mag externe Phonostufen geben, die sich klanglich neutraler geben, die zudem unzählige Auswahlmodi in Sachen Abschlussimpedanz und Verstärkungsgrad bereithalten, wer aber einfach nur genussvoll Vinyl hören möchte, ein hochwertiges MC-System ohne exotische Werte sein Eigen nennt oder einen vollmundigen MM- oder MI-Abtaster fährt, der kann sich hier ganz entspannt in die Zeiten zurückfühlen, in denen eben solche Verstärkerboliden noch primär zum Plattenhören entwickelt wurden und das analoge Musikhören noch nicht künstlich zu einer Raketenwissenschaft aufgeblasen war.

Bildergalerie
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Netzteil für einen halben Verstärker

Maßgeblich steigern kann man indes die Qualität der Vinylwiedergabe durch die Verwendung des externen Netzteils. Das PS-01F ist ein externes 200-Watt-Netzteil, das ausschließlich für den Audioschaltkreis der Vorverstärkersektion des F-02 entwickelt wurde. In der Philosophie Esoterics ist wichtig, dass die Vorverstärkersektion, die kleine Signale verarbeitet, und die Endverstärkersektion, die große Ströme zu den Lautsprechern schickt, sich nicht gegenseitig beeinflussen. Durch das Hinzufügen des PS-01F zum F-02 wird die Kapazität des Vorverstärkers stark erhöht und vom Hauptgleichrichter des Verstärkers getrennt. Vor allem akustische Musik konnte hier profitieren. Das Unplugged-Album der 10,000 Maniacs gewinnt noch eine Spur an Räumlichkeit, die Musiker treten ein Stück auseinander und Natalie Merchants Stimme schiebt sich minimal in den Vordergrund. Das sind natürlich keine Welten, aber hat man den F-02 hier erstmal längere Zeit mit dem externen Netzteil betrieben, möchte man dies dann nicht mehr missen – auch nicht im Hochpegelbetrieb!

Ja, Esoterics F-02 ist ein optisch mächtiger Zeitgenosse, der erstmal vernünftig im Rack platziert werden will. Bedenkt man aber, welch All-inclusive-Paket man hier bekommt und welche sonst anzuschaffenden externen Komponenten einschließlich Kabelage nun weder das Rack noch den Geldbeutel belasten, dann erscheint der Vollverstärker beinahe als ein leichtfüßiges Pläsier, das die Frage nach dem endgültigen Vollverstärker schnell verstummen lässt.

Esoteric F-02 Vollverstärker mit Netzteil PS-01F

Info

Vollverstärker Esoteric F-02 mit Netzteil PS-01F

Konzept: Vollverstärker mit Phonoboard und Kopfhörerausgang
Eingänge: 3 x Cinch, 2 x XLR, 1 x Phono (MM/MC)
Phonoverstärkung (MM/MC): 52 dB/72 dB
Phono-Eingangsempfindlichkeit (MM/MC): 5 mV/0,5 mV
Phono-Abschlussimpedanz (MM/MC): 47 kΩ/100 Ω
Ausgänge: 2 x XLR
Kopfhörerverstärker: 6,3-mm-Klinke, 2 x 300 mW, geeignet für 16 bis 600 Ω
Lautsprecher: 1 x Single-Wire für Litzen, Bananas und Gabelschuhe
Verstärkung (8/4 Ω): 2 x 120 W/2 x 240 W
Lautsprecherimpedanz: 4 bis 16 Ω
Energieverbrauch: 215 bis 250 W
Besonderheiten: Klangregelung, Options-Slot, externes Netzteil PS-01F (nur für die Vorverstärkersektion)
Maße (B/H/T): 45/19/47 cm
Gewicht: 32 kg
Garantiezeit: 2 Jahre
Preise: F-02 um 20 000 €, PS-01F um 5000 €

Kontakt

Aqipa

Kufsteiner Straße 103
83026 Rosenheim
Telefon +49 8031 2822230

www.esoteric.jp

Mitspieler

Laufwerke: Thorens TD 126 MK III, Technics SL-1210 MK2
Tonarm: Koshin GST 801
Tonabnehmer: Sumiko Blackbird, Ortofon Concord Century
Phonovorverstärker: Innovative Audio Ultimate 2b, Thel Phono M
CD-Player: Naim CD 5i
Streamer: Naim CD5XS
Vollverstärker: Naim SuperNait
Lautsprecher: Gamut Phi 7, Lyngdorf Cue-100
Kopfhörer: Beyerdynamic DT 1770 Pro
Zubehör: Wireworld, Sommer, Creaktiv

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