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Interview: RPWL – „Wanted“

Interview: RPWL – „Wanted“

„Im Prog werden Konzeptalben erwartet“

Die Fachpresse bezeichnet RPWL als die „Speerspitze des deutschen Art Rock“. Das Quintett aus Freising (Bayern), 1997 als Pink-Floyd-Coverband gestartet, legte 2014 mit Wanted ein grandioses Studioalbum vor. FIDELITY sprach damals anlässlich der Veröffentlichung mit dem Drummer und Rechtsberater der Band, Marc Turiaux.

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FIDELITY: Im Konzept des neuen Albums spielen Platon, Garibaldi und Hippokrates eine Rolle. Für das Fachmagazin „eclipsed“ seid ihr „die Band, die zu viel wusste“. Braucht man solche Konzeptideen wirklich?

Marc Turiaux: Für unseren Sänger Yogi Lang ist die textliche Aussage bei der Musik extrem wichtig. Er kommt insofern eher vom Singer/Songwriter als vom klassischen Prog. Musik um der Musik willen würde ihn vielleicht nicht so fesseln und motivieren. Yogi ist bei diesen sicher sehr anspruchsvollen Themen aber nie oberflächlich. Anderenfalls könnte man sich gerade bei den RPWL-Themen gerne auch mal lächerlich machen.

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Marc Turiaux sitzt bei RPWL hinterm Schlagzeug

FI: Ist es schlimm, wenn der Hörer gar nicht bemerkt, dass es sich um ein Konzeptalbum handelt?

MT: Bei Wanted entwickelt sich eine Geschichte chronologisch durch die Songs. Für mich steht aber die Musik im Vordergrund, daher finde ich es toll, wenn man das Album auch mögen kann, wenn man nicht auf den Text achtet. Ist doch ein Kompliment! Aber ich habe schon das Gefühl, dass im Prog Konzeptalben erwartet werden. Dass es bei uns keine Lückenfüller-Tracks gibt, liegt wohl daran, dass wir alle den Drang zu Songs haben. Man könnte die ganze Produktion weglassen, alle Moog-Solos, Rock-Gitarren et cetera – und am Ende bleibt doch immer ein Song übrig, den man auch noch zu einer Gitarre singen könnte.

FI: Worin unterscheidet sich das neue Album vom Vorgänger „Beyond Man and Time“?

MT: Für mich als Schlagzeuger ist der größte Unterschied der, dass beim Vorgänger-Album die Vorgaben enger waren, der Sound wurde jedem Song angepasst. Bei Wanted konnte ich dagegen mehr spielen, was und wie ich wollte. Ich finde, dass die Musik mehr fließt und der Groove besser ist. Das heißt, das Schlagzeug klingt in jeder Hinsicht natürlicher.

FI: Welches ist dein Lieblingsstück auf dem neuen Album?

MT: Vielleicht „Disbelief“: Ich mag das Riff und die Schwere im Groove. Ansonsten „A New Dawn“, weil es genau die Kombination aus Tempo, Rhythmus und melancholischer Grundstimmung hat, die ich sehr mag und die mir liegt.

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RPWL – Wanted
CD/ Gentle Art of Music
Nein, es ist nicht David Gilmour, der da singt. Aber Yogi Lang kann das genauso relaxt, genauso sparsam und genauso melodisch gerundet. Drum herum gibt es harte Riffs und weiche Grooves, effektvolle Dynamiksprünge und wunderbar eingesetzte Elektronik – mal minimalistisch, mal melancholisch. Und im Mittelteil der zehn Songs geht dann oft so richtig die Rock-Post ab: fantasievolle Synthie-Soli, gefühlvolle Gitarrenflüge. ProgRock in wärmender Perfektion.

 

FI: Wie wird man überhaupt Schlagzeuger bei RPWL?

MT: Das war purer Zufall. Als der damalige Schlagzeuger Manfred Müller Terminprobleme wegen einer anderen Band hatte, habe ich bei einer RPWL-Tour ausgeholfen. Die Tour mit mir lief gut – und Manfred hat sich dann auch ganz auf das andere Projekt eingelassen. So kam eines zum anderen. Manfred und ich sind immer noch befreundet, also ist alles gut.

FI: Gibt es eine Konsequenz in deiner Drummer-Karriere?

MT: Wie die meisten Kollegen bin ich auch in anderen Bereichen der Musik unterwegs gewesen. Ich habe am Anfang wirklich schräges Zeug gespielt, „Avantgarde Rock“. Dann eine Zeit lang viel kommerzielle Musik, dann mal sehr viel Jazz. Aber dann kommt man mit einer Band wie RPWL zurück zu dem, was einen ursprünglich motiviert hat, überhaupt mit der Musik anzufangen. Da schließt sich ein Kreis. Die Musik, die wir machen, kommt meiner Persönlichkeit sehr entgegen, denn ich bin bestimmt kein Frickler. Ich spiele gern einfache, songdienliche Sachen. Herauszufinden, was mich als Trommler ausmacht, hat allerdings eine Weile gedauert.

RPWLFI: Wie vereinbarst du eine Tournee mit deinem Job?

MT: Ich bin in erster Linie Musiker, die Juristerei kommt nur hinzu, soweit sie damit zu tun hat – also ausschließlich in den musikrelevanten Bereichen. Ich versuche, meine Erfahrungen als Musiker mit dem Wissen um die Regeln der Branche zu verbinden. Ich berate ausschließlich, ich gehe nicht vor Gericht. Daher kann ich das auch neben der Musik machen.

FI: Haben die anderen auch Familie, Kinder, einen „bürgerlichen“ Beruf?

MT: Einige haben Kinder und alle haben neben der Musik auch mal etwas anderes versucht. Wir bringen insofern unsere Erfahrungen und Kenntnisse aus anderen Bereichen auch in die „Firma“ ein. Unsere Live-Shows zum Beispiel wären auch nicht denkbar ohne den Einsatz unserer „Crew“, der Leute an Sound, Licht und allem anderen. Das machen diese Leute aus Begeisterung.

FI: Nervt der ewige Vergleich mit Pink Floyd?

MT: Hmm… der Vergleich kommt schon oft. Um nicht zu sagen: jedes Mal. Sogar jetzt! Aber – er stimmt ja auch! Yogi kennt wirklich jeden Ton und jedes Stück von Pink Floyd mit Vor- und Nachnamen. Er weiß, wie und warum das alles so und nicht anders war, er ist ein richtiger Fan. Dass seine Stimme manchmal auch noch nach Pink Floyd klingt, ist natürlich Zufall, aber es passt ins Bild. Zuweilen ist der Vergleich schon nützlich, weil vielleicht der eine oder andere deshalb genauer hinhört. Mittlerweile ist man auch lange genug dabei, um einigermaßen souverän damit umzugehen – schließlich muss man nach so vielen Jahren und x Alben nicht mehr jeden Tag nachweisen, dass man trotzdem eigenständig ist. Wären wir das nicht, dann wären wir nicht mehr da.

 

 

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