Rolf Kühn – Fearless
Er war einer dieser Ewig-Jungen, Ewig-Wilden. Einer, der sich nie einer Masche oder Mode anbequemt hat, immer neugierig blieb, enthusiastisch, verspielt und kühn.
Der Klarinettist Rolf Kühn (1929–2022) – nomen est omen – wurde mit Swing-Jazz groß, spielte Bebop, entdeckte Free und Fusion und hat das alles (und vieles mehr) in sich aufgesogen, in sein Spiel und in seine Stücke. Benny Goodman oder Ornette Coleman? Die waren für ihn kein Widerspruch, sondern Facetten eines Ganzen. Noch mit 92 (!) Jahren machte er ungebremsten Abenteuer-Jazz mit einem handverlesenen Quartett, dessen andere Mitglieder mehrere Jahrzehnte jünger waren: Frank Chastenier (Piano), Lisa Wulff (Bass), Túpac Mantilla (Schlagwerk). Fearless – eine gute Übersetzung des Wortes „kühn“ – entstand mit ihnen im Juni 2022.
Es war Kühns letzte Aufnahmesession, nur wenige Wochen vor seinem Tod. Auch da noch klingt seine Klarinette frech und warm, der Ton ist lebendig modelliert. Die neuen Stücke, in Konzerten bewährt, bilden sich um groovig-schräge Motive, die ungeheuren Spaß machen, um signifikante Jazz-Zellen, die in spontane Improvisationen umkippen oder von rasanten Zwischenmotiven unterbrochen sind. Zehn Tracks hat das Album, alle zwischen vier und fünf Minuten lang. Selbst die Balladen, die er so unnachahmlich covert – sie kommen nicht aus dem Jazz, sondern von Bernstein, Legrand, Clapton –, zeigen noch einmal Rolf Kühns große Offenheit. Bitte vergesst ihn nie.
Rolf Kühn – Fearless
Label: MPS
Format: CD, LP, digital